Baurecht

Verbesserungsbeitrag zur Entwässerungsanlage

Aktenzeichen  W 2 K 17.281

Datum:
14.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 42665
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Als Verbesserung einer vorhandenen Einrichtung und damit als verbesserungsbeitragsfähig sind Maßnahmen anzusehen, die dazu führen, dass die bereits erstmalig hergestellte Einrichtung dergestalt ergänzt wird, dass sie auch den Altanschließern neue oder zusätzliche Vorteile bietet. Dies kann insbesondere durch Maßnahmen zur Hebung ihrer Qualität und Leistungsfähigkeit, vor allem zur Erhöhung ihrer Wirkungskraft erfolgen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Grundstücksinhaber hat seine Grundstücksentwässerungsanlage so zu gestalten, dass die Ableitung ausgerichtet auf die technischen Gegebenheiten der gemeindlichen Schmutzwasserkanäle möglich ist. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Über eine rechtswegfremde Aufrechnung mit einem Amtshaftungsanspruch kann im Verwaltungsrechtsweg nur entschieden werden, wenn der Amtshaftungsanspruch rechtskräftig festgestellt oder unbestritten ist. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Unsicherheiten bei der Abgrenzung zwischen Außen- und unbeplantem Innenbereich können im Hinblick auf Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität durch eine satzungsmäßig angeordnete Tiefenbegrenzung beseitigt werden. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes K. vom 20. August 2014 sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die gegen die streitgegenständlichen Bescheide von der Klägerin erhobenen Rügen greifen nicht durch. Dazu gilt im Einzelnen Folgendes:
1.1 Die nach Angaben der Beklagtenseite am 23. März 2019 abgenommene Baumaßnahme stellt sich ersichtlich als Verbesserungsmaßnahme im Sinne von § 1 der Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung der Beklagten vom 24. Januar 2003, in der Fassung der Änderungssatzung vom 12. September 2013 (VS-EWS 2003/2013), die jeweils ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sind (Art. 26 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern – Gemeindeordnung – GO i.d.F. d. Bek. vom 22. August 1998 – GVBl S. 796; BayRS 2020-1-1-I), dar.
Als beitragsfähig i.S.v. Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2018 (GVBl S. 449), ist eine Maßnahme dann zu erachten, wenn es sich um eine „Verbesserung“ und/oder „Erneuerung“ der bestehenden Entwässerungseinrichtung des Beklagten handelt. Als Verbesserung einer vorhandenen Einrichtung und damit als verbesserungsbeitragsfähig werden vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Maßnahmen angesehen, die dazu führen, dass die bereits erstmalig hergestellte Einrichtung dergestalt ergänzt wird, dass sie auch den sogenannten Altanschließern neue oder zusätzliche Vorteile bietet (exemplarisch dazu: BayVGH, U.v. 11.3.2010 – 20 B 09.1890 – BeckRS 2010, 55166). Solche zusätzlichen Vorteile beinhalten regelmäßig vor allem Maßnahmen, die sich auf die Funktionsfähigkeit der Einrichtung insgesamt auswirken. Eine Verbesserung einer schon vorhandenen Einrichtung kann insbesondere durch Maßnahmen zur Hebung ihrer Qualität und Leistungsfähigkeit, vor allem zur Erhöhung ihrer Wirkungskraft erfolgen (vgl. BayVGH, U.v. 28.10.1999 – 23 N 99.1354 – BeckRS 19475).
§ 1 VS-EWS 2003/2013 beschreibt das Vorhaben (Bauprogramm) hinreichend und enthält ersichtlich Verbesserungsmaßnahmen wie etwa die Aufdimensionierung bestehender Kanäle (vgl. auch Gutachten Nr. 61/2015 A, S. 11), den Bau eines Regenüberlaufbeckens und Regenüberlaufes sowie die Errichtung eines Rechengebäudes mit Drosselbauwerk und Mengenmessung sowie eines Beckens zur Grobentschlammung.
Das bestreitet die Klägerin letztlich auch nicht. Vielmehr meint sie, der Kanalbau sei jedenfalls in ihrem Bereich „fehlerhaft“ erfolgt und deshalb keine Verbesserung „ihrer eigenen“ Abwassersituation. Diese Sichtweise verkennt jedoch den Sinn abwasserrechtlicher Verbesserungsmaßnahmen, bei denen das gesamte Leitungsnetz in den Blick zu nehmen ist. Die in § 1 VS-EWS 2003/2013 beschriebenen Maßnahmen führen ersichtlich zu einer Hebung der Qualität und Leistungsfähigkeit der Abwasseranlage des Beklagten (vgl. dazu bereits VG Würzburg, U.v. 19.7.2017 – W 2 K 16.810).
Soweit sich im Parallelverfahren aufgrund der eingeholten Gutachten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nunmehr herausgestellt hat, dass das im Grundstücksanschluss der Klägerin im öffentlichen Grund teilweise festgestellte Gegengefälle nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht, folgt daraus lediglich ein Anspruch gegen den Beklagten auf Herstellung eines Grundstücksanschlusses nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2006 – 23 ZB 06.306 – juris), wie das § 9 Abs. 2 der Entwässerungssatzung des Beklagten vom 18. November 2016 (EWS 2016) normiert. Dem wurde durch die vergleichsweise Regelung im Parallelverfahren auch Rechnung getragen. Das ändert aber nichts daran, dass die abgerechneten Verbesserungsmaßnahmen die abwasserrechtlichere Gesamtsituation der Entwässerungsanlage des Beklagten ersichtlich verbessern und deshalb eine beitragsfähige Verbesserungsmaßnahme vorliegt.
Anhaltspunkte für die Nichtigkeit des dem Beitragsbescheid zugrundeliegenden Satzungsrechts sind darüber hinaus weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kammer hat aber Anlass nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass § 9 Abs. 5 EWS 2016 – wie bereits zuvor die Entwässerungssatzung vom 21. September 2002 (EWS 2002) – jedem Anlieger und damit auch der Klägerin aufgibt, sich gegen den Rückstau aus der öffentlichen Entwässerungsanlage in geeigneter Weise selbst zu schützen; wobei sich die Anforderung gemäß den aktuellen allgemein anerkannten Regeln der Technik verändern können. Aus den Akten ergibt sich dazu, dass die Klägerseite bereits Anfang der 80er Jahre ausdrücklich auf diese Verpflichtung hingewiesen worden ist (siehe Schreiben des Ehemannes der Klägerin vom 8.8.1999 an das Landratsamt K.; vgl. Akte Landratsamt), ausdrücklich durch ein Schreiben des Landratsamtes K. vom 30. April 1999 (vgl. Akte Landratsamt) und auch danach mehrfach vom Beklagten und vom Landratsamt K.. Der Gutachter hat nunmehr festgestellt, dass die Rückstausicherung im Schachtbauwerk auf dem Grundstück der Klägerin den aktuellen DIN-Vorschriften nicht entspricht, weil die eingebaute Rückstausicherung nicht über einen, vom Wasserdruck unabhängigen zusätzlichen Verschluss – regelmäßig eine Klappe, die bei Rückstau im kommunalen Kanal einen Schieber motorbetrieben schließt – verfügt. Auf die Erläuterungen des Gutachters (vgl. Gutachten Nr. 61/2015 C, S. 17 ff.) wird insoweit verwiesen. Die wesentliche Ursache für die Wasserschäden im Anwesen der Klägerin ist deshalb in der eigenen nicht DINgerechten Rückstausicherung zu sehen. Die Beseitigung dieser Mängel einschließlich des aufgetretenen Rattenverbisses an der Dichtung der vorhandenen Rückstausicherung auf dem klägerischen Grundstück sind deshalb allein Angelegenheit der Klägerin (§ 1 Abs. 3 EWS 2016 i.V. Art. 9 Abs. 1 KAG). Der Grundstücksinhaber hat im Übrigen seine Grundstücksentwässerungsanlage so zu gestalten, dass die Ableitung ausgerichtet auf die technischen Gegebenheiten der gemeindlichen Schmutzwasserkanäle möglich ist und nicht umgekehrt (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2006 – 23 ZB 06.306 – juris). Dass es bei Starkregen zu einem Rückstau im öffentlichen Kanalnetz kommt, ist schon deshalb nicht zu beanstanden. Ansonsten müssten die öffentlichen Kanäle so überdimensioniert werden, dass dies wirtschaftlich – gerade auch im Interesse der beitragspflichtigen Anlieger – nicht mehr vertretbar wäre. Soweit die Klägerin bei solchen Ereignissen zeitweise nicht in den öffentlichen Kanal einleiten kann, stellt das deshalb nicht – wie die Klägerseite meint – einen Mangel der öffentlichen Einrichtung „Entwässerungsanlage“ dar.
Die Behauptung der Klägerseite, dass es nach Errichtung des Schachtbauwerkes auf dem klägerischen Grundstück im Jahr 1984 – nach bereits zuvor dort nicht zufriedenstellender Abwasserentsorgung – bis zum Anschluss an den neu gebauten Kanal 2008 „nahezu 30 Jahre“ keine Probleme mehr mit der Abwasserentsorgung bestanden hätten, trifft ersichtlich nicht zu. Denn der Ehemann der Klägerin hat im zitierten Schreiben vom 8. August 1999 dargelegt, dass die erste Kellerüberflutung bereits 1980 stattgefunden hat und auch später noch etwa 1991 und 1998 Probleme aufgetreten sind. Letztlich bestanden die Probleme seit dem Bau des Wohnhauses im Jahr 1972 (wohl von der Lage des Grundstücks bedingt) von Anfang an. Der Beklagte hat die Klägerseite aber zu Recht verpflichtet, dem mit einer den allgemeinen Regeln der Technik entsprechenden Rückstausicherung selbst zu begegnen (vgl. Kommentar zu DIN 1986-100, Auflage 2016, 13.1.2).
Die Behauptung der Klägerseite, die Bypass-Leitung zwischen dem Schacht Nr. … A, der den Grundstücksanschluss des klägerischen Grundstücks aufnimmt, und dem Schacht Nr. …4, in dem die Bypassleitung in den Schmutzwasserkanal mündet, habe kein ausreichendes Gefälle, trifft nach eindeutiger Aussage des Gutachters ebenfalls nicht zu. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung nochmals eindeutig und anhand der Höhenvermessung nachvollziehbar bestätigt, dass zwischen den beiden genannten Schächten ein ausreichender Höhenunterschied i.S.d. anerkannten Regeln der Technik vorhanden ist und dass auch der von der Klägerseite behauptete „Wassersack“ in der Bypassleitung nicht besteht.
1.2 Die angefochtenen Bescheide sind auch nicht deshalb rechtswidrig, soweit die Klägerseite durch den Kanalneubau verursachte Schäden am Haus und „Gehsteig“, u.a. Riss in der Gartenmauer und deren Absenkung, behauptet.
Insoweit handelt es sich um zivilrechtliche Schadensersatzansprüche, worauf die Klägerseite bereits mehrfach vom Landratsamt K. hingewiesen wurde.
Eine Aufrechnung mit den behaupteten Schadensersatzansprüchen, die von der Klägerseite in der Höhe aber schon nicht hinreichend beziffert wurden, ist bereits deshalb nicht möglich, weil für diese der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben (Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 839 BGB) und es dem erkennenden Gericht daher verwehrt ist, über die geltend gemachte Einrede zu entscheiden. Über eine rechtswegfremde Aufrechnung (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG, Art. 34 Satz 3 GG) könnte im Verwaltungsrechtsweg nur entschieden werden, wenn der Amtshaftungsanspruch rechtskräftig festgestellt oder unbestritten wäre (BayVGH, B.v. 27.7.2009 – 4 ZB 07.1132 – juris). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Weder ist der Amtshaftungsanspruch rechtskräftig festgestellt noch ist er unbestritten.
1.3 Die verfahrensgegenständliche Beitragsforderung ist auch nicht aufgrund fehlerhafter Grundstücks- oder Geschoßflächenangaben rechtswidrig.
1.3.1 Es ist nicht fehlerhaft – wie die Klägerseite meint -, dass der Beklagte nicht die Grundfläche des Gebäudes (Wohnhaus) auf dem klägerischen Grundstück beim Grundflächenbeitrag abgezogen hat.
Mit diesem Begehren wird der Sinn und Zweck des Grundflächenbeitrages völlig verkannt. Der Verbesserungsbeitrag wird gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 VS-EWS 2003/2013 nach der Grundstücksfläche und der tatsächlich vorhandenen Geschoßfläche berechnet. Das entspricht der gesetzlichen Regelung in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 KAG, die u.a. die Grundstücksfläche als zulässigen Beitragsmaßstab ansieht. Ersichtlich ist damit grundsätzlich die gesamte Grundstücksfläche gemeint, soweit nicht ausnahmsweise eine sog. „Tiefenbegrenzung“ i.S.v. Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG (siehe dazu unten) anzuwenden ist, also der grundbuchrechtliche Grundstückbegriff (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 22.5.2002 – 23 CS 02.906 – juris). Die von der Klägerin gewünschte Berechnung ist daher schon nach dem eindeutigen satzungsrechtlichen und gesetzlichen Wortlaut ausgeschlossen.
1.3.2 Der Einwand, die Grundstücksfläche sei auch deshalb unzutreffend festgesetzt, weil die vorgenommene sog. „Tiefenbegrenzung“ nicht ausreichend berücksichtige, dass das Grundstück der Klägerin im unbeplanten Innenbereich an der Grenze zum Außenbereich liege, greift nicht durch.
Es wurden zu Recht 1812 Quadratmeter Grundstücksfläche angesetzt und nicht, wie von der Klägerseite gewollt, nur 1008 Quadratmeter. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage war schon deshalb nicht erforderlich, weil es sich bei der Frage, ob die gewährte sog. „Tiefenbegrenzung“ ausreichend ist, um eine Rechtsfrage handelt. Diese beantwortet sich wie folgt:
„Zwischen den Beteiligten und dem Landratsamt K. gab es bereits im Zusammenhang mit dem Vorauszahlungsbescheid vom 7. April 2003 einen regen Schriftverkehr, mit divergierenden Aussagen zum Verlauf der Grenze zum Außenbereich. Letztlich wurde die anzurechnende Grundstücksfläche auf 1822 Quadratmeter herabgesetzt, was zur Erledigung des damaligen Widerspruchsverfahrens führte. Im angefochtenen Bescheid wurden nunmehr nur 1812 Quadratmeter Grundstücksfläche angesetzt, was die Klägerin insoweit gegenüber dem Vorauszahlungsbescheid begünstigt.“
Die Frage der abzurechnenden Grundstücksfläche wurde von der Klägerseite im jetzigen Widerspruchs- und im Klageverfahren erneut aufgeworfen. Die Klägerin trägt vor, das klägerische Grundstück liege an der Grenze zwischen dem unbeplanten Innenbereich und dem Außenbereich und der Bebauungszusammenhang ende grundsätzlich unmittelbar hinter dem letzten Gebäude (hier: Rückwand des Hauses), weshalb nur von einer Grundstückstiefe von 28 Metern auszugehen sei. Dieser Vortrag verkennt Sinn und Zweck der satzungsrechtlichen Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 VS-EWS 2003/2013. Danach wird bei unbeplanten Gebieten – wie hier – die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 Metern von der der Erschließungsstraße zugewandten Grundstücksgrenze herangezogen. Entsprechend hat der Beklagte abgerechnet. Das ist nicht zu beanstanden. Die von der Klägerseite herangezogene Rechtsprechung im Baurecht betrifft lediglich die baurechtliche Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich, die durchaus unterschiedlich betrachtet werden kann (vgl. Widerspruchsverfahren 2003).
Im Abgabenrecht gilt demgegenüber Folgendes:
Unsicherheiten bei der Abgrenzung jedenfalls zwischen Außen- und unbeplanten Innenbereich (wie hier) können durch eine (wie hier in § 5 Abs. 1 Satz 2 VS-EWS 2003/2013) satzungsmäßig angeordnete Tiefenbegrenzung im Hinblick auf Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität beseitigt werden. Das gilt allerdings nur bezüglich der Tiefe des Grundstücks, nicht aber für die Breite (vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Auflage 2018, § 17 Rn. 35 ff.). Entsprechendes gilt gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG für Beitragssatzungen bei – wie hier – leitungsgebundenen Einrichtungen; das galt auch bereits im Zeitpunkt, als der streitgegenständlich Bescheid der Beklagten erlassen wurde (vgl. Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG i.d.F. vom 25.7.2002, GVBl S. 322). Dabei bleibt es dem Ermessen des Satzungsgebers überlassen, in welcher Art und Weise er die Flächenbegrenzung vornimmt, insbesondere ist das in Form einer Tiefenbegrenzung zulässig. Der Beklagte ist daher mit seiner Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 VS-EWS 2003/2013 mit der Aufnahme einer Regelung für die Begrenzung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche in unbeplanten Gebieten nur seiner gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Für die von der Klägerseite gewünschte Berechnung ist deshalb im Beitragsrecht kein Raum.
1.3.3 Die berechnete tatsächliche Geschoßfläche ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Beitragsmaßstab der tatsächlich vorhandenen Geschoßfläche ist ebenfalls ein zulässiger Beitragsmaßstab.
Die Klägerseite hat keine nachvollziehbaren Unterlagen vorgelegt, weshalb eine um 1,95 Quadratmeter verringerte Geschoßfläche (entspricht 7,70 Euro) anzusetzen wäre. Im März 2013, bei der Anhörung vor der Erhebung des streitgegenständlichen Verbesserungsbeitrages hat die Klägerseite die vom Beklagten mitgeteilte Geschoßfläche nicht beanstandet, sondern nur hinsichtlich der Grundstücksfläche (vgl. Bl. 13R GA). Auf die Berechnung der Geschoßfläche nach der Digitalen Flurkarte mittels CAD wird verwiesen (vgl. Widerspruchsakte). Mangels eines nachvollziehbaren Tatsachenvortrages hat sich insoweit eine weitere Beweisaufnahme für die Kammer nicht aufgedrängt.
1.4 Es besteht im Hinblick auf den im Parallelverfahren streitgegenständlichen Anspruch gem. § 9 Abs. 2 EWS 2016 auch kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der hier verfahrensgegenständlichen Beitragsforderung. Eine Zurückbehaltung kommt entsprechend dem Grundgedanken des § 273 BGB zwar auch im öffentlichen Recht in Betracht. Das Zurückbehaltungsrecht muss jedoch im Einzelfall hinter vorrangigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zurücktreten (vgl BayVGH, U.v. 7.2.1990 – 3 B 89.00806 – NVwZ-RR 1990, 624). Da die Zurückbehaltung bei Geldforderungen einen der Aufrechnung gleichkommenden Effekt hat, unterliegt sie den gleichen Beschränkungen wie die Aufrechnung (vgl. Hüttenbrink in: Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. 2002 Rn. 79). Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen (siehe 1.2) verwiesen.
1.5 Es ist auch nicht, wie die Klägerseite meint, Verjährung eingetreten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Baumaßnahme „bereits 2008 durchgeführt“ wurde. Der Verbesserungsbeitrag entsteht gemäß § 3 Satz 1 VS-EWS 2003/2013, wenn die Verbesserungsmaßnahme – bedeutet alle Einzelmaßnahmen – tatsächlich beendet ist. Der maßgebliche Abschluss der Leistungen (Maßnahmen) war am 20. März 2009 (vgl. Schlussabnahmeprotokoll vom 23. März 2013), weshalb die Festsetzungsverjährung von vier Jahren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b), bb), 3. Spiegelstrich KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO) erst mit Ablauf des Jahres 2009 zu laufen begann (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b), cc) KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO) und am 20. Oktober 2013 (Bescheiderlass) noch nicht abgelaufen war.
Die Klage war deshalb insgesamt abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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