Baurecht

Zu den Voraussetzungen für eine Beiladung des Nachbarn

Aktenzeichen  M 1 K 17.5874

Datum:
23.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28808
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 65

 

Leitsatz

1 Eine notwendige Beiladung setzt voraus, dass die begehrte Sachentscheidung unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beiladungsinteressenten gestalten, bestätigen, feststellen, verändern oder aufheben. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zweck der einfachen Beiladung ist es, nicht zum Kreis der Hauptbeteiligten gehörende Dritte, deren rechtliche Interessen jedoch durch die Entscheidung des Gerichts im anhängigen Klageverfahren unmittelbar berührt werden können, am Verfahren zu beteiligen, damit sie sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör verschaffen können; hierdurch soll zugleich aus Gründen der Prozessökonomie etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Beiladung von Herrn … wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Tekturgenehmigung für die Aufstockung des Wohngebäudes auf dem Grundstück FlNr. 238 Gemarkung … … Diese wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 24. November 2017 abgelehnt. Am … Juni 2018 beantragte Herr … … seine Beiladung zu diesem Verfahren. Die Kläger hätten durch ihr Bauvorhaben einen Überbau verursacht. Zudem sei die Aufstockung höher ausgeführt worden, als zuvor geplant. Beim Abriss des Gebäudes sei durch einen herabfallenden Balken das Schwimmbecken seiner Kinder durchlöchert worden. Das Baugerüst stehe zudem auf seinem Grundstück.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Beiladung bleibt ohne Erfolg.
Ein Fall der notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor. Voraussetzung für die notwendige Beiladung wäre, dass der Beiladungsinteressent am vorliegenden Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2013 – 4 C 1/13 – juris Rn. 7; U.v. 19.1.1984 – 3 C 88.82 – juris; B.v. 9.1.1999 – 11 C 8.97 – NVwZ 1999, 296 – juris; BayVGH, B.v. 7.11.2013 – 2 ZB 12.1742 – juris Rn. 17), oder anders gewendet, wenn die Entscheidung unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen Dritter gestalten soll, sie aber ohne deren Beteiligung am Verfahren nicht wirksam gestalten kann (vgl. BVerwG, B.v. 12.8.1981 – 7 B 195.80). Dies ist hier nicht der Fall. Denn dazu müsste die von den Klägern begehrte Sachentscheidung unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beiladungsinteressenten gestalten, bestätigen, feststellen, verändern oder aufheben (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2013 – 2 ZB 12.1742 – juris Rn. 17; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 65 Rn. 16). Im vorliegenden Fall ist der Anspruch der Kläger gegenüber dem Beklagten auf Erteilung der Tekturgenehmigung für ihr Vorhaben streitig, also die Frage, ob die Kläger einen Rechtsanspruch auf die beantragte Baugenehmigung haben. An diesem Rechtsverhältnis ist der Beiladungswerber nicht beteiligt.
Vorliegend ist daher kein Fall der notwendigen Beiladung gegeben.
Auch eine fakultative Beiladung des Antragstellers ist nicht veranlasst. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann im Falle der sog. einfachen Beiladung, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag anderer, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beigeladen werden.
Zweck der einfachen Beiladung ist es, nicht zum Kreis der Hauptbeteiligten gehörende Dritte, deren rechtliche Interessen jedoch durch die Entscheidung des Gerichts im anhängigen Klageverfahren unmittelbar berührt werden können, am Verfahren zu beteiligen, damit sie sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör verschaffen können. Außerdem soll dadurch, dass die Rechtskraftwirkungen der Entscheidung auch ihnen gegenüber eintreten, aus Gründen der Prozessökonomie etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2012 – 1 C 11.3033 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Ein rechtliches Interesse, das eine Beiladung rechtfertigen kann, ist gegeben, wenn der Beiladungsinteressent zu wenigstens einer der Parteien oder zum Streitgegenstand derart in Beziehung steht, dass sich seine Rechtsposition je nach Ausgang des Rechtsstreits verbessern oder verschlechtern kann (BayVGH, B.v. 31.1.2012, a.a.O.).
Es ist nicht erkennbar, inwieweit die Beteiligung des Beiladungsinteressenten das Verfahren fördern könnte. Im Übrigen müssten dann aus Gleichheitsgründen alle anderen Nachbarn ebenfalls am Verfahren beteiligt werden.
Selbst wenn man zu Gunsten des Beiladungsinteressenten ein hinreichendes rechtliches Interesse unterstellt, übt das Gericht das demnach eröffnete Ermessen dahingehend aus, dass es die Beiladung für nicht zweckmäßig erachtet und daher ablehnt. Es ist nicht erkennbar, inwieweit der Beiladungsinteressente für den Ausgang des hier interessierenden Rechtsstreits und die Frage, ob die Kläger einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung haben, einen relevanten Beitrag leisten könnte.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.


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