Baurecht

Unzulässige Nachbarklage gegen Biergartenerweiterung – Zustellung an Bevollmächtigten

Aktenzeichen  M 1 K 18.1962

Datum:
24.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23372
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 68
VwGO § 74 Abs. 1
VwZVG Art. 8 Abs. 1 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1. Ein Betroffener muss die Zustellung einer Baugenehmigung an sich persönlich gelten lassen, wenn der Bevollmächtigte bei der Behörde eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt hat (Art. 8 Abs. 1 S. 2 VwZVG). Auf eine aus einem anderen Baugenehmigungsverfahren vorliegende Vollmacht kann sich der Bevollmächtigte nicht berufen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung bleibt es ohne Folgen, wenn eine Nachbarbeteiligung in behördlichen Verfahren unterblieben ist. Mit der Zustellung der Baugenehmigung wird dem Nachbarn die Möglichkeit eröffnet, in einem Rechtsbehelfsverfahren seine Einwendungen vorzubringen und seine Rechte geltend zu machen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, konnte zur Sache mündlich verhandelt und entschieden werden, obwohl eine rechtzeitige Ladung hierzu nicht erfolgt war (§ 102 Abs. 1 VwGO).
1. Die Klage ist unzulässig und war daher abzuweisen.
Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO zur Klageerhebung wurde versäumt. Die Klägerin muss die Zustellung der Baugenehmigung an sie persönlich per Postzustellungsurkunde am 14. Dezember 2017 gegen sich gelten lassen, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VwZVG. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat eine schriftliche Vollmacht bei der Behörde nicht vorgelegt, so dass Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VwZVG nicht zur Anwendung kommt. Auf die dem Landratsamt vorliegende Vollmacht vom 30. April 2008 kann der Klägerbevollmächtigte sich nicht berufen. Die Vollmacht lag mehr als neun Jahre zurück und betraf ein anderes, nämlich das ursprüngliche Baugenehmigungsverfahren zur Errichtung des jetzt bestehenden Biergartens. Auf das neue Verwaltungsverfahren zur Erweiterung dieses Biergartens und zur Errichtung eines Spielplatzes kann sie nicht erstreckt werden. Im Einzelnen wird hierzu auf die Begründung des zwischen den Beteiligten ergangenen Urteils vom 24. April 2018 in der Sache M 1 K 17.2455 Bezug genommen.
2. Im Übrigen wäre die Klage gegen die Baugenehmigung vom 12. Dezember 2017 aller Voraussicht nach auch unbegründet, weil die Klägerin hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Es bleibt rechtlich folgenlos, dass die Klägerin als Eigentümerin eines benachbarten Grundstücks nicht am Baugenehmigungsverfahren beteiligt wurde. Zwar bestimmt Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO, dass den Nachbarn der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen sind. Nach Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO ist jedoch einem Nachbarn, der nicht zugestimmt hat oder dessen Einwendungen nicht entsprochen wurde, eine Ausfertigung der Baugenehmigung zuzustellen. Hieraus folgert die ganz herrschende Meinung, dass es für die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung ohne Folgen bleibt, wenn eine Nachbarbeteiligung in behördlichen Verfahren unterblieben ist. Denn mit der Zustellung der Baugenehmigung wird dem Nachbarn die Möglichkeit eröffnet, in einem Rechtsbehelfsverfahren seine Einwendungen vorzubringen und seine Rechte geltend zu machen.
Auch ist aller Voraussicht nach nicht davon auszugehen, dass von den genehmigten Vorhaben für die Klägerin unzumutbare Lärmemissionen ausgehen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils in der Sache M 1 K 17.2455 verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen keine Kosten zu erstatten, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.


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