Baurecht

Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (abgelehnt), Naturschutzrechtliche Unterlassungs- und Duldungsanordnung, Duldung von Pflegemaßnahmen

Aktenzeichen  M 19 S 21.3137

Datum:
10.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 26840
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
BNatSchG § 3 Abs. 2
BNatSchG § 30 Abs. 2
BNatSchG § 33 Abs. 1 S. 1
BNatSchG § 65

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte naturschutzrechtliche Untersagungsanordnung, einen näher bezeichneten Geländestreifen auf der naturschutzrechtlich geschützten FlNr. 5200, Gemarkung … (Biotop und Fauna-Flora-Habitat-Gebiet – FFH-Gebiet) zu mähen und zu befahren sowie gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Duldungsanordnung zur Durchführung von staatlichen Pflegemaßnahmen auf selbigem Grundstück.
Der Antragsteller war Pächter der 7.530 m² großen Gebäude- und Freifläche des Grundstücks FlNr. 5200, Gemarkung … Im Zeitpunkt der Klageerhebung war der Beigeladene noch Eigentümer des Grundstücks. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 26. September 2018 verkaufte der Beigeladene das Grundstück an den Antragsteller. Der Bescheid des Antragsgegners vom 10. Dezember 2018 zur Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts wurde durch rechtskräftiges Urteil (VG München, U.v. 2.3.2021 – M 19 K 20.5784 – Rechtskraft seit 25.5.2021) aufgehoben. Das Grundstück ist mit seiner gesamten Fläche Bestandteil des FFH-Gebiets „Moorkette von P … bis W …“ (Teilflächen-Nr. DE 8131-301.16) und des Weiteren mit Ausnahme einer südöstlich gelegenen 268 m² großen, mit Hoffläche bebauten Teilfläche ein amtlich kartiertes Biotop (Nr. 8131-1058-001, „Streuwiese südwestlich Hetten“).
Die untere Naturschutzbehörde beschreibt in ihren Stellungnahmen vom 12. und 17. März 2021, dass durch die seit circa fünf Jahren erfolgte Nutzung der Randstreifen des Schutzgebiets als Umfahrt eine Grasnarbe entstehe, die in ihrer Artenzusammensetzung einem intensiv genutzten artenarmen Dauergrünland entspreche, nicht aber der wertgebenden artenreichen Feucht- oder Streuwiese. Des Weiteren habe die unterlassene Streumahd bzw. Biotoppflege zu einem qualitativ massiv verschlechterten Zustand der geschützten Fläche geführt, wodurch mehr oder weniger alle Arten der amtlichen Biotop- bzw. FFH-Kartierung betroffen seien, weil diese die Streumahd als wesentlichen Standortvorteil zum dauerhaften Überleben bräuchten.
Mit Schreiben vom 31. März 2021, dem Antragsteller mittels Postzustellungsurkunde am 3. April 2021 zugestellt, teilte ihm der Antragsgegner mit, dass beabsichtigt sei, eine naturschutzrechtliche Unterlassungs- und Duldungsanordnung zu erlassen und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 16. April 2021. Bei Ortseinsichten habe der Antragsgegner festgestellt, dass der Antragsteller entlang der Südgrenze der FlNr. 5200 zum Grundstück mit der FlNr. 628/3 sowie an der östlichen und nördlichen Grundstücksgrenze einen „Fahrweg“ errichtet habe, indem der Geländestreifen regelmäßig kurzrasig ausgemäht und befahren worden sei. Die FFH- und Biotopfläche vertrage jedoch nur einen Schnitt im Spätsommer/ Herbst, sodass eine Nutzung als Fahrweg ab sofort zu unterlassen sei. Ebenso wurde der Antragsteller auf die Erforderlichkeit einer regelmäßigen Streumahd und die damit einhergehende Duldungsverpflichtung aufmerksam gemacht.
Mit Schreiben vom 26. April 2021 teilte der Prozessvertreter des Antragstellers dem Antragsgegner mit, den Antragsteller seit Jahren umfänglich anwaltlich zu vertreten, sodass das Anhörungsschreiben ihm hätte zugestellt werden müssen. Mit weiterem Schreiben vom 29. April 2021 bat er um Darlegung des Grenzverlaufs des FFH-Gebiets, worauf der Antragsgegner einen entsprechenden Lageplan übersandte.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2021, sowohl dem Antragsteller, seinem Prozessbevollmächtigten als auch dem Beigeladenen am 19. Mai 2021 zugestellt, verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, ab sofort die kurzrasige und vielschnittige Mahd sowie die Befahrung des Geländestreifens auf dem Grundstück mit der FlNr. 5200 entlang der nordseitigen, ostseitigen und südseitigen Grundstücksgrenze zum angrenzenden Grundstück mit der FlNr. 628/3 zu unterlassen (Nr. 1) und drohte dem Antragsteller für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 750 EUR (Nr. 4) an. Der Antragsteller und der Beigeladene wurden verpflichtet, die Durchführung von Pflegemaßnahmen durch einen vom Landratsamt beauftragten Dritten auf der Biotopfläche auf dem Grundstück mit der FlNr. 5200 zu dulden (Nr. 2). Weiter drohte der Antragsgegner jeweils dem Antragsteller (Nr. 5) und dem Beigeladenen (Nr. 6) für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR an. Für die in Nrn. 1 und 2 getroffene Unterlassungs- und Duldungsanordnung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 3).
Rechtliche Grundlage der Unterlassungsverpflichtung sei § 3 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Bei der Streuwiese auf dem Grundstück mit der FlNr. 5200 handele es sich um ein gesetzlich geschütztes Biotop i.S.d. § 30 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BNatSchG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG), welches durch die kurzrasige Mahd sowie die Befahrung des Geländestreifens erheblich beeinträchtigt und bei noch längerem Zuwarten zerstört werde. Des Weiteren seien die vorgenannten Maßnahmen ein Projekt innerhalb des FFH-Gebiets, das nicht auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Natura 2000 Gebiets überprüft worden (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG i.V.m. Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie) und daher als erhebliche Beeinträchtigung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG unzulässig sei.
Die Anordnung entspreche auch pflichtgemäßem Ermessen. Die Unterlassungsverpflichtung sei geeignet, den weiteren Verlust der wertgebenden Feucht- oder Streuwiesen mit zahlreichen seltenen und vom Aussterben bedrohten Arten zu verhindern, da mit ihr eine Regeneration des Geländestreifens eintreten könne. Sie sei auch erforderlich, da keine anderen milderen Mittel zur Zweckerreichung zur Verfügung stünden. Eine nachträgliche Genehmigung der Mahd und der Befahrung sei nicht möglich, da dadurch das Biotop zerstört und das FFH-Gebiet in seinen Erhaltungszielen beeinträchtigt werde. Die Unterlassungsanordnung stehe auch nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck; das öffentliche Interesse am Erhalt der schützenswerten Fläche überwiege das Interesse des Antragstellers an der ungehinderten Nutzung seines Pachtrechts. Es könne ihm zugemutet werden, mit dem Pferdegespann auf die direkt vorbei führende F … Straße bzw. Kreisstraße … …, deren Verkehrsaufkommen sich aufgrund der vorhandenen Umgehungsstraße verringert habe, auszuweichen, um den Geländestreifen auf dem Grundstück FlNr. 5200 zu umfahren. Eine außergewöhnliche Gefährdung sei damit nicht verbunden. Das Privatinteresse des Antragstellers am Erhalt des Geländestreifens als Fahrweg trete damit hinter das öffentliche Interesse am Schutz der wertvollen Streuwiese und der Ermöglichung der Regeneration zurück. Auch sei die mit Anhörungsschreiben vom 31. März 2021 gesetzte Äußerungsfrist bis zum 16. April 2021 als ausreichend zu werten.
Die Verpflichtung zur Duldung von Pflegemaßnahmen stütze sich auf § 3 Abs. 2 und § 65 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG. Das Grundstück mit der FlNr. 5200 befinde sich aufgrund der in den letzten Jahren unterlassenen Streumahd in einem massiv verschlechterten Zustand. Es sei eine zunehmende Ruderalisierung festzustellen; die vorwiegend licht- und luftbedürftigen Arten gemähter Streu- und Nasswiesen würden durch entsprechenden Konkurrenzdruck verdrängt. Dieser Zustand müsse mit einer regelmäßigen Pflegemahd (Streumahd) behoben werden. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers und des Beigeladenen in ihrer Nutzung des Grundstücks sei durch die Pflegemaßnahmen nicht gegeben, da sie nur einen geringen zeitlichen Umfang ausmachten. Neben einer Erstpflege bedürfe es nur einmal jährlich einer Pflege. Hiermit sei auch kein wirtschaftlicher Nachteil verbunden, da die Kosten nicht vom Antragsteller und vom Beigeladenen zu tragen seien. Die Betretungsbefugnis ergebe sich aus § 65 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. Art. 54 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BayNatSchG.
Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids ergebe sich aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ohne Anordnung des Sofortvollzugs drohe eine weitere Beeinträchtigung des Biotops bis hin zur daraus resultierenden Zerstörung. Aufgrund der unterlassenen Pflege befinde sich die Streuwiese schon in einem sehr schlechten Zustand, weshalb aus fachlicher Sicht Eile geboten sei. Nur durch die noch in diesem Jahr unbedingt durchzuführenden Pflegemaßnahmen könne ein natürlicher Regenerationsprozess und damit ein Erhalt der Biotopfläche eintreten. Daneben sei eine sofortige Vollziehbarkeit unionsrechtlich geboten. Nach Art. 4 Abs. 3 EU-Vertrag (EUV) und dem darin verankerten Effektivitätsgebot sei es Aufgabe der Naturschutzbehörden, für die Herstellung des durch Unionsrecht veranlassten Zustands zu sorgen. Die Anordnung der Zwangsgelder beruhe auf Art. 29 Abs. 1 und 2, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG).
Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2021 ließ der Antragsteller Klage gegen die naturschutzrechtlichen Anordnungen erheben (M 19 K 21.3135) und beantragte zugleich,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnungen unter Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 12. Mai 2021 wiederherzustellen.
Zur Begründung ließ er vortragen, die Unterlassungs- und Duldungsanordnungen seien sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die rigide Vorgehensweise des Antragsgegners verwundere, da man sich im (gescheiterten) Mediationsverfahren darauf geeinigt habe, dass der Antragsteller auf dem südlichen Flächenbereich aus seiner Hofstelle auf den in nordwestlicher Richtung verlaufenden Feldweg ausfahren dürfe. Auch der Antragsteller habe Interesse an der Wiederherstellung seiner Wiese. Diese könne seiner Ansicht nach nicht durch bloßes Abschneiden der wildwuchernden Büsche erreicht werden, sondern erfordere das Ausgraben samt Wurzeln; dies habe der Antragsteller bereits versucht. Im Übrigen verwundere es, dass es der Antragsgegner dulde, dass im umgrenzenden FFH-Gebiet ein Badesee errichtet worden sei und zahlreiche Flächen landwirtschaftlich bewirtschaftet würden. Schließlich bestreite er, im Jahr 2021 Mahden vorgenommen zu haben. Den Grundstücksstreifen zum Feldweg, der im Übrigen keine nachteiligen Veränderungen des Bewuchses zeige, befahre er deshalb mit seinem Pferdefuhrwerk, weil eine Einfahrt auf die Kreisstraße lebensgefährlich sei. Die Ausfahrt sei uneinsehbar, die Straße stark befahren, sodass die Einfahrt mit einem Pferdegespann aus der ansteigenden Hofausfahrt in die Kreisstraße ein außerordentliches Unfallrisiko begründe. Sollte sich aufgrund der Anordnung ein Unfall ereignen, würden sich zwangsläufig Fragen der Amtshaftung stellen.
Die Anordnungen seien bereits formell rechtswidrig, da die Anhörungspflicht nach Art. 28 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) verletzt worden sei. Das Anhörungsschreiben sei dem Antragsteller und nicht seinem langjährigen Prozessbevollmächtigten zugestellt worden, der erst am 13. April 2021 davon Kenntnis erlangt habe. Auch die Fristvorgabe, die ab Zugang 10 Werktage, ab Kenntniserlangung 3 Werktage umfasse, sei offenkundig unzureichend und begründe in der Folge die Rechtswidrigkeit des Bescheids. Die Unterlassungsanordnung verletze darüber hinaus das Bestimmtheitserfordernis. Die Beschreibung des Geländestreifens lasse nicht erkennen, wo und in welchem Umfang die Überfahrt untersagt sein solle. Schließlich sei nicht ersichtlich, was „kurzrasige“ und „vielschnittige“ Mahd meine.
Die naturschutzrechtlichen Eingriffsvoraussetzungen für die Unterlassungsanordnung lägen nicht vor. Jedenfalls verstoße die Anordnung gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und verletze den Antragsteller in den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Auch werde die Biotopeigenschaft des verfahrensgegenständlichen Geländestreifens bestritten.
Die Duldungsanordnung stelle eine Globalgestattung ohne inhaltliche oder zeitliche Grenze dar. Auch sie sei völlig unbestimmt, da nicht klar sei, was mit „der Biotopfläche auf dem Grundstück mit der FlNr. 5200“ gemeint sei. Sie entbehre zudem einer Rechtsgrundlage und sehe zu Unrecht eine Beteiligung des Antragstellers nicht vor. Der Antragsgegner räume sich das Recht zur Ersatzvornahme ein, ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen.
Die Begründung des Sofortvollzugs mit einem sofortigen Handlungsbedarf übersehe offenkundig § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG. Gebüsche im Außenbereich dürften hiernach zwischen dem 1. März und 30. September nicht geschnitten oder gar beseitigt werden.
Der Antragsgegner nahm mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 ausführlich Stellung und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zu dem von Antragstellerseite vorgelegten Vereinbarungsentwurf zum Mediationsverfahren wird auf dessen Unverbindlichkeit bis zu einer endgültigen Vereinbarung und die darüber getroffene Stillschweigensvereinbarung hingewiesen. Das von Antragstellerseite geäußerte Interesse am Erhalt der Streuwiese erscheine wenig glaubwürdig, da er in den letzten Jahren die notwendige Pflege unterlassen habe. Auch als Pächter der Wiese habe er die tatsächliche Sachherrschaft innegehabt.
Der Sofortvollzug sei gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO formell ordnungsgemäß begründet worden. Der Einwand des Antragstellers, es sei § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG übersehen worden, übersehe selbst die Legalausnahme des § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach das Verbot nicht für behördlich angeordnete Maßnahmen, wie durch Nr. 2 des Bescheids geschehen, gelte.
Die Einwände des Antragstellers gegen eine pflichtwidrige Anhörung gingen ins Leere. Die Anhörung sei richtigerweise direkt an den Antragsteller und nicht an dessen Prozessbevollmächtigten zugestellt worden, der seine Vollmacht vom 20. Dezember 2018 im Verfahren M 19 K 20.5784 ausdrücklich auf die Ausübung des Vorkaufsrechts beschränkt habe. Art. 14 Abs. 1 BayVwVfG greife daher nicht, da der Bevollmächtigte zum Anhörungszeitpunkt nicht als solcher bestellt gewesen sei. Die dem Antragsteller eingeräumte Frist zur Stellungnahme sei ausreichend lang gewesen. Die Zustellung sei am 3. April 2021 erfolgt, sodass ihm bis zum Fristende 13 Tage (10 Werktage) zur Verfügung gestanden hätten. Es sei daher unerheblich, dass die tatsächliche Kenntnisnahme erst am 13. April 2021 erfolgt sei. Schließlich sei die Thematik um die Pflege der Streuwiese und den Fahrweg hinreichend bekannt. Zudem sei der Bescheid erst am 12. Mai 2021, also weit nach dem Ende der Anhörungsfrist erlassen worden. Jedenfalls sei der Anhörungsmangel durch das Telefonat vom 21. Juni 2021 nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG geheilt worden.
Die Nutzungsuntersagung sei hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVG), da die getroffene Regelung für den Adressaten eindeutig zu erkennen sei, sodass er sein Verhalten danach ausrichten könne. Der Regelungsgehalt sei aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, unzweifelhaft erkennbar gewesen. Durch die Erwähnung der Mahd im Tenor werde ersichtlich, dass der befestigte Bereich nicht von der Nutzungsuntersagung erfasst sei, da dieser nicht gemäht werden könne. Rechtsgrundlage der Unterlassungsanordnung sei § 3 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 2 und § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG.
Es handele sich bei der betroffenen Fläche um eine Pfeifengraswiese und daher um ein Biotop i.S.d. § 30 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BNatSchG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG. Der Biotopkartierung komme hierbei erhebliche Indizwirkung zu. Die Pfeifengrasbestände seien trotz der zunehmenden Verbuschung auch auf aktuellen Fotos noch ersichtlich, weshalb das pauschale Bestreiten der Biotopeigenschaft durch den Antragsteller ins Leere führe. Auf dem von der Nutzungsuntersagung erfassten Geländestreifen habe der Eingriff des Antragstellers – das ständige Befahren und die unsachgemäße Pflege – zur Zerstörung dieses Teils des Biotops geführt, das durch die Unterlassungsanordnung rückgängig gemacht werden solle.
Bezüglich des Einwands jahrelanger Untätigkeit der Behörde bezüglich eines im westlichen Feldweg verlaufenen Dränagerohrs wird vorgetragen, dass diesbezüglich eine Pflicht der unteren Naturschutzbehörde zur Überwachung bestehe, die behördliche Eingriffsbefugnis aus § 3 Abs. 2 BNatSchG nicht verwirkt werden könne, ein Einschreiten bezüglich des Dränagerohrs bereits angedacht sei und im Übrigen keine Gleichheit im Unrecht bestehe.
Unabhängig davon rechtfertige sich die Anordnung auf Grundlage von § 3 Abs. 2 BNatSchG aus der Eigenschaft des FFH-Gebiets. Pflichtgemäßes Ermessen sei ausgeübt worden. Der Antragsteller könne den aus seiner Sicht notwendigen Fahrstreifen zum westlich gelegenen Feldweg auch auf der Fläche FlNr. 628/3, die nicht vom Biotopschutz erfasst sei – also ohne die aus seiner Sicht gefährliche Überfahrt auf der Kreisstraße – anlegen.
Die Pflegemaßnahmen seien vom Antragsteller nach § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zu dulden. Hiermit werde der gesetzliche Biotopschutz sichergestellt. Der Antragsteller sei bislang Pächter und mittlerweile Eigentümer der gegenständlichen Streuwiese, weshalb er richtiger Adressat der Duldungsverpflichtung sei. Bei der Duldungspflicht handele es sich regelmäßig um eine höchstpersönliche Pflicht und damit um eine unvertretbare Handlung. Die Ersatzvornahme nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 VwZVG scheide daher aus, da hierfür eine Pflicht zu einer Handlung notwendig sei, die auch ein anderer vornehmen könne (vertretbare Handlung). Die gegenständlichen Erhaltungsmaßnahmen fielen in den Verantwortungsbereich des Antraggegners. Eine Alternative, dem Antragsteller als Duldungspflichtigem die Durchführung der Maßnahmen aufzuerlegen, habe nicht bestanden.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten in diesem Verfahren sowie im zugehörigen Klageverfahren M 19 K 21.3135 Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg. Er ist auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet.
Aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs konnte die Klage hinsichtlich der Nr. 1 (Untersagungsanordnung) und der Nr. 2 (Duldungsanordnung) des Bescheids vom 12. Mai 2021 keine aufschiebende Wirkung entfalten, sodass der vorliegende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers (M 19 K 21.3135) gegen die Anordnungen unter Nrn. 1 und 2 des angefochtenen Bescheids statthaft ist (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 VwGO).
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt, bezüglich dessen von der Behörde die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist, auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 152; Hoppe, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 89). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt. Zentraler Maßstab bleibt dabei unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes besteht oder behördlich angeordnet wurde, dass der Rechtsschutzanspruch des Antragstellers umso stärker ist und umso weniger zurückstehen darf, je mehr die Maßnahmen Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B.v. 10.5.2007 – 2 BvR 304/07 – juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 14.4.2005 – 4 VR 1005/04 – juris Rn. 12; zum Ganzen Hoppe, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 90 ff.).
Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch ohne Durchführung eines Augenscheins mögliche Überprüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakten sowie der vorliegenden Behördenakten ergibt, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird. Die streitgegenständliche Untersagungs- und Duldungsanordnung ist auf Grundlage der erforderlichen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Des Weiteren kann der Antragsteller dem Vollzugsinteresse am Erhalt eines gesetzlich geschützten Biotops (§ 30 BNatSchG) und eines nach der FFH-Richtlinie unter Schutz gestellten Gebiets (§ 32 Abs. 1 BNatSchG) durch Untersagung weiterer Beeinträchtigungen und durch schnelle und effektive Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen keine eigenen Ansprüche entgegensetzen. Ein Anspruch, die zum Erhalt des Biotops durchzuführenden Pflegemaßnahmen selbst durchzuführen, besteht nicht.
1. Der Antragsgegner hat dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO Genüge getan, wonach das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Erforderlich ist dabei eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses daran, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen, zunächst nicht von den Wirkungen des angegriffenen Verwaltungsakts betroffen zu werden, zurückzutreten hat (vgl. zum Ganzen Hoppe, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Eine solche besondere Dringlichkeit für die Zeit eines möglichen Rechtsbehelfsverfahrens hat der Antragsgegner sowohl hinsichtlich der Unterlassungs- als auch Duldungsanordnung im Bescheid vom 12. Mai 2021 dargelegt. Er hat auf die ökologisch wertvolle Funktion des Erhalts des Biotops als Bestandteil des Naturhaushalts verwiesen, dessen Schutz und Verhinderung von Beeinträchtigung im öffentlichen Interesse liege, sowie auf die Tatsache, dass das Biotop weiteren Schaden bis hin zur Zerstörung erleiden würde, wenn die vom Antragsteller vorgenommene Befahrung der Randstreifen nicht umgehend gestoppt und mit den Pflegemaßnahmen weiter zugewartet würde. Vor dem Hintergrund des bereits sehr schlechten Zustands der Streuwiese sei Eile geboten, sodass die Anordnungen noch dieses Jahr greifen müssten.
2. Die durch das Gericht vorgenommene Interessenabwägung fällt zulasten des Antragstellers aus. Es bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 12. Mai 2021.
2.1. Die streitgegenständlichen Anordnungen sind formell rechtmäßig.
Das Landratsamt war für den Erlass der Anordnungen gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 43 Abs. 2 Nr. 3 BayNatSchG und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG sachlich und örtlich zuständig.
Den nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderlichen Anforderungen an eine Anhörung wurde Genüge getan. Zum einen hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers weder glaubhaft gemacht, dass er eine generelle Vertretungsvollmacht für alle verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten des Antragstellers innehabe, noch, dass er eine diesbezügliche schriftliche Vollmacht vorgelegt habe. Der vorliegende Streitgegenstand ist zum anderen ein anderer als bei der Vertretung des Antragstellers im Verfahren zum naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht. Im streitgegenständlichen Verfahren musste und durfte der Antragsgegner somit nicht von einer allgemeinen Vertretung ausgehen, die im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null zu einer verpflichtenden Zustellung an den Prozessbevollmächtigten i.S.d. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VwZVG geführt hätte. Ebenso fehlt es an einer dem Landratsamt vorgelegten schriftlichen Vollmacht, die gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VwZVG zu einer zwingenden Zustellung an den Bevollmächtigten geführt hätte.
Außerdem hat der Prozessvertreter von der Anhörung eigenen Aussagen zufolge jedenfalls am 23. April 2021 Kenntnis erlangt, sodass er noch vor Bescheidserlass am 12. Mai 2021 Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hätte. Im Übrigen hat er sich mit Schreiben vom 26. und 29. April 2021 an den Antragsgegner gewandt.
Schließlich hält sich auch die gewährte Anhörungsfrist des am 3. April 2021 zugestellten Schreibens bis zum 16. April 2021 im vertretbaren Rahmen, zumal der Bescheid nachfolgend erst am 12. Mai 2021 erlassen wurde.
2.2. Die streitgegenständlichen Anordnungen sind auch materiell rechtmäßig.
Die Unterlassungsanordnung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 2 und § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG.
Ebenso stützt sich die Duldungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids auf § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 2 und § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG und § 65 BNatSchG.
2.2.1. Vorliegend kommt sowohl hinsichtlich der Unterlassungs- als auch der Duldungsanordnung die als Generalklausel ausgestaltete Befugnisnorm des § 3 Abs. 2 BNatSchG als Rechtsgrundlage zur Anwendung, da der Anwendungsbereich des § 17 BNatSchG mangels Genehmigungsbedürftigkeit nicht eröffnet ist. Nach der von § 17 Abs. 3 BNatSchG abweichenden Vorschrift des Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 BayNatSchG bedarf es in Bayern für Eingriffe, die keiner behördlichen Zulassung oder Anzeige nach anderen Rechtsvorschriften bedürfen, keiner solchen Genehmigung (BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 9).
Bezüglich der Mahd des Geländestreifens und dessen Nutzung als Fahrweg, wogegen sich die Unterlassungsanordnung richtet, ist keine naturschutzrechtliche Genehmigungs- oder Anzeigeverpflichtung ersichtlich. Gleiches gilt bezüglich der unterlassenen einjährigen Streumahd. Es fehlt damit an einem Anknüpfungspunkt für den grundsätzlich gegenüber der Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG vorrangigen § 17 Abs. 8 BNatSchG. Abgesehen davon wäre zu bezweifeln, ob die Mahd und Befahrung des Geländestreifens bereits als Eingriff i.S.d. § 17 Abs. 8 i.V.m. § 14 Abs. 1 BNatSchG zu qualifizieren wäre, da die dort geforderte Erheblichkeitsschwelle noch nicht überschritten sein dürfte. Die unterlassene einjährige Streumahd, auf die sich die Duldungsanordnung richtet, stellt darüber hinaus bereits begrifflich keinen Eingriff dar.
Sowohl bezüglich der Reaktion auf die Schaffung des Geländestreifens als auch der nicht vorgenommenen Mahd auf dem restlichen Grundstück ist damit die Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG einschlägig. Denn auch im Fall der fehlenden Genehmigungsbedürftigkeit sind die materiell-rechtlichen Vorschriften einzuhalten (BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 10; VG Lüneburg, U.v. 18.8. 2017 – 2 A 144/16 – juris Rn. 27; VG Oldenburg, U.v. 30.8.2017 – 5 A 4483/16 – juris LS 2, Rn. 29; zur Abgrenzung auch VGH BW, B.v. 30.3.2020 – 5 S 3419/19 – juris Rn. 18; Siegel in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 17 Rn. 49). Zur Erhaltung der kraft Gesetzes geschützten Biotope (§ 30 Abs. 1, Abs. 2 BNatSchG) und FFH-Gebiete (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) bedarf es bei einer illegalen Beeinträchtigung der Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG (BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 10; ebenso VGH BW, B.v. 30.3.2020 – 5 S 3419/19 – juris Rn. 18 zum Verstoß gegen Vorgaben einer Landschaftsschutzgebietsverordnung).
Der Antragsgegner hat die im angefochtenen Bescheid getroffenen Maßnahmen unter Nrn. 1 und 2 somit zu Recht auf die Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG (Biotopschutz) und § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG (FFH-Schutz) gestützt.
2.2.2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten gemäß § 3 Abs. 2 BNatSchG liegen vor.
Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 65 Abs. 1 BNatSchG haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte von Grundstücken Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder Naturschutzrecht der Länder zu dulden, soweit dadurch die Nutzung des Grundstücks nicht unzumutbar beeinträchtigt wird.
Vorliegend stellt der Antragsgegner mit seiner Unterlassungs- und Duldungsanordnung die Einhaltung der in § 30 Abs. 2 BNatSchG und § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG geregelten Verbote sicher.
2.2.2.1. Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei der Streuwiese auf der FlNr. 5200 um ein Biotop handelt, das gemäß § 30 BNatSchG unter besonderem Schutz steht.
Ein Biotop ist nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG der Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wildlebender Tiere und Pflanzen. Die unter den Schutz des § 30 BNatSchG fallenden Biotope sind unmittelbar kraft Gesetzes geschützt, so dass auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen ist. Zur Bestimmung eines Biotops kommt es demnach ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, d.h. ob eine Fläche die charakteristischen Merkmale eines geschützten Biotoptyps erfüllt (BayVGH, B.v. 12.11.2015 – 14 CS 15.2144 – juris Rn. 6; VG Augsburg, B.v. 6.4.2021 – Au 9 S 21.616 – juris Rn. 32; VG Lüneburg, B.v. 3.8.2018 – 2 B 48/18 – juris Rn. 26; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 94. EL Dezember 2020, § 30 BNatSchG Rn. 12). Allerdings kommt den Feststellungen im Rahmen einer Biotopkartierung eine erhebliche Indizwirkung für das Vorhandensein eines Biotops zu (Nds. OVG, B.v. 4.12.2017 – 4 LA 335/16 – juris Rn. 4; VG Augsburg, B.v. 25.1.2019 – Au 9 S 18.2096 – juris Rn. 27; VG Lüneburg, B.v. 3.8.2018 – 2 B 48/18 – juris Rn. 26). Denn die Biotopkartierung stellt eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde vorgenommene Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten dar. Aufgrund dieser Indizwirkung ist die Naturschutzbehörde im Rahmen der sie treffenden Ermittlungs- und Nachweispflichten nur dann gehalten, vor Erlass einer naturschutzrechtlichen Anordnung zum Schutz eines Biotops erneute Ermittlungen zu dessen Vorliegen anzustellen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die Biotopeigenschaft unabhängig von dem festgestellten beeinträchtigenden Ereignis verlustig gegangen wäre (Nds. OVG, B.v. 4.12.2017 – 4 LA 335/16 – juris LS, Rn. 4; VG Lüneburg, B.v. 3.8.2018 – 2 B 48/18 – juris Rn. 26; B. v. 21.6.2017 – 2 B 54/17 – juris Rn. 18).
Die vorliegenden Anordnungen beziehen sich auf ein amtlich kartiertes Biotop (Nr. 8131-1058-001, „Streuwiese südwestlich Hetten“). Es handelt sich hierbei um ein nach § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG gesetzlich geschütztes Biotop, nämlich um eine Pfeifengraswiese.
Der Antragsteller bringt keine hinreichend substantiierten Gründe vor, welche geeignet sind, die Indizwirkung der Feststellungen im Rahmen der Biotopkartierung in Zweifel zu ziehen. Soweit er die Biotopeigenschaft der streitgegenständlichen Grundstücksfläche mit dem Einwand des schlechten Zustands der Streuwiese in Zweifel zu ziehen versucht, sei auf die dementsprechenden naturschutzrechtlichen Ausführungen des Antragsgegners verwiesen. So setzt sich dieser mit dem massiv verschlechterten Zustand des Biotops auseinander und führt diesen in erster Linie auf eine seit dem Jahr 2015 vorgenommene kurzrasige und vielschnittige Mahd und Befahrung eines Geländestreifens an den Grundstücksgrenzen und eine unterlassene Streumahd zurück. Er ist damit seinen Ermittlungs- und Nachweispflichten nachgekommen, mit dem nicht zu beanstanden Ergebnis, dass die Beeinträchtigungen am Biotop zuvörderst auf die zu begegnenden Maßnahmen (Schaffung eines Fahrwegs; unterlassene Streumahd) zurückzuführen sind. Da sich das bei gesetzlich geschützten Biotopen geltende weitgehende Veränderungsverbot direkt aus § 30 Abs. 2 BNatSchG ergibt, kann weder aus fehlenden Bewirtschaftungsauflagen noch dem vom Antragsteller behaupteten „Untätigbleiben“ der Behörden der Schluss gezogen werden, gesetzliche Biotope lägen nicht vor (BayVGH, B.v. 12.11.2015 – 14 CS 15.2144 – juris Rn. 6). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass die Biotopeigenschaft unabhängig von dem festgestellten beeinträchtigenden Ereignis verlustig gegangen wäre.
Der Hinweis des Antragstellers auf die Einleitung belasteten Wassers aus der oberliegenden landwirtschaftlich genutzten Wiese über ein Dränagerohr und den vorgelegten Auszug aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 15. Dezember 2017 ist insoweit zutreffend, als es das Gutachten für unabdingbar hält, die externe Nährstoffzufuhr zu unterbinden, um für eine nachhaltige Erholung des Biotops zu sorgen (Gutachten v. 15.12.2017, Punkt 3.5.). Dennoch kommt das Gutachten zu dem Fazit, dass die Streuwiese (noch nicht) in ihrem Status als gesetzlich geschütztes Biotop zerstört wurde (Gutachten v. 15.12.2017, Fazit auf S. 10 oben).
Auch die Wirksamkeit der Verordnung des Landratsamtes „über den Schutz einer Streuwiese in der Gemeinde … als flächenhaftes Naturdenkmal“ vom 24. August 1982, geändert durch Verordnung des Landratsamtes über den Schutz einer „Streuwiese südwestlich von H …“ in der Gemeinde … als flächenhaftes Naturdenkmal vom 1. Dezember 2007 (ND-VO) hat anders als von Antragstellerseite vorgetragen, keine Auswirkung auf die Biotopeigenschaft. Eine Qualifizierung als Biotop stellt einen eigenen unabhängigen Schutzstatus dar. Die Bedenken an der Wirksamkeit der Naturdenkmalverordnung sind im Übrigen rechtlicher Natur und beruhen nicht auf der naturschutzfachlichen Qualifizierung der Pfeifengrasstreuwiese.
Zu der von Antragstellerseite gerügten Verfassungsmäßigkeit der Vorgaben zum Biotopschutz schließt sich das erkennende Gericht vollumfänglich den diesbezüglichen Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an, demzufolge die Vorschriften des § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Nrn. 3, 4 BayNatSchG insbesondere auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen (BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 19).
2.2.2.2. Des Weiteren ist das auf der FlNr. 5200 gelegene Grundstück Bestandteil des FFH-Gebiets „Moorkette von P … bis W …“ (Teilflächen-Nr. DE 8131-301.16), sodass auch die für das Netz „Natura 2000“ (Kapitel 4, Abschnitt 2 BNatSchG) geltenden Schutzvorgaben zu beachten sind.
2.2.2.3. Der Antragsteller hat das Biotop und das FFH-Gebiet beeinträchtigende Handlungen begangen. Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von Biotopen führen können, sind nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verboten. Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig.
(1) Durch das Befahren des Biotops mit einem Pferdefuhrwerk hat der Antragsteller eine Handlung begangen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung geführt hat (§ 30 Abs. 2 Satz 1 und § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Auf den dem Gericht vorliegenden Fotos und dem Luftbild der FlNr. 5200 (Bl. 5, 10 und 11 BA) ist unzweifelhaft eine Fahrschneise zu erkennen. Ob diese allein durch das Befahren oder zusätzlich durch eine ergänzend vorgenommene Mahd entstanden ist, kann letztendlich dahinstehen. Das Befahren der Fläche wird vom Antragsteller eingeräumt. Ebenso eingeräumt wird, dass er eine Pflegemahd jedenfalls seit der Ausübung des Vorkaufsrechts im Dezember 2018 nicht mehr durchgeführt hat. Auch ist es nicht erforderlich, dass die Zerstörung bzw. Beeinträchtigung die gesamte Biotop- und FFH-Fläche betrifft. Auch wenn nur ein Teilbereich der geschützten Fläche betroffen ist, ist der Tatbestand des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG und des § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erfüllt, da auch eine Zerstückelung eines Schutzgebiets der Absicht des Gesetzgebers eines möglichst großflächigen Erhalts der Fläche zuwiderliefe (BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 20).
(2) Ebenso führte die unterlassene Pflegemahd auf dem restlichen Grundstück zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Schutzgebiets. Auf der Schutzfläche haben sich aufgrund der in den letzten Jahren unterlassenen Streumahd Arten ungepflegter, nicht gemähter Ödländereien und ruderaler Hochstaudenfluren ausgebreitet, welche die vorwiegend licht- und luftbedürftigen Arten gemähter Streu- und Nasswiesen durch entsprechenden Konkurrenzdruck verdrängen und den Erhalt des Schutzgebiets gefährden (sog. Ruderalisierung).
2.2.2.4. Die vom Antragsgegner beabsichtigten Maßnahmen stellen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung des Biotop- und FFH-Schutzes im Sinne des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG dar.
(1) Den durch den Antragsteller verursachten Beeinträchtigungen am grundstücksumlaufenden Geländestreifen ist durch die Unterlassungsanordnung zu begegnen. Die angeordneten Maßnahmen sind auch erforderlich, um eine weitere Beeinträchtigung des Schutzgebiets bzw. dessen endgültige Zerstörung zu verhindern. Eine fortgesetzte Nutzung als Fahrweg und eine vielschnittige Mahd lassen eine Grasnarbe entstehen, die mit der Zeit zum Verlust der wertgebenden Feucht- oder Streuwiese mit zahlreichen seltenen und vom Aussterben bedrohten Arten führt.
(2) Ebenso stellen die von der Duldungsanordnung erfasste Erstpflege zur Mahd und zum Freischneiden von Gehölzanflug noch im Jahr 2021 und die in der Folge einmal jährlich im Spätsommer bzw. Herbst zur Pflege der Streuwiese vorgesehene Mahd die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen dar. Zur Behebung des schlechten Zustands des Schutzgebiets und um einen natürlichen Regenerationsprozess in Gang zu setzen, bedarf es der Erstpflege und zwingend der nachfolgenden, regelmäßigen einjährigen Pflegemahd.
2.2.3. Der Antragsteller hat die von der Duldungsanordnung erfassten Maßnahmen (Nr. 2 des Bescheids) nach § 65 Abs. 1 BNatSchG zu dulden. Gleich ob als Pächter oder Eigentümer des Grundstücks, hat er die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück inne, sodass sich die Duldungsanordnung richtigerweise an ihn richtete.
2.2.3.1. Der Begriff der zu duldenden Maßnahmen ist weit zu verstehen und umfasst sämtliche grundstücksbezogenen Einwirkungen, die der Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne der §§ 1, 2 BNatSchG dienen. Sie beziehen sich auf eine breite Vielfalt von gebietsbezogenen Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, wie etwa die Mahd von Streuwiesen, die Entbuschung von Brachflächen, die Anpflanzung von Hecken und Gehölzen, Wegesperrungen während der Brutzeit etc. (Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 65 Rn. 22; Sauthoff in Schlacke (Hrsg.), 2012, GK-BNatSchG, § 65 Rn. 5; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 94. EL Dezember 2020, § 65 BNatSchG Rn. 8; Schumacher in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 65 Rn. 11).
Daher dringt der Antragsteller auch nicht mit dem Argument durch, er habe an den Pflegemaßnahmen beteiligt werden müssen. Nachdem er jedenfalls bezüglich der in Ruderalisierung begriffenen Flächen des Biotops nicht aktiv zu diesem Zustand beigetragen hat, ist aus Sicht des Antragsgegners keine Rechtsgrundlage ersichtlich, die zu einer Verpflichtung des Grundstückseigentümers ermächtigen würde. Eine Anordnung zur Wiederherstellung des naturschutzrechtlichen Charakters eines Gebiets gegenüber demjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück ausübt, setzt zwangsläufig ein aktives Tun der privaten Person voraus, das zu der Verschlechterung des Gebietscharakters geführt hat. Die vorliegende Verschlechterung des Biotopzustands erfolgte jedoch ohne direktes Zutun des Antragstellers, allein durch das Unterlassen von Pflegemaßnahmen. Sofern zur Erhaltung eines Schutzstatus Maßnahmen notwendig sind, können diese Pflichten nicht dem Eigentümer auferlegt werden. Weitergehende Gebote, die den Grundstückseigentümer beispielsweise verpflichten, seine Flächen zu pflegen oder zu bewirtschaften, sind unzulässig (BayVGH, U.v. 28.8.2018 – 14 B 15.2206 – juris Rn. 42). Daher kann auf der Grundlage von § 65 BNatSchG auch nicht mehr als eine bloße Hinnahme verlangt werden. Nachdem das streitgegenständliche Biotop und FFH-Gebiet für den Erhalt seines Schutzstatus pflegerische Maßnahmen erfordert, richten sich diese mithin nicht an den Bürger, sondern an die Behörden, denen die Durchführung der Maßnahmen obliegt (dazu BayVGH, U.v. 28.8.2018 – 14 B 15.2206 – juris Rn. 42). Die streitgegenständlichen Pflegemaßnahmen (Erstpflege und jährliche Pflegemahd) fallen somit in den Verantwortungsbereich des Antragsgegners, sodass sich das Landratsamt im Bescheid richtigerweise selbst dazu verpflichtet hat, die Maßnahmen in Eigenregie auszuführen. Eine Alternative, dem Duldungspflichtigen die Durchführung der Maßnahme aufzuerlegen, bestand nicht (Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 65 Rn. 26; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 65 BNatSchG Rn. 6).
2.2.3.2. Dieser begrenzte Pflichteninhalt – es wird allein eine Duldungspflicht statuiert – führt dazu, dass der Duldungspflichtige auch nicht zur Tragung der Kosten der in Rede stehenden Maßnahmen herangezogen werden kann (vgl. Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 65 Rn. 26; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 94. EL Dezember 2020, § 65 BNatSchG Rn. 6; Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018 Rn. 8). Der Antragsgegner kam somit durch seine Bereitschaft zur Kostenübernahme seiner aus der Biotop- und FFH-Eigenschaft erwachsenen Verantwortung für das geschützte Biotop und das FFH-Gebiet nach.
2.2.3.3. Die zu duldenden streitgegenständlichen Maßnahmen stellen sich auch nicht als unzumutbar im Sinne des § 65 BNatSchG dar. Zumutbar ist ein durch naturschutzrechtliche Regelungen angesonnenes Verhalten dann, wenn eine Abwägung aller einschlägigen individuellen Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der objektiven Lage und unter Berücksichtigung des Verfassungsgrundsatzes der Sozialbindung des Eigentums und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergibt, dass ein solches Verhalten in Fällen dieser Art billigerweise verlangt werden kann (BayVGH, U.v. 28.8.2018 – 14 B 15.2206 – juris Rn. 46; Sauthoff in Schlacke (Hrsg.), 2012, GK-BNatSchG, § 65 Rn. 5; BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, 58. Edition, Stand: 1.4.2021, § 65 Rn. 6). An einer Unzumutbarkeit fehlt es dann, wenn der Aufwuchs, der sich mangels Nutzung einer Biotopfläche im Weg der natürlichen Sukzession gebildet hat, beseitigt wird (Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 65 Rn. 14). Dies ist hier der Fall. Mit den Maßnahmen ist kein Nachteil für das Grundstück des Antragstellers verbunden, insbesondere schmälern sie nicht dessen wirtschaftlichen Wert. Den Antragsteller trifft zudem keine Pflicht zum Tätigwerden oder zur Kostentragung, sondern eine reine Duldungspflicht, sodass er auch insoweit keine wirtschaftlichen Einbußen erleidet, die eine Unzumutbarkeit begründen könnten.
2.2.3.4. Die Duldungspflicht des Antragstellers erstreckt sich in gleicher Weise auf das mit der Durchführung der Maßnahmen einhergehende Betreten des Grundstücks. Gemäß § 65 Abs. 3 BNatSchG richtet sich die Befugnis der Bediensteten und Beauftragten der Naturschutzbehörde, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Grundstücke zu betreten, nach Landesrecht. Unerheblich ist, dass das BayNatSchG keine Regelungen für das Betreten zwecks der hier in Rede stehenden Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen vorsieht (Art. 28 Abs. 2, Art. 27 Abs. 3 und Art. 38 Abs. 2 BayNatSchG stellen anderweitige Betretungsregelungen dar). Denn der Bundesgesetzgeber bezweckte mit § 65 Abs. 3 BNatSchG nicht, dass jedes Bundesland seine eigenen Betretungsregelungen schaffen sollte. Er enthielt sich nur deshalb der Regelung einer Betretensduldung, um dem landesrechtlich unterschiedlichen, zur Durchführung der Maßnahmen im Sinne des § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG berechtigten Personenkreis gerecht zu werden (BT-Drs. 16/12274 v. 17.3.2009, S. 76 zu § 65 Abs. 3; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 65 BNatSchG Rn. 7; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 65 Rn. 36). Beabsichtigt war somit die Möglichkeit einer landesrechtlichen Erweiterung der Duldungspflichten (vgl. Sauthoff in Schlacke (Hrsg.), 2012, GK-BNatSchG, § 65 Rn. 18), nicht aber eine Einschränkung. Andernfalls liefe die Duldungspflicht der streitgegenständlichen Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen leer.
Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Benachrichtigungspflicht des § 65 Abs. 2 BNatSchG sind nicht ersichtlich.
2.2.4. Der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis sowohl hinsichtlich der Untersagungs- als auch der Duldungsanordnung wird nicht gesehen. Eine Anordnung genügt dann dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, wenn sich unter Heranziehung der Gründe des Bescheids und sonstiger dem Betroffenen bekannter oder von ihm ohne weiteres erkennbarer Umstände der Zweck, Sinn und Inhalt der Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erschließt, dass er feststellen kann, ob und in welchem Umfang er betroffen ist und er deshalb sein Verhalten entsprechend ausrichten kann (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2020 – 1 CS 20.1595 – juris Rn. 3; B.v. 16.8.2019 – 1 ZB 17.2407 – juris Rn. 5).
2.2.4.1. Der Einwand des Antragstellers, die Beschreibung des Geländestreifens hinsichtlich der Untersagungsanordnung lasse nicht erkennen, wo und in welchem Umfang die Überfahrt untersagt sein solle, verfängt nicht. Auch wenn aus Nr. 1 des Bescheidstenors noch nicht zweifelsfrei hervorgeht, ob sich die Unterlassung bezüglich der kurzrasigen und vielschnittigen Mahd, ebenso wie die Befahrung, ausschließlich auf den Geländestreifen entlang der Grundstücksgrenzen beziehen soll, wird dies jedenfalls aus den Bescheidsgründen unmissverständlich deutlich. Hiernach bezieht sich die Verpflichtung zur Unterlassung der kurzrasigen und vielschnittigen Mahd und Befahrung eindeutig allein auf den als „Fahrweg“ angelegten Geländestreifen entlang der süd-, ost- und nordseitigen Grundstücksgrenzen. Eine Fehlinterpretation in dem Sinne, dass der Antragsteller annehmen könnte, er habe eine kurzrasige und vielschnittige Mahd hinsichtlich des gesamten Grundstücks zu unterlassen, ist im Übrigen auch deshalb ausgeschlossen, weil unter Nr. 2 des Bescheids gerade der auf dem übrigen Grundstück unterlassenen Mahd begegnet wird. Auch ist aufgrund des Bezugs zur Mahd eindeutig erkennbar, dass sich die Unterlassungsmaßnahmen denklogisch nur auf die Biotopfläche und nicht auf den befestigten Hofbereich beziehen sollen (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2015 – 14 CS 15.2144 – juris Rn. 21).
2.2.4.2. Die angeordnete Duldung von Pflegemaßnahmen verstößt auch nicht dergestalt gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, dass für den Antragsteller nicht ersichtlich wäre, mit welchen zu duldenden Maßnahmen er zu rechnen hätte. Eine vom Antragsteller befürchtete Globalgestattung wird damit nicht erkannt. Zwar gehen die zu duldenden Pflegemaßnahmen noch nicht aus Nr. 2 des Bescheidstenors hervor, werden aber in eindeutiger Weise durch die Bescheidsbegründung dargelegt. Hiernach bestehen die Pflegemaßnahmen aus einer einmaligen „Erstpflege zur Mahd und zum Freischneiden von Gehölzanflug in diesem Jahr“ sowie einer folgenden „einmal jährlichen Mahd im Spätsommer bzw. Herbst zur Pflege der Streuwiese“. Die jährliche Pflegemaßnahme ist zwangsläufig mit dem Bestehen des Biotop- bzw. FFH-Charakters des Grundstücks verbunden, sodass es auch nicht einer Befristung der jährlichen Mahd auf ein bestimmtes in der Zukunft liegendes Jahr bedarf. Die Duldungsanordnung ist damit in inhaltlicher und zeitlicher Sicht nachvollziehbar, stimmig und schlüssig.
Ebenso ist bezüglich der für die Duldungsanordnung festgelegten Fläche kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz dargelegt. Auch die Duldung der Pflegemaßnahmen bezieht sich unzweifelhaft allein auf die Wiesenbestandteile des Grundstücks und nicht auf die geringfügig bebaute Hoffläche des Antragstellers, die im Übrigen auch nicht von der Biotopkartierung und damit auch nicht von der Duldungsanordnung erfasst ist.
2.2.5. Das im Rahmen der Untersagungs- und Duldungsanordnung ausgeübte Ermessen des Antragsgegners hält der nach § 114 VwGO durchzuführenden inhaltlichen Überprüfung stand. Der Antragsgegner hat mit den streitgegenständlichen Anordnungen nicht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Ermessensfehler hinsichtlich der Entscheidung, einzuschreiten (Entschließungsermessen) und hinsichtlich der Wahl der konkreten Maßnahme (Auswahlermessen) sind nicht ersichtlich.
Der Antragsgegner hat unter Nr. II seiner Bescheidsgründe (S. 3 und 4 bezüglich der Untersagung des Befahrens; S. 5 bezüglich der Duldung von Pflegemaßnahmen) seine Ermessengründe dargelegt und das öffentliche Interesse an der notwendigen Sicherung und dem langfristigen Erhalt des Biotops und des FFH-Gebiets sowie den damit verbundenen positiven Auswirkungen für den Naturhaushalt mit dem Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der Maßnahme abgewogen.
2.2.5.1. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargestellt, dass die Forderung, schutzgebietszerstörende Maßnahmen zu unterlassen, die am wenigsten einschneidende Anordnung darstellt und diese auch als angemessen anzusehen ist, also nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck steht. Der Einwand des Antragstellers, er müsse dann mit seinem Pferdefuhrwerk auf die gefährliche Kreisstraße … … ausweichen, wurde vom Antragsgegner gewürdigt. Seine Einschätzung, dem Antragsteller sei eine kurzzeitige Befahrung der Kreisstraße, deren Verkehrsaufkommen sich aufgrund einer Umgehungs straße verringert habe, ohne außergewöhnliche Gefährdung zumutbar, ist nicht zu beanstanden. So erklären auch der Vortrag einer ansteigenden Hofausfahrt und schlechten Einsehbarkeit vom Kutschbock aus sowie die vorgelegten Fotos (Anlage 16 der Klageschrift) jedenfalls keine außergewöhnliche Gefährdung. Schließlich legen auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzend vorgetragenen Ermessenserwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO) aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 28. Juni 2021 dar, dass das öffentliche Interesse am Erhalt der Schutzfläche das Interesse des Pächters bzw. Eigentümers an der Nutzung des Grundstücks nach eigenem Belieben überwiegt. Es wird zutreffend dargestellt, dass der Antragsteller zum Erreichen des westlich des Grundstücks gelegenen Feldwegs statt der Kreisstraße das zwischen dieser und der FlNr. 5200 in seinem Eigentum stehende Grundstück FlNr. 628/3, das keine naturschutzrechtliche Schutzfläche darstellt, zum Befahren nutzen kann. Ein etwaiger Einwand, der hierauf befindliche Traktorunterstand behindere die Überfahrt, verfängt nicht, da dieser mit bestandskräftiger Anordnung zu beseitigen ist. Im Übrigen wurde ein weiteres Interesse des Antragstellers, weshalb er überhaupt das Grundstück FlNr. 5200 mit einem Pferdefuhrwerk über- /befahren muss, nicht dargelegt.
Der Verweis des Antragstellers auf die Regelung im Entwurf einer Mediationsvereinbarung, wonach ihm in Aussicht gestellt worden sei, einen Streifen von 4 m Breite entlang der südlichen Grenze des Pachtgrundstücks FlNr. 5200 zu begehen und zu befahren, ist bereits nicht rechtlich zu würdigen, da dieser Entwurf nie zum Abschluss kam, sodass er nicht in die Ermessenserwägungen einfließen musste und aufgrund der Verschwiegenheitsverpflichtung über den Entwurf auch nicht durfte.
Ebenfalls nicht zielführend ist der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner könne nicht Eingriffe wie die Errichtung und den Betrieb eines Badesees und die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen im umgrenzenden FFH-Gebiet dulden, den Vorgaben bezüglich des Grundstücks des Antragstellers dagegen genauestens nachgehen. Es wurde schon nicht glaubhaft gemacht, dass auf weiteren Flächen des FFH-Gebiets „Moorkette von P … bis W …“ naturschutzrechtliche Eingriffe zu verzeichnen wären. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch der Vortrag, das Vorgehen gegen den Antragsteller verbiete sich auch daraus, dass gegen die Ableitung der Dränage vom Nachbargrundstück mit der FlNr. 5422 nichts unternommen werde. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte er hieraus keinen Anspruch auf Abwendung der Anordnungen ableiten (keine Gleichbehandlung im Unrecht).
Abgesehen davon hat der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 28. Juni 2021 bereits angekündigt, eine unschädliche Ableitung des hangoberseits der Biotopfläche im Bereich der FlNr. 5422 anfallenden Oberflächenwassers anzustreben und zeitnah gegen das Dränagerohr einschreiten zu wollen (S. 6 der Antragserwiderung v. 28.6.2021). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Behörde nicht gegen jede rechtswidrige Maßnahme gleichzeitig vorgehen muss. Es ist vielmehr zulässig, wenn die Behörde anlassbezogen oder auf Basis eines Konzepts schrittweise vorgeht und möglicherweise auch erst einmal exemplarisch einen typischen Fall herausgreift und ein gerichtliches Verfahren abwartet, wenn rechtliche Unsicherheiten bestehen (vgl. für das insoweit übertragbare Baurecht Decker in Busse/Kraus, BayBO, Werkstand: 141. EL März 2021, Art. 76 Rn. 232 ff. m.w.N.).
2.2.5.2. Auch bezüglich der Duldungsanordnung sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Der Antragsgegner hat ermessensgerecht gewürdigt, dass die Pflegemaßnahmen nur einen geringen zeitlichen Umfang ausmachen (einmalige Erstpflege und in der Folge eine einmal jährliche Mahd), sodass die Duldung in Abwägung der Schutzbedürftigkeit der Fläche und der Sozialbindung des Eigentums mit den persönlichen Interessen des Antragstellers an der Nutzbarkeit des Grundstücks zumutbar ist. Gleiches gilt bezüglich der weiteren Erwägung des Antragsgegners, dass mit der Duldungsverpflichtung kein wirtschaftlicher Nachteil verbunden ist und die Kosten der zu duldenden Pflegemaßnahmen der Antragsgegner trägt.
2.3. Erweist sich der Bescheid somit nach vorläufiger Prüfung als rechtmäßig, so besteht darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse an dessen sofortigem Vollzug. Dem gewichtigen öffentlichen Interesse des Schutzes von Biotopen (§ 30 BNatschG) und FFH-Gebieten (§§ 32 ff. BNatSchG) stehen hier keine gleichwertigen oder höher zu bewertenden privaten Interessen des Antragstellers gegenüber. Er wird durch die Unterlassungs- und Duldungspflicht weder tatsächlich noch in wirtschaftlicher Hinsicht unangemessen belastet. Es werden zu seinen Lasten weder vollendete Tatsachen geschaffen noch wird er durch die Duldungsanordnung zur Kostentragung verpflichtet. Es kann nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens die Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen verhindern kann. Ein Fortschreiten der Befahrung des Randstreifens und der Ruderalisierung der übrigen Grundstücksfläche würde die Gefahr eines Totalverlusts des Schutzgebietscharakters des Grundstücks mit sich bringen.
Schließlich steht auch nicht § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG dem Sofortvollzug entgegen. Das dort geregelt Verbot, Gebüsche im Außenbereich zwischen dem 1. März und 30. September zu schneiden oder zu beseitigen, ist für die vorliegende, vom fachlichen Naturschutz empfohlene behördlich angeordnete Maßnahme nach Nr. 2 des Bescheids nicht anzuwenden (§ 39 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs. Der Streitwert beträgt die Hälfte des Regelstreitwerts.


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