Baurecht

Verletzung des rechtlichen Gehörs – Motorschäden als Verschleißschäden

Aktenzeichen  24 U 4598/16

Datum:
18.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 145911
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 97 Abs. 1, § 128, § 520 Abs. 3 S. 2 Ziffer 2, § 522 Abs. 2, § 531 Abs. 2, § 708 Nr. 10, § 711
BGB § 249
GKG § 47 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

24 U 4598/16 2017-03-06 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 26.10.2016, Az.: 082 O 2560/14, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieser Beschluss sowie das in Ziffer I. genannte Urteil des LG Augsburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
24 U 4598/16 – Seite 2
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.207,11 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.10.2016, Az.: 082 O 2560/14, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.10.2016 Bezug genommen. Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 20.207,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 5.690,- € vom 25.07.2014 bis 06.03.2016, aus einem Betrag von 14.000,- € vom 07.03.2016 bis 24.03.2016 sowie aus einem Betrag von 20.207,11 € ab dem 25.03.2016 zu zahlen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren beantragt die Beklagte mit der Berufungsbegründung:
Die Klage wird unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Augsburg vom 21.09.2016 (richtig: 26.10. 2016), Az.: 82 O 2560/14, abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 07.04.2017 beantragt die Beklagte,
in Ergänzung des bisherigen Sachantrags das landgerichtliche Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Augsburg zurück zu verweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie den vorausgegangenem Hinweis des Senats vom 06.03.2017 Bezug genommen.
Die Gegenerklärung der Beklagten (Schriftsatz vom 07.04.2017) rechtfertigt keine andere Beurteilung als im Hinweis dargelegt. Im Einzelnen:
2. Eine etwaige Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist ein Verfahrensfehler, der entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs „in jeder Phase des Verfahrens“ von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. dazu Zöller, ZPO, 31. Aufl. vor § 128 ZPO, Rn. 8, 8 a).
Im Streitfall hat das Erstgericht offenbar übersehen, dass der von der Beklagten geforderte weitere Kostenvorschuss in Höhe von 665,- € zwar nicht innerhalb der bis 12.06.2015 verlängerten Frist (vgl. dazu die richterliche Verfügung vom 02.06.2015; Bl. 65 d.A.) eingegangen ist, jedoch am 04.08.2015 (vgl. die im Kostenheft befindliche Zahlungsanzeige VII).
Der Beklagten war es unbenommen, ja sie war in Wahrnehmung ihrer Rechte bereits erstinstanzlich gehalten, darauf hinzuwirken, dass entgegen der richterlichen Verfügung vom 18.06.2015 (vgl. Bl. 67 d.A.) trotz Verspätung der weiteren Vorschusszahlung die Fragen gemäß Ziffer II. 1. bis 5. des Beweisbeschlusses vom 18.02.2015 beantwortet werden. Die Beklagte hat jedoch erstinstanzlich weder auf die (verspätet) erfolgte Zahlung des weiteren Kostenvorschusses von 665,- € hingewiesen, noch – insbesondere im Hinblick darauf – die fehlende Beantwortung der Fragen Ziffer II. 1. bis 5. des Beweisbeschlusses, noch das Unterbleiben der mündlichen Anhörung des Sachverständigen gerügt. Mit den entsprechenden Rügen ist die Beklagte in zweiter Instanz präkludiert (vgl. § 531 Abs. 2 ZPO).
Darüber hinaus hätte die Beklagte in zweiter Instanz spätestens in der Berufungsbegründung die nunmehr erstmals mit Schriftsatz vom 07.04.2017 gerügte Gehörsverletzung geltend machen und darlegen müssen, dass die erstinstanzliche Entscheidung durch den gerügten Verstoß beeinflusst worden sein kann (vgl. § 520 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 2 ZPO; vgl. Zöller a. a. O.). Das diesbezügliche Vorbringen im Schriftsatz vom 07.04.2017 ist als verspätet zurückzuweisen (vgl. §§ 530, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 296 Abs. 1 ZPO).
3. Im Übrigen ist hervorzuheben, dass nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen das zentrale Verteidigungsvorbringen der Beklagten, bei dem festgestellten Motorschaden am verfahrensgegenständlichen Traktor handele es sich um einen Verschleißschaden, als unzutreffend widerlegt ist. Auf die Ausführungen auf Seite 2 unten, Seite 3, 1. Absatz des Hinweises vom 06.03.2017 wird insoweit nochmals ausdrücklich Bezug genommen.
4. Das Erstgericht hat auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen N. die Kausalität der Pflichtverletzung der Beklagten (mangelhaft durchgeführte Motorreparatur) für den Motorschaden und die daraus resultierenden Reparaturkosten rechtsfehlerfrei und nachvollziehbar festgestellt.
Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung erstmals eingewandt hat, bei den vom Erstgericht zugesprochenen Reparaturkosten in Höhe von 5.690,- € handele es sich um „Sowieso-Aufwendungen“ geht es nicht um die Abgrenzung mittelbarer/unmittelbarer Schaden. Bei Sowieso-Kosten (ersparten Aufwendungen) handelt es sich um einen Unterfall der sogenannten Vorteilsausgleichung (vgl. dazu Palandt, BGB, 76. Aufl. vor § 249 BGB Rn. 67 ff., 93). Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung trägt der Schädiger (vgl. Palandt a. a. O., Rn. 75). Bezüglich etwaiger ersparter Aufwendungen (Sowieso-Kosten) erfolgt entgegen der Auffassung der Beklagten keine Prüfung von Amts wegen.
5. Die vom Erstgericht zugesprochenen Kosten für die Miete von Ersatzfahrzeugen sind als Folgeschäden der mangelhaften Reparatur der Beklagten von dieser gemäß § 249 BGB zu ersetzen (vgl. dazu Palandt, BGB, 76. Aufl., § 249 BGB, Rn. 31 ff.).
6. Wie bereits im Hinweis vom 06.03.2017 dargelegt, ist nach dem Sachvortrag der Parteien davon auszugehen, dass Anfang Mai 2014 ein Reparaturversuch seitens der Beklagten stattgefunden hat, der jedoch nicht zur Beseitigung der von ihr zu vertretenden und vom Sachverständigen N. bei der Untersuchung des Motors festgestellten Mangelhaftigkeit der Buchsenüberstände führte. Für eine Unterbrechung der „Kausalitätskette im personellen Bereich“ gibt es keinerlei konkrete Anhaltspunkte.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 47 Abs. 1 GKG bestimmt.


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