Baurecht

Streitwertbeschwerde, Nachbarklage gegen Baugenehmigung (91 Wohneinheiten nebst Tiefgarage).

Aktenzeichen  9 C 19.1873

Datum:
25.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2028
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 68 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 3 K 19.340 2019-06-04 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 4. Juni 2019 wird der Streitwert auf 15.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertbeschwerde ist zulässig und begründet. Entsprechend dem Begehren des Klägers ist der Streitwert für seine Nachbarklage gegen die Baugenehmigung der Beklagten zugunsten der Beigeladenen vom 19. Dezember 2018 betreffend die Errichtung von 91 Wohneinheiten nebst Tiefgarage von 75.000 Euro auf 15.000 Euro herabzusetzen.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist nicht die subjektive Bedeutung, die der Kläger der Sache beimisst (Affektionsinteresse), sondern der Wert, den die Sache bei objektiver Beurteilung für den Kläger hat (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2018 – 15 C 15.747 – juris Rn. 10). Der Senat legt hierbei regelmäßig den jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde, derzeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (Streitwertkatalog 2013), der bei Baunachbarklagen – wie hier – einen Rahmen von 7.500 bis 15.000 Euro vorsieht, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2019 – 9 C 19.700 – juris Rn. 3). Der in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 angegebene Rahmen erlaubt für den Regelfall eine praktikable Handhabung der Streitwertfestsetzung, vermeidet bei einer Nebenentscheidung nicht angemessenes, umständliches Differenzieren und macht das Prozessrisiko für die Beteiligten überschaubar. Gleichwohl kann nach den Maßstäben des § 52 Abs. 1 GKG von den im Streitwertkatalog ausgewiesenen Beträgen abgewichen werden, wenn der Einzelfall dazu Anlass gibt (Amtliches Begleitschreiben zum Streitwertkatalog 2013, abgedruckt im BDVR-Rundschreiben, Beilage zu Heft 4/2013 sowie Nr. 3 der Vorbemerkungen; vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2021 – 9 C 20.214 – juris Rn. 3). Derartiges ist hier jedoch nicht der Fall.
Von Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 ausgehend (vgl. die Zitierung im angegriffenen Streitwertbeschluss vom 4.6.2019) hat sich das Verwaltungsgericht an den fünf Wohngebäuden des Bauvorhabens orientiert, jedem Gebäude „im Schnitt“ 19 Wohneinheiten zugeordnet und je Gebäude danach 15.000 Euro, in Summe 75.000 Euro als Streitwert festgesetzt. Dieser Streitwert ist hier zu hoch und entsprechend Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 auf 15.000 Euro zu korrigieren.
Hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 zur Verfügung stehende Rahmen dem Interesse des Klägers nicht ausreichend Rechnung tragen könnte, lassen sich weder den vorgelegten Akten noch dem Vortrag des Klägers oder den Erwiderungen von Beklagter und Beigeladener im Beschwerdeverfahren entnehmen. Dass das einheitlich zu betrachtende und als solches vom Kläger angegriffene Bauvorhaben fünf verschiedene Baukörper und nicht nur einen Hauptbaukörper umfasst, letztlich also fünf Mehrfamilienhäuser mit jeweils einer Vielzahl an Wohnungen errichtet werden, rechtfertigt allein noch keine (entsprechende) Erhöhung des Streitwerts (vgl. BayVGH, B.v. 21.6.2005 – 2 C 05.1177 – juris Rn. 8; vgl. auch B.v. 5.12.2014 – 15 C 14.1293 – juris Rn. 7). Der von der Beklagten angeführte Arbeitsaufwand des Gerichts im Vergleich zu einem dasselbe Vorhaben betreffenden Klageverfahren gegen einen erteilten Vorbescheid, zu dem vom Verwaltungsgericht ein Streitwert von 15.000 Euro festgesetzt wurde, hat mit dem ausschlaggebenden klägerischen Abwehrinteresse nichts zu tun; er ist bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2015 – 9 KSt 2.15 u.a. – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 1.8.2019 – 9 C 19.1331 – juris Rn. 3). Ebenso wenig kann es für die Bedeutung der Sache für den Kläger auf den von der Beigeladenen angesprochenen „Auftragswert incl. Grundstückswert“ für das Bauvorhaben von 23 Mio Euro ankommen. Da der Streitwertkatalog in seiner aktuellen Fassung einer möglichen unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedeutung bei Nachbarklagen durch eine Spreizung der Beträge Rechnung trägt und ein konkreter wirtschaftlicher Schaden auf Seiten des Klägers – auch im Hinblick auf die Denkmaleigenschaft seines Wohngebäudes – weder dargelegt noch ersichtlich ist, erscheint es angesichts der Größe des Bauvorhabens und der deshalb damit verbundenen möglichen Auswirkungen angemessen und ausreichend, den Streitwertrahmen auszuschöpfen und einen Streitwert von 15.000 Euro anzusetzen (vgl. unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris betreffend Wohnanlage mit 87 Wohneinheiten und 129 Tiefgaragenplätzen; B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1767 – juris betreffend ein Studentenwohnheim mit 91 Appartements; vgl. auch B.v. 27.4.2018 – 9 C 18.649 – juris Rn. 4).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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