Baurecht

Wohnnutzung im Landschaftsschutzgebiet

Aktenzeichen  M 11 K 20.5239

Datum:
19.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48815
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

1. Ein Vorhaben „dient“ einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht schon dann, wenn es nach den Vorstellungen des Betriebsinhabers für seinen Betrieb förderlich ist. Da aber auch nicht verlangt werden kann, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist, bilden die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da bauliche Anlagen regelmäßig dauerhaft errichtet werden, darf der Außenbereich zu dessen Schutz nur aufgrund einer langjährig „auf Generationen“ angelegten landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung. Ferner soll der Außenbereich auch wegen des Erholungswertes der Landschaft für die Allgemeinheit möglichst von Bebauung freigehalten werden. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bereits die erste Errichtung eines Wohngebäudes im Außenbereich kann aufgrund einer unerwünschten Vorbildwirkung den Vorgang der Zersiedelung einleiten und damit die Befürchtung begründen, dass eine Splittersiedlung entstehen könnte. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger wird durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da die Ablehnung der Baugenehmigung (I.), die Untersagung der Wohnnutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück (II.) sowie die Androhung eines Zwangsgelds (III.) rechtmäßig sind.
I. Die Ablehnung des Antrags auf Baugenehmigung vom 20. Juli 2020 ist formell und materiell rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gem. Art. 68 Abs. 1 Satz BayBO auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung, da öffentlichrechtliche Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind, entgegenstehen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, da die ange24 strebte Nutzung nicht nach § 35 BauGB zulässig ist.
1.1 Die bereits aufgenommene und nun nachträglich zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung des ehemaligen Stadels hin zu einer Wohnnutzung ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig.
1.2 Das Vorhabengrundstück befindet sich im Außenbereich. Die baurechtliche Zuläs sigkeit richtet sich daher nach § 35 BauGB. Danach sind Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, eine Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BauGB vorliegt und die Erschließung gesichert ist. Ferner kann ein Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn es keine öffentlichen Belange beeinträchtigt.
1.2.1 Die beantragte Wohnnutzung dient keinem landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Eine solche Nutzung wäre in Form einer Betriebsleiterwohnung im Außenbereich dann zulässig, wenn diese einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen (a.) und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen würde. Ein landwirtschaftlicher Betrieb muss dabei u.a. ein auf Dauer ausgerichtetes, lebensfähiges und auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen sein (b.). Diese Anforderungen sollen sicherstellen, dass die Privilegierung baulicher Vorhaben tatsächlich auf Betriebe begrenzt bleibt, die wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Es soll einem möglichen Missbrauch entgegengewirkt werden, indem eine – vorgeschobene – landwirtschaftliche Tätigkeit eine andere tatsächliche Nutzung – etwa die Errichtung eines Wohngebäudes im Außenbereich – verschleiern soll (Battis/Kautzenberger/Löhr/Mitschang/Reidt, 14. Aufl. 2019, BauGB § 35 Rn. 13).
a. Eine Privilegierung der angestrebten Wohnnutzung scheitert zumindest am Tatbestandsmerkmal „dienen“. Durch diese Voraussetzung wird zum Schutz des Außenbereichs die Möglichkeit zur Errichtung baulicher Anlagen auch bei Bestehen eines privilegierten landwirtschaftlichen Betriebs eingeschränkt. Es soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Dabei muss darauf abgestellt werden, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (VG München, U.v. 9.12.2004 – M 11 K 02.3231, juris Rn. 33 m.w.N.). Ein Vorhaben „dient“ einem landwirtschaftlichen Betrieb damit nicht schon dann, wenn es nach den Vorstellungen des Betriebsinhabers für seinen Betrieb förderlich ist. Da aber auch nicht verlangt werden kann, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist, bilden die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens (BayVGH, B.v. 22.4.2020 – 1 ZB 19.190 – juris Rn. 4). Der Kläger unterhält zum Zeitpunkt des gerichtlichen Augenscheins einen Tierbestand von etwa 28 Tieren (Kühe und Kälber). Die Haltung der Tiere erfolgt in Form einer extensiven Haltung der Mutterkühe. Nach den insoweit eindeutigen Stellungnahmen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22. März 2010 und 29. Juni 2020 ist es aufgrund dieser Art der Haltung aus fachlicher Sicht möglich, diese auch von einem etwas entfernten Wohnort zu bewältigen. Diese Art der Mutterkuhhaltung führe zu einem relativ geringen Betreuungsaufwand für die Mutterkuhherde. Entgegen der Auffassung des Klägers sei es damit nicht erforderlich, dass der Kläger in unmittelbarer Nähe des Stalles wohne. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer an. Soweit die Bevollmächtigte des Antragsstellers die Notwendigkeit einer Betriebswohnung damit begründet, dass in bestimmten Sondersituationen (Blitzeinschlag, Verletzung eines Tieres beim Weiden, Koliken der Tiere usw.) die unmittelbare Nähe des Klägers notwendig sei, ist dies nicht geeignet, die grundsätzlichen Feststellungen des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu entkräften. Bei den dargestellten Konstellationen handelt es sich um Sondersituationen, welche nur in Ausnahmefällen eintreten dürften. Ferner ist gerade auch aufgrund der extensiven Haltungsform beispielsweise eine Verletzung beim Weiden selbst dann nicht zwingend sofort erkennbar, wenn der Kläger vor Ort wohnt. Dass die Haltung der Tiere auch ohne eine Wohnnutzung vor Ort möglich ist, wird zudem dadurch deutlich, dass der Kläger bereits vor Aufnahme der Wohnnutzung an der Hofstelle im Jahr 2010 die Viehzucht auf dem streitgegenständlichen Gelände betrieben hat. Soweit die Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, dass der Betrieb mittlerweile eine Größe erreicht habe, die eine Bewirtschaftung von außerhalb nicht mehr erlaube, kann dies nicht nachvollzogen werden. Zum Zeitpunkt des gerichtlichen Augenscheins lag der Tierbestand bei 28 Tieren. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Klägers vorgetragen, dass sich der Tierbestand konstant um eine Größenordnung von etwa 30 Tieren bewege. Ausweislich der Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft und Forsten vom 5. August 2005 im Rahmen des Bauvorbescheidsverfahrens für den Anbau des Mutterkuhstalls betrug der Tierbestand bereits zum damaligen Zeitpunkt 29 Tiere. Da sich die Betätigung des Klägers soweit ersichtlich auf die Zucht und den Verkauf von Rindern beschränkt, ist nicht ersichtlich, in welcher Form eine maßgebliche Vergrößerung des Betriebs seither stattgefunden haben soll. Insoweit ist eine Wohnnutzung des Klägers an der Hofstelle entgegen der Auffassung seiner Bevollmächtigten auch zum heutigen Zeitpunkt nicht unentbehrlich.
Ferner fehlt es aus Sicht eines vernünftigen Landwirts auch deshalb am Merkmal des „Dienens“, weil es an der Rentabilität des Vorhabens fehlt. An den Anforderungen für eine Rentabilität eines Vorhabens, welches eine privilegierte Bebauung des Außenbereichs erlaubt, fehlt es dann, wenn die mit dem Vorhaben verbundenen Kostenrisiken in klarem Missverhältnis zu den angestrebten betrieblichen Vorteilen stehen. Maßstab ist dabei nicht eine mathematisch exakte Kostenkalkulation, sondern eine Gesamtbetrachtung (BayVGH, B.v. 22.4.2020 – 1 ZB 19.190 – juris Rn. 5). Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass ein vernünftiger Landwirt – wie im vorliegenden Fall geschehen – umfangreiche Investitionen in die Umnutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken in Stallnähe tätigen würde. Ausweislich des Antrags auf Baugenehmigung für die begehrte Wohnnutzung vom 20. Juli 2020 geht der Kläger für das Vorhaben von Investitionskosten in Höhe von 108.550 EUR aus. Der Beklagte geht sogar von Investitionskosten in Höhe von etwa 275.000 EUR aus. Nach eigenen Angaben im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins am 19. November 2020 kann der Kläger von der Bewirtschaftung des Hofes nicht leben. Er erzielt durch den Fleischverkauf jährlich etwa 10.000 EUR. Diese – für den geringen Viehbestand hoch erscheinenden – Einnahmen unterstellt, müssen hiervon laufende Kosten, wie Benzin und Reparaturkosten für die landwirtschaftlichen Maschinen u.ä., in Abzug gebracht werden. Der hiernach verbleibende Betrag ist damit in jedem Fall so gering, dass er keinesfalls eine Investition in der oben genannten Größenordnung rechtfertigt. Angesichts des Verhältnisses von Ertrag und Investition erscheint eine solche – wenn überhaupt – nur dann sinnvoll, wenn vorrangig Wohnzwecke und nicht betriebliche Zwecke verfolgt werden. Dies soll jedoch gerade durch das Erfordernis des „Dienens“ ausgeschlossen werden. Dieses Merkmal soll sicherstellen, dass nicht Vorhaben eine Genehmigung erlangen, welche nach ihrer Erscheinung für eine landwirtschaftliche Betätigung zwar geeignet sein könnten, in Wirklichkeit jedoch andere Zwecke verfolgen (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.2006 – 1 B 03.481 – juris Rn. 18).
b. Zudem liegt kein Betrieb nach § 35 Abs. 1 BauGB vor. Ein Betrieb im Sinne dieser Vorschrift setzt eine gewisse Lebensfähigkeit und Nachhaltigkeit voraus und ist daher in der Regel auf Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet (Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang/Reidt, 14. Aufl. 2019, BauGB § 35 Rn. 13). Eine bloße Freizeitbeschäftigung oder Liebhaberei erfüllt diese Voraussetzung nicht (BVerwG, U.v. 11. 10. 2012 – 4 C 9/11 – juris Rn. 8). Die Gewinnerzielung ist zwar keine zwingende Voraussetzung, wohl aber ein gewichtiges Indiz. Insbesondere je geringer die Zahl der Tiere und Maschinen ist, kommt der Gewinnerzielung besondere Bedeutung zu, um zu verhindern, dass eine gewisse landwirtschaftliche Betätigung lediglich in Kauf genommen oder gar nur vorgeschützt wird, um ein Baurecht zu erlangen (BVerwG, U.v. 11. 10. 2012 – 4 C 9/11 – juris Rn. 8). Nach diesen Grundsätzen scheint es angesichts des geringen Tierbestand des Klägers, des angegebenen geringen Jahresumsatzes von 10.000 EUR sowie der Tatsache, dass der Kläger keine Anträge auf mögliche Flächenprämien gestellt hat, zumindest fraglich, ob seine Tätigkeit tatsächlich mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird.
Darüber hinaus, muss ein Betrieb auf Dauerhaftigkeit angelegt sein. Da bauliche Anlagen regelmäßig dauerhaft errichtet werden, darf der Außenbereich zu dessen Schutz nur aufgrund einer langjährig „auf Generationen“ angelegten landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (EZBK/Söfker, 138. EL Mai 2020, BauGB § 35 Rn. 29b). Dabei ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen über Generationen in der Hand derselben Familie bleibt. Es genügt, wenn erwartet werden kann, dass das Unternehmen nach dem Ausscheiden des derzeitigen Inhabers durch einen Verwandten oder Dritten fortgeführt werden soll (BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7/04 – juris Rn. 11). Im vorliegenden Fall fehlt es am Merkmal der Dauerhaftigkeit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten des Klägers ist vor dem Hintergrund der dargestellten Grundsätze für die Frage des Bestehens eines Betriebs gerade nicht allein die heutige Situation maßgeblich. Die Frage, ob und wann es einen Betriebsnachfolger geben kann, ist angesichts des Alters des Klägers zur Beurteilung des Sachverhalts notwendig zu beantworten. Dabei kann dahinstehen, welche Anforderungen bzw. Konkretheit zu verlangen ist, damit die Fortführung des Unternehmens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Der Kläger ist bereits 82 Jahre alt und hat selbst keinerlei Perspektiven für die Weiterführung des Betriebs vorgetragen, für den Fall, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollte, die sich aus einer Betriebsführung ergebenden Arbeiten weiterhin selbst wahrzunehmen. Zwar wurde vorgetragen, dass ihm Kinder und Enkel teilweise bei der Arbeit helfen würden, jedoch ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass hierdurch eine Betriebsnachfolge als gewährleistet anzusehen ist. Statt der Vorbereitung einer Übertragung des Hofes an einen möglichen Nachfolger versuchte der Kläger vielmehr im Oktober 2019 die Hofstelle an Personen zu verkaufen, welche selbst keine Landwirte sind. Dies lässt darauf schließen, dass die Sicherstellung der Weiterführung des Hofes im Sinne einer Landwirtschaft nicht vorrangiges Ziel des Klägers ist.
1.2.2 Offen bleiben kann vor diesem Hintergrund, ob der beantragten Wohnnutzung unabhängig von einer möglichen Privilegierung bereits öffentliche Belange entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat die nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben grundsätzlich dem Außenbereich zugewiesen und ihnen damit ein besonderes Gewicht gegenüber sonstigen im Baurecht zu beachtenden öffentlichen Belangen eingeräumt. Ob sich diese Privilegierung jedoch tatsächlich gegen die öffentlichen Belange durchsetzt, hängt wesentlich von der Art der Beeinträchtigung dieser Belange ab. Bei der Abwägung kommt es vor allem auf die Qualität der Beeinträchtigung an (BVerwG, U.v. 25.10.1967 – IV C 86.66 – juris Rn. 12). Im vorliegenden Fall könnten insbesondere Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 35 Abs. Satz 1 Nr. 5 BauGB) der angestrebten Wohnnutzung entgegenstehen. Solche Belange können bereits dann beeinträchtigt sein, wenn Gebiete nicht oder noch nicht förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellt wurden (Battis/Kautzenberger/Löhr/Mitschang/Reidt, 14. Aufl. 2019, BauGB § 35 Rn.83). Eine Beeinträchtigung ist daher in der Regel jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Vorhaben im Bereich von durch Naturschutz- oder Landschaftsschutzbestimmungen geschützten Gebieten liegt. Abhängig von der Intensität des Eingriffs kann dies bei so geschützten Naturlandschaften im Einzelfall dazu führen, dass diese Schutzbelange durch privilegierte Vorhaben nicht nur beeinträchtigt werden, sondern diesen sogar entgegenstehen. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig dann der Fall, wenn das Vorhaben in nicht durch (Ausnahme-) Genehmigung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht (BVerwG, U.v. 19.4.1985 – 4 C 25/84 – juris Rn. 14). Dies kommt vorliegend in Betracht. Die begehrte Nutzung liegt im Geltungsbereich der Verordnung des Landkreises … über das Landschaftsschutzgebiet „Landschaftsteile des … und seine Uferbereiche zwischen G* …, Gemeinde B* … und N* …, Markt B* …“ und damit innerhalb eines besonders geschützten Naturbereichs (§ 26 BNatschG). Gemäß § 3 der Verordnung sind im Bereich des Schutzgebiets jegliche Veränderungen verboten, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen, also etwa die Schönheit, Vielfalt oder Eigenart des Landschaftsbildes oder die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes beeinträchtigen. Bauliche Anlagen in diesem Bereich bedürfen daher gem. § 4 der Landschaftsschutzverordnung grundsätzlich einer vorherigen Erlaubnis der unteren Naturschutzbehörde. Soweit eine Beeinträchtigung der durch die Verordnung besonders geschützten Belange ausgeschlossen ist oder ausgeglichen werden kann, ist eine solche Genehmigung zu erteilen. Andernfalls ist zu prüfen, ob gemäß § 7 der Verordnung eine Befreiung erteilt werden kann. Die Möglichkeit der Erteilung einer notwendigen Erlaubnis oder Befreiung ist gemäß Art. 18 Abs. 1 BayNatSchG i.V.m. § 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO im Rahmen der Prüfung einer Baugenehmigung durch die nach Naturschutzrecht zuständige Behörde zu prüfen. Weiter liegt das Vorhaben ausweislich der Luftaufnahmen nach Messungen mit dem Lineal etwa 25 m vom Ufer des …, einem Gewässer 1. Ordnung, entfernt. Gem. § 61 Abs. 1 BNatschG sind jedoch Uferlinien im Abstand von 50 m von baulichen Anlagen freizuhalten. Bauliche Anlagen in diesem Bereich sind generell nur bei Erteilung einer entsprechenden Ausnahme bzw. einer Befreiung durch die Naturschutzbehörden zulässig. Eine Ausnahme im Sinne dieser Regelung ist nur möglich, wenn der Naturhaushalt oder das Landschaftsbild nur geringfügig beeinträchtigt werden oder die bauliche Anlage im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Eine beachtliche Beeinträchtigung liegt bei jeder negativen Auswirkung auf eines der genannten Rechtsgüter vor. Das Merkmal „geringfügig“ bezieht sich lediglich auf reine Bagatellauswirkungen (Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller-Walter, 232. EL August 2020, BNatSchG § 61 Rn. 14). Eine Befreiung von diesem Bebauungsverbot kommt gem. § 67 BNatschG nur aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen oder, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde, in Betracht. Nach den für diese öffentlichen Belange dargestellten Maßstäben erscheint es im vorliegenden Fall zumindest fraglich, ob die notwendigen Ausnahmen oder Befreiungen nach der Landschaftsschutzverordnung und den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes erteilt werden können. In beiden Fällen können Ausnahmen jeweils nur erteilt werden, wenn hierdurch die natürliche Eigenart der Landschaft nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird. Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung (BayVGH, U.v. 15. 7. 2016 – 22 BV 15.2169 – juris Rn. 37). Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung vor (BVerwG, U.v. 10.11.1978 – IV C 80.76 – juris Rn. 18). Dabei ist eine Wohnnutzung dem Außenbereich grundsätzlich wesensfremd. Dies gilt vor allem im Bereich besonders geschützter Landschaftsteile. Die hier geplante Wohnnutzung befindet sich zudem in exponierter Lage direkt am Ufer des …, sodass selbst durch ein privilegiertes Vorhaben eine beachtliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorliegt, welche der Erteilung einer notwendigen Ausnahme entgegenstehen könnte. Auch eine Befreiung von den Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung und des Bundesnaturschutzgesetzes erscheint zumindest fraglich. Es ist weder ersichtlich, dass im vorliegenden Fall überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls oder ein überwiegendes öffentliches Interesse für die Begründung einer Wohnnutzung in diesem Bereich sprechen, noch, dass die Ablehnung der begehrten Genehmigungen im vorliegenden Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung oder nicht beabsichtigten Härte gegenüber dem Kläger führen würde. Die Frage, ob vorliegend die Erteilung der notwendigen Ausnahmen oder Befreiungen möglich wäre und die betroffenen Belange damit dem geplanten Vorhaben nicht entgegenstehen, kann jedoch offenbleiben, da es sich bei der hier vorliegende Wohnnutzung jedenfalls bereits nicht um eine privilegierte Nutzung gemäß § 35 Abs. 1 BauGB handelt (s.o.).
1.2.3 Die Wohnnutzung ist auch nicht als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig, da öffentliche Belange beeinträchtigt werden.
a. Die Wohnnutzung widerspricht den Darstellungen des maßgeblichen Flächennutzungsplans (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). In diesem sind für das maßgebliche Gebiet Flächen für Landwirtschaft festgesetzt. Die angestrebte Wohnnutzung dient jedoch – wie dargestellt – gerade nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb.
b. Ferner werden Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) beeinträchtigt, wenn sie nicht – wie bereits dargestellt – sogar jeglicher Wohnnutzung entgegenstehen, da sich das streitgegenständliche Grundstück u.a. im Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebietes befindet.
c. Die Wohnnutzung beeinträchtigt außerdem die Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung (BayVGH, U.v. 15. 7. 2016 – 22 BV 15.2169 – juris Rn. 37). Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung vor (BVerwG, U.v. 10.11.1978 – IV C 80.76 – juris Rn. 18). Ferner soll der Außenbereich auch wegen des Erholungswertes der Landschaft für die Allgemeinheit möglichst von Bebauung freigehalten werden. Der Außenbereich ist daher grundsätzlich gegenüber einer wesensfremden Benutzung zu schützen (BayVGH, B.v. 22. 12. 2014 – 1 ZB 13.2596 – juris Rn. 4). Nach diesen Maßstäben ist eine Wohnnutzung in einer hauptsächlich durch landwirtschaftliche Nutzung geprägten Landschaft, welche zudem in einem Landschaftsschutzgebiet liegt, in jedem Fall wesensfremd.
d. Weiterhin lässt eine Wohnnutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Einem Vorhaben steht der Belang des Entstehens einer Splittersiedlung dann entgegen, wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führen würde. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet wird (Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang/Reidt, 14. Aufl. 2019, BauGB § 35 Rn. 94). Dies ist bei der Errichtung von Wohnbauten regelmäßig der Fall (OVG Münster, B.v. 17. 3. 2016 – 2 A 1170.15 – juris Rn. 35). Bereits die erste Errichtung eines Wohngebäudes im Außenbereich kann aufgrund einer unerwünschten Vorbildwirkung den Vorgang der Zersiedelung einleiten und damit die Befürchtung begründen, dass eine Splittersiedlung entstehen könnte. Eine ähnliche Wirkung kann von einer Nutzungsänderung bestehender landwirtschaftlicher Gebäude hin zu einer Wohnnutzung ausgehen (OVG Münster, U.v. 26.7.2018 – 10 A 2600/15 – juris Rn. 41). Nach diesen Grundsätzen lässt die hier angestrebte Nutzungsänderung des ehemaligen landwirtschaftlichen Stadels zu Wohnzwecken die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten.
e. Das Vorhaben ist auch nicht als sogenanntes begünstigtes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 4 BauGB genehmigungsfähig. Dies schon deshalb, weil solchen Vorhaben zwar bestimmte Beeinträchtigungen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB nicht entgegengehalten werden können, hier aber mit der Beeinträchtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege auch Belange außerhalb der nach Abs. 4 insoweit privilegierten Bereiche betroffen sind.
II. Auch die in dem angegriffenen Bescheid untersagte Wohnnutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die Nutzungsuntersagung ist nicht formell rechtswidrig. Grundsätzlich hat eine Behörde, bevor sie mittels Verwaltungsakt in die Rechte eines Bürgers eingreift, diesen gemäß Art. 28 BayVwVfG anzuhören. Hierdurch soll dem Betroffenen die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die behördliche Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor in seine Rechte eingegriffen wird (Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 28 Rn. 1). Die Anhörung dient darüber hinaus dem Zweck, dass der Beteiligte über das Vorhaben der Verwaltung informiert wird und Überraschungsentscheidungen vermieden werden. Sie dient weiter der Aufklärung des Sachverhalts und ermöglicht unter Berücksichtigung des Vorbingens des Beteiligten eine richtige Entscheidung in der Sache (Huck/Müller/Huck, 3. Aufl. 2020, VwVfG § 28 Rn. 1).
In dem Verwaltungsverfahren, welches zum streitgegenständlichen Bescheid geführt hat, streiten die Parteien mindestens seit Beginn des Jahres 2020 über die Möglichkeiten einer Wohnnutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück. Der hier angegriffenen Nutzungsuntersagung ging bereits am 5. März 2020 eine Beseitigungsanordnung voraus, welche auch das heutige Wohngebäude und dessen Nutzung betrifft. Gegen diese Beseitigungsanordnung ist eine Klage unter dem Aktenzeichen M 11 K 20.1489 anhängig. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens hinsichtlich dieser Beseitigungsanordnung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 24. Januar 2020 sowie vom 20. Mai 2020 die Möglichkeit gegeben, zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt und insbesondere zu der – auch im vorliegenden Rechtsstreit gegenständlichen – Wohnnutzung Stellung zu nehmen. Auch wenn mit Blick auf die nunmehr streitgegenständliche Nutzungsuntersagung keine explizite (nochmalige) Anhörung zu dem insoweit unveränderten Sachverhalt erfolgt ist, liegt kein Verstoß gegen das Anhörungserfordernis aus Art. 28 BayVwVfG vor. Insbesondere sind die beschriebenen Ziele der Anhörung durch die im Januar bzw. Mai stattgefundenen Anhörungen erfüllt. Außerdem hat die Bevollmächtigte des Klägers im Rahmen des oben genannten Klageverfahrens und des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes umfangreich im Vorfeld des Erlasses der streitigen Nutzungsuntersagung zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt inhaltlich und rechtlich Stellung genommen. Damit ist offensichtlich, dass eine etwaige Verletzung des Anhörungserfordernisses im konkreten Einzelfall die Entscheidung des Beklagten in der Sache nicht beeinflusst hat.
2. Die Nutzungsuntersagung ist auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage der Nutzungsuntersagung ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann eine Nutzung, welche im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften steht, untersagt werden. Für eine Nutzungsuntersagung reicht in der Regel bereits die bloße formelle Rechtswidrigkeit aus (BayVGH, B.v. 30.8.2007 – 1 CS 07.1253 – m.w.N.), d. h. eine Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 33; B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 21 m.w.N.).
2.1 Die untersagte Wohnnutzung ist unstreitig formell illegal, da hierfür eine Bauge
nehmigung erforderlich ist, aber nicht vorliegt. Eine nach dem Vortrag der Bevollmächtigten des Klägers seit Langem bestehende Wohnnutzung des ehemaligen Bestandsgebäudes ist nicht ersichtlich und es wurden bislang auch keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Aus den dem Gericht vorliegenden Lichtbildern ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine frühere Wohnnutzung des streitgegenständlichen Gebäudeteils (vgl. Blatt 38 der Vorbescheidsakte …). Auch die während des Vorbescheidsverfahrens zur Errichtung des Mutterkuhstalls vorgelegten Pläne weisen in dem Altbestand lediglich landwirtschaftlich genutzte Räume und keine Wohnräume aus. Eine legale Wohnnutzung ergibt sich auch nicht aus der Baugenehmigung vom 9. Juni 2006. Zum einen war der damals bestehende Altbestand nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung (s.o.). Zum anderen sind in den Eingabeplänen im Altbestand ausschließlich landwirtschaftlich genutzte Räume und keine Wohnräume eingezeichnet.
2.2 Die untersagte Wohnnutzung ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Wie sich aus den Ausführungen unter Ziff. I. ergibt, ist das Vorhaben gerade nicht genehmigungsfähig.
2.3 Die Anordnung der Nutzungsuntersagung leidet auch nicht an Ermessensfehlern. Die Bauaufsichtsbehörde hat, wie die Ermessenserwägungen im Bescheid vom 22. September 2020 zeigen, erkannt, dass der Erlass der Untersagung der Wohnnutzung in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht und dieses ausgeübt. Das öffentliche Interesse gebietet in Fällen einer nicht genehmigten Nutzung grundsätzlich das Einschreiten im Wege der Nutzungsuntersagung. Bei der Ausübung des Ermessens nach Art. 76 Satz 2 BayBO ist es aus der Natur der Sache für die Bauaufsichtsbehörde regelmäßig geboten einzuschreiten (sog. intendiertes Ermessen). Daher genügt es für baurechtliche Verbote nach den Vorschriften des Bauordnungsrechts grundsätzlich, wenn die Bauaufsichtsbehörde zum Ausdruck bringt, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden muss (vgl. zum Ganzen Simon/Busse/Decker, 138. EL September 2020, BayBO Art. 76 Rn. 301). Etwas Anderes könnte sich ergeben, wenn ein Vorhaben zwar formell rechtswidrig ist, jedoch die vorliegende Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist. Vorliegend ist die Nutzung jedoch nicht genehmigungsfähig, was der Beklagte auch in der Anordnung dargestellt und zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Die Bauaufsichtsbehörde hat sich weiterhin mit der Frage einer möglichen bestehenden Duldung der Wohnnutzung des Klägers auseinandergesetzt und diese zutreffend verneint. Nach der Ablehnung der Baugenehmigung im Hinblick auf die erstrebte Wohnnutzung vom 8. Juni 2010 sowie spätestens dem Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2012 muss dem Kläger die Rechtswidrigkeit einer Wohnnutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück bewusst gewesen sein. Zudem ist zu beachten, dass sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2012 lediglich eine Anregung des Gerichts, die zu diesem Zeitpunkt bestehende Wohnnutzung zu dulden, ergibt. Eine zu Protokoll erklärte oder schriftlich bestätigte Duldungszusage durch die Behörde liegt dagegen nicht vor. Ohnehin war die damalige Anregung auf die zu diesem Zeitpunkt vorhandene Situation beschränkt und in Abhängigkeit von der landwirtschaftlichen Tätigkeit gesetzt. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2012 war zum damaligen Zeitpunkt lediglich eine provisorische Wohnnutzung im Bereich des Erdgeschosses vorhanden. Nur diese könnte überhaupt Gegenstand einer Duldung gewesen sein. Nach den Feststellungen des gerichtlichen Augenscheins am 19. November 2020 befinden sich neben mittlerweile voll ausgestatteten Wohnräumen im Erdgeschoss nunmehr auch Wohn- und Aufenthaltsräume im Dachgeschoss des Gebäudes, welche eine gemeinsame Wohneinheit bilden. Diese Art der Wohnnutzung liegt damit deutlich außerhalb des im Jahr 2012 festgestellten Rahmens und ist damit keinesfalls durch eine etwaige bestehende Duldung gedeckt. Eine Duldung ergibt sich auch nicht aus dem Anschluss an die gemeindliche Wasserversorgung oder ähnlichen Umständen (vgl. VG München, U.v. 11.4.2019 – M 11 K 17.1040, juris Rn. 47 m.w.N.).
III. Auch die Androhung eines Zwangsgelds unter Ziff. IV. des angegriffenen Bescheids des Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die darin enthaltene Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 10.000 EUR findet ihre Rechtsgrundlage in den Art. 19 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 31 und 36 VwZVG und entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Insbesondere handelt es sich bei dem Zwangsgeld vorliegend um das mildeste geeignete Zwangsmittel. Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds von 10.000 EUR ist angesichts des wirtschaftlichen Interesses, welches der Kläger an der Wohnnutzung hat, angemessen.
Die für eine Androhung von Zwangsmitteln nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erforderliche Frist zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtung wurde ebenfalls in nicht zu beanstandender Weise gesetzt. Im vorliegenden Fall beinhaltet die Nutzungsuntersagung als Grundverfügung keine reine Unterlassungspflicht. Bei der unter Ziff. II. des angegriffenen Bescheids aufgenommenen Fristbestimmung (4 Monate ab Bestandskraft) handelt es sich um eine im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung notwendige Erfüllungsfrist und nicht um eine Bescheidsfrist als Bestandteil des Grundverwaltungsakts mit materiellrechtlichem Charakter (zur Unterscheidung Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, 47 AL Juli 2018, § 18 Rn. 185 ff). Dies entspricht dem Willen der Behörde und es ist klar zwischen der Grundverpflichtung und dem zur ihrer Erfüllung gesetzten Termin unterschieden. Die Androhung des Zwangsgelds sowie dessen Begründung, welche auf die Möglichkeit einer weiteren Zwangsgeldandrohung hinweist, machen deutlich, dass es hier darum geht, die Grundverpflichtung unabhängig von einer Fristsetzung bzw. auch nach Verstreichen der Frist fortbestehen zu lassen und diese Verpflichtung – gegebenenfalls durch mehrfache Androhung und Fälligstellung – im Rahmen der Vollstreckung zwangsweise durchzusetzen. Die gesetzte Frist von 4 Monaten ab Bestandskraft ist auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zwar knapp bemessen, aber (noch) als angemessen anzusehen.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie keine Anträge gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 und § 154 Abs. 3 VwGO).
V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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