Baurecht

Vorliegen eines Ortsteils

Aktenzeichen  AN 3 K 17.01500

Datum:
12.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14845
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, Nr. 7

 

Leitsatz

1 Die Zahl der Bauten innerhalb eines Bebauungszusammenhangs unterhalb einer Grenze von sechs Gebäuden kann geeignet sein, das Vorliegen eines Ortsteils auszuschließen (im Anschluss an BVerwG BeckRS 9998, 28973, dort verneint für vier Gebäude). (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es fehlt in der Regel an einer organischen Siedlungsstruktur, wenn eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung besteht und diese kein System erkennen lässt (im Anschluss an BVerwG BeckRS 1968, 30425780 und NJW 1976, 1855). (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Die jeweilige Kostenschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind im Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids.
Die Klägerinnen werden durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 7. Juli 2017 in ihren Rechten nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Dem Vorhaben der Klägerinnen stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, um deren Prüfung die Klägerinnen im Vorbescheidsverfahren gebeten haben (vgl. Art. 71 Satz 1 und Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 BayBO).
Das Vorhaben der Klägerinnen, vier Reihenhäuser auf den Grundstücken FlNr. …, … und … zu errichten, ist planungsrechtlich unzulässig.
Beim Vorhaben der Klägerinnen handelt es sich um ein nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich (dazu 1. und 2.), das wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Belange bauplanungsrechtlichen Vorschriften widerspricht (dazu 3.). Letztlich wäre es auch bei der Annahme eines Innenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig (dazu 4.), weshalb auch der Hilfsantrag unbegründet ist.
1. Das Grundstück der Klägerin liegt unstreitig nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 BauGB. Für die hier inmitten stehende Frage der grundsätzlichen Bebaubarkeit der Grundstücke mit Wohnhäusern kommt es somit (vor) entscheidend darauf an, ob das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, also im sog. (nicht beplanten) Innenbereich, oder im baulichen Außenbereich (§ 35 BauGB) verwirklicht werden soll. Im Innenbereich ist ein Bauvorhaben u.a. dann planungsrecht-lich zulässig, wenn es sich in die Gebietseigenart einfügt und seine Erschließung gesichert ist. Für eine Verwirklichung im baulichen Außenbereich gelten hingegen für die Zulässigkeit des Vorhabens planungsrechtlich wesentlich strengere Anforderungen, weil es weder zu den privi-legierten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB gehört noch unter die nach § 35 Abs. 4 BauGB „begünstigten Vorhaben“ (vgl. insoweit Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 35 Rn. 80) fällt. Denn der Außenbereich ist aufgrund seiner natürlichen Funktionen prinzipiell dazu bestimmt, von einer ihm wesensfremden Bebauung freigehalten zu werden. Ein – wie hier – nicht privilegiertes Wohnhaus ist im Außenbereich als sog. sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB nur in dem (seltenen) Fall planungsrechtlich zulässig und damit genehmigungsfähig, wenn es keine öffentlichen Belange, wie sie in § 35 Abs. 3 BauGB (nicht abschließend) aufgeführt sind, beeinträchtigt (vgl. Löhr in Batis/Krautz-berger/Löhr a.a.O. Rn. 5 vor § 39).
Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich darauf an, ob zum einen die vorhandene Bebauung einen Bebauungszusammenhang aufweist und – als weitere Voraussetzung -der Bebauungszusammenhang nach seinem siedlungsstrukturellen Gewicht Ortsteilqualität hat. Denn nur ein Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, kann zu einem Baurecht nach § 34 BauGB führen (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1998 – 4 C 7/98 – juris Rn. 11; U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 13; VGH München U.v. 23.4.2013 – 9 B 11.2375).
Die maßgebenden Kriterien für das Vorliegen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt:
Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist hiernach jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31.66 – juris Rn. 23 = BVerwGE 31, 22; B.v. 2.4.2007 – 4 B 7/07 – juris Rn. 4).
Das „gewisse Gewicht“ ist nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der Gemeinde zu beurteilen, in der das Bauvorhaben verwirklicht werden soll (vgl. BVerwG, B.v. 19.9.2000 – 4 B 49/00 – juris Rn. 7; Krautzberger a.a.O. § 34 Rn. 7).
Der Begriff der „organischen Siedlungsstruktur“ erfordert nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handeln müsste. Auch eine unterschiedliche, ja u.U. sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung an. Erforderlich ist auch nicht, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert oder als eine städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt.
Die vorhandene Bebauung braucht sich auch nicht als ein Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darzustellen oder einem solchen Schwerpunkt zuzuordnen sein; sie muss auch kein gewisses eigenständiges Leben gestatten. Selbst wenn es an alledem fehlt, kann ein – nach der Zahl seiner Bauten nicht ungewichtiger – Bebauungszusammenhang Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sein. Das Erfordernis der „organischen Siedlungsstruktur“ schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs.
Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung – trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen sind – den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (vgl. zuletzt. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 11). Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 2.66 – juris Rn. 17; U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 11). Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa ein Fluss oder ein Graben, unterbrechen hierbei jedenfalls im Regelfall einen Bebauungszusammenhang. Ebenfalls anerkannt ist, dass auch eine Straße oder ein Weg je nach den Umständen des Einzelfalles einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben kann (BVerwG v. 12.12.1990 ZfBR 1991, S. 126; v. 1.8.1994 – 4 B 203/93 – juris; v. 4.1.1995 BRS 57 Nr. 93; v. 18.6.1997 NVwZ-RR 1998, S. 157; v. 2.3.2000 ZfBR 200, 428; vgl. zu alledem zusammenfassend: BVerwG, U.v. 19.4.2012 – IV C 2.66 – juris Rn. 12 m.w.N.).
2. Nach dem Ergebnis des vom Gericht durchgeführten Augenscheins liegen die Grundstücke der Klägerinnen nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, sondern im baulichen Außenbereich (§ 35 BauGB) in einer Splittersiedlung, denn die für die Vorhabengrundstücke maßgebliche Umgebungsbebauung (dazu a.) erreicht nicht das Gewicht eines Ortsteils (dazu b.) und besitzt darüber hinaus keine organische Siedlungsstruktur (dazu c.).
a. Was die Abgrenzung des für die Grundstücke maßgeblichen Bebauungsumgriffs betrifft, geht das Gericht davon aus, dass dieser Bereich im Nordwesten an der Grenze des Grundstücks FlNr. … und im Nordosten an der Grenze des Grundstücks FlNr. … (* …*) endet. Nach den Feststellungen im Augenschein hat die … aufgrund ihres geringen Verkehrsaufkommens, ihrer geringen Fahrbahnbreite sowie der Tatsache, dass auf beiden Seiten der Straße ein gleiches Geländeniveau besteht, keine trennende Wirkung.
Wie jedoch der Augenschein ergeben hat, endet der für die Vorhabengrundstücke maßgebliche Bebauungszusammenhang unmittelbar an deren westlicher Grenze, weshalb das Grundstück FlNr. … zu den streitgegenständlichen Grundstücken nicht mehr in einem Bebauungszusammenhang steht.
Das recht ebenerdig verlaufende Gelände steigt abrupt nach der westlichen Grenze der Vorhabengrundstücke steil an. Dieser von dichten Hecken und Büschen gesäumte Hügel zieht sich bis zur östlichen Grenze des Grundstück FlNr. … und ist demnach als natürliche Grenze bzw. Zäsur im Sinne eines deutlichen Geländeabsatzes zwischen den streitgegenständlichen Grundstücken und dem bebauten Grundstück FlNr. … anzusehen.
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen endet der maßgebliche Bebauungsumgriff im Süden an der …, weshalb die südlich der … gelegenen Grundstücke FlNrn. …, …, … und … ebenfalls nicht mehr im Bebauungszusammenhang zu den klägerischen Grundstücken stehen.
Die … liegt schon auf Höhe der östlichen Grenze der Vorhabengrundstücke über deren Geländeniveau, insbesondere dem des Grundstücks FlNr. … Aufgrund ihres stetig ansteigenden Verlaufs in westlicher Richtung wird der Geländeunterschied zu den fast ebenerdig gelegenen Vorhabengrundstücken auch stetig größer, weshalb ihr eine trennende Wirkung zuzuschreiben ist. Da sich die Grundstücke FlNrn. …, …, … und … auf demselben Höhenniveau wie die … befinden, liegen sie auf einem anderen, insbesondere aus Sicht der Vorhabengrundstücke höheren Gelände bzw. Plateau.
In der Gesamtschau stellen sich daher die bebauten Grundstücke südlich der … nicht mehr als zwanglose Fortsetzung der Vorhabengrundstück dar.
Aufgrund der teils doch gravierenden Höhenunterschiede der Vorhabengrundstücke sowohl zum Grundstück FlNr. … als auch zu den Grundstücken FlNrn. …, …, … und … befinden sich die klägerischen Grundstücke in einer Art „Talkessel“, der zu den eben genannten Grundstücken keinen Bebauungszusammenhang mehr aufweist.
Daran ändert auch die südlich gelegene Bahntrasse nichts. Durch sie werden – entgegen der Ansicht der Klägerinnen – eben nicht alle nördlich der Bahnlinien gelegenen Grundstücke zu einem Bebauungszusammenhang verschmolzen. Die Bahnlinie hat durch ihre unmittelbare Nähe zu den Grundstücken FlNrn. …, …, … und … lediglich Auswirkung auf deren Bebauungszusammenhang dergestalt, dass sie ihn in südlicher Richtung begrenzt. Sie überwindet aber nicht die eben beschriebene Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs durch die …, da die topografischen Unterschiede zwischen den Grundstücken an dieser Stelle zu eklatant sind, um noch von einem Bebauungszusammenhang zu sprechen.
Es bleibt daher festzustellen, dass sich der für das Vorhaben maßgebliche Bebauungsumgriff zusammensetzt aus den Grundstücken FlNrn. …, …, … und …
b. Die eben aufgezählten Grundstücke bzw. die auf ihnen befindlichen Gebäude erreichen nicht das „gewisse Gewicht“, das für die Annahme eines Ortsteils nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderlich ist.
Die Zahl der Bauten innerhalb eines Bebauungszusammenhangs unterhalb einer Grenze kann geeignet sein, das Vorliegen eines Ortsteils auszuschließen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die untere Grenze bei sechs Gebäuden gezogen und dies auch nur in dünn besiedelten Gebieten, wovon beim Gemeindegebiet der Beigeladenen nicht auszugehen ist (BVerwG, U.v. 30. April 1969 – 4 C 56.79; verneint für vier Gebäude BVerwG, B.v. 19.4.1994 – 4 B 77.94).
Aufgrund des eben festgestellten Bebauungszusammenhangs befinden sich auf den maßgeblichen Grundstücken lediglich vier Wohngebäude und ein Vereinsheim mit angeschlossener Gaststätte. Ein „gewisses Gewicht“ ist mit der Rechtsprechung des Bundeverwaltungsgerichts schon allein durch die geringe Anzahl an vorhandenen Gebäuden zu verneinen.
c. Doch auch wenn man die bebauten Grundstückstücke südlich der … zum maßgeblichen Umfeld des streitgegenständlichen Vorhabens hinzuzählen und so möglicherweise ein „gewisses Gewicht“ annehmen würde, fehlt es dem gesamten Gebiet nördlich der Bahntrasse jedenfalls an einer organischen Siedlungsstruktur.
Nach der Rechtsprechung fehlt es in der Regel insbesondere an einer solchen, wenn eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung besteht und diese kein System erkennen lässt (BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31/66; U.v. 13.2.1976 – IV C 53/74). Der Begriff „organisch“ ist stets auch verstanden worden als „geordnet“, unter Hinweis auf die Aufgaben der Bauleitplanung, die heute im BauGB als „geordnete“ oder „nachhaltige städtebauliche Entwicklung“ bezeichnet wird (EZBK/Söfker BauGB § 34 Rn. 15).
Die Bebauung um die Vorhabengrundstücke ist völlig regellos und lässt kein System erkennen.
Es befinden sich zum einen bebaute Grundstücke, die in ihrer Anordnung jedoch über das komplette Gebiet verstreut sind. Im Norden entlang der … befinden sich zwei Wohnhäuser. Westlich davon, getrennt durch ein nur mit Gartenhäuschen bebautes Grundstück, befindet sich ein nahezu vom übrigen Gebiet abgetrenntes, mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Im südlichen Bereich finden sich die vier an der … gelegenen bebauten Grundstücke, diese aber wiederum durch eine Straße und einen unbebauten Streifen des Grundstücks FlNr. … getrennt von den übrigen Gebäuden.
Des Weiteren ist das Gebiet durchmischt von verschiedenen Nutzungen. Es existiert Wohnnutzung, ein kleineres Gewerbe sowie ein Vereinsheim mit angeschlossener Gastwirtschaft. Daneben existieren verschiedene, zwischen den wohngenutzten Grundstücken gelegene Grundstücke, die als Gartenanlagen genutzt werden.
Die eben beschriebene Anordnung der vorhandenen Gebäude erklärt sich letztlich auch nicht aus ihrer Funktion (BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31/66).
Damit mangelt es dem gesamten Gebiet nördlich der Bahntrasse an einem erkennbaren System und damit an einer organischen Siedlungsstruktur, weshalb auch aus diesem Grund die Ortsteileigenschaft nach § 34 Abs. 1 BauGB zu verneinen ist und die streitgegenständlichen Grundstücke der Klägerinnen sich im Außenbereich befinden.
3. Handelt es sich somit um ein Vorhaben der Klägerinnen im Außenbereich, dass nach § 35 Abs. 1 BauGB nicht privilegiert ist, ist dieses nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig, weil es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt.
Im vorliegenden Fall liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange zum einen dahingehend vor, dass das Bauvorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB, nachdem dieser Bereich im Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Grünfläche ausgewiesen ist.
Zum anderen würde durch das Vorhaben eine unerwünschte Splittersiedlung verfestigt werden, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB. Das Auffüllen einer Baulücke stellt in der Regel eine Verfestigung einer Splittersiedlung dar; dies gilt insbesondere für das Hinzutreten zusätzlicher Wohnbebauung, wenn sich diese dem vorhandenen Bestand nicht deutlich unterordnet (BVerwG U.v. 3.6.1977 – 4 C 37.75; U.v. 18.5.2001 – 4 C 13.00). Bei der Frage, ob es sich um eine unerwünschte Splittersiedlung handelt, ist nach der Vorbildwirkung des zu verwirklichenden Bauvorhabens auf zukünftige Vorhaben abzustellen (BVerwG U.v. 27.8.1998 – 4 C 13.97).
Die von den Klägerinnen geplanten vier Reihenhäuser stellen ein Vorhaben dar, das zum einen eine in der Splittersiedlung vorhandene Lücke auffüllen soll und sich zum anderen den vorhandenen Bauten gegenüber deutlich überordnet, da in der Splittersiedlung Reihenhäuser bisher nicht vorkommen. Würde man ein solches Vorhaben zulassen, könnten zukünftige Vorhaben, insbesondere auf den noch unbebauten Grundstücken FlNrn. … und … nur noch schwerlich verhindert werden. Von einer Vorbildwirkung und damit eine Verfestigung einer unerwünschten Splittersiedlung durch das klägerische Vorhaben ist deshalb auszugehen.
Anknüpfend an die bestehende Gefahr des Entstehens einer zusammenhanglosen oder aus anderen Gründen unorganischen Streubebauung beeinträchtigt das nichtprivilegierte Vorhaben der Klägerinnen auch den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht ausdrücklich benannten öffentlichen Belang des Planungserfordernis.
4. Der Hilfsantrag scheitert jedenfalls daran, dass das Vorhaben selbst bei unterstellter Annahme eines Innenbereichs nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig ist, da es bodenrechtliche Spannungen hervorrufen würde.
Mit der Zulassung von vier Reihenhäusern würde erstmals eine (Wohn) nutzung in ein Gebiet getragen, die in dieser Dimension so noch nicht vorhanden ist. Das Vorhaben würde in die bisherige Struktur des Gebiets (nur kleinere bis mittelgroße Einfamilienhäuser) Unruhe bringen und als störend empfunden werden.
Aus alldem folgt, dass das Bauvorhaben planungsrechtlich unzulässig ist und die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids haben.
Die Klagen waren demnach abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Da sich die Beigeladene durch eine eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, dass ihre außergerichtlichen Kosten von den Klägerinnen getragen werden (§§ 154 Abs. 3 1. Halbsatz, 162 Abs. 3 VwGO).


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