Baurecht

Vorbescheid für Wohngebäude mit Kindertagesstätte im unbeplanten Innenbereich

Aktenzeichen  M 8 K 19.5652

Datum:
28.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 27713
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
BayBO Art. 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Art. 71
BauGB § 34

 

Leitsatz

1. Die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung kann auch dort zu ziehen sein, wo jeweils einheitlich geprägte Komplexe mit voneinander verschiedenen Bebauungs- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert ihre den Gebietscharakter mitbestimmende Kraft dann, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsanschauung mit ihrer Wiederaufnahme nicht mehr zu rechnen ist. Zur Bestimmung der Verkehrsauffassung kann dabei als Orientierungshilfe auf das zur erleichterten Zulassung der „alsbaldigen Neuerrichtung eines zulässiger Weise errichteten, durch Brand oder ähnliches zerstörten gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle“ entworfene Zeitmodell zurückgegriffen werden. (Rn. 46 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Überschreitung des durch die Umgebung gesetzten Rahmens führt zwar nicht unbedingt, wohl aber im Regelfall zur Unzulässigkeit des Vorhabens. Denn eine Überschreitung des von der Bebauung bisher eingehaltenen Rahmens zieht in der Regel die Gefahr nach sich, dass der gegebene Zustand in negativer Hinsicht in Bewegung und damit in Unordnung gebracht wird. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine heranrückende Wohnbebauung bzw. eine sonstige heranrückende immissionsempfindliche Nutzung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betrieb aufgrund der hinzutretenden Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen muss. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung ein, wenn es in der näheren Umgebung Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger, der als Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes gem. § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) zur Verfügung über das Vermögen der E.6 München GmbH und zur Klageführung in eigenem Namen befugt ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2007 – 7 C 40/07 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 18.4.2012 – 10 B 10.2596 – juris Rn. 45), hat keinen Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen Nrn. 1a, 1b, 2, 3, 4.1 und 4.2, weil das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im Vorbescheidsverfahren zu prüfen sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 71 Satz 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Bayerische Bauordnung – BayBO).
Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO ist vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens vorweg ein Vorbescheid zu erteilen. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung im Rahmen des einschlägigen Genehmigungsverfahrens sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer – in der Regel drei Jahre (Art. 71 Satz 2 BayBO) – Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren. Nach Art. 71 Satz 4 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine zulässige Vorbescheidsfrage positiv zu beantworten und der begehrte Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben, soweit seine Zulässigkeit mit dem Vorbescheid abgefragt wird, keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Vorbescheidsverfahren zu prüfen sind.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf positive Verbescheidung der Vorbescheidsfrage Nr. 1a (Zulässigkeit der Wohnnutzung nach der Art der baulichen Nutzung).
Das Vorhaben soll in einem Bereich verwirklicht werden, für den weder ein qualifizierter noch ein einfacher Bebauungsplan Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung trifft, so dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens insoweit nach § 34 BauGB beurteilt.
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben – neben weiteren Voraussetzungen – zulässig, wenn es sich (u.a.) nach Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einer Gebietskategorie der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gem. § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden.
Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Ein rahmenwahrendes Vorhaben kann ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt. Umgekehrt fügt sich ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise ein, wenn es bodenrechtlich beachtliche Spannungen weder herbeiführt noch erhöht (BVerwG, U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – juris Rn. 47; U.v. 15.12.1994 – 4 C 13.93 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 15 ZB 20.280 – juris Rn. 7; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 – 1 KO 347/14 – juris Rn. 40). Die Betrachtung muss auf das Wesentliche zurückgeführt und alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr als Fremdkörper erscheint (BVerwG, B.v. 22.9.2016 – 4 B 23.16 – juris Rn. 6).
1.1. Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das geplante Vorhaben ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur bauaufsichtlichen Prüfung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – juris Rn. 33; U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 10; B.v. 20.8.1998 – 4 B 79.98 – juris Rn. 7; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 9; B.v. 27.3.2018 – 4 B 60.17 – juris Rn. 7), wobei darauf abzustellen ist, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist, so dass zur maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung“ auch ein qualifiziert geplantes Gebiet gehören kann (vgl. BVerwG, B.v. 27.3.2018 – 4 B 60.17 – juris Rn. 7; B.v. 10.7.2000 – 4 B 39.00 – juris Rn. 7; B.v. 24.11.2009 – 4 B 1.09 – juris Rn. 5). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der weiteren Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück einwirkt (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – juris Rn. 33). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21; B.v. 27.9.2010 – 2 ZB 08.2775 – juris Rn. 4). In der Regel gilt bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.1998 – 2 B 96.2819 – juris Rn. 25; B.v. 27.9.2010 – 2 ZB 08.2775 – juris Rn. 4; U.v. 12.12.2013 – 2 B 13.1995 – juris Rn. 16; B.v. 30.1.2013 – 2 ZB 12.198 – juris Rn. 5; U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.1099 – juris Rn. 20; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 16 f.; OVG Koblenz, U.v. 8.3.2017 – 8 A 10695/16 – Rn. 30; VG München, U.v. 25.1.2016 – M 8 K 14.5723 – juris Rn. 34; U.v. 22.1.2018 – M 8 K 16.3662 – juris Rn. 47 f.). Dabei ist jedoch die maßgebliche nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 – juris Rn. 5; B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21; U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Entscheidend ist auch hier, wie weit die wechselseitigen Auswirkungen im Verhältnis von Vorhaben und Umgebung im Einzelfall reichen (vgl. OVG Münster, U.v. 1.3.2017 – 2 A 46/16 – juris Rn. 35 m.w.N).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und auf der Grundlage der im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins getroffenen Feststellungen, der in den Akten befindlichen Lagepläne und über das Internet zugänglichen Luftbilder (google maps) gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass das durch die Franz-Rinecker- Straße, die Hellip straße und die Straße „Am …“ gebildete Geviert als maßgebliche nähere Umgebung anzusehen ist.
1.1.1. Dagegen scheidet eine Einbeziehung der auf der westlichen Seite der Hellip straße vorhandenen Bebauung aus, weil diese nach dem Eindruck, den das Gericht insbesondere im Rahmen des Augenscheins sowie auf der Grundlage der vorhandenen Bauvorlagen gewonnen hat, trennende Wirkung entfaltet. Nach der beim Augenschein konkret vorgefundenen örtlichen Situation, insbesondere der Breite der zum Zeitpunkt des Augenscheins deutlich befahrenen (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 19.7.2018 – 4 B 27.18 – juris Rn. 4; U.v. 15.12.1994 – 4 C 13/93 – juris Rn. 15) Hellip straße mit zwei Richtungsfahrbahnen und Parkbuchten auf beiden Seiten (Breite abgegriffen aus dem Lageplan ca. 16,5 m), des östlich der Hellip straße gelegenen Grünstreifens mit einer Breite von ca. 12 m sowie des sich unmittelbar östlich an den Grünstreifen anschließenden Geh- und Radwegs mit einer Breite von etwa 4 m ist nicht von einer gegenseitigen Prägung der Bebauung dies- und jenseits der Hellip straße auszugehen. An dieser Einschätzung des erkennenden Gerichts ändert auch die von der Klagepartei angeführte Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. November 2005 – 6 B 01.353 – juris Rn. 28, sowie der Kammer vom 14. Dezember 2015 – M 8 K 15.3011 – Urteilsumdruck S. 17, nichts, da die Entscheidung, ob einer Straße trennende oder verbindende Wirkung zukommt, stets unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist (BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 – juris Rn. 23; B.v. 11.2.2000 – 4 B 1/00 – juris Rn. 18; B.v. 18.7.2018 – 4 B 27.18 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 24.7.2014 – 2 B 14.1099 – juris Rn. 23; B.v. 20.9.2012 – 15 ZB 11.460 – juris Rn. 6). Im Übrigen hat die Kammer in dem von der Klagepartei zitierten Urteil vom 14. Dezember 2015 zwar die trennende Wirkung einer 37 m breiten Straße, die keine Ausfall straße ist, verneint, dies aber mit der besonderen Kreuzungssituation und Struktur der Straße begründet und im Übrigen darauf verwiesen, dass die Breite für sich gesehen grds. geeignet sei, trennend zu wirken. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 4. November 2005 (6 B 01.353 – juris Rn. 28) zwar die trennende Wirkung einer Straße mit einer absoluten Breite von 19 m verneint, dies aber ebenfalls unter Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles insbesondere damit begründet, dass die Straße wegen ihrer kleinteiligen Ausführung, der relativ schmalen Fahrbahn von etwa 4,75 m Breite und den Verschwenkungen, die eher verbindend, denn trennend wirkten, so dass die Breite von 19 m nicht entscheidend ins Gewicht falle, eher wie eingebettet in die Umgebung wirke und nicht wie ein trennendes Band.
1.1.2. Hingegen kommt der Hellip- Straße, gemessen an ihrer Breite und Verkehrsauslastung, nach Auffassung des Gerichts aus sich heraus keine trennende Wirkung zu. Hierbei handelt es sich nach den vorliegenden Bauvorlagen und den im Augenschein getroffenen Feststellungen um einen an der Hellip straße mit dem Verbotszeichen Nr. 260 („Verbot für Kraftfahrzeuge) und dem Zusatzzeichen „Anlieger frei“ gekennzeichneten Eigentümerweg mit zwei Richtungsfahrbahnen und Parkbuchten sowie einem Grünstreifen auf beiden Seiten mit einer Breite von insgesamt ca. 12 m (aus dem amtlichen Lageplan abgegriffen). Die Straße ist wegen des zum … hin gelegenen Einfahrtstores als Sackgasse ausgestaltet und nur von der Hellip straße aus befahrbar. Wegen der Beschränkung auf den Anliegerverkehr ist die Verkehrsbelastung der, auch im Zeitpunkt des Augenscheins nicht befahrenen, Hellip- Straße als gering anzusehen, zumal die Tiefgaragenzufahrt des Grundstück FlNr. … – eines der Anlieger – im von der …staße aus gesehen vorderen Grundstücksbereich situiert ist.
1.1.3. Allerdings führt der Umstand, dass eine trennende Wirkung der Hellip- Straße aufgrund deren Ausgestaltung nicht anzunehmen ist, nicht dazu, dass auch die Bebauung südlich der Hellip- Straße als nähere Umgebung des Baugrundstücks anzusehen wäre.
Die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung kann auch dort zu ziehen sein, wo jeweils einheitlich geprägte Komplexe mit voneinander verschiedenen Bebauungs- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2; OVG NW, U.v. 6.3.2015 – 7 A 1777/13 – juris Rn. 32 BVerwG, B.v. 29.4.1997 – 4 B 67.97 – juris LS 1, Rn. 4 ff.; B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris OS und Rn. 2; BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 9 CS 19.1468 – juris Rn. 22; B.v. 29.1.2016 – 15 ZB 13.1759 – juris Rn. 1; B.v. 19.4.2017 – 9 ZB 15.1590 – juris Rn. 5). Dies ist hier der Fall. Die Struktur der Bebauung nördlich der Hellip- Straße stellt sich deutlich anders dar als diejenige der Bebauung südlich davon, die ausschließlich oder jedenfalls überwiegend der Wohnnutzung dient.
1.1.3.1. Die Nutzung des Anwesens auf dem Grundstück FlNr. … (ehemaliges Gästehaus des RPTC), für welches die Beklagte unter dem 31. Januar 2014 eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Gästehaus in Apartmenthaus erteilt hat, stellt sich aus Sicht der Kammer auf der Grundlage der beigezogenen Bauakten und der im Rahmen des Augenscheins getroffenen Feststellungen als (auch auf längere Dauer angelegte) Wohnnutzung dar (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Ausweislich des Internetauftritts der Firma … … Hellip Management GmbH sind die Apartments ausgestattet mit Bad und „Kitchenette“ (u.a. Mikrowelle mit Grill, Dunstabzug, Indiktionskochfeld, Kühlschränke etc). Daneben gibt es einen Concierge, eine „Washing-Lounge“ und ein Fitnessstudio. Den einzelnen Wohneinheiten sind separate Briefkästen zugeordnet. Darüber hinaus wirkt das Gebäude von seiner Südseite aus betrachtet, wie ein reines Wohngebäude.
1.1.3.2. Nördlich der … Hellip- Straße, auf dem Grundstück FlNr. …, findet sich zum einen der städtische Betriebshof, der einen öffentlichen Betrieb (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 Var. 4 § 9 Abs. 2 Nr. 1 Var. 4 BauNVO) darstellt (vgl. dazu: Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 11. Auflage, § 8 Rn. 10.1.; Stock, in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2019, § 8 Rn. 29), sowie dazugehörig ein Lagerplatz. Unter den Begriff „öffentlicher Betrieb“ fallen beispielsweise Elektrizitäts-, Gas-, Wasser-, Fernheiz- und Umspannwerke, Depots für die Fahrzeugparks von Polizei, Müllabfuhr, Tiefbauverwaltung oder Verkehrsbetrieben, Schlachthöfe in öffentlicher Trägerschaft sowie Klär- und Abfallbeseitigungsanlagen (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2015 – 4 B 71/05 – juris Rn. 10). Sie sind nur in §§ 8, 9 BauNVO ausdrücklich genannt und stellen eine selbstständige Nutzungsart dar, die nur im Gewerbegebiet und im Industriegebiet allgemein zulässig ist. Andere Baugebiete sehen diese Nutzungsart überhaupt nicht vor (OVG LSA, B.v. – 2 M 17/20 – juris Rn. 28; Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, 2. Auflage 2018, § 8 Rn. 98; vgl. auch Stock, in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2019, § 8 Rn. 30). Nur in atypischen Fällen sollen diese auch in anderen Baugebieten möglich sein (vgl. Stock, in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2019, § 8 Rn. 30; Hornmann, in: BeckOK BauNVO, § 4 Rn 122.1 und Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzsberger, 140. EL Oktober 2020, § 4 BauNVO Rn. 120).
1.1.3.3. Zum anderen ist nördlich der Hellip- Straße das Vorhabengrundstück mit dem RPTC gelegen. Auch diese Nutzung ist – trotz ihrer Aufgabe zum 31. Dezember 2019 – zu berücksichtigen (vgl. hierzu BVerwG; B.v. 21.6.2007 – 4 B 8.07 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 29.1.2016 – 15 ZB 13.1759 – juris Rn. 12; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 141. EL Februar 2021, § 34 Rn. 35a). Eine aufgegebene Nutzung verliert nicht automatisch ihre prägende Kraft. Insoweit ist in der Rechtsprechung grundsätzlich geklärt, dass eine ursprünglich vorhandene Prägung der näheren Umgebung noch für eine gewisse Zeit nach Aufgabe einer Nutzung nachwirken kann. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert ihre den Gebietscharakter mitbestimmende Kraft dann, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsanschauung mit ihrer Wiederaufnahme nicht mehr zu rechnen ist (BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – juris Rn. 22; B.v. 2.10.2007 – 4 B 39/07 – juris Rn. 2; BayVGH, U.v. 21.6.2007 – 26 B 05.3141 – juris Rn. 14).
Es kann dahinstehen, ob allein aus dem Vortrag der Klagepartei (vgl. Klagebegründung insbesondere S. 2, 33, letzter Absatz), das Betriebskonzept des RPTC sei nicht rentabel, der Betrieb habe zwingend beendet werden müssen, unabhängig davon, wofür man das Grundstück sonst noch nutzen könne, es habe sich trotz weltweiter Suche kein Investor gefunden, der das RPTC weiter hätte betreiben und vor allem finanzieren können, sowie den Informationen auf dem Internetauftritt des RPTC (www.rptc.de), wonach unaufschiebbare Reparaturen und Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe anstünden, darauf geschlossen werden kann, der Betreiber/Eigentümer/Kläger habe die Absicht, die frühere Nutzung wieder aufzunehmen, endgültig aufgegeben. Denn neben der endgültigen Nutzungsaufgabe wäre, damit eine nachprägende Wirkung der nunmehr aufgegebenen Nutzung zu verneinen wäre, kumulativ erforderlich, dass die Verkehrsauffassung mit der Wiederaufnahme der Nutzung nicht mehr rechnete. Zur Bestimmung der Verkehrsauffassung kann dabei als Orientierungshilfe auf das von der Rechtsprechung zur erleichterten Zulassung der „alsbaldigen Neuerrichtung eines zulässiger Weise errichteten, durch Brand oder ähnliches zerstörten gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle“ entworfene Zeitmodell zurückgegriffen werden. Danach rechnet die Verkehrsanschauung im ersten Jahr nach der Zerstörung stets mit dem Wiederaufbau. Im zweiten Jahr spricht für die Annahme, dass die Verkehrsauffassung einen Wiederaufbau noch erwartet, eine Regelvermutung, die im Einzelfall entkräftet werden kann. Nach Ablauf von zwei Jahren kehrt sich diese Vermutung um. Es ist dann davon auszugehen, dass die Grundstückssituation nach so langer Zeit für eine Neuerrichtung nicht mehr offen ist (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.2007 – 4 B 39/07 – juris Rn. 2; BayVGH, U.v. 21.6.2007 – 26 B 05.3141 – juris Rn. 16). Allerdings verbietet sich eine schematische Anwendung des Zeitmodells. Maßgeblich ist vielmehr auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.2007 – 4 B 39/07 – juris Rn. 2).
Vorliegend kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt insoweit abzustellen ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.1982 – 4 C 58/79 – NVwZ 1982, 312/312: Zeitpunkt der Antragstellung; B.v. 24.5.1988 – 4 CB 12/88 – juris Rn. 5: Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung, siehe hierzu auch VG München, U.v. 2.11.2009 – M 8 K 09.3422 – Urteilsumdruck S. 13: Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts; BVerwG, U.v. 3.2.1984 – 4 C 25/82 – juris Rn. 25: prägende Wirkung jedenfalls so lange, wie über die Genehmigung einer neuen Nutzung für die bauliche Anlage ein Verwaltungsstreitverfahren anhängig ist), denn die prägende Wirkung ist unter Zugrundelegung aller Auffassungen zu bejahen. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 13. Juni 2019 war die Nutzung des RPTC noch gar nicht aufgegeben; auch das Verwaltungsstreitverfahren über die Genehmigung einer neuen Nutzung ist noch nicht abgeschlossen. Schließlich liegt im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die Nutzungsaufgabe weniger als zwei Jahre zurück, so dass für die Verkehrsauffassung, die einen Wiederaufbau noch erwartet, eine Regelvermutung spricht. Hinzu kommt, dass der Gebäudebestand nach wie vor vorhanden und nutzbar ist, d.h. eine entsprechende Nutzung also jederzeit auf der Grundlage der bestehenden Genehmigung wieder aufgenommen werden könnte, soweit die neue Nutzung sich im Rahmen der Variationsbreite der erteilten Genehmigung hält. Im Übrigen wäre auch eine Nutzungsänderung des Gebäudes für eine Nutzung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorgaben denkbar und im Hinblick auf den vorhandenen Gebäudebestand möglich. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Leerstand von etwa 1 ½ Jahren bereits dazu führen würde, dass nach der Verkehrsauffassung das Gebäude nicht mehr für eine Nutzung im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten Nutzung zur Verfügung stünde.
Es kann ferner dahinstehen, welchem Nutzungstyp der BauNVO man das Bestrahlungscenter im Einzelfall zuordnet, insbesondere ob dieses als „Anlage für gesundheitliche Zwecke“ (vgl. dazu: Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 141. EL Februar 2021, § 4 BauNVO Rn. 99; bejaht von: ThürOVG, U.v. 30.8.2007 – 1 KO 330/06 – juris Rn. 57, bestätigt durch BVerwG, B.v. 28.2.2008 – 4 B 60/07 – juris Rn. 5 ff. für ein Dialysezentrum; VG München, B.v. 25.5.2011 – M 8 SN 11.1683 – Urteilsumdruck S. 19 ff.; vgl. insoweit auch zur (umstrittenen) in instanz-, ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung vertretenen Beschränkung auf Gemeinbedarfsanlagen: VG Würzburg, U.v. 14.9.2010 – W 4 K 09.478 – juris LS 1, Rn. 48 ff. (für MVZ); VG München, B.v. 25.5.2011 – M 8 SN 11.1683 – Urteilsumdruck S. 19 f.; bestätigt durch BayVGH, B.v. 2.9.2011 – 2 CS 11.1418 – juris; BayVGH, B.v. 23.08.2001 – 2 CS 01.1954 – juris Rn. 9; U.v. 30.6.2005 – 15 BV 04.576 – juris Rn. 17; U.v. 16.1.2014 – 9 B 10.2528 – juris Rn. 24; OVG MV, B.v. 26.3.2013 – 3 M 8/13 – juris LS 3, Rn. 9 f.; OVG NW, U.v. 31.03.1995 – 7 A 3700/91 – NVwZ-RR 1996, 133/134 (Arztpraxis); B.v. 31.8.2017 – 7 B 652/17 – juris Rn. 4; ThürOVG, U.v. 20.11.2002 – 1 KO 817/01 – juris Rn. 47; BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 – juris Rn. 29; U.v. 28.4.2004 – 4 C 10.03 – juris Rn. 21; U.v. 2.2.2012 – 4 C 14/10 – juris LS 1, Rn. 7 ff.; etwas weiter, aber nicht weiterverfolgt: BVerwG, B.v. 6.12.2000 – 4 B 4/00 – juris Rn. 7; a.A. insoweit die mehrheitliche Literatur: Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 141. EL Februar 2021, § 4 BauNVO Rn. 78; Stock, in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2019, § 4 Rn. 45a; Vietmeier, in: Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, 2. Auflage 2018, § 4 Rn. 32 ff. m.w.N.) oder als Anlage für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger (§ 13 BauNVO, vgl. dazu: OVG MV, B.v. 26.3.2013 – 3 M 8/13 – juris Rn. 9 ff.: Anlage zur Unterbringung von acht Personen mit physio- und psychotherapeutischen Anwendungen und medizinischer Betreuung) anzusehen ist. Denn unabhängig von der konkreten Zuordnung des RPTC zu einer Nutzungsart nach der BauNVO wird erkennbar, dass die Nutzungsarten sich dies- und jenseits der Hellip- Straße deutlich voneinander unterscheiden. Während der Charakter des nördlich der Hellip- Straße gelegenen Bereichs – je nach bauplanungsrechtlicher Einordnung des RPTC – von gewerblichen und freiberuflichen bzw. gewerblichen und gesundheitlichen Zwecken dienender Nutzung geprägt ist, ist das Gebiet südlich davon ausschließlich oder jedenfalls überwiegend von Wohnnutzung geprägt bzw. von Nutzung, die in einem Allgemeinen Wohngebiet zulässig wäre. Ein einheitlicher Gebietscharakter liegt aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht vor; vielmehr grenzen zwei unterschiedliche Bebauungskomplexe aneinander.
Dieser Beurteilung steht auch die auf dem Grundstück FlNr. … bestehende Wohnnutzung im Gebäude „Am … 8“ nicht entgegen. Bei dieser handelt es sich nach Auskunft der Vertreterin der Beklagten im gerichtlichen Augenschein um Wohnungen für Mitarbeiter des Baureferats, Abt. Wasserbau, d.h. um Wohnungen, die einen konkreten Bezug zu dem öffentlichen Betrieb aufweisen (vgl. auch Beschluss des Bauausschusses vom 30. April 1980 über das Raum- und Funktionsprogramm des Betriebshofs). Dass es sich hierbei – worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – möglicherweise nicht um „Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter“ handelt, die in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässig wären, ändert hieran nichts. Denn nach dem Eindruck, den das Gericht insbesondere im Rahmen des Augenscheins gewonnen hat, handelt es sich insoweit jedenfalls um eine untergeordnete Nutzung, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen (vgl. dazu BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 – juris Rn. 6, B.v. 28.11.1989 – 4 B 43.89 – 4 B 44.89 – juris Rn. 2 f., U.v. 21.11.1980 – 4 C 30.78 – juris Rn. 20, U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – juris Rn. 33 f.; OVG NRW, U.v. 1.3.2017 – 2 A 46/16 – juris Rn. 40).
Es ist auch nicht gerechtfertigt, das Vorhabengrundstück als Bestandteil des südlich gelegenen Wohngebiets anzusehen, sofern man seine Bestandsnutzung als Anlage für gesundheitliche Zwecke einordnet. Zwar wäre in einem allgemeinen Wohngebiet eine Anlage für gesundheitliche Zwecke grds. nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässig. Angesichts der Lage des RPTC nicht inmitten, sondern in Randlage zu dem größeren, ausschließlich oder jedenfalls überwiegend von Wohnbebauung geprägten Bereich, tritt das RPTC aber nicht als Teil des wohngenutzten Bebauungskomplexes in Erscheinung, sondern wirkt eher als Zäsur (vgl. auch BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 9 CS 19.1468 – juris Rn. 23). Stufte man das RPTC als Anlage für die Berufsausübung Freiberuflicher ein, spräche gegen eine Einbeziehung des Bestrahlungszentrums in die südlich gelegene wohngeprägte Nutzung auch der Umstand, dass nach § 13 BauNVO nur Räume für freiberufliche Nutzung zulässig sind, nicht aber ganze Gebäude.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers einwendet, eine unterschiedliche Bau- und Nutzungsstruktur könne wegen der identischen und aufeinander abgestimmten Baustruktur des RPTC und des ehemaligen Gästehauses nicht angenommen werden, vermag dies keine andere Einschätzung zu rechtfertigen, zumal es um die Bestimmung der maßgeblichen Umgebung des Bauvorhabens hinsichtlich des Merkmals der Art der baulichen Nutzung geht und diese unabhängig von den übrigen in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien, insbesondere auch des Maßes der baulichen Nutzung, zu bewerten ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2016 – 15 ZB 13.1759 – juris Rn. 15 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7). Im Übrigen ist das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. … nach den im Augenschein gewonnenen Erkenntnissen v.a. in der Ausgestaltung seiner Südfassade mit Balkonen als wohngenutztes Gebäude wahrnehmbar, während das RPTC äußerlich den Eindruck eines Bürogebäudes erweckt und sich aufgrund auch seines deutlich größeren, riegelartigen Volumens deutlich von der südlichen Wohnnutzung absetzt.
1.2. Ob sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in der nach obigen Maßstäben festgelegten näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB oder § 34 Abs. 2 BauGB richtet, kann im Ergebnis dahinstehen. Eine Wohnnutzung ist in der insoweit maßgeblichen näheren Umgebung ohne Vorbild und überschreitet damit den vorgegebenen Rahmen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Sie könnte daher nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn sie keine städtebaulichen Spannungen begründete (vgl. hierzu Ziffer 1.2.1.), was anhand der vorgelegten Bauvorlagen jedoch nicht beurteilt werden kann (vgl. hierzu Ziffer 1.2.2.). Die Wohnnutzung wäre auch in einem hier allein in Frage kommenden Gewerbegebiet gem.§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO nicht allgemein (und auch nicht ausnahmsweise) zulässig, sondern könnte nur unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2, § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB nach pflichtgemäßem Ermessen zugelassen werden (vgl. hierzu Ziffer 1.2.3.). Auch für diese Beurteilung reichen die vorlegten Bauvorlagen jedoch nicht aus (vgl. Ziffer 1.2.4.).
1.2.1. Soweit die Eigenart der näheren Umgebung ein Gebiet sui generis (sog. Gemengelage) darstellt, richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB. In dem maßgeblichen Geviert ist die Wohnnutzung ohne Vorbild. Sie überschreitet damit den in der vorhandenen maßgeblichen Umgebung vorgegebenen Rahmen.
Die Überschreitung des durch die Umgebung gesetzten Rahmens führt zwar nicht unbedingt, wohl aber im Regelfall zur Unzulässigkeit des Vorhabens. Denn eine Überschreitung des von der Bebauung bisher eingehaltenen Rahmens zieht in der Regel die Gefahr nach sich, dass der gegebene Zustand in negativer Hinsicht in Bewegung und damit in Unordnung gebracht wird (BVerwG, U.v. 15.12.1994 – 4 C 13.93 – juris Rn. 21). Allerdings kann die Frage, ob eine solche Entwicklung zu befürchten ist, nur unter Berücksichtigung der konkreten Eigenart der näheren Umgebung und der konkreten Umstände, die Spannungen hervorrufen können, beantwortet werden. Die abstrakte und nur entfernt gegebene Möglichkeit, dass ein Vorhaben Konflikte im Hinblick auf die Nutzung benachbarter Grundstücke auslöst, schließt die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht aus (BVerwG, U.v. 15.12.1994 – 4 C 13.93 – juris Rn. 21). Bodenrechtlich beachtliche bewältigungsbedürftige Spannungen werden begründet oder erhöht, wenn das Bauvorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.1980 – 4 C 30.78 – juris Rn. 21 ff.; U.v. 17.6.1993 – 4 C 17/91 – juris Rn. 19 f.; B.v. 25.3.1999 – 4 B 15.99 – juris Rn. 5 f.; U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 17; B.v. 19.10.2020 – 15 ZB 20.280 – juris Rn. 7). Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens für andere Bauvorhaben auf Nachbargrundstücken in vergleichbarer Lage aus (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 17 m.w.N.).
Das Gebot der Rücksichtnahme ist mit dem Verbot der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen nicht in jeder Beziehung identisch. Es hebt auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke ab und will einen angemessenen Ausgleich schaffen, der dem einen das ermöglicht, was für ihn unabweisbar ist, und den anderen vor unzumutbaren Belästigungen oder Benachteiligungen schützt (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 38). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen. Allerdings wird ein Vorhaben, das gegenüber der Nachbarschaft „rücksichtslos“ ist, auch städtebaulich relevante Spannungen hervorrufen. Umgekehrt ist aber nicht jedes Vorhaben, das bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht und deshalb ein Planungsbedürfnis auslöst, gleichzeitig rücksichtslos (BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 – juris Rn. 23; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 141. EL Februar 2021, § 34 Rn. 31).
1.2.2. Die vorgelegten Bauvorlagen stellen keine geeignete Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung dar, ob das geplante Vorhaben mit dem Gebot der Rücksichtnahme vereinbar ist und damit auch keine städtebaulichen Spannungen auslösen würde. Es bestehen auch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Frage in der vorgegebenen örtlichen Situation, insbesondere wegen der unmittelbaren Nachbarschaft des städtischen Betriebshofs, hätte nachgegangen werden müssen.
Art. 71 Satz 4, Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Vorbescheidsantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Vorbescheidsantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Gem. § 5 BauVorlV sind bei einem Vorbescheidsantrag diejenigen Bauvorlagen vorzulegen, die zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind. Die Bauaufsichtsbehörde darf ein Modell oder weitere Nachweise verlangen, wenn dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist (§ 1 Abs. 4 BauVorlV). Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner/Reuber, in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 64 Rn. 75). Mängel der Bauvorlagen gehen zu Lasten des Bauherrn (Gaßner/Reuber, in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 64 Rn. 80; BayVGH, U.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – juris, Rn. 14).
Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für einen positiven Vorbescheid ungeeignet sind, darf dieser nicht erteilt (vgl. Gaßner/Reuber, in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 64 Rn. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 – M 8 SN 17.4766 – juris Rn. 57) und Behörde auf Klage des Bauherrn nicht zu einer Erteilung verpflichtet werden (vgl. Gaßner/Reuber, in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 64 Rn. 81; BayVGH, B.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – juris Rn. 9).
Im vorliegenden Fall würde der Vorbescheid bei einer positiven Beantwortung die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung dem Baugenehmigungsverfahren vorwegnehmen, da der Vorbescheid Bindungswirkung entfaltet. Wegen der Bindungswirkung des Vorbescheids für das anschließende Baugenehmigungsverfahren sind hohe Anforderungen an die Vorlage der erforderlichen Bauvorlagen zu stellen. Die im Vorbescheid verbindlich beantworteten Fragen bedürfen derselben Grundlage wie die Baugenehmigung selbst.
Anhand der vorgelegten Bauvorlagen kann jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob das Bauvorhaben gegenüber seiner Umgebung rücksichtslos ist und daher städtebauliche Spannungen auslöst oder nicht.
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 – 4 C 1.04). Zur Konturierung der Zumutbarkeitsschwelle des Rücksichtnahmegebots wird auf die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts, also auf die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen i.S. von § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) zurückgegriffen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 4.12.2019 – 15 CS 19.2048 – juris Rn. 23 m.w.N.). Eine heranrückende Wohnbebauung bzw. eine sonstige heranrückende immissionsempfindliche Nutzung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betrieb aufgrund der hinzutretenden Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen muss (BayVGH, U.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.2351 – juris Rn. 11 m.w.N.; U.v. 27.2.2020 – 2 B 19.2199 – juris Rn. 41 f.; B.v. 26.5.2020 – 15 ZB 19.2231 – juris Rn. 13). Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer heranrückenden Wohnbebauung zu Lasten eines bestehenden geruchs- oder lärmintensiven Betriebs ist demgegenüber grundsätzlich ausgeschlossen, wenn das neue störempfindliche Vorhaben (hier: das streitgegenständliche Wohnbauvorhaben) in der Nachbarschaft eines „störenden Betriebs“ (hier: der Betriebshof der Beklagten) für diesen keine weiteren Einschränkungen zur Folge haben wird, weil er schon auf eine vorhandene, in derselben Weise störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss (vgl. BVerwG, B.v. 3.12.2009 – 4 C 5.09 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 24.4.2014 – 15 ZB 13.1167 – juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 6.11.2015 – 9 ZB 15.944 – juris Rn. 9; B.v. 5.4.2016 – 15 ZB 14.2792 – juris Rn. 4; B.v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.2351 – juris Rn. 12; B.v. 18.3.2021 – 9 CS 21.119 – juris Rn. 17). Der Betreiber einer emittierenden Anlage, der unabhängig von einem ihm zukommenden Bestandsschutz den Grundpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG unterliegt, darf zwar nicht darauf vertrauen, vor Auflagen zum Schutz von heranrückender Wohnbebauung vor Immissionen verschont zu bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20.94 – juris Rn. 26 f; BayVGH, B.v. 4.8.2008 – 1 CS 07.2770 – juris Rn. 20; B.v. 18.3.2021 – 9 CS 21.119 – juris Rn. 17). Verschlechtert eine beabsichtigte Wohnbebauung allerdings die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen eine benachbarte emittierende Anlage arbeiten muss, kann das Vorhaben rücksichtslos sein (BayVGH, B.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 27; U.v. 27.2.2020 – 2 B 19.2199 – juris Rn. 42 m.w.N.; U.v. 14.2.2018 – 9 BV 16.1694 – juris Rn. 55; B.v. 18.3.2021 – 9 CS 21.119 – juris Rn. 17).
Ob vorliegend des Rücksichtnahmegebot verletzt ist und daher bei Zulassung des Vorhabens städtebauliche Spannungen begründet werden, kann infolge des Fehlens einer (aussagekräftigen) schalltechnischen Untersuchung nicht abschließend beurteilt werden. Vorliegend ist zwar auch auf dem Grundstück des Betriebshofs eine Wohnnutzung vorhanden. Hierbei handelt es sich nach den Feststellungen im Rahmen des Augenscheins, den Angaben der Beklagten sowie auch ausweislich der hierzu beigezogenen Bauakten zum Betriebshof jedoch um der gewerblichen Nutzung funktional zugeordnete Betriebswohnungen, die gegenüber der vom Betriebshof ausgehenden Immissionen weniger schutzwürdig sind (vgl. zu Betriebsinhaberzw. -leiterwohnungen: BVerwG, U.v. 16.3.1984 – 4 C 50.80 – juris). Sie stehen Mitarbeitern des Baureferats, Abt. Wasserbau, und nicht dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung. Unabhängig davon soll sich die geplante Wohnnutzung nahezu entlang der gesamten Süd-West-Grenze des Grundstücks des Betriebshofs erstrecken und begründet damit neue Immissionsorte. Die südlich der Hellip- Straße vorhandene Bebauung war bislang durch das RPTC vom Betriebshof abgeschirmt.
Eine Verschlechterung der immissionsbezogenen Rahmenbedingungen für den öffentlichen Betriebshof der Beklagten scheint hier auch nicht von vorneherein ausgeschlossen. Vielmehr bestehen hinreichende Anhaltspunkte für das Erfordernis, die Verträglichkeit vom Kläger geplanten Wohnnutzung mit der vorhandenen Bestandsnutzung auf dem Grundstück FlNr. … zu untersuchen. Öffentliche Betriebe sind nur in §§ 8, 9 BauNVO ausdrücklich genannt und stellen eine selbstständige Nutzungsart dar, die nur im Gewerbegebiet und im Industriegebiet allgemein zulässig ist. Andere Baugebiete sehen diese Nutzungsart überhaupt nicht vor (OVG LSA, B.v. – 2 M 17/20 – juris Rn. 28; Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, 2. Auflage 2018, § 8 Rn. 98; vgl. auch Stock, in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2019, § 8 Rn. 30). Nur in atypischen Fällen sollen diese auch in anderen Baugebieten möglich sein (vgl. Stock, in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2019, § 8 Rn. 30; Hornmann, in: BeckOK BauNVO, § 4 Rn 122.1 und Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 141. EL Februar 2021, § 4 BauNVO Rn. 120). Dass eine solche Atypik hier vorliegt, ist nicht ohne weiteres erkennbar. Die beigezogenen Behördenakten zum Betriebshof und die darin enthaltenen Baugenehmigungen lassen eher lärmträchtige Arbeiten vermuten; auch der im Augenschein festgestellte (und genehmigte) Lagerplatz in der Mitte des Betriebshofs mit dem Portalkran, der offenbar der Umlagerung des hier gelagerten Materials dient, erweckt eher den Anschein lärmintensiver Arbeiten und Vorgänge.
Nachdem vorliegend keine schalltechnischen Untersuchungen zur Immissionsbelastung auf dem Baugrundstück vorgelegt wurde, lässt sich derzeit nicht abschätzen, ob die Immissionsbelastung auf dem Baugrundstück einem hier zumutbaren wohnverträglichen Maß entspricht.
Auch die Einwände des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die an der Südgrenze des Betriebshofs bestehende, geschlossene Bebauung schirme das Wohnbauvorhaben auf dem Vorhabengrundstück hinreichend ab, zudem seien bisher keinerlei Lärmkonflikte zwischen den benachbarten Nutzungen aufgetreten, sodass keine Anhaltspunkte für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots bestünden, vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern.
Die BauNVO ordnet öffentliche Betriebe als eigenen Nutzungstyp grundsätzlich dem Gewerbe- oder Industriegebiet zu. Es ist daher bei der insoweit maßgeblichen typisierenden Betrachtungsweise im Grundsatz davon auszugehen, dass es sich bei einem öffentlichen Betrieb aufgrund des für eine solche Anlage typischen Störpotentials um einen nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieb (vgl. § 8 Abs. 1 BauNVO) oder gar einen nur in einem Industriegebiet zulässigen Betrieb (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) handelt. Das schließt zwar nach in der Literatur vertretener Auffassung nicht aus, dass ein öffentlicher Betrieb in atypischen Fällen als sonstiger, nicht störender Gewerbebetrieb angesehen werden kann, der auch im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig wäre (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dass eine solche Atypik hier vorliegt, hat der Bauantragsteller jedoch nicht nachgewiesen. Aufgrund der insoweit maßgeblichen typisierenden Betrachtungsweise spielt ferner auch keine Rolle, dass im Zeitpunkt des gerichtlichen Augenscheins – der ohnehin nur eine Momentaufnahme darstellen kann – keine lärmintensiven Arbeiten auf dem Betriebshof verrichtet wurden. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass der Betriebshof auf der Grundlage seiner Genehmigung ggf. noch lärmintensivere Arbeiten ausführen könnte als er es derzeit ggf. tut.
Davon, dass die auf dem Betriebshofgelände an der südlichen Grundstücksgrenze orientierten Gebäude die geplante Wohnnutzung hinreichend vor Lärm abschirmten, kann ebenfalls nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Zum einen soll das beabsichtigte Wohnbauvorhaben in seiner Höhe deutlich über die zweigeschossigen, südlich gelegenen Baukörper an der Südseite der FlNr. … hinausragen, so dass die abschirmende Wirkung insoweit nicht gegeben ist. Zum anderen ist nicht ausgeschlossen, dass etwaige lärmintensive Arbeiten nicht nur auf dem Lagerplatz inmitten des Betriebshofs stattfinden, sondern auch in den genehmigten Werkstattgebäuden an der Südwestgrenze des Grundstücks FlNr. …, die nach den genehmigten Plänen auch Fenster zum Baugrundstück hin aufweisen.
Die Einhaltung der von der geplanten Wohnnutzung beanspruchbaren Immissionsrichtwerte lässt sich ohne Vorlage einer schalltechnischen Untersuchung nicht abschätzen. Eine solche wäre insoweit erforderlich gewesen. Gerade von einem Vorhaben, das – zumindest indiziell (vgl. § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 BauNVO) – ein Störpotential aufweist – ist es unerlässlich, die typischen Auswirkungen im Hinblick auf Betriebsvorgänge, das Verkehrsaufkommen und die übrigen Auswirkungen in den Blick zu nehmen. Es ist offensichtlich, dass ein geplantes Wohnbauvorhaben in der Nähe eines Betriebs dieser Art eingehender Untersuchungen im Hinblick auf dessen Auswirkungen bedarf. Hieraus entstehende erhöhte Rücksichtnahmepflichten lassen sich nicht ausschließen, sodass der Einwand der Klagepartei, es sei bislang nicht zu Nutzungskonflikten gekommen und der städtische Betriebshof sei auch in einem allgemeinen Wohngebiet als gebietsverträglich anzusehen, nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot und das Vorliegen städtebaulicher Spannungen auszuschließen.
Den vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hilfsweise gestellten, auf Einholung einer amtlichen Auskunft der Beklagten sowie auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisanträgen musste das Gericht nicht nachkommen, sie waren vielmehr abzulehnen. Es ist Sache des Bauherrn – und nicht des Gerichts -, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage insbesondere auch den Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme stellt, entspricht (vgl. HessVGH, B.v. 30.1.2012 – 4 B 2379/11 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 26.2.2003 – 7 B 2434/02 – juris Rn. 12; OVG Berlin-Bbg, B.v. 19.8.2014 – OVG 10 S 57.12 – juris Rn. 9), etwa durch Schallimmissionsprognosen bzw. -gutachten (BayVGH, B.v. 2.10.2012 – 2 ZB 12.1898 – juris Rn. 5). An die prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien, die vom Bauherrn im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu erbringen ist, sind hohe Anforderungen zu stellen, als sie „auf der sicheren Seite“ liegen muss. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei der nachträglichen Kontrolle, ob der bei der Genehmigung vorausgesetzte Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen tatsächlich gewahrt ist, zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen (BayVGH, B.v. 2.10.2012 – 2 ZB 12.1898 – juris Rn. 6).
Über die oben genannten Beweisanträge der Klagepartei konnte im Urteil entschieden werden, da sie ausdrücklich nur hilfsweise gestellt worden waren (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 53).
1.2.3. Stufte man die maßgebliche nähere Umgebung als Gewerbegebiet ein, wäre das Wohnbauvorhaben insoweit nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauGB weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.
Einer Einordnung als Gewerbegebiet steht aus oben bereits genannten Gründen dabei nicht schon die auf dem Grundstück FlNr. … bestehende Wohnnutzung im Gebäude „Am … 8“ entgegen. Gegen die Annahme eines Gewerbegebiets spräche aus Sicht der Kammer die nachprägende und damit einzubeziehende Nutzung des Bestandsgebäudes auf dem Vorhabengrundstück, soweit man diese als Anlage für gesundheitliche Zwecke einstufen würde (vgl. dazu oben). Zwar ist grundsätzlich die ganze Bandbreite eines Gebiets einzubeziehen, d.h. neben den allgemein zulässigen, auch die ausnahmsweise (jeweils nach Abs. 3 der Gebietsvorschrift) zulässigen Vorhaben, so dass die ehemalige Nutzung des RPTC bei Einstufung als Anlage für gesundheitliche Zwecke, die im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig sind (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 Var. 4 BauNVO), in Zusammenschau mit dem öffentlichen Betrieb (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Var. 4 BauNVO), der Einordnung des Gevierts als Gewerbegebiets nicht per se entgegensteht. Allerdings gilt dies nur, wenn die vorhandenen ausnahmsweise zulässigen Vorhaben sich auf wirkliche Ausnahmefälle beschränken und nicht gerade als Ausnahmen eine eigene prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Sie müssen also Ausnahmen geblieben sein (vgl. BVerwG; B.v. 11.2.2000 – 4 B 1.00 – juris Rn. 34). Davon kann angesichts der Größe und Auswirkungen der Nutzung des Bestandsgebäudes als RPTC auch und gerade in Relation zur Ausdehnung der vorliegend maßgeblichen näheren Umgebung nach Auffassung der Kammer allerdings nicht ausgegangen werden.
1.2.4. Ob die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen, insbesondere diese städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar wäre, lässt sich – unbeschadet der Frage, ob hier nicht auch die Grundzüge der Planung berührt würden – bereits deswegen nicht beantworten, weil die erforderliche schalltechnische Untersuchung fehlt. Insoweit kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf positive Bescheidung der Vorbescheidsfrage 1b (Zulässigkeit einer KiTa nach der Art der baulichen Nutzung).
2.1. Soweit die Beurteilung sich insoweit nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB richten würde, überschreitet die geplante Nutzung den in der Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen und könnte daher nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn sie keine städtebaulichen Spannungen begründete. Beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 2, § 8 BauNVO, bedürfte es für die Kindertagesstätte als Anlage für soziale Zwecke der Erteilung einer Ausnahme (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 2, § 31 Abs. 1, § 8 Abs. 3 Nr. 2 Var. 3 BauNVO). Hierbei sind auch die Beschränkungen der Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall durch § 15 Abs. 1 BauNVO zu beachten (vgl. dazu: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 141. EL Februar 2021, § 31 Rn. 25 m.w.N. zur Rechtsprechung). Ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist (und demgemäß auch das Vorliegen städtebaulicher Spannungen zu bejahen wäre) lässt sich, wie oben dargetan, auf der Grundlage der vorgelegten Bauvorlagen nicht entscheiden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Erfordernis einer schalltechnischen Untersuchung verwiesen werden.
2.2. Hinzu kommt, dass der Vorbescheidsantrag bezüglich der Frage 1b auch deswegen als unbestimmt anzusehen ist, weil sich den vorgelegten Bauvorlagen weder die genaue Lage noch die Größe der Kindertagestätte entnehmen lassen. Der Fragenkatalog zum Vorbescheidsantrag enthält lediglich die Angabe, dass im Süd-Osten eine Baulinie festgesetzt sei, deren Einhaltung bei der hier geplanten Gebäudeausrichtung mit Kammstruktur zu sehr großen Gebäudetiefen führte, die für Wohnungen bedingt sinnvoll seien. Hier sei eine KiTa geplant. Ohne konkrete Angaben insbesondere zur Anzahl der Plätze und der konkreten Lage der Kindertagesstätte lässt sich jedoch keine Beurteilung hinsichtlich des Gebots der Rücksichtnahme bzw. der Frage städtebaulicher Spannungen vornehmen.
3. Schließlich bestünde aus vorstehend genannten Gründen der erforderlichen, aber fehlenden schalltechnischen Untersuchung im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch dann kein Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen 1a und 1b, wenn man eine Nachprägung des RPTC verneinte oder die maßgebliche nähere Umgebung anders abgrenzte, insbesondere diese – wovon das Gericht ausweislich seiner vorstehend dargelegten Rechtsauffassung nicht ausgeht -wie die Klagepartei bestimmen würde, die das Baugrundstück als Teil der südlich der Hellip- Straße gelegenen Wohnbebauung ansieht. Denn selbst wenn sich das geplante Vorhaben innerhalb des vorgegebenen Beurteilungsrahmens hielte oder aber nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der jeweils maßgeblichen Baugebietsvorschrift allgemein zulässig wäre, könnte es nur dann zugelassen werden, wenn das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt ist. Insoweit stellen die vorgelegten Bauvorlagen jedoch keine geeignete, ausreichende Beurteilungsgrundlage dar. Auf die vorstehenden Ausführungen kann insoweit verwiesen werden.
Soweit die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, im Vorbescheidsantrag sei als „Minus“ die Zulässigkeit der Wohnnutzung vorbehaltlich der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots im Hinblick auf die Immissionen des städtischen Betriebshofs enthalten, folgt daraus nichts anderes.
Das Gericht vermag dies der Formulierung der Fragen 1a und 1b im Fragenkatalog zum Vorbescheidsantrag vom 21. Mai 2019 nicht zu entnehmen. Es wurde vielmehr explizit die Frage nach dem Einfügen der Nutzung Wohnen und KiTa nach der Art der baulichen Nutzung gestellt.
Es kann auch offenbleiben, ob eine Änderung des Antrags, d.h. eine Beschränkung des Antrags, im gerichtlichen Verfahren überhaupt noch zulässig wäre (vgl. dazu: BayVGH, B.v. 25.8.1989 – 14 B 87.03332 – juris Orientierungssatz 2; U.v. 14.2.2001 – 2 B 99.933 – juris Rn. 19: keine Änderung der Bauvorlagen im gerichtlichen Verfahren bei erheblichen Änderungen, die Anlass zu einer erneuten Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens durch die Baugenehmigungsbehörde bieten). Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Rücksichtnahmegebot im Gebot des „Einfügens“ i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB enthalten ist (BVerwG, U.v. 4.7.1980 – IV C 101.77 – juris Rn. 13; B.v.11.1.1999 – 4 B 128/98 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 3) und daher aus der Prüfung der Art der baulichen Nutzung nicht ausgeklammert werden kann (vgl. auch BayVGH, U.v. 9.9.1999 – 1 B 96.3475 – juris Rn. 21 ff.; U.v. 14.10.2008 – 2 BV 04.836 – juris; B.v. 16.8.2016 – 15 B 14. 1625 – juris Rn. 14; B.v.15.9.2020 – 15 ZB 19.2405 – juris Rn. 38; Decker, in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 141. EL März 2021, Art. 71 Rn. 73). Eine solche, das Gebot der Rücksichtnahme ausklammernde Vorbescheidsfrage wäre nicht selbstständig beurteilbar und stellte eine unzulässige Vorbescheidsfrage dar (Decker, in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 141. EL März 2021, Art. 71 Rn. 73; BayVGH, B.v. 15.9.2020 – 15 ZB 19.2405 – juris Rn. 38 m.w.N.).
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfrage Ziffer 2 (Maß der baulichen Nutzung), weil das Vorhaben sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das Vorhaben überschreitet insoweit den durch die Eigenart der näheren Umgebung vorgegeben Rahmen im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und ist auch nicht – trotz Rahmenüberschreitung – ausnahmsweise zulässig, da es geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen.
4.1. Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung ein, wenn es in der näheren Umgebung Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Leitsatz 2, Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7; vgl. auch BVerwG, B.v. 14.3.2013 – 4 B 49.12 – juris Rn. 5; B.v. 3.4.2014 – 4 B 12.14 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Beim Maß der baulichen Nutzung ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N.; U.v. 12.12.2013 – 2 B 13.1995 – juris Rn.15; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13).
Bei der im Rahmen der Prüfung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung ist, gerade weil Gebäude ihre im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB entscheidende optische maßstabsbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild und nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne von § 16 Abs. 2 BauNVO erzielen, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von in Rede stehendem Vorhaben und Referenzobjekten in nur einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben, was der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten, widerspräche (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Ls. 2, Rn. 20; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 15 ZB 17.985 – juris Rn. 11 spricht vom Verbot der „Rosinentheorie“; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 20).
Ausgehend hiervon ist findet sich für das geplante Bauvorhaben mit einer Grundfläche von 3.479,49 m², einer Wandhöhe zwischen 7 und 19 m bei zwei bis sechs Geschossen, in der maßgeblichen näheren Umgebung kein Vorbild, das bei wertender Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Höhe und Geschosszahl vergleichbar wäre. Dies gilt selbst dann, wenn man von einer nachprägenden Wirkung des auf dem Vorhabengrundstück vorhandenen Bestandsgebäudes ausgeht, welches keine dem Vorhaben vergleichbare Höhenentwicklung aufweist (Höhe zur Hellip- Straße hin ca. 15 m, nach Norden abgestuft). Auch hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse bleibt das Bestandsgebäude hinter der des geplanten Neubaus zurück. Die Bebauung auf dem zur maßgeblichen näheren Umgebung gehörenden Grundstück FlNr. … weist keine vergleichbare Höhenentwicklung und Geschossigkeit auf.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das Vorhaben auch dann den vorgegebenen Rahmen nicht einhielte, wenn man, wie die Klagepartei, die Bebauung südlich der Hellip- Straße mit einbezöge, wovon das Gericht ausdrücklich nicht ausgeht. Denn auch hier findet sich kein Referenzobjekt, das dem Bauvorhaben bei wertender Gesamtbetrachtung der o.g. Einfügenskriterien vergleichbar wäre. Beispielsweise beträgt die Wandhöhe des auf dem Grundstück FlNr. … vorhandenen fünfgeschossigen Baukörpers mit eingeschossigem Zwischenbau 14,10 m bei einer Grundfläche von rd. 1.400 m². Das geplante Vorhaben ist auch höher als die auf den Grundstücken FlNr. … und … vorhandene drei- bis fünfgeschossige Bebauung mit einer Wandhöhe von 10 bis 13 m und einer geringeren Grundfläche. Ebenso wenig bildet das südlich bestehende Hochhaus ein Referenzobjekt, da es zwar eine Wandhöhe von ca. 51 m und 16 Geschosse aufweist, aber eine deutlich kleinere Grundfläche als das Neubauvorhaben. Die von der Klagepartei genannten Bezugsfälle Hellip straße 130, Hellip- Straße 5 und Hellip- Straße 3 sind jenseits der Hellip straße und außerhalb der maßgeblichen näheren Umgebung gelegen.
4.2. Das Vorhaben fügt sich auch nicht – trotz Rahmenüberschreitung – ausnahmsweise nach dem Maß seiner baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Vielmehr wäre es geeignet, bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen. Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens für andere Bauvorhaben auf Nachbargrundstücken in vergleichbarer Lage aus (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 17 m.w.N.).
Eine solche Wirkung ist hier gegeben. Die Zulassung einer Hauptnutzung in der vorgenannten Größenordnung auf dem klägerischen Grundstück hätte eine Vorbildwirkung für ähnliche Bauwünsche auf den nördlich angrenzenden Grundstücken, insbesondere der FlNr. …, ggf. unter Beseitigung des Betriebshofs) und damit eine deutliche bauliche Verdichtung zur Folge haben würde. Besondere Grundstücksverhältnisse oder sonstige Umstände, die dies ausschließen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ändert an dieser Einschätzung auch die derzeitigen Eigentumsverhältnisse am Grundstück FlNr. … nichts.
5. Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen Ziffer 3, 4, 4.1 und 4.2.
Jede Einzelfrage muss einer separaten Entscheidung zugänglich sein (vgl. Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 71 BayBO Rn. 73). Eine Frage ist nur dann als Einzelfrage zulässig, wenn die Frage unabhängig von den sonst gestellten Fragen beantwortet werden kann (BayVGH, U.v. 14.12.2016 – 2 B 16.1574 – juris Rn. 42). Dies ist hier nicht der Fall, da das Vorhaben als einheitliches Vorhaben anzusehen ist, das nicht aufgespaltet werden darf (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2016 – 2 B 16.1574 – juris Rn. 42; B.v. 24.3.1998 – 1 B 93.274 – juris Rn. 41). Ein Bauantrag und damit auch die Baugenehmigung sind nur dann teilbar, wenn sie getrennt voneinander genehmigbare Bauteile betreffen (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2014 -2 CS 13.2472 – juris; BayVGH, U.v. 18.4.2013 – 2 B 13.423 – juris). Entsprechendes muss bei einem Vorbescheid gelten, wenn den Fragen ein einheitliches Bauvorhaben zugrunde liegt und mit der negativen Beantwortung einer Frage alle anderen Fragen negativ beantwortet werden müssen. So liegt es hier. Die Frage nach einem Inaussichtstellen einer Befreiung von der Baulinie entlang der Hellip- Straße wegen Zurückspringens des Gebäudekörpers zwischen den Querriegeln und die Frage nach der Zulässigkeit hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind untrennbar miteinander verbunden, da hier auch die Kubatur und Höhenentwicklung des Baukörpers insbesondere im Hinblick auf die Würdigung nachbarlicher Interessen für die Entscheidung über die Befreiung von Bedeutung ist (vgl. dazu BayVGH, U.v. 14.12.2016 – 2 B 16.1574 – juris Rn. 42). Gleiches gilt für die Frage hinsichtlich der abständsflächenrechtlichen Zulässigkeit des Gebäudes unter Berücksichtigung beantragter Abweichungen. Auch diese ist abhängig von der Höhenentwicklung des Gebäudes und damit untrennbar mit dem Maß der baulichen Nutzung verbunden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO.


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