Baurecht

Vorarbeiten für den Bau einer bestandskräftig planfestgestellten Straße

Aktenzeichen  B 1 S 19.349

Datum:
16.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17778
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayEG Art. 7 Abs. 1
WHG § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Vorarbeiten iSv Art. 7 Abs. 1 BayEG sind Arbeiten, die notwendig sind, um die Eignung der Grundstücke für Vorhaben, für die enteignet werden kann, beurteilen zu können. Das sind Arbeiten, die erforderlich sind, um festzustellen, ob ein Vorhaben überhaupt oder unter Verwendung bestimmter Grundstücke durchgehrt werden kann, wie zB das Betreten und Vermessen von Grundstücken, Boden- und Grundwasseruntersuchungen, Bohrungen zur Gesteinsprüfung, das Setzen von Pfählen, Pflöcken oder sonstigen Markierungen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich gegen einen Bescheid der Stadt …, mit dem dem Beigeladenen gestattet wird, zum Zweck des Baus der Staatsstraße … auf einzeln bezeichneten Grundstücken der Antragsteller Vorarbeiten vorzunehmen, sowie gegen begleitende Verfügungen.
Mit Beschluss der Regierung von Oberfranken vom 12. April 2013 wurde der Plan für die Verlegung der Staatsstraße … „…“ nördlich von … festgestellt. Nach dem Grunderwerbsverzeichnis werden für die Maßnahme unter anderem Teilflächen der Fl.Nrn. …, …, … und … der Gemarkung … benötigt. Diese Grundstücke stehen im Eigentum einer aus den Antragstellern und drei weiteren Miterben bestehenden Miterbengemeinschaft. Zugleich ist der Antragsteller zu 2 Pächter dieser Flächen.
Die gegen den Planfeststellungsbeschluss geführten Klagen B 1 K 13.346 und B 1 K 15.475 wurden mit Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Januar 2016 bzw. 20. Oktober 2015 abgewiesen. Die Anträge auf Zulassung der Berufung wurden vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 16. Oktober 2017 (Az.: 8 ZB 16.407 und 8 ZB 16.154) abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2019 (Bl. 157 ff. der Behördenakte) beantragte das … für den Beigeladenen den Erlass einer Ermächtigungs- und Duldungsanordnung. Der Beigeladene solle zum Zweck des Baus der Staatsstraße … ermächtigt werden, soweit notwendig die Grundstücke Fl.Nrn. …, …, … und … zu betreten, zu vermessen und auf ihnen nachfolgend näher bezeichnete Vorarbeiten durchzuführen.
Zur Notwendigkeit der Maßnahmen wurde ausgeführt, dass für die Planung des Bauvorhabens im gesamten Baufeld eine engmaschige Untersuchung des vorhandenen Baugrunds vorzunehmen sei. Insbesondere für die Planung der Dämme und der Ingenieurbauwerke bedürfe es dieser Untersuchungen als Grundlage für die entsprechenden statischen Berechnungen. Die einzelnen vorzunehmenden Arbeiten werden im Folgenden näher erläutert. Die Antragsteller wurden mit Schreiben des … vom 24. Januar 2019 über die beabsichtigten Maßnahmen in Kenntnis gesetzt und um Zustimmung gebeten. Es wurde darauf hingewiesen, dass Vermögensschäden (Ernteausfälle, Nutzungsausfälle, staatliche Fördermittel) ausgeglichen würden. Die Antragsteller wandten sich in Schreiben vom 29. Januar 2019 gegen die Maßnahme und führten aus, dass die Existenz des landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs in außerordentlicher und massivster Form bedroht und zerstört werde. Vereinbarungen mit den übrigen Miterben wurden vorgelegt, wonach diese damit einverstanden seien, dass der Baulastträger unwiderruflich befugt sei, auf den betreffenden Grundstücken Vorarbeiten durchzuführen.
Am 21. März 2019 fand durch die Enteignungsbehörde der Antragsgegnerin ein Anhörungstermin statt, zu dem auch die Antragsteller erschienen waren. Im Verlauf wurden die Fragen von Tauschflächen sowie Alternativtrassen durch die Antragsteller zur Diskussion gestellt. Das … wies darauf hin, dass ein möglicher zusätzlicher Autobahnanschluss der … an die Autobahn … nicht konkret geplant, sondern lediglich politisch diskutiert werde. Auf die Niederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 8. April 2019 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen sowie dessen Beauftragten die Befugnis, Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. …, …, … und … zu betreten, zu vermessen und auf diesen Flächen Vorarbeiten vorzunehmen (Ziffer 1). Die Vorarbeiten werden in Ziffer 2 des Bescheids näher ausgeführt. Die Vorarbeiten dürften frühestens am 15. April 2019 beginnen und seien bis 15. Juni 2019 zu beenden. Die Grundstücke seien danach in einen für die Landwirtschaft geeigneten Zustand zurückzuversetzen (Ziffer 3). Der vorher bei einer durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen festgestellte Zustand der Grundstücke sei zu dokumentieren (Ziffer 4). Die Antragsteller seien zur Duldung der unter Ziffern 1 und 2 genannten Maßnahmen verpflichtet (Ziffer 5). Sodann wurden noch Zwangsgelder angedroht sowie die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 5 des Bescheids angeordnet (Ziffern 6 und 8).
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Planfeststellung seit 16. Oktober 2017 bestandskräftig sei. Rechtsgrundlage für die Ermächtigungsanordnung in den Ziffern 1 und 2 sei Art. 7 Abs. 1 BayEG. Die in Ziffern 1 und 2 genannten Maßnahmen seien Vorarbeiten nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayEG. Neben dem Betreten und Vermessen der Grundstücke seien auch weitere Maßnahmen zulässig. Die Vorarbeiten seien auch zur Untersuchung der Tragfähigkeit und Verwertbarkeit des Bodens notwendig i.S.v. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayEG. Diese könnten für die Erstellung von Ausschreibungsunterlagen dienen. Für die Durchführung der späteren Straßenbaumaßnahmen sei es erforderlich, Tragfähigkeit und Verwertbarkeit des Bodens der betroffenen Grundstücke vorab zu untersuchen. Vorarbeiten in größerer Entfernung würden vergleichsweise nicht mehr repräsentative Ergebnisse liefern (wird weiter ausgeführt).
Die Ermächtigung sei nach Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayEG zeitlich zu befristen. Ziffer 4 des Bescheids finde seine Grundlage in Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayEG. Die Durchführung einer Ortseinsicht diene der Dokumentation und Beweissicherung. Die Duldungsanordnung folge aus Art. 7 Abs. 1 Satz 4 BayEG. Die Antragsteller hätten ausdrücklich jedwede Inanspruchnahme der Grundstücke abgelehnt. Eine Durchführung der Maßnahmen sei damit nur gegen ihren Willen möglich. Die Duldungsanordnungen seien inhaltlich hinreichend bestimmt nach den betroffenen Grundstücken, der Größe und Lage der benötigten Teilflächen, die sich aus dem zum Bestandteil des Bescheids erklärten Auszüge des Grunderwerbsplans ergebe, und der zeitlichen Dauer.
Sodann wurden noch die begleitenden Verfügungen begründet. Zur Anordnung des Sofortvollzugs wurde ausgeführt, dass ein öffentliches Interesse daran bestehe, die jetzige Gefahrensituation im Kreuzungsbereich der St … mit der Kreisstraße … zu entspannen. Der Unfallschwerpunkt werde im Bereich des ersten Bauabschnitts durch den Bau eines Kreisverkehrs eingedämmt. Für die Ausschreibung der Gesamtmaßnahme werde ein Zeitraum von neun Monaten benötigt, vorher seien die dazu erforderlichen Informationen zur Bodenbeschaffenheit zu ermitteln. Die Allgemeinheit würde belastet, wenn sich Baumaßnahmen aufgrund des Umstands verzögerten, dass man auf eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung warten müsste. Das öffentliche Interesse überwiege das private Aussetzungsinteresse. Bei den Vorarbeiten handele es sich um einen Eingriff von geringerer Schwere. Er sei notwendig, um die Umsetzung des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses einzuleiten. Gleichzeitig sollten dadurch unnötige Enteignungen vermieden werden. Die Antragsteller müssten zwar einen Eingriff in ihr Eigentum dulden bzw. es sei der landwirtschaftliche Betriebsablauf beeinträchtigt. Die durch die Vorarbeiten eintretenden Schäden würden jedoch kompensiert. Es würden keine vollendeten Tatsachen geschaffen, so dass die durch die Vorarbeiten Belasteten nicht irreversibel in ihren Rechten verletzt seien. Eine Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens liege nicht vor. Das Interesse der Eigentümer müsse gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit zurücktreten.
Gegen diese an beide Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunden am 10. April 2019 bekanntgegebenen Bescheide ließen die Antragsteller mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 12. April 2019 Widerspruch erheben.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. April 2019, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 8. April 2019 wiederherzustellen.
Ein Bescheid zur Durchführung von Vorarbeiten sei nur dann rechtmäßig, wenn auch die Maßnahme insgesamt rechtmäßig sei. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG bedürfe das Zutagefördern von Grundwasser, wie es bei Grundwasseruntersuchungen und Probebohrungen auftrete, nur dann keiner Erlaubnis, wenn die Benutzung in geringen Mengen und zu einem vorübergehenden Zweck erfolge. In den angegriffenen Bescheiden sei nicht angegeben, in welchem Umfang Grundwasseruntersuchungen und Probebohrungen durchgeführt werden sollten. Unklar sei, ob es einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfe und ob eine solche erteilt worden sei. Eine Erlaubnisfreiheit werde vorsorglich bestritten.
Die Vorarbeiten seien nicht dringlich. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob die planfestgestellte Straße tatsächlich in absehbarer Zeit verwirklicht werde. Gemäß einem Pressebericht vom 11. Oktober 2018 sei nunmehr geplant, eine Spange zwischen der planfestgestellten Straße und der … zu bauen. Wenn dies tatsächlich umgesetzt würde, müssten wesentliche Änderungen an dem festgestellten Plan durchgeführt werden, die die der Planfeststellung zugrunde liegende Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Belangen infrage stellen würde. Von der zusätzlichen Anbindung wäre das Grundstück Fl.Nr. … erneut betroffen und damit landwirtschaftlich weitgehend wertlos. Dies wäre für den landwirtschaftlichen Betrieb endgültig existenzgefährdend und würde den Erwägungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Januar 2016 in Bezug auf bisher nicht berücksichtigte Summationswirkungen die Grundlage entziehen.
Mit Schriftsatz vom 18. April 2019 hat die Antragsgegnerin die Ablehnung der Anträge beantragt.
Bei den vorliegenden Probebohrungen und Grundwasseruntersuchungen handele es sich um erlaubnisfreie Benutzungen des Grundwassers i.S.v. § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 4. Alt. WHG. Für die Grundwasseruntersuchungen im Rahmen der Vorarbeiten werde eine sehr geringe Menge von insgesamt 2 Litern benötigt, die auch unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse nicht geeignet sei, signifikante nachteilige Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu entfalten (wird näher ausgeführt). Sollten darüber hinaus weitere Maßnahmen, wie z.B. Pumpversuche, erforderlich werden, werde das … eine wasserrechtliche Genehmigung beantragen, was durch den anerkannten Sachverständigen für Geotechnik, Dr.-Ing. F., der vom … mit der Planung beauftragt worden sei, eidesstattlich versichert werde. Für eine von den Antragstellern ins Feld geführte Verbindung zur … wäre ein eigenes Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Solange die Planungen nicht in einem Planfeststellungsbeschluss mündeten, könnten sie den Vorarbeiten nicht entgegenstehen.
Mit Beschluss des Gerichts vom 25. April 2019 erfolgte die Beiladung des Freistaats Bayern, vertreten durch das … Der Beigeladene beantragte mit Schriftsatz vom 3. Mai 2019,
die Anträge abzulehnen.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien gering; der Bescheid des Antragsgegners sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen einer Ermächtigungs- und Duldungsanordnung nach Art. 7 BayEG läge vor. Es bestünde insbesondere kein Zweifel, dass die planfestgestellte Straße in absehbarer Zeit verwirklicht werde. Der Baubeginn für den ersten Bauabschnitt stehe unmittelbar bevor. Die Beigeladene habe bereits die Firma D. mit der Durchführung von Bodenerkundungen beauftragt. Entschädigungsansprüche stünden bei Verzögerungen im Raum. Der vorgesehene Baubeginn des zweiten Bauabschnitts (1. April 2020) lasse sich nur halten, wenn das beauftragte Baugrundgutachten bis Ende Juni 2019 vorliege. Dem gegenüber sei das Aussetzungsinteresse gering, da die Vorarbeiten lediglich eine geringe Eingriffsintensität hätten und die Grundstücke nach der Maßnahme in einen für die Ausübung der Landwirtschaft geeigneten Zustand zurückzuversetzen seien.
Das … hat auf gerichtliche Anfrage zu den Probebohrungen noch mitgeteilt, dass im Bereich der streitgegenständlichen Grundstücke insgesamt vier Probebohrungen geplant seien und eine Grundwasserentnahme im Umfang von 1 bis 2 Litern nur dann erfolge, wenn besondere Feststellungen im Einzelfall veranlasst seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
1. Die zulässigen Anträge, die bei sachdienlicher Auslegung nach § 122 Abs. 1, § 88 VwGO darauf gerichtet sind, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in Ziffern 1 bis 5 der streitgegenständlichen Bescheide wiederherzustellen bzw. gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsmittelandrohungen anzuordnen, bleiben in der Sache ohne Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Widersprüche der Antragsteller nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben werden. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide wiegt insoweit schwerer als das Interesse der Antragsteller an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche.
In der Sache selbst folgt das Gericht zunächst der zutreffenden Begründung der angegriffenen Bescheide und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Gründe des Beschlusses ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend hierzu ist noch Folgendes auszuführen:
a. Nach Art. 7 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 BayEG sind die Beauftragten der Enteignungsbehörde befugt, schon vor Einreichung des Enteignungsantrags Grundstücke zu betreten, zu vermessen und auf ihnen andere Vorarbeiten vorzunehmen, die notwendig sind, um die Eignung der Grundstücke für Vorhaben, für die enteignet werden kann, beurteilen zu können. Die gleiche Befugnis steht mit Ermächtigung der Enteignungsbehörde dem Träger des Vorhabens und seinen Beauftragten zu. Die Ermächtigung ist zu befristen, sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen und von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der nach Absatz 3 zu erwartenden Entschädigung abhängig gemacht werden. Eigentümer und Besitzer haben die in Satz 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen zu dulden.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 BayEG liegen vor. Bei dem 2. Teilabschnitt der Verlegung der St … „…“ handelt es sich um ein Vorhaben, für das nach Art. 38, 40 Abs. 2 BayStrWG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayEG enteignet werden kann.
Mit bestandskräftigem Beschluss der Regierung von Oberfranken vom 12. April 2013 wurde festgestellt, dass die streitgegenständlichen Grundstücke der Antragsteller zum Bau der St … in Anspruch genommen werden dürfen. Danach können für den Bau der St … -neben einer dauerhaften Inanspruchnahme von Teilflächen – folgende Grundstücksflächen vorübergehend zum Bau der Straße in Anspruch genommen werden:
Fl.Nr. … 4.574,00 m²
Fl.Nr. … 6.755,00 m²
Fl.Nr. … 4.912,82 m²
Fl.Nr. … 65,00 m².
Bei den unter Ziffer 2 der streitgegenständlichen Bescheide genannten Arbeiten handelt es sich um Vorarbeiten i.S.v. Art. 7 Satz 1 BayEG.
Hierunter fallen alle Arbeiten, die notwendig sind, um die Eignung der Grundstücke für Vorhaben, für die enteignet werden kann, beurteilen zu können. Das sind Arbeiten, die erforderlich sind, um festzustellen, ob ein Vorhaben überhaupt oder unter Verwendung bestimmter Grundstücke durchgehrt werden kann, wie z.B. das Betreten und Vermessen von Grundstücken, Boden- und Grundwasseruntersuchungen, Bohrungen zur Gesteinsprüfung, das Setzen von Pfählen, Pflöcken oder sonstigen Markierungen. Notwendig sind die Vorarbeiten, wenn die Beurteilung der Eignung der Grundstücke anders nicht möglich ist. Von Vorarbeiten kann dann nicht mehr gesprochen werden, wenn vollendete Tatsachen geschaffen werden, die zwangsläufig zur förmlichen Enteignung führen (Molodovsky/Bernstdorff, Enteignungsrecht in Bayern, Stand Dezember 2018, Nr. 3.1 zu Art. 7 BayEG).
Die vom Beigeladenen beantragten Arbeiten sind Vorarbeiten i.S.v. Art. 7 Abs. 1 BayEG. Sie dienen der Prüfung der Bodenbeschaffenheit und damit der Geeignetheit der planfestgestellten Trasse für das Vorhaben. Ein unumkehrbarer Zustand wird durch die Arbeiten nicht hergestellt. Vielmehr bestimmen Ziffern 3 und 4 der streitgegenständlichen Bescheide, dass der vorherige Zustand der Grundstücksflächen zu dokumentieren und nach Abschluss der Arbeiten die Grundstücke wieder in einen für die landwirtschaftliche Nutzung geeigneten Zustand zurückzuversetzen seien.
Im Hinblick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelung bestehen keine Bedenken (Art. 37 BayVwVfG). Die Grundstücksteile, die durch die Vorarbeiten in Anspruch genommen werden sollen, sind eindeutig bezeichnet. Aufgrund der Befristung bis zum 15. Juni 2019 ist die Regelung auch in zeitlicher Hinsicht bestimmt genug.
Die Duldungsanordnung stellt sich als verhältnismäßig dar. Die Erlangung des Zugangs zu den Grundstücken ist das einzige Mittel, aussagekräftige Grundlagenwerte für die beabsichtigte Durchführung der Baumaßnahme zu erhalten. Der Beigeladene hat überzeugend dargelegt, dass es zur Beurteilung der Eignung des Bauuntergrunds für den geplanten Bau der St … auf Probebohrungen und die Erfassung der geologischen Gegebenheiten vor Ort ankommt (vgl. Bl. 195 der Behördenakte sowie Schriftsatz des Beigeladenen vom 3. Mai 2019). Der Zugang kann auch nicht auf andere Weise erlangt werden, da sich die Antragsteller auch mit einer vorübergehenden Inanspruchnahme ihrer Grundstücke nicht einverstanden erklärt haben.
Soweit sich die Antragsteller nach wie vor gegen die planfestgestellte Trasse wenden und erneut (wie im Planfeststellungsverfahren) eine andere Trassenvariante ins Spiel bringen (vgl. Niederschrift über die Anhörung, Bl. 80 f. der Behördenakte), ist dies vorliegend unbeachtlich, da der Plan bestandskräftig festgestellt und die Grundlage für die Durchführung der Maßnahme und ggf. auch zukünftige Enteignungsmaßnahmen ist.
Dass der Beigeladene die planfestgestellte Maßnahme nicht mehr verwirklichen werde, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Antragstellern nicht substantiiert vorgetragen. Das hierzu von ihnen ins Feld geführte Argument einer geplanten Anbindung der St … an die … ist nicht stichhaltig. Eine zusätzliche Autobahnausfahrt der … und der Bau einer Verbindung zur St …, die in Höhe der Ortschaft … auf die St … aufbindet, stellt die bisher planfestgestellte Baumaßnahme nicht in Frage. Wie den von Seiten der Antragsteller hierzu selbst vorgelegten Zeitungsartikel und auch weiteren Presseartikeln zu entnehmen ist, wird von einer Verzögerung des Ausbaus der St … nicht ausgegangen. Das … hat in seiner Stellungnahme vom 3. Mai 2019 ausführlich dargestellt, in welchem zeitlichen Rahmen die Bauarbeiten erfolgen sollen. Dafür, dass der Beigeladene den Bau der planfestgestellten Trasse im streitgegenständlichen Bereich nicht realisieren werde, ist nichts ersichtlich. Sollte es im Rahmen dieser neuen geplanten Maßnahme (Anschlussstelle …) zu weiteren Inanspruchnahmen der Antragsteller kommen, wäre dies in dem dortigen Planfeststellungsverfahren einzubringen und zu prüfen.
Das Argument der Antragsteller, für die Probebohrungen sei eine bislang nicht erteilte wasserrechtliche Erlaubnis nach WHG vonnöten, verfängt nicht. Abgesehen davon, dass hierdurch die subjektiv-öffentlichen Rechte der Antragsteller nicht beeinträchtigt werden können (vgl. Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, 52. EL Juni 2018, Rn. 8 zu § 46 WHG), liegt der Tatbestand des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 4. Alt. WHG vor. Danach ist die Entnahme von Grundwasser in geringen Mengen für einen vorübergehenden Zweck erlaubnis- bzw. bewilligungsfrei. Benutzung zu einem vorübergehenden – nicht zu einem auf Dauer angelegten und bestimmten – Zweck ist etwa eine Grundwasserentnahme zur Trockenlegung einer Baugrube oder Förderung von Bauarbeiten, wie auch Pumpversuche aus Probebohrungen. Weiterhin darf die Grundwasserbenutzung nur in geringen Mengen erfolgen. Der Begriff der geringen Menge unterliegt der Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung der Entnahmemenge und der örtlichen Verhältnisse, wobei nicht nur die Entnahmemenge je Zeiteinheit, sondern auch die Gesamtdauer der Entnahme zu beachten ist. Als genereller Anhaltspunkt für die Annahme einer geringen Menge kann dabei die Wassermenge gesehen werden, die für die in Nr. 1 genannten Zwecke erforderlich ist (vgl. Cormann in BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, 50. Edition Stand: 01.04.2019, Rn. 15 ff. zu § 46 WHG m.w.N. und unter Hinweis auf BVerwGE 27, 176).
Die Grundwasserentnahme erfolgt vorliegend nur zu einem vorübergehenden Zweck in einem sehr eng begrenzten Zeitraum. Bei den geplanten Voruntersuchungen kommt es nach den Ausführungen des Beigeladenen nur dann zu geringfügigen Grundwasserentnahmen von 1 bis 2 Litern, wenn im Einzelfall gesonderte Feststellungen erforderlich sein sollten. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass für den Fall, dass dieser Umfang überschritten würde und die Notwendigkeit einer wasserrechtliche Genehmigung im Raum stünde, eine solche vom Beigeladenen bzw. dessen Beauftragtem auch beantragt würde. Es besteht kein Anlass, diese Ausführungen in Frage zu stellen.
Gegen die Rechtmäßigkeit der begleitenden Verfügungen (Zwangsgeldandrohungen) bestehen keine Bedenken. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere erfolgten die Zwangsgeldandrohungen im Hinblick auf eine für sofort vollziehbar erklärte Verpflichtung der Antragsteller, die auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend bestimmt ist. Für jede einzeln bezeichnete Zuwiderhandlung des jeweiligen Antragstellers wurde ein Zwangsgeld angedroht. Die Höhe der jeweils angedrohten Zwangsgelder hält sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen (Atz. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG), ist individuell bestimmt und auch angesichts der Bedeutung der Sache angemessen.
b. Schließlich ergibt auch die Interessenabwägung ein Überwiegen des öffentlichen Interesses gegenüber dem privaten Interesse der Antragsteller, von Vollzugsmaßnahmen vorerst verschont zu bleiben.
Die Anordnung des Sofortvollzugs in den streitgegenständlichen Bescheiden entspricht den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Das besondere (öffentliche) Vollzugsinteresse wurde hinreichend begründet und mit dem Interesse der Antragsteller, einstweilen keine Vorarbeiten auf ihren Grundstücken dulden zu müssen, abgewogen.
Die vom Gericht vorzunehmende eigenständige Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen der öffentlichen Interessen am sofortigen Vollziehung. Die von den Antragstellern erhobenen Widersprüche werden voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Die Antragsteller haben auch im gerichtlichen Verfahren keine stichhaltigen Gründe vorgebracht, wonach das öffentliche Interesse hinter dem Interesse der Antragsteller zurücktreten müsste. Die drohenden Eingriffe in die Eigentümerrechte sind gering zu gewichten, durch das Betreten der Grundstücke und die vorzunehmenden Maßnahmen sind dauerhafte Schäden an der Substanz der Grundstücke nicht zu befürchten, der vorherige Zustand ist vom Beigeladenen wieder herzustellen, die Antragsteller haben einen Anspruch auf Ausgleich. Demgegenüber steht ein berechtigtes Interesse an der Durchführung der Untersuchungen, da die Realisierung der Baumaßnahme ansteht und die Vorarbeiten hierfür notwendig sind.
2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 2 VwGO gesamtschuldnerisch zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen, da sich dieser durch die Sachantragsstellung selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3, § 163 Abs. 3 VwGO.
Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.1.3, 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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