Baurecht

vorläufiger Rechtsschutz, Windpark, Windenergieanlagen, anerkannte Umweltvereinigung, durch anerkannte Umweltvereinigung geltend gemachter Anspruch auf immissionsschutzrechtliche Stilllegung (Baueinstellung), Erlöschen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung infolge nicht fristgerechten Beginns der Errichtung der Anlage (verneint), Ernsthaftigkeit des Beginns der Errichtung (des Baubeginns)

Aktenzeichen  22 AE 22.40004, 22 AE 22.40005, 22 AE 22.40006, 22 AE 22.40007, 22 AE 22.40008, 22 AE 22.40009, 22 AE 22.40010, 22 AE 22.40011, 22 AE 22.40012, 22 AE 22.40013

Datum:
25.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12082
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BImSchG § 20 Abs. 2
BImSchG § 18 Abs. 1 Nr. 1
UmwRG § 3 Abs. 1
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a und S. 2, § 2 Abs. 1 und 4

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Verfahren mit den Aktenzeichen 22 AE 22.40004, 22 AE 22.40005, 22 AE 22.40006, 22 AE 22.40007, 22 AE 22.40008, 22 AE 22.40009, 22 AE 22.40010, 22 AE 22.40011, 22 AE 22.40012 und 22 AE 22.40013 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge werden abgelehnt.
III. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, eine nach § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannte Vereinigung, begehrt eine einstweilige Anordnung, mit welcher der Antragsgegner verpflichtet werden soll, Bauarbeiten der Beigeladenen zur Errichtung von Windparks (Windenergieanlagen) vorläufig stillzulegen (einzustellen).
Mit zwei Bescheiden jeweils vom 17. November 2014 genehmigte das Landratsamt R … (im Folgenden: Landratsamt) auf Antrag der Beigeladenen vom 28. März 2013 immissionsschutzrechtlich die Errichtung und den Betrieb von insgesamt dreizehn Windkraftanlagen (Windenergieanlagen; WEA) vom Typ Nordex N117 mit einer Nennleistung von jeweils 2,4 MW und einer Gesamthöhe von jeweils 199 m, davon zehn im Gebiet der Gemeinden W … (Gemarkung W …), Markt S … … … (Gemarkung W …) und H … (Gemarkungen W … und W …) (im Folgenden: Windpark W …) sowie drei im Gemeindegebiet H … (Gemarkungen W … und J …) (im Folgenden: Windpark W …). In Ziffer V. der Bescheide heißt es jeweils, dass die Genehmigung drei Jahre nach Eintritt der Rechtskraft erlösche, sofern nicht nachgewiesen werde, dass bis zu diesem Zeitpunkt mit der Errichtung der Windkraftanlagen entsprechend der Genehmigung begonnen werde. In der jeweiligen Begründung zur Ziffer V. heißt es unter 3.6 (Bescheid Windpark W …) bzw. 3.7 (Bescheid Windpark W …) ergänzend, dass als Nachweis die Vorlage von Unterlagen über getroffene Vermögensdispositionen, d.h. ein verbindlicher Vertrag über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlage gelte.
Die Anfechtungsklagen privater Dritter gegen diese immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteilen vom 8. August 2017 ab (Windpark W …: W 4 K 14.1333, .1334 und .1345; Windpark W …: W 4 K 14.1323, .1324, .1325, .1326, .1327, .1328, .1329, .1330, .1331 und .1332). Die dagegen gerichteten Anträge auf Zulassung der Berufung wurden mit zwei Beschlüssen des Senats jeweils vom 7. Mai 2018 (Windpark W …: 22 ZB 17.2032, .2103, .2104 – im Folgenden: 22 ZB 17.2032 u.a.; Windpark W …: 22 ZB 17.2088, .2089, .2090, .2091, .2092, .2093, .2094, .2095, .2096 und .2097; im Folgenden: 22 ZB 17.2088 u.a.) abgelehnt.
Am 17. August 2015 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG betreffend einen Wechsel des Anlagentyps der drei Windenergieanlagen des Windparks W … Nunmehr sollten Anlagen des Typs Enercon E115 mit einer Leistung von jeweils 3 MW und einer Gesamthöhe von jeweils 193,34 m errichtet werden. Die Anlagenstandorte blieben unverändert. Am 21. August 2015 beantragte die Beigeladene für die zehn Windenergieanlagen im Windpark W … eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 BlmSchG. Gebaut werden sollen nunmehr auch dort – jeweils unter Beibehaltung des Standorts – zehn Windenergieanlagen des Typs Enercon E115.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2017 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die am 17. August 2015 beantragte Genehmigung nach § 16 BImSchG für den Windpark W … Mit weiterem Bescheid des Landratsamtes vom 28. Juli 2017 wurden in Bezug auf die drei Windenergieanlagen des Windparks W … Maßnahmen zum Schutz kollisionsgefährdeter Vogelarten (u.a. Abschaltungen und Monitoring) verfügt. Den Bescheid vom 28. Juli 2017 hob das Verwaltungsgericht Würzburg mit (rechtskräftigem) Urteil vom 22. Januar 2019 (W 4 K 17.987 – juris) auf.
Das Verwaltungsgericht Würzburg lehnte die Anträge des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gegen den Bescheid vom 27. Juli 2017 mit Beschlüssen vom 29. und 30. Januar 2019 (W 4 S 18.1629, .1630, .1631) ab. Mit Beschluss vom 5. April 2019 (22 CS 19.281, .304, .305; im Folgenden: 22 CS 19.281 u.a.) änderte der Senat die Beschlüsse vom 29. und 30. Januar 2019 ab und stellte die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Bescheid vom 27. Juli 2017 wieder her.
Mit weiterem Bescheid vom 27. Juli 2017 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die am 21. August 2015 beantragte Änderungsgenehmigung nach § 16 BlmSchG für den Windpark W … Die Anträge des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen gegen den Bescheid vom 27. Juli 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschlüssen vom 30. Januar 2019 (W 4 S 18.1566, .1567, .1568, .1569, .1570, .1571, .1572, .1573, .1574, .1575) ab. Mit Beschluss vom 3. April 2019 (22 CS 19.345, .346 .347, .348, . 349, .350, .351, .352, .353, .354; im Folgenden: 22 CS 19.345 u.a.) stellte der Senat die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklagen, über welche noch nicht entschieden ist, wieder her.
Im Juni 2019 hat die Beigeladene ihren Angaben zufolge die Zuwegung, Kranstellflächen und Fundamentgruben inklusive Sauberkeitsschicht für 10 der 13 genehmigten Windenergieanlagen aus den Windparks W … und W … fertig gestellt. Für 8 Standorte wurden die Fundamentarbeiten abgeschlossen, bei jeweils einem weiteren Fundament der Stahlankerkorb bzw. die Fundamentschalung errichtet. Die Fundamente sind dabei auf den Anlagentyp (Enercon) der Änderungsgenehmigungen ausgerichtet gewesen.
Am 21. Oktober 2020 informierte die Beigeladene das Landratsamt, dass sie den ursprünglich genehmigten Anlagentyp Nordex N117 errichten und damit die ursprünglichen Genehmigungen vom 17. November 2014 umsetzen wolle. Hintergrund dieser Entscheidung seien die o.g. Beschlüsse des Senats vom 3. und 5. April 2019.
Mit E-Mail vom 20. April 2021 übersandte die Beigeladene dem Landratsamt eine Baubeginnsanzeige zum 19. April 2021 und teilte mit, dass vom Windpark W … alle 3 genehmigten Windenergieanlagen und vom Windpark W … 7 von 10 genehmigten Windenergieanlagen (d.h. ohne die dort genehmigten WEA 3, WEA 10 und WEA 12) errichtet werden sollten. Das erste Fundament im Windpark W … solle am 28. April 2021 und das erste Fundament im Windpark W … am 5. Mai 2021 betoniert werden. Das Bauamt des Landratsamts sei bezüglich Statik und Bauüberwachung bereits in Kontakt mit der beauftragten Bauprojektleitung. Das Brandschutzkonzept werde sie im Laufe der Woche noch vorlegen. Sie bitte um formale Bestätigung, dass der Baubeginn gemäß den Genehmigungsbescheiden erfüllt sei und die Bestandskraft der Genehmigung fortbestehe. Auch gegenüber der D. F. GmbH zeigte die Beigeladene den Baubeginn mittels des vorgesehenen Formblatts an.
Mit E-Mail vom 3. Mai 2021 übersandte die Beigeladene dem Landratsamt das Brandschutzkonzept und teilte mit, dass im Windpark W … am 28. April 2021 das erste Nordex-Fundament betoniert worden sei; am 5. Mai 2021 werde das erste Nordex-Fundament im Windpark W … errichtet.
Daraufhin bestätigte das Landratsamt der Beigeladenen mit Schreiben vom 4. Mai 2021, dass aufgrund der Baubeginnsanzeige und der mitgeteilten Maßnahmen (ausgeführte bzw. geplante Betonierung von Fundamenten) der Baubeginn innerhalb der Geltungsdauer der Genehmigungsbescheide vom 17. November 2014 entsprechend deren Ziffer V. vollzogen worden sei. Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen hätten aus Sicht des Landratsamts damit weiterhin Gültigkeit.
Mit E-Mail vom 6. Mai 2021 legte die Beigeladene dem Landratsamt eine Fotodokumentation zu den Bauarbeiten zur WEA 2 W … vor, in der u.a. angegeben wird, dass das Bestandsfundament für die nicht realisierte Enercon-Anlage am 13. April 2021 abgebrochen und am 5. Mai 2021 das neue Fundament betoniert worden sei.
Mit Schriftsatz vom 12. August 2021 wandten sich die Bevollmächtigten des Antragstellers an das Landratsamt und beantragten, eine Baueinstellung zu verfügen. Die Genehmigungen zur Errichtung der Windenergieanlagen seien aufgrund Ziffer V. der Bescheide bereits erloschen. Für 11 der 13 Windenergieanlagen (Anm.: richtig wäre, was aber dem Antragsteller damals wohl nicht bekannt war: 8 der 10) sollten erst jetzt, nach Fristablauf, erstmals Fundamente errichtet werden; aber auch die restlichen 2, für welche die neuen Fundamente bereits erstellt worden seien, könnten nicht weitergebaut werden. Denn das bisherige Verhalten des Betreibers zeige, dass die Fundamenterrichtung kein Anzeichen für die Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung sei, was laut einschlägiger Rechtsprechung (OVG NW, U.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13; ThürOVG, U.v. 17.6.2015 – 1 KO 369/14; beide juris) aber Voraussetzung für die Fristeinhaltung sei.
Mit am 7. September 2021 zugestelltem Bescheid vom 27. August 2021 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Baueinstellung (bzgl. beider Windparks) ab. Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Bauarbeiten würden nicht vorliegen. Insbesondere seien die Genehmigungen vom 17. November 2014 nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erloschen, weil innerhalb von drei Jahren nach Eintritt der Bestandskraft mit dem Bau begonnen worden sei. Bereits die Entfernung der vorhandenen „alten“ Fundamente trotz noch anhängigen Hauptsacheverfahrens beim Verwaltungsgericht Würzburg spreche für die Ernsthaftigkeit, zumal damit auch ein erheblicher finanzieller und materieller Aufwand verbunden sei. Die Beigeladene stehe zudem in regelmäßigem Kontakt mit dem Landratsamt und habe erforderliche technische Nachweise vorgelegt.
Am 28. September 2021 erhob der Antragsteller, vertreten durch seine Bevollmächtigten, beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage gegen den Bescheid vom 27. August 2021 und beantragte, den Antragsgegner (Beklagten) zu verpflichten, den Bau der Windkraftanlagen im Windpark W … und im Windpark W … einzustellen (W 4 K 21.1235, .1236, .1238, .1239, .1240, .1241, .1243, .1245, .1246 und .1247; im Folgenden: W 4 K 21.1235 u.a.).
Am 16. Februar 2022 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers beim Landratsamt eine sofortige Baueinstellung, weil die Bauarbeiten zur Errichtung der Windkraftanlagen begonnen hätten, allerdings planabweichend gebaut werde. Den Genehmigungen aus 2014 würden Typenprüfungen zugrundeliegen, deren Geltungsdauer (nach Verlängerung) bis 28. Februar 2014 reiche; die Genehmigungen seien aber erst am 17. November 2014 erteilt worden. Zudem werde auf S. 10 der Verlängerung der Typenprüfung zum Spannstahl ausgeführt, dass 24 Spannglieder (Typ 4×04-150KD oder alternativ EX-66) für die Errichtung notwendig seien; die im Mai 2021 errichteten Fundamente würden aber lediglich Leerrohre für 20 Spannglieder aufweisen. Es handle sich augenscheinlich um andere als in der Typenprüfung geprüfte Fundamente. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass die kürzlich begonnenen und teilweise auch schon fertiggestellten („neuen“ Nordex-)Fundamente hiervon wiederum abweichend Leerrohre für 24 Spannglieder aufweisen würden.
Daraufhin antwortete das Landratsamt mit Schreiben vom 17. Februar 2022, dass sich durch die Novellierung der einschlägigen Richtlinien und Normen Änderungen für die Typenprüfung ergeben hätten, wonach 20 Spannglieder ausreichend seien. Die Anpassungen hätten keine Auswirkungen auf die Abmessungen von Turm und Fundament. Die Bauarbeiten seien von den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 17. November 2014 gedeckt.
Am 18. Februar 2022 stellten die Bevollmächtigten des Antragstellers daraufhin beim Verwaltungsgericht Würzburg folgenden, beide Windparks betreffenden Antrag nach § 123 VwGO:
Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Bauarbeiten zur Errichtung von Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNr. … … … und … der Gemarkung W …, Fl.-Nr. … … der Gemarkung W …, Fl.-Nr. … … … und … der Gemarkung W … sowie Fl.-Nr. … der Gemarkung J … und Fl.-Nr. … und … der Gemarkung W … vorläufig stillzulegen.
Zur Begründung wurde zunächst wiederum angeführt, dass die den Bauarbeiten zugrundeliegenden Genehmigungen vom 17. November 2014 erloschen seien. Bei den beiden im Mai 2021 errichteten Fundamenten handle es sich aufgrund der bloß 20 vorhandenen Spannglieder um andere als in der Typenprüfung geprüfte Fundamente, so dass darin kein Bau der genehmigten, sondern von abweichenden Windenergieanlagen zu sehen sei. Eine Veränderung der Statik führe nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 20.1.2020 – 1 ZB 18.933 – juris) und des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 18.10.1974 – IV C 75.71 – juris) zu einem „neuen“ Bauwerk. Die kürzlich begonnenen, teilweise fertiggestellten Fundamente würden abweichend vom Vortrag der Beigeladenen, dass nur 20 Spannglieder notwendig seien, dagegen 24 Leerrohre aufweisen. Laut Genehmigungsunterlagen seien die faunistischen Erhebungen in den Jahren 2010 bis 2012 aufgenommen worden, damit bereits mehr als 10 Jahre alt, und würden nicht den Standards des aktuell maßgeblichen Bayerischen Windenergie-Erlasses 2016 entsprechen. Zu den im Bescheid vorgesehenen Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen betreffend den Rotmilan sei im nahegelegenen Windpark S … … … 2019 nachgewiesen worden, dass der L2.platz dort nicht genutzt und daher 2020 nicht mehr unterhalten werde. Laut einer Untersuchung des Büros C. vom 5. November 2016 finde sich ein Brutvorkommen des Schwarzstorches im Wirkungsbereich der Windparks, ebenso werde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Wespenbussard festgestellt. Dies habe auch die untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 22. September 2016 bestätigt. Aufgrund dieser Erkenntnisse sei der Widerruf der Genehmigungen vorgesehen gewesen. Der Antragsteller könne daher nach § 2 Abs. 1 und 4 UmwRG den vorliegenden Antrag auf behördliches Einschreiten stellen beziehungsweise einen Anordnungsanspruch geltend machen, weil Windkraftanlagen ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung errichtet würden und ein Verstoß etwa gegen § 44 BNatSchG vorliege, weshalb nicht mit einer erneuten Genehmigungserteilung zu rechnen sei. Auch fehle angesichts dieser artenschutzrechtlichen Kulisse die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung, es werde gegen § 18 UVPG verstoßen. Die Genehmigungen vom 17. November 2014 seien mangels Einhaltung der in Bescheidziffer V. anhand § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gesetzten Frist erloschen. Ohnehin seien bis Mai 2021 nur 2 (neue) Fundamente zudem genehmigungsabweichend errichtet worden. Dies könne jedenfalls nicht als Baubeginn für die restlichen 8 Anlagen gewertet werden, da es sich um jeweils eigenständige immissionsschutzrechtliche Anlagen handle, was auch die Trennung der Klage in 10 Verfahren durch das Verwaltungsgericht unterstreiche. Auch dass die Bau- bzw. Abbrucharbeiten laut Presseberichten und aufgestellter Bautafel nach Mai 2021 für mehrere Monate unterbrochen und erst im August 2021 fortgesetzt worden seien, spreche sowohl gegen die Baubeginnsanzeige aus dem April 2021 wie auch die Ernsthaftigkeit der Arbeiten. Gerade der nachträgliche Austausch der Fundamente zeige, dass allein das Gießen des Fundaments nicht für einen maßgeblichen, ernsthaften Baubeginn ausreiche. So könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch diese Fundamente wieder ausgetauscht würden, zumal dies keinen wirtschaftlich erheblichen Verlust darstelle. Die von der Beigeladenen ohnehin nur pauschal angegebenen Kosten für den Bau der 2 bis Mai 2021 errichteten Fundamente würden nur 1,5% und diejenigen für deren Rückbau und den der gesamten Infrastruktur nur weitere 3,5% der im Generalunternehmervertrag vereinbarten Gesamtvergütung betragen; sie würden daher keinen erheblichen wirtschaftlichen Verlust darstellen. Laut eigener Auskunft der Beigeladenen gegenüber der Lokalpresse und in Informationsmappen seien die Windparks trotz dieser Zusatzkosten problemlos wirtschaftlich betreibbar; ebenso lasse sich daraus und auch aus der gewählten Gesellschafter- und Vertragsstruktur ableiten, dass ein nochmaliger Bauabbruch nicht zu einem signifikanten wirtschaftlichen Verlust führe. Der von der Beigeladenen vorgelegte und zudem erst am 6. Mai 2021 abgeschlossene Generalunternehmervertrag reiche als Nachweis des Baubeginns ebenfalls nicht aus, weil dort, anders als in Nr. 3.6/3.7 der Genehmigungsbescheide formuliert, nur der Auftrag zur Errichtung der Windenergieanlagen und nicht Kauf oder Lieferung derselben geregelt würden. Zudem handle es sich letztendlich um ein Insichgeschäft nach § 181 BGB, weil die als Generalunternehmer beauftragte M … GmbH laut Handelsregisterbekanntmachung vom 23. Dezember 2021 mittlerweile die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Beigeladenen sei. Eine solche Kooperation sei auch bereits Anfang April 2021 öffentlich, unter anderem in der Lokalpresse, angekündigt worden. Berücksichtige man den Gesetzeszweck des § 18 BImSchG, nämlich „Vorratsgenehmigungen“ zu verhindern, so sei die in Nr. 3.6/3.7 formulierte Voraussetzung der Vorlage eines Kauf-/Lieferungsvertrags ohnehin nicht ausreichend, vielmehr seien für einen Baubeginn Maßnahmen Voraussetzung, die einem Gebrauchmachen von der Genehmigung und nicht bloß Vorbereitungshandlungen entsprechen würden. Die Erstellung der Verkehrsinfrastruktur sei solch eine bloße Vorbereitungshandlung, nichts anderes ergebe sich aus Kostengesichtspunkten. Ebenso könnten die erfolgten Abbrucharbeiten nicht als Beleg für einen ernsthaften Baubeginn herangezogen werden (so ThürOVG, U.v. 17.6.2014 – 1 KO 369/14 – juris). Die zwischenzeitlich erfolgten Fundamentarbeiten für 10 Enercon-Anlagen könnten nicht als Baubeginn für die Nordex-Anlagen gewertet werden, weil es sich bei der ursprünglichen und der Änderungsgenehmigung bis zur – vorliegend gerade nicht erfolgten – vollständigen Umsetzung der Änderungsgenehmigung um zwei selbstständige Genehmigungen handle. Ebenso wenig könne in der Errichtung von zwei (neuen) Fundamenten auf Grundlage der Ursprungsgenehmigung ein Baubeginn für alle genehmigten Anlagen gesehen werden, da der Genehmigungsinhaber ansonsten – entgegen dem Gesetzeszweck von § 18 BImSchG – quasi „unendlich lange Zeit hätte“, um „den Rest zu verwirklichen“. Dass es sich um selbstständige Anlagen handle, ergebe sich auch aus einem Vergleich mit der Legaldefinition einer „gemeinsamen Anlage“ im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV. Da die Bauarbeiten bereits begonnen hätten, sei auch ein Anordnungsgrund gegeben. Insoweit gelte als maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt nicht derjenige der letzten behördlichen Entscheidung, weil es sich um einen Antrag nach § 123 VwGO und damit ein Verpflichtungsbegehren handle.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2022 trennte das Verwaltungsgericht den Antrag gemäß § 93 Satz 2 VwGO in zehn Verwaltungsstreitsachen (pro WEA ein Verfahren/Aktenzeichen: W 4 E 22.261 bis einschließlich W 4 E 22.270). Mit Beschluss vom 11. März 2022 wurden, nachdem die Beteiligten dazu angehört worden waren und ihr Einverständnis erklärt hatten, alle o.g. Klageverfahren (W 4 K 21.1235 u.a.) und alle Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Verweis auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VwGO an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verwiesen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Geltungsdauer der Genehmigungen von 14. November 2014 sei nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und Ziffer V. der Bescheide erloschen. Die Entfernung der „alten“ Fundamente für die Enercon-Anlagen sei notwendiger Schritt für die Errichtung der Nordex-Anlagen und daher Beleg für die Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung; damit sei zudem ein erheblicher finanzieller und materieller Aufwand verbunden. Ein erneuter Austausch erscheine fernliegend. Der Baubeginn im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sei nicht auf die jeweilige Einzelanlage bezogen; das Landratsamt habe die Windkraftanlagen windparkbezogen genehmigt. Aus der rein verfahrensmäßigen Trennung nach § 93 Satz 2 VwGO durch das Verwaltungsgericht Würzburg folge nichts anderes, zumal der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinen Beschlüssen vom 7. Mai 2018 die jeweiligen Anlagen der beiden Windparks wieder zu einem Verfahren verbunden habe. Die erfolgten Baumaßnahmen würden sich zudem im Rahmen der erteilten Genehmigung halten, hätten einen gewissen Intensitätsgrad und seien auch fortgeführt worden. Die aktualisierten Typenprüfungen für den in Außenabmessungen von Turm und Fundament identischen Turmtyp N04 würden nicht dazu führen, dass es sich bei den errichteten Fundamenten um ein „aliud“ handle. Die so weiterhin gültigen Genehmigungen vom 17. November 2014 würden für sämtliche Behörden eine bindende Feststellungswirkung hinsichtlich der Legalität der Anlagen entfalten. Auf die vom Antragsteller angeführten Ergebnisse neuerer faunistischer Untersuchungen komme es daher nicht an; ebenso sei das Ergebnis der damals nach dem UVPG durchgeführten Prüfungen verbindlich.
Die Bevollmächtigten der Beigeladenen beantragen ebenso,
den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene habe bereits im Juni 2019 die gesamte Infrastruktur (Zuwegung, Kranstellflächen und Fundamentgruben inklusive Sauberkeitsschicht bzw. Bodenverbesserung) für 10 der 13 genehmigten Windenergieanlagen fertiggestellt, wofür umfangreiche Erdarbeiten und Bodenbefestigungsmaßnahmen erforderlich gewesen seien. Diese Maßnahmen seien teilweise ausdrücklich in den Genehmigungsbescheiden geregelt gewesen (z.B. in deren Ziffern IV. 8.8, 8.9, 10) und damit Teil der genehmigten Windenergieanlagen; es handle sich daher nicht um reine Vorbereitungsmaßnahmen, insbesondere auch nicht um Maßnahmen, die der schon vor Genehmigungserteilung gesicherten Erschließung zuzurechnen seien. Zudem habe man zu diesem Zeitpunkt (Juni 2019) bereits für 8 Standorte die Fundamentarbeiten abgeschlossen und bei einem neunten Fundament den Stahlankerkorb und beim zehnten die Fundamentschalung errichtet gehabt, wobei die Fundamente dabei auf den Anlagentyp der Herstellers Enercon gemäß Änderungsgenehmigungen vom 27. Juli 2017 ausgelegt worden seien. Letzteres könne aber der Frage des Baubeginns nicht entgegengehalten werden, weil Ausgangs- und Änderungsgenehmigungen einen einheitlichen Genehmigungstatbestand darstellen würden; es seien 13 Windenergieanlagen in der Ausführung des Ausgangsbescheids und ergänzend die Modifikationen nach Maßgabe der Änderungsgenehmigungen zugelassen worden. Aufgrund der Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. und 5. April 2019 habe die Beigeladene sich dann – nach Baubeginn – entschieden, die ursprünglich genehmigten Anlagen von Typ Nordex N117 zu errichten und bereits vorgenommene Baumaßnahmen nochmals zu ändern. Dazu sei am 6. Mai 2021 ein Generalunternehmervertrag mit der M … GmbH geschlossen worden. Vor diesem Hintergrund mangele es dem Antragsteller bereits an einem Anordnungsanspruch. Die Genehmigungen vom 17. November 2014 seien nicht erloschen, weil noch vor Fristablauf mit dem Bau begonnen worden sei. Laut Begründung der Genehmigungsbescheide gelte als Nachweis für den Beginn der Errichtung u.a. die Vorlage von Unterlagen über getroffene Vermögensdispositionen, d.h. ein verbindlicher Vertrag über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlage. Dieser liege in Form des verbindlichen Generalunternehmervertrags vom 6. Mai 2021 mit einer Vergütung in Höhe von mehr als 34 Mio. € vor. Die Generalunternehmerin habe sich darin zu sämtlichen für die Errichtung der Windparks notwendigen Leistungen verpflichtet, inklusive Lieferung, Errichtung und Inbetriebnahme von 10 Windenergieanlagen. Wie der Vertrag zivilrechtlich einzustufen sei, könne offenbleiben; jedenfalls habe die Beigeladene damit verbindliche Vermögensdispositionen getroffen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und zum Zeitpunkt des Fristendes nach Ziffer V. sei die Generalunternehmerin weder Gesellschafterin der Beigeladenen gewesen noch habe eine Verpflichtung oder ein Recht bestanden, dass die Generalunternehmerin der Beigeladenen als Gesellschafterin beitrete. Für eine Ernsthaftigkeit der Genehmigungsausnutzung sei auch nicht notwendig, dass wesentliche Teile der Anlage tatsächlich bereits errichtet worden seien; ausreichend seien Maßnahmen, die nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig zu machen seien (OVG Münster, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris). Die jetzt errichteten Fundamente hätten einen Wert von jeweils ca. 250.000 €; der Rückbau würde weitere Kosten von rund 100.000 € je Fundament verursachen. Der Rückbau der Infrastruktur würde sich auf rund 1.000.000 € belaufen. Dies wären erhebliche Verluste für die Beigeladene. Es könne insoweit kein Maßstab sein, ob ein Unternehmen diese Verluste am Ende noch „schultern“ könne oder ob ein wirtschaftlicher Betrieb trotz Rückbau der Altfundamente noch möglich sei. Dass die bereits errichteten Fundamente aufgrund der Entscheidung für den ursprünglich genehmigten Anlagentyp nun erheblich ausgebaut werden müssten, könne dem ebenso nicht entgegengehalten werden. Es handle sich um wirtschaftlich erhebliche Verluste für die Beigeladene, welche diese nicht freiwillig, sondern nur in Kauf genommen habe, weil sie befürchtet habe, dass die Änderungsgenehmigungen vor Gericht keinen Bestand hätten. Darüber hinaus ergäben sich aber keinerlei Anhaltspunkte, dass die neu eingesetzten Fundamente nochmals entfernt oder ersetzt werden sollten. Auch sei irrelevant, dass zunächst nur für 2 der insgesamt 13 genehmigten Windenergieanlagen neue Fundamente errichtet worden seien, weil die Zulassungen von jeweils mehreren Anlagen in einem Bescheid inklusive Nebenbestimmungen und Befristung eine Einheit, ein einheitliches Vorhaben bilden würden. Die vom Antragsteller vorgetragene Argumentation zur befristeten Typenprüfung führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Befristung sei den damaligen Vorgaben der DIN EN 1992-1-1 und der damaligen DIBt-Richtlinie für Windenergieanlagen geschuldet gewesen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die Liste der Technischen Baubestimmungen des Freistaats Bayern übernommen (DIN EN 1992-1-1) bzw. noch nicht endgültig bauaufsichtlich eingeführt (DIBt-RL 2012 anstatt der bisherigen, ausgelaufenen Version 2004) worden seien. Die Reduzierung der Spannglieder sei dem nach DiBt-RL 2012 neu zertifizierten Turmtyp N04 geschuldet, der (wie auch sein Fundament) von den Abmessungen her vollständig seinem Vorgängertyp N02, dessen Zertifizierung auf Basis der DiBt-RL 2004 abgelaufen sei, entspreche. Der TÜV Süd habe die Gleichwertigkeit der Turmtypen N04 und N02 in einer Stellungnahme vom 16. Februar 2022 bestätigt. Die Landesgewerbeanstalt Würzburg sei vom Landratsamt mit der Prüfung der statischen Berechnung und der Überwachung der Bauausführung beauftragt worden und habe mit Schreiben vom 23. Februar 2022 bestätigt, dass die Fundamente ordnungsgemäß ausgeführt worden seien. Die zusätzlichen vier Hüllrohre (Leerrohre) seien für die statische Bemessung nicht relevant – wenn sie eingeführt würden, blieben sie leer. Die Genehmigungsfrage stelle sich damit nicht neu, weil die Anlage so ausgeführt werde wie genehmigt; eine Typenprüfung beschränke nicht den Umfang der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen. Soweit der Antragsteller die Fehlerhaftigkeit der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung rüge, sei diese Grundlage der bestandskräftigen Bescheide. Die vom Antragsteller angeführten Untersuchungen des Büros C. seien veraltet und entsprächen nicht den Vorgaben des Bayerischen Windenergie-Erlasses. Die Errichtung einer Windenergieanlage könne für sich genommen keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos begründen; darüber hinaus gehe die untere Naturschutzbehörde in ihrer vom Antragsteller zitierten Stellungnahme selbst davon aus, dass ein solches Risiko durch CEF-Maßnahmen auf ein erträgliches Maß gesenkt werden könne. Die Ausführungen zur UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens seien, abgesehen davon, dass die Errichtung der Windenergieanlagen auf Basis bestandskräftiger Genehmigungen erfolge, zu pauschal und würden eine UVP-Pflichtigkeit (und nicht bloß die Möglichkeit einer solchen) nicht zu begründen vermögen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sog. Sicherungsanordnung), oder auch wenn eine Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung). Rechte im Sinn von § 123 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO sind materielle Rechte wie auch Verfahrensrechte (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 22 m.w.N.). Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.
1. Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist der Antragsteller bereits aufgrund § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Satz 2, § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 UmwRG antragsbefugt, weil im Falle des von ihm behaupteten Erlöschens der Genehmigungen vom 17. November 2014 eine Zulassungsentscheidung nach § 2 Abs. 6 (Nr. 1) UVPG unterlassen worden wäre (vgl. dazu bereits zum UmwRG 2013 BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – juris Rn. 14 ff. Ob und inwieweit vorliegend auch § 1 Abs. Satz 1 Nr. 6 UmwRG greift, kann damit offenbleiben; vgl. dazu zum UmwRG 2017 – allerdings bzgl. naturschutzrechtlicher Anordnungen – VG Augsburg, U.v. 29.3.2021 – Au 9 K 18.1392 – juris Rn. 31 f. m.w.N.). Der Antrag ist aber unbegründet, weil dem Antragsteller für die von ihm erstrebte Sicherungsanordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO jedenfalls kein Anordnungsanspruch zusteht.
Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf (vorläufige) Stilllegung bzw. Baueinstellung (vgl. zum Aspekt, dass unter das Tatbestandsmerkmal „Stilllegung“ auch eine Einstellung laufender Bauarbeiten zu fassen ist: Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 20 BImSchG Rn. 39, Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 20 Rn. 39) auf Basis des § 20 Abs. 2 BImSchG wäre, dass die Beigeladene ihre Windparks ohne die jeweils erforderliche Genehmigung errichtet – also Errichtungsarbeiten entweder ohne wirksame (ggf. weggefallene/erloschene) Genehmigung oder abweichend von der (an sich wirksamen) Genehmigung durchführt. Beides ist nicht der Fall. Die Genehmigungen vom 17. November 2014 sind nach wie vor wirksam (dazu 1.1); ebenso wenig ist, unabhängig davon, inwieweit solches gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 4 UmwRG vom Antragsteller generell geltend gemacht werden kann, glaubhaft gemacht, dass die Beigeladene ihre Windparks abweichend von diesen Genehmigungen errichtet (dazu 1.2). Nichts anderes würde sich im Übrigen ergeben, wenn man als Anspruchsgrundlage vorliegend auf den im Ergebnis insoweit gleichlaufenden Art. 75 Abs. 1 BayBO (i.V.m. Art. 56 Satz 2 BayBO, vgl. Dhom/Simon in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand September 2021, Art. 56 Rn. 56 ff.) abstellen und diesen damit nicht aufgrund Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. § 20 Abs. 2 BImSchG als verdrängt erachten will (so möglicherweise – ohne nähere Begründung – Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 75 Rn. 14; vgl. aber auch Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 20 BImSchG Rn. 46 m.w.N.).
1.1 Den Errichtungsarbeiten der Beigeladenen fehlt es nicht an der jeweils erforderlichen Genehmigung, weil die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 17. November 2014 weiterhin wirksam sind. Sie sind nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Bescheidziffer V. erloschen (dazu 1.1.1). Ebenso wenig besteht eine Pflicht des Antragsgegners zur Aufhebung der Genehmigungen (Widerruf nach § 21 BImSchG oder Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG), welche ggf. einer Unwirksamkeit der Genehmigungen gleichzustellen wäre (dazu 1.1.2). Und schließlich können weder (behauptete) Verstöße gegen das UVPG (dazu 1.1.3) noch (behauptete) neuere artenschutzfachliche Erkenntnisse (dazu 1.1.4) vorliegend zur Unwirksamkeit dieser Genehmigungen führen.
1.1.1 Die Genehmigungen vom 17. November 2014 sind weiterhin insgesamt, d.h. für beide Windparks (und alle darin jeweils genehmigten Windenergieanlagen) wirksam.
Sie sind insbesondere nicht aufgrund der jeweils nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Ziffer V. der Bescheide verfügten Frist für den Errichtungsbeginn (Errichtungsfrist) erloschen; andere Unwirksamkeitsgründe (vgl. Art. 43 Abs. 2 und 3 BayVwVfG) wurden ohnehin nicht vorgetragen/glaubhaft gemacht.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erlischt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter anderem dann, wenn innerhalb einer von der Behörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung der Anlage begonnen worden ist. Durch die Regelung soll ausweislich der Begründung des damaligen Gesetzentwurfs der Bundesregierung verhindert werden, dass mit der Errichtung oder dem Betrieb einer genehmigten Anlage zu einem Zeitpunkt begonnen wird, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Genehmigung zugrunde lagen, wesentlich verändert haben. Außerdem soll der Erteilung von Genehmigungen „auf Vorrat“ entgegengewirkt werden (vgl. BT-Drs. 7/179, S. 37 – zu § 17 des Entwurfs). Was der Genehmigungsinhaber im Einzelnen unternehmen muss, um die Errichtungsfrist zu wahren, ergibt sich zunächst und in erster Linie aus einer Auslegung der konkreten behördlichen Fristsetzung und des gesamten Genehmigungsverwaltungsakts, jeweils unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks von § 18 BImSchG. Die in der älteren Rechtsprechung und darauf basierend auch in der Kommentarliteratur vertretene Auffassung, dass für den Beginn der Errichtung oder des Betriebs zu fordern sei, dass wesentliche Teile der Anlage tatsächlich errichtet oder in Betrieb genommen sein müssten, überzeugt nicht und wurde zwischenzeitlich wohl auch weitgehend aufgegeben (vgl. dazu Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 21 f.; Jarass, BImSchG, § 18 Rn. 7 a. E.; in diesem Sinne auch OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 29). Stattdessen wird als weiteres Kriterium, entweder, wenn konkrete Voraussetzungen für die Errichtung nach § 18 BImSchG im Genehmigungsescheid nicht formuliert wurden, oder, um die Ernsthaftigkeit deren tatsächlicher Umsetzung zu prüfen, gefordert, dass der Betreiber Maßnahmen vornimmt, die er nicht oder nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig machen kann. Denn dies lässt auf ein ernsthaftes Nutzen der Genehmigung schließen. Es genügt also zur Einhaltung der Frist, wenn mit den in der Fristsetzung genannten Maßnahmen (hier der Errichtung der Anlagen) in einer Art und Weise begonnen wurde, die auf die Ernsthaftigkeit der Ausnutzung der Genehmigung schließen lassen. Der Genehmigungsinhaber muss danach am vorgesehenen Standort nicht oder nur mit für ihn erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig zu machende Maßnahmen durchgeführt haben. Und schließlich ist Voraussetzung, dass sich die Handlungen im Rahmen der erteilten Genehmigung halten. Der Tatbestand von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist also nicht erfüllt, wenn die Maßnahmen nicht dem Genehmigungsinhalt entsprechen (Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 21; Jarass, BImSchG, § 18 Rn. 7).
Auf den vorliegenden Fall übertragen ergibt sich aus diesen Grundsätzen, dass die Beigeladene, wie in Ziffer V. der Genehmigungsbescheide vorausgesetzt, mit der Errichtung der beiden Windparks begonnen hat. Dies gilt zunächst für die beiden Windenergieanlagen, deren Fundamente bereits vor Fristablauf erstellt wurden (dazu 1.1.1.1). Zugleich liegt in der begonnenen Errichtung dieser beiden Windenergieanlagen aber auch der Beginn der Errichtung beider Windparks insgesamt (d.h. aller darin enthaltener Windenergieanlagen, wobei ohnehin nicht auf diese jeweils einzeln, sondern auf den jeweiligen Windpark insgesamt abzustellen ist, dazu 1.1.1.2).
1.1.1.1 Eine Errichtung im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Ziffer V. der Genehmigungsbescheide ist zunächst bei den beiden (Nordex-)Windenergieanlagen, deren Fundamente am 28. April 2021 (Windpark W …) bzw. am 5. Mai 2021 (Windpark W …) und damit vor Ablauf der Dreijahresfrist, d.h. vor dem 24. Mai 2021, betoniert wurden, gegeben (Die Beschlüsse des Senats vom 7. Mai 2018 wurden den damaligen Rechtsmittelführern am 22. Mai 2018 bekanntgegeben/zugestellt, was Voraussetzung für deren Wirksamwerden und damit die Rechtskraft ist.).
Die Errichtung des für die jeweilige Windenergieanlage notwendigen Fundaments – auch und gerade unter Berücksichtigung des zuvor erfolgten Rückbaus des „alten“ Fundaments – erfüllt die in Ziffer V. der Bescheide in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG formulierte Voraussetzung, dass nachweislich mit der Errichtung der Windkraftanlagen entsprechend der Genehmigung ernsthaft begonnen wurde. Eines ergänzenden Rückgriffs auf Nr. 3.6/3.7 der Bescheidbegründung bedarf es insoweit nicht.
Dass die – unstreitig erfolgte und nachgewiesene – Erstellung eines Fundaments (als deren unmittelbarer, statisch unverzichtbarer und nicht abtrennbarer Bestandteil) für eine Windenenergieanlage eine unmittelbare Maßnahme zur Errichtung der Anlage (und nicht bloß Vorbereitungsmaßnahme o.ä.) darstellt, ist selbstverständlich und wird letztendlich auch vom Antragsteller nicht in Abrede gestellt. Der Antragsteller bestreitet insoweit nur, dass eine solche Maßnahme bereits für sich ausreicht, um der für einen Beginn der Errichtung i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Ziffer V. der Bescheide notwendigen Ernsthaftigkeit (s.o.) zu genügen, und dass das errichtete Fundament aufgrund der Typenprüfung bzw. abweichenden Anzahl von Spanngliedern noch eine Errichtung „entsprechend der Genehmigung“ darstellt.
Beides ist nach Ansicht des Senats aber zu bejahen.
1.1.1.1.1 Mit der jeweiligen Fundamenterstellung hat die Beigeladene einen ernsthaften Errichtungsbeginn nachgewiesen.
Auf ein ernsthaftes Ausnutzen der Genehmigung kann geschlossen werden, wenn die Beigeladene zur Errichtung der Windenergieanlagen am dafür vorgesehenen Standort Maßnahmen durchgeführt bzw. Handlungen von hinreichendem Intensitätsgrad und Umfang vorgenommen hat, die nicht oder nur mit für sie erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig zu machen sind (s.o., Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 21; OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 31). Dabei muss es sich um eine Errichtung im Rahmen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, also ein Ausnutzen dieser Genehmigung, handeln. Vorbereitungshandlungen, die noch nicht dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungserfordernis unterfallen, genügen dazu für sich betrachtet in der Regel nicht, können aber im Rahmen einer Gesamtbewertung zu berücksichtigen sein (OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 35). Abbrucharbeiten dürften dabei im Regelfall – auch nach der vergleichbar heranziehbaren baurechtlichen Rechtsprechung (vgl. Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 69 Rn. 44) – noch als Vorbereitungshandlungen einzuordnen sein, es sei denn, eine Auslegung der erteilten Genehmigung und dabei insbesondere der Fristsetzung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergibt etwas anderes (so sinngemäß auch ThürOVG, U.v. 17.6.2015 – 1 KO 369/14 – juris Rn. 46 f., 54ff.).
Diese Voraussetzungen für ein ernsthaftes Ausnutzen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen sind vorliegend erfüllt. Durch die Errichtung jeweils eines Windenergieanlagenfundaments in beiden Windparks hat die Beigeladene in Gesamtschau mit den vorangegangenen Vorbereitungsmaßnahmen, insbesondere dem Rückbau (Abbruch) der zwischenzeitlich errichteten Enercon-Fundamente, und dem abgeschlossenen Generalunternehmervertrag Handlungen von hinreichendem Intensitätsgrad und Umfang vorgenommen, die nicht oder nur mit für sie erheblichen wirtschaftlichen Verlusten rückgängig zu machen sind.
Die Beigeladene gibt an, dass die Errichtung eines (Nordex-)Fundaments Kosten in Höhe von rund 250.000 € verursacht. Dies erscheint – unabhängig davon, dass es der Antragsteller ohnehin nicht dezidiert bestreitet – angesichts der Dimensionen des Fundaments (Außendurchmesser 21,50 m, Gesamthöhe Innenkante 3,20 m und Außenkante 1,20 m) und der aufgrund statischer Anforderungen komplexen Bauweise inkl. Einsatz von entsprechenden Mengen an Baustahl plausibel. Der Rückbau würde laut Beigeladener weitere 100.000 € kosten. Der Rückbau eines Nordex-Fundaments hätte für die Beigeladene also rund 350.000 €, für beide Nordex-Fundamente rund 700.000 € „frustrierte Aufwendungen“ (Verlust) zur Folge, was absolut betrachtet eine hohe Summe und damit ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust für sie ist. Außen vor muss dabei die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen bleiben, denn ansonsten würde – entgegen dem Gesetzeszweck von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – der ernsthafte Errichtungsbeginn davon abhängen, ob und ab wann ein Anlagenbetreiber einen solchen Verlust „nicht mehr schultern könnte“ (was – bei gleichem „tatsächlichen“ Baufortschritt – ein erheblicher Vorteil für finanzschwache und ein erheblicher Nachteil für finanzstarke Betreiber wäre). Nach Auffassung des Senats „wandelt“ sich ein solch (absolut betrachtet) hoher Verlust auch nicht in einen unerheblichen, wenn man ihn – wie der Antragsteller fordert – in Relation zur Gesamtvergütung des Generalunternehmervertrags setzt (so wohl zumindest im Ansatz, allerdings bei absolut betrachtet deutlich geringeren, bereits realisierten Aufwendungen OVG NW, B.v. 21.2.2017 – 8 A 2071/13 – juris Rn. 40 f.). Denn das würde im Ergebnis bedeuten, dass bei (wirtschaftlich) großen bzw. umfangreichen Vorhaben auch absolut bzw. für sich betrachtet hohe Investitionssummen/Verluste als unerheblich einzustufen wären. Weitere Konsequenz wäre, dass man von diesen Vorhaben damit ein Mehr an Baufortschritt (Investitionen) für die Fristeinhaltung verlangen würde – die Anforderung, dass wesentliche Teile der Anlage tatsächlich errichtet sein müssen, hat die neuere Rechtsprechung vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aber aufgegeben (s.o.). Ohnehin ist jedenfalls die vom Antragsteller vorgetragene Berechnung insoweit unstimmig, als sie ausschließlich die für beide Windparks einheitlich vereinbarte Gesamtverfügung in Relation setzt, ohne diese anteilig auf den jeweiligen Windpark „herunterzubrechen“. So betragen die Gesamtkosten für den Windpark W … anteilig nur einen Bruchteil dieser Vergütung, grob vereinfacht etwa 3/10 der Gesamtvergütung (3 von 10 zu errichtenden Windrädern sind diesem Windpark zuzuordnen), also rund 10,3 Mio. €. Die o.g. Verluste in Höhe von 350.000 € (also nur für den Rückbau des errichteten Fundaments, ohne Berücksichtigung weiterer bereits getätigter Investitionen für Infrastruktur, s.u.) würden damit relativ gesehen bereits 3,4% betragen. Umgekehrt würde sich aber, wenn man die Gesamtvergütung so auch auf den Windpark W … herunterbricht (7/10 x 34,2 Mio € = 23,94 Mio €), die prozentuale Relation nur geringfügig im Vergleich zum vom Antragsteller angenommenen Wert verringern (1,5% statt 2%, wenn man die Rückbaukosten pro Turm berücksichtigt). Allein dies mag veranschaulichen, dass eine anhand von Kosten und Vergütung ausschließlich bzw. wesentlich auf relative Werte abstellende Betrachtung der „erheblichen wirtschaftlichen Nachteile“ für sich kaum geeignet ist, die „Ernsthaftigkeit des Baubeginns“ adäquat zu beurteilen.
Hinzu kommt – im Sinne einer Gesamtbetrachtung, in welche auch diese (i.d.R. Vorbereitungs-)Kosten einstellbar sind (s.o.) -, dass die Beigeladene bereits bis Mai 2021 die zugehörigen „alten“ Enercon-Fundamente entfernt hat, was wiederum zu weiteren erheblichen Kosten geführt hat. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers (der nachträgliche Austausch der Fundamente zeige, dass allein das Fundamentgießen nicht für einen ernsthaften Baubeginn ausreiche) ist dies kein Beleg gegen, sondern für die Ernsthaftigkeit des Baubeginns. Denn der Rückbau erfolgte allein vor dem Hintergrund, dass die Beigeladene, was sie gegenüber dem Landratsamt auch bereits im Oktober 2020 äußerte (vgl. E-Mail vom 21.10.2020, Bl. 1 im Behördenakt zum Antrag auf Baueinstellung), davon ausging, die Enercon-Anlagen nicht mehr errichten zu dürfen. Sie war – laut E-Mail – ab diesem Zeitpunkt bestrebt, die Ursprungsgenehmigung umsetzen. Denn ansonsten hätte die Beigeladene schlicht den Ausgang der bezüglich der Änderungsgenehmigungen noch offenen Hauptsacheverfahren abwarten müssen, um Rechtssicherheit zu erlangen, bevor sie erhebliche Kosten für den Rückbau investiert. Sie hat sich also – obwohl noch nicht rechtssicher feststand, dass die Änderungsgenehmigungen nicht realisierbar sind – für den Rückbau der Enercon-Fundamente und damit zusätzliche, wirtschaftlich erheblich nachteilige Kosten entschieden, um die ursprünglich genehmigten Windenergieanlagen errichten zu können. Rechnet man weiter, ebenfalls als Aspekt einer Gesamtbetrachtung, die getätigten, ohne Ausnutzen einer Genehmigung dann ebenfalls kostenmäßig vollständig frustrierten Vorbereitungsmaßnahmen hinzu (Infrastrukturmaßnahmen, Baufeldvorbereitung, Kranstellflächen etc.), welche die Beigeladene grob mit ca. 1 Mio. € beziffert, kann selbst in Relation zur vereinbarten Gesamtvergütung des Generalunternehmervertrags keine Rede mehr davon sein, dass es sich nicht um erhebliche wirtschaftliche Verluste handeln würde.
Und schließlich kann auch der abgeschlossene Generalunternehmervertrag im Rahmen der Gesamtbetrachtung als weiteres – durchaus erhebliches – Indiz für die Ernsthaftigkeit gewertet werden (unabhängig davon, ob er nicht für sich betrachtet bereits die Voraussetzungen der Nr. 3.6/3.7 der Bescheidbegründung erfüllt und ob/wie diese Begründung angesichts § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auszulegen ist). Dass der Vertrag erst am 6. Mai 2021 – also kurz vor Fristablauf – geschlossen wurde, steht dem nicht entgegen, sondern zeigt, dass der Beigeladenen bewusst war, dass „die Zeit drängt“, und sie den Bau der Windenergieanlagen, um der Gefahr eines Erlöschens der Genehmigung zu begegnen, (ernsthaft) vorantreiben muss. Dass der Vertrag nur eine Art „Scheingeschäft“ o.ä. ist, um die Ernsthaftigkeit des Baubeginns zu suggerieren, hat der Antragsteller ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere der Verweis auf § 181 BGB erschießt sich so nicht, da zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund der damaligen Personenverschiedenheit der Vertragsparteien und auch von deren Vertretungsberechtigten keine Indizien für einen Fall des „Selbstkontrahierens“ (auch nicht in ggf. erweiterter Auslegung oder analoger Anwendung, vgl. etwa Schubert, Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 181 Rn. 47 ff., 53 f.) gegeben waren.
Zusammenfassend ist somit zunächst festzuhalten, dass die Errichtung eines Fundaments für je eine Windenergieanlage pro Windpark – jedenfalls in Gesamtbetrachtung mit den o.g. weiteren Aspekten – ein ernsthafter Baubeginn für diese beiden Windenergieanlagen im Sinne von Ziffer V. der Genehmigungsbescheide in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG war (zum Errichtungsbeginn für beide Windparks insgesamt vgl. 1.1.1.2).
1.1.1.1.2 Ebenso fand der Baubeginn dieser beiden Windenergieanlagen, wie es auch die „Befristung“ in Ziffer V. der Bescheide vorsieht, „entsprechend der Genehmigung“, also nicht genehmigungsabweichend, statt.
Ob allein eine zunächst abgelaufene und später „aktualisierte“ Typengenehmigung bzw. der Einbau von bloß 20 anstatt 24 Spanngliedern bereits zu einer genehmigungsabweichenden Errichtung im Sinne von Ziffer V. der Bescheide führt, kann sachgerecht – auch angesichts des Gesetzeszecks von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – anhand der zu Art. 69 Abs. 1 BayBO entwickelten, gefestigten Rechtsprechung beurteilt werden, da es sich dabei in erster Linie um eine baurechtliche und weniger eine spezifisch immissionsschutzrechtliche (i.e.S.) Fragestellung handelt.
Danach führt nicht jedes Abweichen von der (Bau-)Genehmigung zur Ausführung eines anderen (Bau-)Vorhabens. Um ein von einer Genehmigung nicht mehr gedecktes „aliud“ handelt es sich vielmehr erst dann, wenn bei der Bauausführung wesentlich hinsichtlich Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Nutzung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der geringfügige, kein Bedürfnis nach einer erneuten baurechtlichen Prüfung auslösende, insbesondere nachbarrechtlich irrelevante Abweichungen von der Genehmigung unbeachtlich sind. Ob eine Veränderung der für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt somit vom Umfang der Abweichungen ab. In jedem Fall müssen die Abweichungen aber erheblich sein. Wegen der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände lässt sich die Erheblichkeitsschwelle nicht abstrakt mit allgemein einheitlichen Kriterien bestimmen. Vielmehr kommt es darauf an, ob durch die Veränderung Belange, die bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich berührt, oder ob durch die Änderung andere Belange erstmals so erheblich betroffen werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt (vgl. Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 69 Rn. 45 unter Verweis auf BayVGH, U.v. 30.7.2003 – 2 B 01.1366 – juris Rn. 12; B.v. 26.7.1991 – 20 CS 89.1224 – juris Rn. 15; B.v. 26.3.2008 -15 ZB 07.3194 – juris Rn. 9).
Übertragen auf die vorliegende Konstellation hat dies zur Folge, dass die Ausführung eines anderen Turmtyps, verbunden mit einer geringeren Zahl an Spanngliedern, der (wie auch sein Fundament) von seinen äußeren baulichen Dimensionen, von der Situierung und vom Erscheinungsbild her identisch mit dem genehmigten Typ ist bzw. sich umgekehrt nur in der Zahl der realisierten (aber ohnehin an der Turminnenwand verlaufenden, nach außen nicht sichtbaren) Spannglieder unterscheidet, im vorliegenden Verfahren nicht zum Erlöschen der Genehmigungen nach deren Ziffer V. i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führt. Ebenso kann vor diesem Hintergrund im vorliegenden Fall ein Ablaufen und eine später vorgenommene Aktualisierung der Typenprüfung für sich betrachtet nicht zu einer genehmigungsabweichenden Errichtung führen (zur Rechtswirkung einer Bescheinigung durch Prüfsachverständige und einem Ausschluss der Eingriffsbefugnisse des Art. 75 BayBO vgl. Weinmann in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Stand 1.2.2022, Art. 62 BayBO Rn. 27 ff., Shirvani in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 62 Rn. 54 ff., 61). Denn es handelt sich jedenfalls nicht um eine erhebliche Abweichung, insbesondere angesichts der Spezifika einer Typenprüfung und deren Einführung/Berücksichtigung im Verwaltungsverfahren.
Nach Art. 10 BayBO muss jede bauliche Anlage im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein. Gemäß Art. 62 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit im Wege bautechnischer Nachweise nachzuweisen. Nach § 10 Abs. 1 und 2 BauVorlV ist der Standsicherheitsnachweis dabei grundsätzlich durch Vorlage statischer Berechnungen zu führen. Im Falle der Genehmigung von Windenergieanlagen als Sonderbauten i.S.v. Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 BayBO ist der Standsicherheitsnachweis jedenfalls im Grundsatz durch die Bauaufsichtsbehörde, einen Prüfingenieur oder ein Prüfamt zu prüfen, Art. 62a Abs. 2 Satz 2 BayBO. Einer solchen Prüfung – auch nicht durch die Genehmigungsbehörde – bedarf es jedoch gemäß Art. 62a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBO dann nicht, wenn für das Bauvorhaben Standsicherheitsnachweise vorliegen, die von einem Prüfamt allgemein geprüft sind (Typenprüfung, vgl. dazu § 15 Abs. 1 PrüfVBau). Nach der Richtlinie für Windenergieanlagen des Deutschen Instituts für Bautechnik ist der Nachweis der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit einer Windenergieanlage in Form einer Typenprüfung möglich (vgl. Ziffer 1, 16 DIBt-RL Windenergieanlagen Stand Oktober 2012, korrigierte Fassung März 2015). Bei einer solchen Typenprüfung stellt eine Prüfstelle fest, ob bzw. dass die Windenergieanlage den einschlägigen baustatischen Normen und Richtlinien genügt. In den Fällen der Typenprüfung erfolgt demgemäß die Standsicherheitsprüfung nicht durch die Genehmigungsbehörde selbst, sondern – quasi ausgelagert – durch ein staatlich anerkanntes Prüfamt; die genehmigungsbehördliche Prüfung erstreckt sich in diesen Fällen lediglich auf die Frage, ob eine gültige Typenprüfung vorliegt. Die Typenprüfung ist demnach lediglich eine Vereinfachung für die Prüfung der Standsicherheit, weil dadurch auf die Einzelprüfung beim Bau einer neuen Windenergieanlage verzichtet werden kann.
Die Beigeladene hat glaubhaft gemacht, dass die Gültigkeitsdauer der Typenprüfung für den Turmtyp N02 für die zu errichtenden Windenergieanlagen zwar (ohnehin erst zum Genehmigungszeitpunkt, nicht aber bei Antragstellung) abgelaufen war, die Nachfolgeversion des Turmtyps N04 aber nach aktuell gültiger DIBt-RL 2012 zertifiziert ist und die Gleichwertigkeit der Ausführung bestätigt.
Aufgrund dessen führt auch die vom Antragsteller angeführte Rechtsprechung im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Januar 2020 (1 ZB 18.933 – juris Rn. 12 ff.) zu keinem anderen Ergebnis, weil sich der dort zugrundeliegende Sachverhalt von dem vorliegenden grundlegend unterscheidet. Im Beschluss vom 20. Januar 2020 stellte das Gericht fest, dass eine wesentliche (genehmigungspflichtige) Änderung eines Bestandsbauwerks dann vorliegt, wenn das Bauwerk aufgrund eines intensiven Eingriffs in die Standfestigkeit, der eine statische Nachberechnung erforderlich macht, seiner ursprünglichen Identität beraubt wird. Davon kann bei den verfahrensgegenständlichen Anlagen bedingt durch das Spezifikum einer „ausgelagerten“ Statikprüfung in Form der Typenprüfung keine Rede sein. Durch die oben beschriebene, in Art. 62a Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 Nr. 2 BayBO und § 15 Abs. 1 PrüfVBau angelegte Systematik ist fortlaufend eine ausreichende Standsicherheit gewährleistet. Auf die Befristungen, die Dauer des Genehmigungsverfahrens und den „Auslauf“ der Typenprüfung hat die Beigeladene zudem keinen Einfluss. Je nach Konstellation könnte es bei anderer Sichtweise sonst dazu kommen, dass die aufgrund § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eingeräumte Frist erheblich verkürzt wird, wenn etwa die Befristung der Typenprüfung, welche der Genehmigung zugrunde lag, schon kurz nach Genehmigungserteilung ausläuft. Dies wäre weder mit der Intention des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG noch mit der Regelungssystematik der Art. 10, 62 f. BayBO vereinbar.
Die Beigeladene hat zum Zeitpunkt des Ablaufs der Errichtungsfrist die Windenergieanlagen folglich auch nicht abweichend (i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) von den erteilten Genehmigungen errichtet, so dass auch insoweit § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht zum Erlöschen der Genehmigungen führt.
1.1.1.2 Die fristgerechte Fundamenterstellung für jeweils eine Windenergieanlage pro Windpark stellt überdies – betreffend beide Genehmigungen – aber auch einen ausreichenden Nachweis des ernsthaften Errichtungsbeginns für alle übrigen genehmigten Windanlagen des jeweiligen Windparks bzw. für ein Gebrauchmachen von und damit ein „Wirksambleiben“ der gesamten (jeweiligen) Genehmigung dar.
Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau auf Basis des gewählten (anhand § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auszulegenden) Wortlauts der Ziffer V. der Bescheide, des jeweils zugrundeliegenden Antrags, der aus diesem resultierenden einheitlichen (jeweiligen) Genehmigung und den bereits vorgenommenen Baumaßnahmen.
Ziffer V. spricht zunächst knapp davon, dass mit dem Bau der Windkraftanlagen begonnen sein muss. Die Begründung in Nr. 3.6/3.7 ergänzt, dass als Nachweis die Vorlage eines verbindlichen Vertrags über Kauf, Lieferung und Errichtung der Windkraftanlage gilt. Ob die Begründung in Nr. 3.6/3.7 angesichts § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG tatsächlich so verstanden werden kann bzw. darf, dass bei tatsächlich noch nicht begonnenen Bauarbeiten für einen Nachweis des Errichtungsbeginns (auch?) bloß die Vorlage etwaiger Vertragsunterlagen genügen würde (oder Nr. 3.6./3.7. eine reine „Nachweiserleichterung“, z.B. anstatt einer Fotodokumentation, darstellt), kann offenbleiben. Denn wenn tatsächlich bereits nachweislich (ernsthaft) mit der Errichtung der Windkraftanlagen (Windenergieanlagen) begonnen wurde, kann es angesichts des Wortlauts von § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und Ziffer V. auf die Vorlage etwaiger Vertragsunterlagen nicht mehr ankommen.
Überträgt man diese Prämissen auf die vorliegende Konstellation, ist vom Nachweis des Errichtungsbeginns aller genehmigten Windenergieanlagen bzw. der beiden Windparks insgesamt auszugehen.
Maßgeblich (und wesentlich prägend) ist hierfür zunächst, dass die Beigeladene (pro Windpark) einen einheitlichen Antrag für alle Anlagen gestellt hat. Grundsätzlich ist es Sache des Bauherrn (im Immissionsschutzrecht folglich: des Betreibers), durch seinen Genehmigungsantrag den Inhalt des Vorhabens (der Anlage) festzulegen, soweit er sich dabei innerhalb derjenigen Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind. Ob ein Bauherr (Betreiber) ein Gesamtvorhaben (vorliegend einen Windpark) oder mehrere Einzelvorhaben (vorliegend jede Windenergieanlage einzeln) zur Genehmigung gestellt hat, beurteilt sich nach dem jeweiligen Genehmigungsantrag, der unter Umständen der Auslegung bedarf (so zum Baurecht BVerwG, B.v. 6.2.2013 – 4 B 39.12 – juris Rn. 11 m.w.N.; der Senat erachtet diese Rechtsprechung jedenfalls insoweit auf das Immissionsschutzrecht übertragbar, zumal im Immissionsschutzrecht insbesondere angesichts der 4. BImSchV ohnehin deutlich konkretere und „engmaschigere“ objektive Grenzen ausgestaltet sind). In den vorliegenden Genehmigungsunterlagen ist aber die (Planungs-)Absicht, nicht mehrere einzelne, voneinander unabhängige Windenergieanlagen, sondern (jeweils) einen Windpark zu errichten und zu betreiben, hinreichend dokumentiert. Hintergrund sind wohl (im Wesentlichen, aber nicht ausschließlich) wirtschaftliche Synergieeffekte, beginnend schon in der Planung über die Bauphase bis hin zum Betrieb.
Insoweit erübrigt sich vorliegend auch die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob und inwieweit es sich um eine gemeinsame Anlage i.S.v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt bzw. weiter, ob die Genehmigung ggf. teilbar oder ob eine Teilablehnung möglich wäre. Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Antragstellers sprechen § 1 Abs. 3 und 4 der 4. BImSchV im Umkehrschluss eher dafür, dass der Beigeladenen – innerhalb der v.a. durch die 4. BImSchV, aber auch durch das UVPG (und ggf. weitere Fachgesetze) gesetzten, ohnehin engen Grenzen – ein Freiraum verbleibt, in welchem sie ihren Antrag „gestalten“ kann (vgl. für die Wahl der Anlagenbezeichnung etwa Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 4. BImSchV, Vorbem. Rn. 5 m.w.N.). Würde es sich vorliegend um eine gemeinsame Anlage i.S.v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handeln, hätte der Beigeladene ohnehin keine „Aufspaltung“ in einzelnen Windenergieanlagen vornehmen dürfen. Handelt es sich umgekehrt nicht (oder nicht vollumfänglich) um eine gemeinsame Anlage (und stehen auch sonstige objektive Grenzen wir etwa Nr. 1.6 der Anlage 1 zur 4. BImSchV oder Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG nicht entgegen), lässt sich weder aus dem BImSchG noch aus der 4. BImSchV eine Verpflichtung ableiten, für jede einzelne Anlage einen separaten Genehmigungsantrag o.ä. zu stellen – im Gegenteil spricht § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV, auch wenn dieser an sich einen anderen Regelungszweck verfolgt (vgl. dazu Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 der 4. BImSchV Rn. 29) eher dafür, dass in einer solchen Konstellation die konkrete Ausgestaltung des Genehmigungsantrags (der Anlage) in der Hand des Betreibers verbleibt (so andeutungsweise bzw. für den Fall der Genehmigung von verschiedenen Alternativen Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 der 4. BImSchV Rn. 30).
Beantragt also ein Betreiber – wie vorliegend – für mehrere Windenergieanlagen (innerhalb zulässiger objektiver Grenzen) eine einheitliche Genehmigung in Form (jeweils) eines Windparks (einer Windfarm, § 2 Abs. 5 UVPG), muss sich dies umgekehrt auch in der erteilten (einheitlichen) Genehmigung widerspiegeln und folglich auch auf die Auslegung der Ziffer V. der Bescheide auswirken. Zwar ist deren Wortlaut nicht ganz eindeutig – weder heißt es, dass mit dem Bau jeder einzelnen Anlage begonnen werden muss, noch, dass es ausreicht, wenn mit einer Anlage begonnen wird. Da aber die Genehmigung für ein einheitliches Projekt (Windpark/mehrere zusammenhängende Windenergieanlagen) erteilt wurde, ist die Regelung – auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks von § 18 Abs. 1 BImSchG – so zu verstehen, dass der Baubeginn einer Windenergieanlage (als dessen Teil) zugleich den Baubeginn des gesamten beantragten Vorhabens/aller Windenergieanlagen (des jeweiligen Windparks) darstellt.
Für eine solche Sichtweise sprechen im Übrigen die für alle Windenergieanlagen vorgenommenen baulichen Maßnahmen zur Errichtung der Infrastruktur, die zwar für sich genommen wohl noch keinen Baubeginn darstellen, aber jedenfalls unterstreichen, dass mehr als die jeweils bereits begonnene Windenergieanlage realisiert werden soll. Damit zusammenhängend ist auch festzuhalten, dass es gerade bei größeren Bau- oder Infrastrukturprojekten wirtschaftlich unumgänglich (auch im Sinne der o.g. Synergieeffekte) ist, selbst bei einheitlicher Planung/Genehmigung Bauabschnitte zu bilden. Würde man von der Beigeladenen hier trotz ihres einheitlichen Genehmigungsantrags verlangen, dass sie bis Fristablauf bereits mit dem Bau jeder einzelnen Windenergieanlage begonnen haben muss, so würde man ihr – entgegen ihrem Antrag – erhebliche Synergieeffekte verwehren bzw. erhebliche zusätzliche wirtschaftliche Nachteile aufbürden (beispielsweise den gleichzeitigen statt sukzessiven Einsatz von kostenintensiven schweren Baumaschinen, von Verschalungselementen für die Betonfundamente u.ä.). Dem kann auch nicht entgegenhalten werden, dass der Beigeladenen ja eine Frist von drei Jahren eingeräumt worden sei – es ist dann das Recht der Beigeladenen, diese Frist auch „auszureizen“.
Einem solchen Baubeginn „pars pro toto“ steht auch nicht entgegen, dass der Betreiber die Bauphase – wie der Antragsteller anführt – dann quasi „unendlich verlängern“ könnte. Die Rechtsfrage eines nicht rechtzeitigen Baubeginns ist zu unterscheiden von der einer Bauunterbrechung (vgl. dazu wiederum die Wertung des Art. 69 Abs. 1 BayBO, der zwischen Beginn (Alt. 1) und Unterbrechung (Alt. 2) differenziert). Aus dem Umstand, dass in § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG keine solche Differenzierung erfolgt, kann nicht abgeleitet werden, dass damit auch eine Bauunterbrechung unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu subsumieren wäre. Vielmehr stehen der Immissionsschutzbehörde auch für den Fall einer (langen) Bauunterbrechung bzw. für den endgültigen Bauabbruch geeignete Instrumente zur Verfügung (etwa immissionsschutzrechtliche Auflagen und/oder § 21 BImSchG oder ggf. auch „a fortiori“ § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG; vgl. zum Verhältnis von § 18 BImSchG – infolge § 13 BImSchG – zu Art. 69 Abs. 1 BayBO auch Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 18 BImSchG Rn. 43 ff.). Damit steht zugleich aber fest, dass die vom Antragsteller angeführte mehrmonatige Bauunterbrechung, unabhängig von ihren Gründen (laut Behördenakten zumindest für eine WEA Artenschutz/Krötenlaich in der Baugrube eines Fundaments), auch insoweit (zur Ernsthaftigkeit s.o.) keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Genehmigungen hat, da durch den Baubeginn das Erlöschen der Genehmigung abgewendet wurde.
Ebenso kann daher offenbleiben, ob und in welchem Umfang – so die Argumentation der Beigeladenen – das zwischenzeitliche Errichten der Enercon-Fundamente auf Basis der Änderungsgenehmigung auch als Baubeginn für die ursprüngliche Genehmigung gelten müsse, weil es sich um untrennbar miteinander verknüpfte Bescheide bzw. einen einheitlichen Genehmigungstatbestand handle (eher kritisch hierzu BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.345 u.a. – juris Rn. 29 ff.).
Dass schließlich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene, rein prozessrechtliche Trennung der Verfahren keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage hat (und vorliegend auch keine tauglichen Rückschlüsse auf diese ermöglicht), bedarf keiner näheren Ausführungen.
1.1.2 Der Antragsteller hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht, auch nicht auf Basis – behaupteter – neuerer artenschutzfachlicher Erkenntnisse, die einen Anspruch auf Aufhebung, also Rücknahme (Art. 48 BayVwVfG) oder Widerruf der Genehmigungen (§ 21 BImSchG), begründen könnten. So würde einem Widerruf – unabhängig von den jeweiligen weiteren Tatbestandsvoraussetzungen – wohl bereits § 21 Abs. 2 BImSchG und einer Rücknahme Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG entgegenstehen. Eine Rücknahme dürfte darüber hinaus schon angesichts der entgegenstehenden Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2018 (s.o.), in welchen eine Rechtswidrigkeit der Genehmigungen gerade nicht festgestellt wurde, ausgeschlossen sein. Damit kann offenbleiben, ob und inwieweit solch ein etwaiger Anspruch auf Aufhebung trotz fehlenden Rücknahme-/Widerrufbescheids überhaupt im Rahmen eines auf Baueinstellung gerichteten Eilantrags berücksichtigt werden könnte.
1.1.3 Die Hinweise des Antragstellers auf etwaige Verstöße gegen das UVPG vermögen (unabhängig von der jeweiligen, im UVPG definierten Fehlerfolge) jedenfalls keine Unwirksamkeit der Genehmigungsbescheide begründen. Die bis zum Erlass der Genehmigungen durchgeführten Prüfungen nach dem UVPG waren bereits Gegenstand der Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2018 (vgl. BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2032 u.a. – juris Rn. 19 ff. und B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 u.a. – juris Rn. 22 ff.); die auf Basis dieser UVPG-Prüfungen basierenden Genehmigungen sind bestandskräftig (wirksam). Etwaige spätere bzw. neuere Erkenntnisse vermögen daran insoweit nichts zu ändern (vgl. BayVGH, B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2032 u.a. – juris Rn. 20; und B.v. 7.5.2018 – 22 ZB 17.2088 u.a. – juris Rn. 29). Soweit der Antragsteller darüber hinaus und unter der Annahme, dass die Genehmigungen erloschen seien, Überlegungen zur UVP-Pflichtigkeit und entsprechende Verstöße gegen das UVPG vorträgt, kommt es darauf nicht weiter an, weil diese Annahme, wie eben dargelegt, unzutreffend ist und die Genehmigungen weiterhin wirksam sind.
1.1.4 Ebenso verhält es sich schließlich mit den vom Antragsteller vorgetragenen artenschutzrechtlichen Bedenken, welche ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der – bestandskräftigen – Genehmigungen führen. Den Genehmigungen liegt eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung zugrunde, der zufolge ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan durch den Betrieb der genehmigten Anlagen nicht besteht; schon angesichts der (auch) diesbezüglichen Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2018 (s.o.) sind vorliegend insoweit schwerwiegende Fehler (bis zum relevanten Zeitpunkt des Bescheidserlasses), die etwa zur Nichtigkeit (Unwirksamkeit) der Genehmigungen führen würden (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG), ausgeschlossen. Etwaige (behauptete) spätere, nach Bescheidserlass erfolgte Änderungen der tatsächlichen Umstände oder Bewertungsmaßstäbe, wie die in Bezug genommene „Untersuchung zur Raumnutzung besonders kollisionsgefährdeter Großvogelarten im WEA-Planbereich W …W … vom 5. November 2016“, können den bestandskräftigen Genehmigungen nicht entgegengehalten werden.
Insgesamt ist damit festzuhalten, dass die Genehmigungen vom 17. November 2014 nach wie vor wirksam und taugliche Grundlage für die Errichtung der beiden Windparks sind.
1.2 Wie bereits oben im Rahmen von § 18 BImSchG erläutert (vgl. 1.1.1.1.2), baut die Beigeladene nicht genehmigungsabweichend, so dass auch insoweit keine Errichtung ohne erforderliche Genehmigung i.S.v. § 20 Abs. 2 BImSchG vorliegt. Selbst wenn man – obwohl § 20 Abs. 2 BImSchG anders als Art. 75 Abs. 2 Nr. 2a BayBO dazu keinen speziellen (Regel-)Tatbestand formuliert – insoweit, ebenfalls parallel zum Bauordnungsrecht, einen „strengeren Maßstab“ (als innerhalb von § 18 BImSchG/ Art. 69 Abs. 1 BayBO, s.o.) anlegen möchte, so dass jede auch „kleine“ Abweichung von den Genehmigungsunterlagen genügt (vgl. dazu für das Bauordnungsrecht Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 75 Rn. 56), ergibt sich nichts anderes. Unterstellt, allein in der reduzierten Anzahl der Spannglieder läge bereits eine (formale) Abweichung von den genehmigten Bauvorlagen/Bauzeichnungen (was angesichts der Systematik von Art. 62 f. BayBO und der vorliegenden Bauvorlagen zweifelhaft erscheint), wäre eine Baueinstellung jedenfalls allein auf dieser Basis aber (offensichtlich) unverhältnismäßig; denn es ist nicht erkennbar, inwieweit – abgesehen von der (infolge Art. 62 f. BayBO nachgewiesenen) Statikprüfung – eine Reduzierung der Spannglieder immissionsschutzrechtliche (insbesondere umweltrechtliche) Belange berühren soll.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht vorliegend der Billigkeit, weil sie aufgrund ihres Sachantrags ein Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 41 m.w.N.).
3. Der Streitwert bemisst sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.2 und 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da es sich um den Eilantrag einer Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG handelt, erscheint es jedenfalls im vorliegenden Einzelfall sachgerecht, Nr. 1.2 des Streitwertkatalogs als vorrangig gegenüber Nr. 9.4 einzuordnen (ähnlich zu auf bauaufsichtliches Einschreiten gerichteten Nachbarrechtsbehelfen, die von der gängigen Rechtsprechung ebenfalls unter Nr. 9.7.1 und nicht unter Nr. 9.4 gefasst werden, vgl. etwa BayVGH, B.v. 14.3.2016 – 15 ZB 16.168 – juris Rn. 10 m.w.N.). Zudem wird nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei einer Nachbarklage und auch bei einer Verbandsklage gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen ein Streitwert von 15.000 € (bzw. in Eilverfahren 7.500 €) angesetzt, unabhängig von der Zahl der von der jeweiligen Genehmigung erfassten Windenergieanlagen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 28.1.2021 – 22 C 20.2987 – juris Rn. 3 m.w.N.). Auch dies scheint vorliegend sachgerecht, zumal sich der Antragsteller nicht spezifisch gegen von einzelnen Anlagen ausgehende Belastungen, sondern deren Gesamtheit – in Form von zwei Windparks (daher 2 x 15.000 € x 0,5) – wendet.
Dieser Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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