Baurecht

Unwirksamkeit des Bebauungs- und Grünordnungsplans in Bezug auf Ausweisung von öffentlichen Grünflächen auf privaten Grundstücken

Aktenzeichen  9 N 12.2648

Datum:
27.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 528
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 8 Abs. 2 S. 1, § 13a Abs. 2 Nr. 2, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 S. 1
VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1

 

Leitsatz

1 Die Entscheidung für die Ausweisung einer öffentlichen Grünfläche stellt eine zukunftsgerichtete planerische Entscheidung gegen auch im Außenbereich verbleibende bauliche Nutzungsmöglichkeiten sowie gegen die positive Ausweisung baulicher Nutzungsmöglichkeiten im Interesse betroffener Grundstückseigentümer dar. Städtebaulich sind Grünflächen sonstige, grundsätzlich nicht für eine bauliche Nutzung vorgesehene Flächen. Auf einer Grünfläche können deshalb all jene Zwecke nicht verwirklicht werden, deren Verwirklichung eine nennenswerte Bebauung erfordert. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Fall der Ausweisung einer solchen Grünfläche steht den von der Kommune wahrgenommenen öffentlichen Interessen daher eine nicht unerhebliche Betroffenheit des Grundstückseigentümers gegenüber, weil mit einer solchen Festsetzung der Inhalt der Eigentümerrechte zukunftsbezogen hinsichtlich der Privatnützigkeit des Eigentums weitgehend beschränkt wird. Bei der Festsetzung von öffentlichen Grünflächen auf privaten Grundstücken sind an die Abwägung folglich hohe Anforderungen zu stellen (hier Abwägungsmängel). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bebauungs- und Grünordnungsplan „10.1 ehemaliges Bahnhofgelände und Gleistrasse“ der Antragsgegnerin ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag, über den der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg.
I.
Der innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er ist Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks und wendet sich gegen bauplanerische Festsetzungen, die unmittelbar sein Grundstück betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 – 4 BN 17.17 – juris Rn. 5 m.w.N.).
II.
Der Normenkontrollantrag ist begründet. Der Bebauungsplan verstößt zwar nicht gegen das Planentwicklungsgebot (1.), er leidet jedoch an einem Abwägungsmangel (2.).
1. Der Antragsteller erachtet den streitgegenständlichen Bebauungsplan wegen eines Verstoßes gegen das in § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB normierte Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, für unwirksam, weil der Flächennutzungsplan auf der ehemaligen Gleistrasse nur einen Radweg vorsehe. Mit dieser Argumentation verkennt der Antragsteller, dass der Bebauungsplan als Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt worden ist und § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB hierfür eine Sonderregelung enthält. Den Gemeinden wird es durch diese Vorschrift ermöglicht, beim Erlass eines Bebauungsplans der Innenentwicklung von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abzuweichen, ohne diesen in einem gesonderten Verfahren ändern oder ergänzen zu müssen (vgl. HessVGH, U.v. 6.4.2017 – 4 C 969/16.N – juris Rn. 95). Die besonderen Voraussetzungen des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB sind hier erfüllt. Es ist weder ersichtlich, dass die abweichende Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit integriertem Fußweg bei einer regulären Änderung des Flächennutzungsplans nicht „planbar“ wäre, noch der Flächennutzungsplan durch die Änderung seine Bedeutung als kommunales Steuerungsinstrument der städtebaulichen Entwicklung „im Großen und Ganzen“ verloren hätte (vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 50 m.w.N.).
2. Der Bebauungsplan leidet an einem beachtlichen Abwägungsmangel, der zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt.
Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. § 2 Abs. 3 BauGB ergänzt dieses materiell-rechtliche Abwägungsgebot, um die Verfahrensanforderung (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), dass die abwägungserheblichen Belange in wesentlichen Punkten (zutreffend) zu ermitteln und zu bewerten sind. Zu ermitteln und zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind alle Belange, die in der konkreten Planungssituation nach Lage der Dinge in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden müssen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belange in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Daran gemessen ist die Planung hier abwägungsfehlerhaft.
Die Antragsgegnerin hat hier bei der Abwägung hinsichtlich der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit integriertem Fußweg die schutzwürdigen Eigentumsbelange des Antragstellers nicht hinreichend berücksichtigt, weil sie es unterlassen hat, den bauplanungsrechtlichen „Status“ des überplanten Grundstücks FlNr. … Gemarkung H … des Antragstellers zu prüfen. Hieraus ergibt sich ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit nach § 2 Abs. 3 BauGB.
a) Die Entscheidung für die Ausweisung einer öffentlichen Grünfläche stellt – unabhängig davon, ob die planungsbetroffenen Grundstücke im Innen- oder Außenbereich liegen – gleichzeitig eine zukunftsgerichtete planerische Entscheidung gegen auch im Außenbereich verbleibende bauliche Nutzungsmöglichkeiten (vgl. § 35 Abs. 1, Abs. 2 BauGB) sowie gegen die positive Ausweisung baulicher Nutzungsmöglichkeiten im Interesse betroffener Grundstückseigentümer dar (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 15 N 14.2033 – juris Rn. 51). Städtebaulich sind Grünflächen sonstige, grundsätzlich nicht für eine bauliche Nutzung vorgesehene Flächen. Auf einer Grünfläche können deshalb all jene Zwecke nicht verwirklicht werden, deren Verwirklichung eine nennenswerte Bebauung erfordert (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.2008 – 9 N 05.3240 – juris Rn. 20; U.v. 18.1.2017 a.a.O. Rn. 52). Im Fall der Ausweisung einer solchen Grünfläche steht den von der Kommune wahrgenommenen öffentlichen Interessen daher eine nicht unerhebliche Betroffenheit des Grundstückseigentümers gegenüber, weil mit einer solchen Festsetzung der Inhalt der Eigentümerrechte zukunftsbezogen hinsichtlich der Privatnützigkeit des Eigentums weitgehend beschränkt wird. Bei der Festsetzung von öffentlichen Grünflächen auf privaten Grundstücken sind an die Abwägung folglich hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 a.a.O. Rn. 52 m.w.N.).
Wird durch die Bauleitplanung, wie bei der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche oder einer öffentlichen Verkehrsfläche, die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken verändert, muss insbesondere die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange beachtet werden. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB hat die Gemeinde folglich die Nachteile einer Planung für Planunterworfene zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2017 – 4 BN 25/16 – juris Rn. 5 m.w.N.). Dies setzt eine zutreffende Beurteilung des bauplanungsrechtlichen „Status“ der überplanten Grundstücke voraus, insbesondere auch der Frage, ob ein bisher nicht überbautes Grundstück im Außen- oder im Innenbereich liegt, mag auch das Gewicht der Eigentumsbelang bei einer Lage im Innenbereich oder in einem Baugebiet größer sein als bei einer Außenbereichslage (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2006 – 1 N 03.2347 – juris Rn. 23; U.v. 29.10.2010 – 1 N 06.2609 – juris Rn. 67). Besteht ein Recht zur Bebauung, kommt der normativen Entziehung desselben erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Die Frage, ob das betreffende Grundstück insgesamt Baulandqualität besitzt, darf deshalb nicht offenbleiben (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2017 – 4 BN 25/16 – juris, Rn. 6; BVerfG, B.v. 19.12.2002 – 1 BvR 1402/01 – juris Rn. 18).
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat sich bei seiner Abwägungsentscheidung zwar mit den Einwendungen des Antragstellers befasst. Wie der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats vom 6. Dezember 2011 zu TOP 3 und den dort in Bezug genommenen Stellungnahmen des Büros für Städtebau und Bauleitplanung W … … und P … … (Anlage zu TOP 3 der Niederschrift) entnommen werden kann, hat er das Vorbringen des Antragstellers zur Kenntnis genommen und hierzu auf seine bisherigen Beschlussfassungen zu diesem Vorbringen verwiesen. In diesen in Bezug genommenen Beschlussfassungen vom 6. September 2011 und vom 3. März 2011 wurde jeweils unter Bezugnahme auf die dort vorliegenden Stellungnahmen des Planungsbüros darauf abgestellt, dass sich der Gemeinderat bereits im November 2010 mit der Möglichkeit einer baulichen Nachverdichtung im Bereich der ehemaligen Gleistrasse beschäftigt und festgestellt habe, dass bei den allermeisten Anliegern kein Interesse an weiterer baulicher Verdichtung bestehe. Aus der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats vom 2. November 2010 ergibt sich hierzu, dass die Familie J … im rückwärtigen Teil ihres Grundstücks eine Bebauung beabsichtigte, für die Teilflächen an der ehemaligen Gleistrasse in Anspruch genommen werden sollten. Eine Umfrage bei allen Anliegern nach ähnlichen Bauabsichten habe aber ergeben, dass lediglich bei zwei Anliegern solche Absichten bestünden und sich eine Mehrzahl der Anlieger gegen eine Bebauung ausgesprochen habe. Der Antrag der Familie J … auf rückwärtige Bebauung ihres Grundstücks und Einbeziehung von Teilbereichen der ehemaligen Gleistrasse wurde deshalb abgelehnt.
Daraus wird ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin mit den vom Antragsteller vorgebrachten Nutzungswünschen für eine private Bebauung der ehemaligen Gleistrasse nur vor dem Hintergrund konkreter Bauabsichten von Anliegern und erst noch zu schaffender planungsrechtlicher Voraussetzungen befasst hat. Mit der Frage, ob diese Nutzungsmöglichkeiten auch ohne den angefochtenen Bebauungsplan bestehen und insbesondere welche planungsrechtliche Qualität dem Grundstück des Antragstellers ohne diesen Bebauungsplan zukommt, hat sich die Antragsgegnerin aber ersichtlich nicht befasst. Damit liegt hinsichtlich des wichtigen Belangs privater Eigentümerinteressen des Antragstellers ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit nach § 2 Abs. 3 BauGB vor. Denn erst dann, wenn die Kommune klare Vorstellungen von den abwägungsrelevanten Auswirkungen ihrer Planung hat, kann sie verlässlich abschätzen, mit welchem Gewicht der Belang in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BayVGH, U.v. 17.12.2018 – 15 N 16.2373, 15 N 17.1598 – juris Rn. 56; s. auch BayVGH, U.v. 27.4.2016 – 9 N 13.1408 – juris Rn. 20ff.).
b) Dieser Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB ist gemäß § 214 Abs. 1 Satz Nr. 1 BauGB auch beachtlich.
Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans unter anderem nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Dass die durch die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks betroffenen privaten Eigentumsinteressen des Antragstellers abwägungserheblich waren, wurde bereits oben ausgeführt; sie betreffen damit auch „wesentliche Punkte“ gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Der Mangel bei der Ermittlung und Bewertung dieser Belange ist offensichtlich, denn er beruht auf objektiven Umständen und ist ohne Ausforschung der Mitglieder des Gemeinderats der Antragsgegnerin über deren Planvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 9 N 14.2265 – juris Rn. 39 m.w.N.).
Der Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB ist auf das Abwägungsergebnis auch von Einfluss gewesen, weil nach den festzustellenden Umständen die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis sein kann (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2016 – 4 B 21/15 – juris Rn. 10). Dies ist hier anzunehmen.
Den Planunterlagen, insbesondere dem Beschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 2. November 2010 lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren zumindest die teilweise bauliche Nutzung der ehemaligen Gleistrasse nicht von vornherein ausgeschlossen hat. Nachdem sich bei einer Umfrage die Mehrzahl der Anlieger gegen eine solche Bebauung ausgesprochen hat, hat sich die Antragsgegnerin hierfür entschieden, die ursprüngliche Planungsabsicht (Allee-Lösung) weiter zu verfolgen. Nach dem Inhalt der Umfrage lagen dieser Entscheidung nur die mehrheitlich negativen Antworten der Anlieger zu der Frage nach konkreten Bauabsichten zugrunde, nicht etwa eine Bewertung der planungsrechtlichen Qualität dieses eigenständigen Grundstücks des Antragstellers. Wie bereits oben ausgeführt wurde, schränkt eine Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche aber – unabhängig davon, ob die planungsbetroffenen Grundstücke im Innen- oder Außenbereich liegen – die baulichen Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstückseigentümer weitgehend ein und bedarf deshalb stets der Rechtfertigung durch entsprechend gewichtige Gemeinwohlbelange (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – juris Rn. 52 m.w.N.). Hätte die Antragsgegnerin die Auswirkungen der festgesetzten öffentlichen Grünfläche rechtlich zutreffend beurteilt, besteht damit die konkrete Möglichkeit, dass sie anders geplant hätte und zu einer für den Antragsteller (teilweise) günstigeren Festsetzung gekommen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2016 – 4 B 21/15 – juris Rn. 10).
Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren auf die geringe Grundstückstiefe von ca. 10 m im Bereich zwischen Z … H … und der südlich anschließenden Bebauung entlang der F … hingewiesen hat, ist dies erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan erfolgt (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Abgesehen davon führt gerade diese geringe Breite dazu, dass sich die Antragsgegnerin Gedanken über den planungsrechtlichen „Status“ des überplanten Grundstücks hätte machen müssen, da dieser aufgrund einiger Besonderheiten hier (schmale, ehemalige Gleistrasse; Verlauf quer durch den Ort; nördlich und südlich anschließende Bebauung) nicht ohne weiteres auf der Hand liegt.
c) Der Abwägungsmangel ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB unbeachtlich geworden. Der Antragsteller hat die Verletzung von § 2 Abs. 3 BauGB der Sache nach mit dem von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2012 an die Antragsgegnerin innerhalb der Jahresfrist seit Bekanntmachung des Bebauungsplans am 16. Dezember 2012 geltend gemacht.
d) Der Abwägungsmangel führt schließlich auch zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Insbesondere scheidet eine sich auf das Grundstück des Antragstellers begrenzende Teilunwirksamkeit aus. Abwägungsmängel, die einzelne Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, wenn – erstens – die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und – zweitens – die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.2017 – 4 CN 6/16 – juris Rn. 29).
Hier fehlt es jedenfalls an der zweiten Voraussetzung. Wie der Begründung des Bebauungsplans und der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin entnommen werden kann, war das mit der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit integriertem Fußweg auf der den gesamten Planbereich durchziehenden ehemaligen Gleistrasse, also dem Grundstück des Antragstellers, verfolgte Ziel der Herstellung einer raumwirksamen und durchgehenden Allee und Grünachse für den Gemeinderat bei der Aufstellung des Bebauungsplans wesentlich. Soweit in dem Bebauungsplan auch das Plangebiet des früheren Bebauungsplans Nr. 10 „Bahnhofsgelände“ einbezogen wurde, waren nach der Begründung des Bebauungsplans Teile dieser alten Planung bereits umgesetzt, insbesondere war der Jugendtreff im südöstlichen Bereich gebaut und die direkt umgebenden Grünflächen und Fußwege gestaltet worden. Es fehlen damit Anhaltspunkte dafür, dass der Gemeinderat den streitgegenständlichen Bebauungsplan auch ohne die unwirksame Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche auf dem Grundstück des Antragstellers beschlossen hätte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Die Nr. 1 der Entscheidungsformel ist nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).


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