Baurecht

Vergabe von Rettungsdiensten in Bayern – Rechtsweg

Aktenzeichen  RN 4 K 18.2140

Datum:
26.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7800
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1, § 173 S. 1
GVG § 17a Abs. 2 S. 1, Abs. 3
GWB § 105 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 107 Abs. 1 Nr. 4, § 155, § 156 Abs. 1, § 158 Abs. 2
BayRDG Art. 13

 

Leitsatz

Die Überprüfung der Vergabe einer Dienstleistungskonzession für den Rettungsdienst in Bayern obliegt nur den Vergabekammern und dem Vergabesenat beim Oberlandesgericht als Beschwerdegericht, so dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist; eine Verweisung an eine Vergabekammer oder den Vergabesenat ist nicht möglich (vgl. SächsOVG BeckRS 2016, 47601 Rn. 19 ff. mwN). (Rn. 12 – 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Es wird festgestellt, dass der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten für eine Streitigkeit über die Vergabe von Rettungsdienstleistungen.
Der Beklagte leitete am 15.9.2018 ein Konzessionsvergabeverfahren betreffend eine Dienstleistungskonzession zur Stationierung und dem Betrieb von Rettungswagen (RTW) an diversen Standorten im Rettungsdienstbereich S. (Los 1 und 2) ein. Los 1 betrifft den Standort Los 2 den Standort …(2).
Die Klägerin beteiligte sich ebenso wie der Beigeladene an dem Vergabeverfahren für Los 2.
Mit Schreiben vom 17.12.2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Angebot nicht ausgewählt worden sei und beabsichtigt sei, den Zuschlag in Los 2 auf das Angebot des Beigeladenen zu erteilen.
Die Klägerin ließ mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20.12.2018 Rügen gegenüber dem Beklagten erheben. Ferner ließ sie mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.12.2018 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Südbayern stellen. Mit weiterem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.12.2018, beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangen am 21.12.2018, ließ sie gegen das Schreiben des Beklagten vom 17.12.2018 Klage erheben und einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung (RN 4 S18.2139) und einen Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung (RN 4 E 18.2156) stellen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, wenn ein Vergabeverfahren mit dem Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages enden solle. Die Auswahlentscheidung eines Zweckverbandes für Rettungsdienste und Feuerwehralarmierung könne auf dem Verwaltungsrechtsweg angegriffen werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob für den unterlegenen Bieter parallel dazu Rechtsschutz in einem Nachprüfungsverfahren und einem anschließenden Beschwerdeverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht möglich sei.
Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungs- und Ausschlussbescheid des Beklagten vom 17.12.2018 aufzuheben.
Der Beklagte hat noch keinen Antrag gestellt. Der Beigeladene beantragt sinngemäß, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, es sei ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer Südbayern anhängig. Das Verwaltungsgericht sei nicht zuständig. Die Streitigkeit unterliege gem. §§ 155 ff GWB der (ausschließlichen) Überprüfung durch die Vergabekammern. Der Rechtsweg werde ausdrücklich gerügt, so dass die erkennende Kammer vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen und deren Anlagen Bezug genommen. Eine Behördenakte wurde bisher nicht vorgelegt. Die Gerichtsakten der Verfahren RN 4 S 18.2139 und RN 4 E 18.2156 wurden zum Verfahren beigezogen.
II.
Gemäß § 173 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 17a Abs. 3 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) hat das Gericht über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt. Seitens des Beigeladenen wurde hier die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt, so dass eine Vorabentscheidung über diese Frage geboten war.
Der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist hier nicht eröffnet. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlichrechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.
Die Überprüfung der Vergabe der Dienstleistungskonzession obliegt hier der Vergabekammer Südbayern nach §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i.V.m. §§ 1 und 2 der Verordnung zur Regelung von Organisation und Zuständigkeiten im Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge (BayNpV). Gegenstand der Vergabe ist eine Dienstleistungskonzession i.S.d. § 105 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB, da der Rettungsdienst in Bayern im Wege einer Konzession vergeben wird (siehe hierzu EuGH, Urteil vom 10.3.2011, Az.: C-274/09). Es besteht hier auch keine Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB. § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB kann nämlich von vorneherein nicht eingreifen, wenn das Vergabeverfahren – wie in Bayern aufgrund Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayRDG regelmäßig der Fall – gleichermaßen für Hilfsorganisationen als auch für private Unternehmen geöffnet ist, da damit die streitgegenständlichen Dienstleistungen nicht von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht“ werden (Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 24.7.2018, Az.: Z3-3-3194-1-11-04/18).
Gemäß § 156 Abs. 2 GWB können die Rechte aus § 97 Absatz 6 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden. Die Prüfung des von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgten Ziels, die Entscheidung des Beklagten, dass nicht die Klägerin, sondern der Beigeladene den Zuschlag für die in Los 2 ausgeschriebenen Rettungsdienstleistungen bekomme, ist ausschließlich im Rahmen eines Vergabeverfahrens zu prüfen. Die von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzungen sind im Wege des Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer geltend zu machen (§§ 160 ff. GWB). Gemäß § 169 Abs. 1 GWB darf der Auftraggeber (hier der Beklagte) vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Abs. 1 GWB den Zuschlag nicht erteilen, wenn ihn die Vergabekammer in Textform über den Antrag auf Nachprüfung informiert. Die Vergabekammer hat auch die Möglichkeit, weitere vorläufige Maßnahmen zugunsten der Klägerin zu ergreifen (§ 169 Abs. 3 GWB). Ferner hat die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer zumindest vorübergehend aufschiebende Wirkung (§ 173 Abs. 1 GWB) (siehe zum Ganzen auch OVG Sachsen, Beschluss vom 9.2.2016, Az.: 5 B 315/15).
Hinzuweisen ist darauf, dass eine Verweisung des Rechtsstreits an die Vergabekammer oder den Vergabesenat nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nicht möglich ist. Es wird insoweit auf die Ausführungen des OVG Sachsen im Beschluss vom 9.2.2016, Az.: 5 B 315/15 Bezug genommen, denen sich das Gericht vollumfänglich anschließt.


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