Baurecht

Wohnfläche bei Spargelanbau

Aktenzeichen  1 BV 16.232

Datum:
29.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2019, 562
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Eine Mehrzweckhalle, die insbesondere der Aufbereitung und dem Verkauf von Spargel dient, und eine Unterstellhalle mit Wohncontainern für Saisonarbeitskräfte, die ca. 5 km von der Hofstelle und 10 – 11 km von den Hauptanbauflächen für Spargel entfernt errichtet werden sollen, sind nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert zulässig. Es fehlt an der erforderlichen räumlichen Nähe zu dem Schwerpunkt der betrieblichen Abläufe. (Rn. 22 – 26)
1. Für die Einstufung als Vollerwerbsbetrieb kommt es nicht maßgeblich auf das Verhältnis der Einnahmen aus der Landwirtschaft zu den sonstigen Einnahmen an, sondern darauf, ob der Landwirt seine Arbeitskraft ganz überwiegend für die Landwirtschaft einsetzt. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 9 K 15.3358 2015-12-09 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beigeladenen hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben, da die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2016 – 4 C 5.15 – BVerwGE 156, 1) rechtswidrig ist und die Planungshoheit der Klägerin verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat das erforderliche gemeindliche Einvernehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zu Unrecht ersetzt. Das Bauvorhaben ist als privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht genehmigungsfähig, als sonstiges Vorhaben beeinträchtigt es öffentliche Belange (§ 35 Abs. 2, 3 BauGB).
1. Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist ein Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. Bei dem Betrieb des Beigeladenen handelt es sich um einen auf Dauer angelegten landwirtschaftlichen Betrieb (1.1). Die beantragte Mehrzweckhalle, in der der geerntete Spargel aufbereitet und versandfertig gemacht sowie in kleineren Mengen verkauft wird, und die Unterstellhalle für Wohncontainer sind an dem beantragten Standort nicht zulässig, da weder eine räumliche Beziehung zu der Hofstelle noch zu den Anbauflächen des Beigeladenen besteht (1.2). Die Unterstellhalle dient auch in der konkreten Ausführung nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb (1.3). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang vorliegend ein Unterkunftsbedarf für Erntehelfer angenommen werden kann. Die Unzulässigkeit der genannten Vorhaben führt zusammen, aber auch jeweils für sich, zur Unzulässigkeit des Gesamtvorhabens (1.4), so dass es auf die Frage der Zulässigkeit der Maschinenhalle an dem geplanten Standort nicht mehr ankommt.
1.1. Die landwirtschaftliche Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt einen auf Dauer angelegten Betrieb voraus, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet, erfordert Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und es muss sich um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7.04 – BVerwGE 122, 308 m.w.N.). Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann auch als Nebenerwerbsbetrieb geführt werden. Die Abgrenzung zwischen Voll- und Nebenerwerbsbetrieb richtet sich in erster Linie danach, ob der Betreiber die landwirtschaftliche Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausübt (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.1991 – 4 C 2.89 – NVwZ-RR 1992, 400). Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt neben der Möglichkeit der Gewinnerzielung der dauerhaft gesicherte Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt die für seine Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauernd zur Verfügung steht. Die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes kann auch gewährleistet sein, wenn ein Teil der landwirtschaftlichen Flächen nur gepachtet ist. Je umfangreicher eine derartige Hinzupacht ist, desto unsicherer wird aber, ob angesichts der spezifischen Schwäche des Pachtlandes als einer nur schuldrechtlichen Bindung die erforderliche Nachhaltigkeit noch gewährleistet ist. Neben dem Verhältnis von Eigentums- und Pachtflächen kommt es entscheidend darauf an, ob die Pachtverhältnisse langfristig gesichert sind (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9.11 – NVwZ 2013, 155; B.v. 19.5.1995 – 4 B 107.95 – juris Rn. 6; B.v. 22.12.1993 – 4 B 206.93 – juris Rn. 2; B.v. 3.2.1989 – 4 B 14.89 – BauR 1989, 182).
Der Senat geht davon aus, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung als Nebenerwerbsbetrieb geführt wurde. Der Beigeladene war halbtags bei einer Firma in S … beschäftigt, sein Sohn, der als Hofnachfolger vorgesehen ist, arbeitete bei dieser Firma sogar zu 80%. Für die Einstufung als Vollerwerbsbetrieb kommt es nicht maßgeblich auf das Verhältnis der Einnahmen aus der Landwirtschaft zu den sonstigen Einnahmen an, sondern darauf, ob der Landwirt seine Arbeitskraft ganz überwiegend für die Landwirtschaft einsetzt (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.1991 – 4 C 2.89 – NVwZ-RR 1992, 400). Arbeitet er zu einem wesentlichen Teil in einem anderen Beruf und behält sich dort eine feste Einkommensquelle, führt er keinen Vollerwerbsbetrieb. Die Arbeitsanteile mehrerer Familienmitglieder können zu diesem Zweck nicht zusammengezählt werden.
Bei dem Nebenerwerbsbetrieb des Beigeladenen handelt es sich um einen auf Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung angelegten Betrieb. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat in seiner Stellungnahme vom 20. Januar 2014 ausgeführt, dass der landwirtschaftliche Betrieb im Jahr 1986 gegründet worden sei und sich seither kontinuierlich entwickelt habe. Der Betrieb erwirtschafte weit über dem Durchschnitt liegende Gewinne aus der Landwirtschaft. Die geplanten Investitionen gefährdeten weder die Liquidität noch die Stabilität des Betriebes. Im Berufungsverfahren hat der Beigeladene Nachweise zu den Einkünften aus der Landwirtschaft vorgelegt, die die Einschätzung der Behörde bestätigten. Weitere Nachweise, insbesondere eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung, waren vorliegend nicht erforderlich. Wird von fachkundiger Stelle nachvollziehbar bestätigt, dass es sich um einen generell lebensfähigen Betrieb handelt und die Investitionsmaßnahmen erwirtschaftet werden können, reduzieren sich die Nachweispflichten des mitwirkungspflichtigen Bauherrn (vgl. BVerwG, B.v. 11.10.2012 – 4 C 9.11 – NVwZ 2013, 155).
Der Annahme einer Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betätigung steht nicht entgegen, dass es sich bei lediglich etwas mehr als 10% der bewirtschafteten Fläche um Eigentumsflächen handelt. Für das Verhältnis von Eigentumsflächen zu Pachtflächen ist der Strukturwandel in der Landwirtschaft zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, U.v. 21.6.1993 – 8 S 2970/92 – BRS 55 Nr. 80). Wie das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, gibt jedes Jahr eine nicht geringe Anzahl von kleineren Betrieben die Landwirtschaft auf. Die landwirtschaftlichen Flächen würden aber oft nicht verkauft, sondern lediglich verpachtet. Ein größerer landwirtschaftlicher Betrieb (Gesamtfläche von 60 – 70 ha) habe etwa 50% der Nutzflächen gepachtet, bei noch größeren Betrieben steige die Pachtquote auf 80 – 90% an. Der Pachtanteil im Betrieb des Beigeladenen, der im Januar 2014 ca. 151 ha bewirtschaftete, ist daher nicht ungewöhnlich. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 11. Oktober 2012 (4 C 9.11 – NVwZ 2013, 155) betont hat, kommt es maßgeblich darauf an, dass ein dauerhafter Zugriff auf die landwirtschaftlichen Flächen sichergestellt ist. Dies ist bei dem Betrieb des Beigeladenen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu bejahen. Die rechtlichen Anforderungen, die an die Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes zu stellen sind, hängen von den unterschiedlichen Erscheinungsformen der Betriebe ab, wechseln von Betriebsart zu Betriebsart und sind abhängig von den Gegebenheiten und Gewohnheiten der jeweiligen Region, in der die Landwirtschaft betrieben wird (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2001 – 4 B 49.01 – BRS 64 Nr. 92). Zwar werden die Pachtverträge regelmäßig „nur“ für die Dauer von 10 Jahren geschlossen und es besteht keine vertragliche Verlängerungsoption. Der Vortrag des Beigeladenen, dass er keine Schwierigkeiten habe, die Pachtverhältnisse für Spargelanbauflächen, die seinen Betriebsschwerpunkt darstellen, zu verlängern, ist aber nachvollziehbar. Da die Sonderkulturen einen hohen Marktpreis erzielen, kann der Beigeladene, wie sich der Senat durch Einblick in die Pachtverträge vergewissern konnte, deutliche höhere Pachtpreise zahlen als dies für Acker- und Grünland üblich ist. Wie in der Stellungnahme des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ausgeführt, hat der Beigeladene seine Anbauflächen kontinuierlich ausgeweitet (jährlich um ca. 15-20 ha) und bewirtschaftet aktuell 110 ha Spargelfläche (insgesamt 226,3 ha). Er hat weiter im Einzelnen nachgewiesen, dass auslaufende Pachtverträge – von Ausnahmen abgesehen – verlängert wurden (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2007 – 26 B 04.1772 – juris Rn. 13). Soweit die Klägerin auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 10. Juni 1998 Bezug nimmt, wird im Übrigen in der aktuellen Fassung nur noch bei Neugründung von Nebenerwerbsbetrieben eine Pachtzeit von mindestens zwölf Jahren gefordert (vgl. Bek.v. 20.12.2016, AllMBl 2017, 5).
1.2. Die Privilegierung eines Vorhabens gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass das Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Bei der Auslegung des Merkmals „Dienen“ ist der Grundgedanke des § 35 BauGB, dass der Außenbereich grundsätzlich nicht bebaut werden soll, zu beachten; durch ihn wird die Privilegierung eingeschränkt. Es reicht deshalb nicht aus, dass ein Vorhaben nach den Vorstellungen des Landwirts für seinen Betrieb lediglich förderlich ist. Andererseits kann nicht verlangt werden, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist. Die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits bilden den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens. Innerhalb dieses Rahmens muss darauf abgestellt werden, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienen“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 – 4 C 11.89 – NVwZ-RR 1992, 401). Es umfasst auch eine gewisse räumliche Zuordnung von landwirtschaftlichen Vorhaben zu den Betriebsflächen. Das Gesetz lässt Bauvorhaben, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, nicht deshalb bevorzugt im Außenbereich zu, weil es die Landwirte als Personengruppe begünstigen will, sondern weil Landwirtschaft Bodenertragsnutzung auf – typischerweise weiten – Außenbereichsflächen ist und weil die möglichst nahe räumliche Zuordnung der Hofstelle zu den Betriebsflächen der landwirtschaftlichen Betriebsweise in besonderer Weise dienlich und für den Betriebserfolg im Allgemeinen von Bedeutung ist. Unmittelbare Nähe der landwirtschaftlichen Betriebsstellen zu den Betriebsflächen allgemein und für jeden Fall vorauszusetzen, würde den Erfordernissen landwirtschaftlicher Betriebe mit verstreuten Betriebsflächen nicht gerecht. Allerdings ist hier besonders genau zu prüfen, ob ein vernünftiger Landwirt das Vorhaben an dem gewählten Standort verwirklichen würde (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.1985 – 4 C 71.82 – NVwZ 1986, 644; B.v. 16.5.1991 – 4 C 2.89 – NVwZ-RR 1992, 400).
Nach diesen Maßgaben dienen die Mehrzweckhalle und die Unterstelle für Wohncontainer an dem beantragten Standort nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb, da weder eine räumliche Nähe zu der Hofstelle noch zu einem Schwerpunkt der Spargelanbauflächen besteht.
Die geplante Mehrzweckhalle soll insbesondere der Aufbereitung von Spargel dienen, es soll eine neue Spargelbearbeitungsstraße Platz finden. Der Spargel wird im Verkaufsraum auch an den Endkunden abgegeben, wofür ein gewisser Anteil mit der Schälmaschine geschält wird. Weiter sind Büro-, Aufenthalts- und Umkleideräume vorgesehen. In der Halle sollen zur Spargelzeit 20 Mitarbeiter beschäftigt sein. Zur Landwirtschaft im Sinn des § 201 BauGB können auch Stufen der Verarbeitung oder der Veredelung eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses gehören. Das Herstellen der „Marktreife“ steht noch in einem landwirtschaftlich geprägten Zusammenhang mit der Bodenertragsnutzung, auch ein zumeist verstärkter Einsatz technischer Verfahren oder menschlicher Arbeit steht der Zuordnung als landwirtschaftliche Betriebsform nicht von vornherein entgegen. Im Einzelnen ergeben sich Abgrenzungsschwierigkeiten, ob die Betätigung noch der unmittelbaren Bodenertragsnutzung zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.1985 – 4 C 13.82 – NVwZ 1986, 201). Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat ausgeführt, dass Spargelbetriebe eine erste Marktreife des Produkts selbst herstellen müssten, da es keine Verarbeitungsbetriebe gebe. Davon ausgehend ist hier lediglich fraglich, ob es sich bei den Tätigkeiten in der Mehrzweckhalle noch um Landwirtschaft im Sinn von § 201 BauGB handelt oder um bei isolierter Betrachtung im Außenbereich nicht privilegiert zulässige (Neben-)Nutzungen, die durch ihre betriebliche Zuordnung zu der landwirtschaftlichen Tätigkeit von dieser gleichsam mitgezogen werden und damit im Sinn von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB an der Privilegierung teilnehmen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1998 – 4 B 66.98 – NVwZ-RR 1999, 106; U.v. 30.11.1984 – 4 C 27.81 – NVwZ 1986, 203). Die sehr aufwendige Spargelaufbereitung (u.a. Schockfrosten) und verkaufsfertige Konfektionierung des Produkts sowie ein großzügiger Verkaufsbereich mit dem Angebot an den Kunden, einen schon geschälten Spargel zu erhalten, gehen in der Gesamtschau über das Herstellen einer ersten Marktreife hinaus; die bestmögliche Vermarktung und der Verkauf des Produktes stehen im Vordergrund. Es dürfte sich damit insgesamt um eine mitgezogene Nutzung handeln, die an der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebs des Beigeladenen teilnimmt (vgl. OVG NW, U.v. 21.7.1999 – 7 A 10/98 – NVwZ-RR 2000, 347). Diese Betriebserweiterung ist gegenüber der Haupttätigkeit des Spargelanbaus sowohl hinsichtlich des Flächenanteils als auch des Arbeitskräfteanteils untergeordnet (vgl. BVerwG, U.v. 28.8.1998 a.a.O.). Die Einstufung als Landwirtschaft im Sinn von § 201 BauGB oder als mitgezogener Betriebsteil ist für die Frage der räumlichen Zuordnung der Mehrzweckhalle zu den Betriebsflächen letztlich nicht entscheidend. In beiden Fällen ist eine räumliche Nähe der Produktions- und Verarbeitungsstufe zum Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit nötig, der in erster Linie an oder in unmittelbarer Nähe der Hofstelle besteht (vgl. Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2018, § 35 Rn. 25, 28). Diese Anforderung stellt sich im Hinblick auf eine mitgezogene Tätigkeit lediglich noch deutlicher dar.
Diese räumliche Nähe fehlt vorliegend. Der geplante Standort für das Bauvorhaben liegt südlich von S …, ca. 5 km entfernt von der Hofstelle. Die Hofstelle mit dem Betriebsleiterwohnhaus wird nicht aufgegeben, die vorhandenen Hallen sollen zukünftig als Unterstellfläche für saisonale Maschinen und Geräte genutzt werden. In unmittelbarer Nähe des geplanten Standorts liegen weder Ackerflächen noch Spargelanbauflächen des Beigeladenen, die nächsten Spargelfelder sind 3,5 bzw. 4,5 km von dem geplanten Standort entfernt. Der Großteil der Spargelanbauflächen liegt nördlich und nordöstlich von S … bzw. der Hofstelle. Schwerpunkte des Spargelanbaus wie die Felder in L …L … oder W …M …G … sind 11 bzw. 10 km entfernt. Die vom Beigeladenen vorgetragenen Argumente können den fehlenden Bezug zum Schwerpunkt der betrieblichen Abläufe nicht entkräften. Der Beigeladene sieht den Vorteil des Standorts insbesondere im Hinblick auf die gute Verkehrslage. So trägt er vor, dass die mit der Aussiedlung verbundene Erleichterung der Betriebsabläufe durch die unmittelbare Anbindung an die Staatsstraße aus betrieblicher Sicht stärker wiege als die geringfügig größere Entfernung der Spargelfelder im Vergleich zur bisherigen Hofstelle. Dabei lässt er zunächst unberücksichtigt, dass die bisherige Hofstelle nicht aufgegeben wird, es sich damit nur um eine Teilaussiedlung handelt. Auf Planungsabsichten, die nicht Bestandteil des Baugenehmigungsverfahrens sind, sondern dort auch nur sehr vage angedeutet wurden (vgl. die Stellungnahme des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.1.2014: „Eventuell wird in einigen Jahren das Betriebsleiterwohnhaus ebenfalls am neuen Betriebsstandort errichtet“), kommt es nicht entscheidend an. Bei dem geplanten Standort handelt es sich auch nicht um eine zweite Hofstelle. Die Hofstelle befindet sich nur dort, wo das Betriebsleiterwohnhaus liegt (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2006 – 4 B 10.06 – NVwZ 2006, 696). Die vom Beigeladenen aufgelisteten täglichen Fahrten zu den Spargelfeldern zeigen, dass diese Fahrten zu den genannten Schwerpunkten der Spargelanbauflächen L …L … (8x täglich) und W …M …G … (5x täglich) am häufigsten vorkommen, diese Felder aber mit am weitesten entfernt vom geplanten Standort liegen. Der Senat verkennt nicht, dass die Verkehrssituation an der jetzigen Hofstelle im Hinblick auf den LKW-Verkehr (Abtransport der erheblichen Spargelmengen) schwierig ist. Er bezweifelt aufgrund der beengten Situation an der Hofstelle auch nicht die Erforderlichkeit für eine Auslagerung der Spargelaufbereitung. Zu diesem Zweck kann aber nicht jeder verkehrlich günstig gelegene Standort im Umkreis der vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen des Beigeladenen gewählt werden. Gerade bei einem Streubesitz von Flächen ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob der notwendige funktionale Bezug zu der Landwirtschaft gewahrt ist. Dieser Bezug liegt vor, wenn ein Standort gewählt wird, der möglichst nahe bei der Hofstelle bzw. im Einzelfall auch bei einem Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Flächen liegt (vgl. OVG RhPf, U.v. 27.7.2011 – 8 A 10394/11 – NVwZ-RR 2012, 15; VGH BW, U.v. 4.3.1996 – 5 S 1526/95 – BRS 58 Nr. 87). Eine verkehrsgünstige Lage kann für den Landwirt bei dem Vergleich mehrerer Standorte, die den räumlichen Bezug aufweisen, für die endgültige Wahl entscheidend sein. Diese Wahl des Standortes kann dann unter dem Gesichtspunkt des „Dienens“ vom Gericht nicht beanstandet werden. Ein Vorhaben, das einem landwirtschaftlichen Betrieb funktional zugeordnet und nach seiner Gestaltung und Ausstattung durch den betrieblichen Verwendungszweck erschöpfend geprägt ist, genießt die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB losgelöst von der Standortfrage (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 – 4 C 11.89 – NVwZ-RR 1992, 401; U.v. 20.6.1994 – 4 B 120.94 – NVwZ-RR 1994, 637; BayVGH, B.v. 11.7.2016 – 15 ZB 14.400 – juris). Die gute Anbindung des Standortes an die Staatsstraße und die Nähe zur Bundesstraße kann aber – auch unter Berücksichtigung der Betriebsabläufe beim Spargelanbau – nicht von vornherein der maßgebliche Gesichtspunkt sein. Der geplante Standort weist mit einer Entfernung von 5 km zur Hofstelle und von 10 – 11 km zu den Schwerpunkten der Spargelanbauflächen keine angemessene Entfernung mehr auf. Soweit der Beigeladene vorgetragen hat, dass ihm zu den Spargelanbauflächen näher gelegene, gleichermaßen geeignete Flächen nicht zur Verfügung stehen, kann dieser Umstand die Bevorrechtigung von Anlagen im Außenbereich nicht begründen (vgl. VGH BW, U.v. 4.3.1996 – 5 S 1526/95 – BRS 58 Nr. 87). Im Übrigen hat der Beigeladene offensichtlich nicht nach den genannten, entscheidenden Kriterien nach einem Standort gesucht; er hat das Grundstück zudem erst für das Bauvorhaben erworben.
Der erforderliche räumliche Bezug fehlt auch für die geplante Unterbringung von Saisonarbeitern an dem Standort, unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang Unterkünfte für Saisonarbeiter vorliegend bevorrechtigt zulässig sind. Bei Unterkünften für landwirtschaftliche Arbeiter muss der enge Bezug zu der landwirtschaftlichen Tätigkeit besonders im Vordergrund stehen. Nur die Betriebsabläufe und die Wirtschaftsweise können die Notwendigkeit von Arbeiterunterkünften vor Ort begründen. Dies wird in aller Regel dazu führen, dass landwirtschaftliche Arbeiter mit engem räumlichem Bezug zur Hofstelle untergebracht werden (vgl. BVerwG, U.v. 4.3.1983 – 4 C 69.79 – BauR 1983, 343; zu einer befristeten Unterbringung von Saisonarbeitern in unmittelbarer Nähe der bewirtschafteten Obstfelder OVG RhPf, U.v. 21.3.2002 – 1 A 11700/01 – BauR 2002, 1213). Die im Verfahren geltend gemachten Gründe, dass die Saisonarbeiter, die über kein Kraftfahrzeug verfügen, besser zusammen an einem zentralen Ort untergebracht seien, die vorgesehene Unterbringung kostengünstig sei, sich eine Unterbringung im Innenbereich aufgrund möglicher Abwehrreaktionen der Bevölkerung nicht anbiete, können für eine privilegierte Unterbringung im Außenbereich nicht ausschlaggebend sein.
1.3. Weiter entspricht die konkrete Ausführung der Unterstellhalle, die Platz für insgesamt 68 Container bietet, nicht dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Der Beigeladene hat mit dem Bauantrag hier zwei Pläne eingereicht. 13 Wohncontainer, zwei Sanitärcontainer und ein Aufenthaltscontainer sollen das ganze Jahr in der Unterstellhalle verbleiben, sie gehören dem Beigeladenen. Zur Zeit der Spargelernte sollen dort zusätzlich 44 Wohncontainer, vier Sanitärcontainer und vier Aufenthaltscontainer aufgestellt werden, die der Beigeladene befristet anmietet.
Soweit die Unterstellhalle einem dauernden Bedarf dienen soll, ist sie erheblich überdimensioniert. Nach den im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Zahlen hat der Betrieb des Beigeladenen außerhalb der Spargelerntezeit keinen oder nur einen sehr geringen Bedarf an Saisonarbeitern (0-8 Arbeitskräfte). Mit der Auflage in der Baugenehmigung, dass die Nutzung der Wohncontainer nur durch im Betrieb tätige Arbeitskräfte zulässig ist, kann die Überdimensionierung nicht gerechtfertigt werden. Ein Bauwerk, das von seinen Dimensionen her nicht auf die betrieblichen Bedürfnisse abgestimmt ist, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (vgl. BVerwG, B.v. 31.8.1993 – 4 B 150.93 – juris Rn. 3). Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht darauf abstellt, dass die Halle im Hinblick auf den Zeitraum von drei Monaten, in denen der Beigeladene eine große Zahl von Saisonarbeitern beschäftigt, nicht gerechtfertigt ist. Dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs entspricht es hier, alleine die benötigten Container aufzustellen. Für eine feste Unterstellhalle, in der die Wohncontainer Platz finden sollen, besteht kein bevorrechtigter Bedarf (vgl. OVG RhPf, U.v. 21.3.2002 – 1 A 11700/01 – BauR 2002, 1213). Das Argument, dass die geplante Einhausung im Hinblick auf das Orts- und Landschaftsbild schonender sei als eine befristete Aufstellung von Wohncontainern, kann der Senat nicht nachvollziehen. Soweit im Berufungsverfahren zuletzt vorgetragen wurde, dass die Unterstellhalle im Übrigen im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs für die Einlagerung von Ernteprodukten und Maschinen genutzt werde, wurde diese Nutzung mit den eingereichten Plänen und der abgegebenen Betriebsbeschreibung im Baugenehmigungsverfahren nicht beantragt.
Da die Unterstellhalle für Wohncontainer bereits aus den genannten Gründen nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genehmigungsfähig ist, ist vom Senat nicht mehr abschließend zu prüfen, ob die Saisonarbeiter wie bisher auch auf der Hofstelle untergebracht werden könnten (vgl. Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 2.5.2016). Das Landratsamt hat hier Bedenken aufgrund des festgesetzten Überschwemmungsgebietes angemeldet. Nicht entscheidungserheblich ist auch die Frage, in welchem Umfang vorliegend ein bevorrechtigter Unterkunftsbedarf für Saisonarbeiter angenommen werden kann. Die ministerielle Bekanntmachung vom 20. Dezember 2016 (AllMBl 2017, 5) weist dazu darauf hin, dass zunächst eine Prüfung alternativer Unterbringungsmöglichkeiten erfolgen sollte.
1.4. Auch die Frage, ob die Maschinenhalle an dem geplanten Standort, in der nicht nur die Maschinen für die Bewirtschaftung der Sonderkulturen aufbewahrt werden sollen, privilegiert zulässig sein könnte, braucht nicht mehr aufgeklärt werden. Die Baugenehmigung ist grundsätzlich nicht teilbar, da sie die einheitliche und deshalb grundsätzlich unteilbare Feststellung enthält, dass das im Bauantrag beschriebene und zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben in seiner Gesamtheit nicht gegen zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 7.8.2012 – 15 CS 12.1147 – juris Rn. 14; OVG Saarl, B.v. 22.10.1996 – 2 W 30/96 – BauR 1997, 283; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2016, Art. 68 Rn. 39). Auch wenn ein Bauantrag tatsächlich und rechtlich aufgeteilt werden könnte, kann dies nur mit Zustimmung des Bauherrn erfolgen, da er allein den Umfang der zu erteilenden Baugenehmigung bestimmt (vgl. SächsOVG, B.v. 13.8.2012 – 1 B 242/12 – NVwZ-RR 2013, 14). Das Verwaltungsgericht hat vorliegend zu Recht auf die funktionale Zusammengehörigkeit des Bauvorhabens hingewiesen, im „landschaftspflegerischen Begleitplan – Planzeichnung Hofstelle“ werden die Vorhaben ebenfalls als Einheit behandelt. Da maßgeblicher Zeitpunkt für das Verfahren bei Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung ist, ist auch eine nachträgliche Zustimmung des Beigeladenen zu einer Aufteilung der Hallen ohne Belang. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine entsprechende Rechtsprechung damit begründet, dass die Gemeinde bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Baugenehmigung erteilt werde, das Recht habe, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu Lasten des Bauherrn im Wege der Bauleitplanung zu ändern (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2016 – 4 C 5.15 – BVerwGE 156, 1). Damit kann das Gesamtbauvorhaben im Klageverfahren nicht in möglicherweise zulässige Einzelbauvorhaben aufgeteilt werden. Dass die Klägerin bereit ist, ihr Planungsrecht auch vorliegend auszuüben, ergibt sich aus der späteren Entwicklung des Verfahrens. Der Beigeladene hat einen zweiten Bauantrag ohne die Errichtung einer Unterstellhalle für Wohncontainer eingereicht, auf den die Klägerin mit einer Veränderungssperre reagiert hat.
2. Das nichtprivilegierte Bauvorhaben lässt die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und beeinträchtigt mit der Bebauung die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen


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