Baurecht

Untersagung der Nutzung eines Kellerraums als Apartment mangels hinreichenden Tageslichts

Aktenzeichen  M 11 K 15.4358

Datum:
28.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 136571
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 45 Abs. 2 S. 1, Art. 59, Art. 68 Abs. 1 S. 1, Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

1 Fehlt es in einem Kellerraum, der als Apartment genutzt werden soll, selbst an einem frühen Nachmittag im Sommer an einer ausreichenden Belichtung mit Tageslicht, kann nicht von einer ausreichenden Belichtung mit Tageslicht im Sinne des Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO gesprochen werden, so dass er die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Aufenthaltsräume nicht erfüllt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Die in Nummer I des Bescheids vom 27. August 2015 getroffene Entscheidung des Landratsamts, für den bisher als „Mehrzweckraum“ genehmigten Bereich des Kellers im Haus auf der Flurnummer … der Gemarkung … die Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung in ein Apartment zu versagen, ist rechtmäßig und verletzt daher keine Rechte des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO darf die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag auch ablehnen, wenn das Vorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die nicht Maßstab des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens sind. Von dieser Vorschrift hat das Landratsamt in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
Die zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung zielt darauf ab, den unmittelbar am Lichtgraben gelegenen Raum als Aufenthaltsraum im Sinne des Art. 2 Abs. 5 BayBO zu nutzen. Nach dem eingereichten Bauplan vom 21. September 2014 soll dieser Raum als Wohn- und Schlafraum des Apartments dienen. Er ist daher ohne weiteres zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt. Nach den nicht bestrittenen Ausführungen des Landratsamts im streitgegenständlichen Bescheid ist dieser Raum bisher nicht als Aufenthaltsraum genehmigt, so dass eine bestandsgeschützte Nutzung dieses Raumes als Aufenthaltsraum nicht vorliegt.
Der Raum erfüllt die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Aufenthaltsräume nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Apartment über einen ausreichenden zweiten Rettungsweg nach Art. 31 BayBO verfügt. Der Hauptraum des Apartments kann jedenfalls nicht im Sinne des Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO ausreichend mit Tageslicht belichtet werden. Der durchgeführte Augenschein hat ergeben, dass es selbst an einem frühen Nachmittag im Sommer an einer ausreichenden Belichtung mit Tageslicht fehlt. Aus dem Schnitt A-A der Bauvorlagen vom 21. September 2014 ist zu erkennen, dass wegen der Dimensionen des Lichtgrabens und auch wegen des darüber befindlichen Balkons das Tageslicht nur sehr eingeschränkt in das Apartment fallen kann. Auch aus den bei ansprechenden Wetterverhältnissen gefertigten Fotos auf Bl. 90 (nachgereichte Unterlagen zur „grünen“ Akte) und Bl. 105 („rote“ Akte) der Behördenakten wird dies deutlich. Nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck des Gerichts reicht der Lichteinfall nicht aus, um von einer ausreichenden Belichtung mit Tageslicht im Sinne des Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO sprechen zu können. Der Kläger hat in seiner Klagebegründung im Übrigen selbst ausgeführt, dass es an einer ausreichenden Belichtung fehlt.
Die auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO gestützte Entscheidung des Landratsamts, die Baugenehmigung – auch – deshalb zu versagen, weil es an einer ausreichenden Belichtung mit Tageslicht im Sinne des Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO fehlt, ist deshalb nicht zu beanstanden.
Der Einwand des Klägers, die Entscheidung des Landratsamts sei nichtig, weil eine Genehmigungsfiktion eingetreten sei, ist unzutreffend. Der Verweis des Klägers auf Art. 58 BayBO geht schon deshalb fehl, weil kein Genehmigungsfreistellungsverfahren nach dieser Vorschrift durchgeführt worden ist. Im Übrigen würde ein solches Verfahren auch nicht zu einer Genehmigungsfiktion führen. Weder das Genehmigungsfreistellungsverfahren nach Art. 58 BayBO noch das hier durchgeführte vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO ist ein Verfahren nach Art. 42a BayVwVfG, bei dem durch Rechtsvorschrift angeordnet ist, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist eine beantragte Genehmigung als erteilt gilt.
2. Die in Nummer II des Bescheids verfügte Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig und verletzt deshalb ebenfalls keine Rechte des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann eine Nutzungsuntersagung verfügt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung liegen vor. Der Kläger hat in seiner Klagebegründung selbst eingeräumt, dass er den Mehrzweckraum zu dem Zweck vermietet, dass sich Bauarbeiter, die ihren eigentlichen Lebensmittelpunkt woanders haben, dort von Montag bis Donnerstag am Abend nach der Arbeit aufhalten und den Raum nachts auch als Schlafraum nutzen können. Eine solche Nutzung ist ohne weiteres dergestalt zu qualifizieren, dass der Raum damit als Aufenthaltsraum im Sinne des Art. 2 Abs. 5 BayBO genutzt wird. Da er bisher nicht als ein solcher Raum genehmigt ist, an eine Nutzung als Aufenthaltsraum aber andere öffentlich-rechtliche Anforderungen gestellt werden (vgl. Art. 45 BayBO), ist die Nutzungsänderung nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei, sondern genehmigungspflichtig (Art. 55 Abs. 1 BayBO). Die ausgeübte Nutzung ist daher formell illegal, was für den Erlass einer Nutzungsuntersagung grundsätzlich genügt (z. B. Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 76, Rn. 282 m. w. zahlreichen Nachweisen).
Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die nach Art. 76 Satz 2 BayBO erforderliche Ermessensausübung des Landratsamts. Die Ermessenserwägungen des Landratsamts sind ausreichend. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung muss die Bauaufsichtsbehörde im Übrigen in aller Regel nicht besonders begründen, weshalb sie von der Eingriffsbefugnis Gebrauch macht (BayVGH, Urteil vom 05.12.2005 – 1 B 03.2567 – juris Rn. 26). Das Ermessen ist im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO grundsätzlich in der Weise intendiert, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Nutzungsuntersagung ergehen soll. Eine Ausnahme besteht hier nicht. Insbesondere ist das Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig, was schon allein aus den Ausführungen unter 1. folgt.
Die Nutzungsuntersagung ist auch hinreichend bestimmt. Dem Einwand des Klägers, aus der Verfügung ergebe sich nicht zweifelsfrei, ob auch eine Nutzung als Obdachlosenunterkunft untersagt sei, ist nicht zu folgen. Aus der Begründung der Nutzungsuntersagung ergibt sich, dass dem Kläger jede Nutzung des Mehrzweckraumes untersagt wurde, bei der u. a. die Anforderungen des Art. 45 BayBO einzuhalten sind. Das ist eindeutig auch bei einer Obdachlosenunterbringung der Fall.
3. Die Zwangsgeldandrohung in Nummer V des Bescheids ist rechtmäßig. Insbesondere ist das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro nicht überhöht. Es bewegt sich im unteren Bereich des durch Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgegebenen Rahmens und ist angesichts der Mieteinnahmen, die der Kläger durch die formell illegale Nutzung erzielen kann, im Hinblick auf die Regelung in Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG verhältnismäßig.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Sie trägt daher ihre außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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