Baurecht

Zulässigkeit eines Boardinghouses im allgemeinen Wohngebiet

Aktenzeichen  M 8 K 17.4323

Datum:
18.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19461
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1, Abs. 2
BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Bei der Nutzung als Ferienwohnung handelt es sich nicht um einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Da die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung als städtebaulicher Belang bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen sind, sind sie konsequenterweise auch bei der Frage der Ausnahmeerteilung zu beachten. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der streitgegenständliche Vorbescheid vom 24. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Umwandlung der genehmigten Wohnungen zu „Wohnungen eines Boardinghouses“ stellt sich unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei um Ferienwohnungen oder um einen Beherbergungsbetrieb handelt, als eine Nutzungsänderung dar, da der baulichen Anlage eine andere Zweckbestimmung gegeben wird. Diese Nutzungsänderung ist auch nicht gemäß Art. 57 Abs. 4 BayBO verfahrensfrei, da für die geänderte Nutzung andere öffentlich-rechtliche Vorschriften – insbesondere auch planungsrechtliche Anforderungen – als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen.
1.1 Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO 1968, da für den Bereich, in dem das Grundstück des Klägers liegt, der Bebauungsplan Nr. … der … … vom 1. Februar 1970 gilt. Der Bebauungsplan setzt hier „WA“ – Allgemeines Wohngebiet – fest. Diese Festsetzung kann auch nach wie vor Geltung beanspruchen, da die in diesem Bereich derzeit im Bau befindlichen Gebäude alle als Wohngebäude genehmigt wurden.
1.2 Nach § 4 Abs. 2 BauNVO 1968 sind allgemein zulässig
a) Wohngebäude,
b) die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe sowie nicht störende Handwerksbetriebe,
c) Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
Unabhängig davon, ob die Nutzung der Wohnungen für Medizintouristen als eine Nutzung als „Ferienwohnungen“ oder als „Boardinghouse“ angesehen wird, ist diese Nutzung jedenfalls nicht allgemein zulässig.
1.2.1 Auch eine Vermietung als Ferienwohnung stellt keine nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1968 zulässige Wohnnutzung dar. Die allgemeine Wohnnutzung und die Wochenend- und Ferienhausnutzung wertet die Baunutzungsverordnung als städtebaulich relevante eigenständige Nutzungsarten (BVerwG, U.v. 11.7.2013 – 4 CN 7/12; BayVGH, B.v. 4.9.2013 – 14 ZB 13.6 – beide juris). Der Begriff des „Wohnens“ ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. In Abgrenzung zu anderen planungsrechtlichen Nutzungsformen soll diese Definition den Bereich des Wohnens als Bestandteil der privaten Lebensgestaltung kennzeichnen. Gemeint ist damit die Nutzungsform des selbstbestimmt geführten privaten Lebens „in den eigenen vier Wänden“, die auf eine gewisse Dauer angelegt ist und keinem anderen in der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Nutzungszweck verschrieben, insbesondere keinen irgendwie gearteten Erwerbs-, Übernachtungs- oder temporären Erholungszwecken dient. Darunter fallen Ferienwohnungen, wenn sie einem ständig wechselnden Nutzerkreis angeboten werden, nicht; bei ihnen fehlt es jedenfalls (typischerweise) an der auf Dauer angelegten Häuslichkeit (BayVGH, B.v. 4.9.2013 – a.a.O.). Anders als nach allgemeinen Sprachgebrauch unterscheidet das Bauplanungsrecht begrifflich zwischen Wohngebäuden einerseits und Ferienhäusern anderseits. Während nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 5 und 6 BauNVO 1968 Wohngebäude in den entsprechenden Baugebieten zulässig sind, bezieht sich § 10 Abs. 4 BauNVO auf Ferienhäuser und damit auch auf die darin befindlichen Ferienwohnungen. Diese begriffliche Unterscheidung ist im Bauplanungsrecht angelegt. Die Nutzung einer Ferienwohnung unterscheidet sich bei typisierender Betrachtungsweise von der Nutzung eines (dauerhaften) Bewohners hinsichtlich der Intensität und der Zeit der Nutzung der Wohnung und der gegebenfalls dazu gehörenden Außenwohnbereiche sowie durch den ständigen Wechsel der Feriengäste, wodurch Unruhe in ein Wohngebiet kommt (BayVGH, B.v. 4.9.2013 – a.a.O.). Damit ist die Nutzung als Ferienwohnung im Allgemeinen Wohngebiet nicht nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig.
Es dürfte sich bei der Nutzung als Ferienwohnung auch nicht um einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes handeln. Zwar wird teilweise vertreten, dass die entgeltliche Unterbringung von Feriengästen in Ferienwohnungen und Ferienhäusern planungsrechtlich als Beherbergungsbetrieb zu bewerten sei (Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, § 4 BauNVO, Stand: 9/2013, Rn. 114; vgl. auch BVerwG, B.v. 27.11.1987 – 4 B 230/87). Ein Vermieten von Ferienwohnungen ist aber schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine Beherbergung, der typischerweise neben der Bereitstellung der Unterkunft Zusatzleistungen immanent sind; in der BauNVO werden zudem die allgemeine Wohnnutzung, die Beherbergungsbetriebe und die Feriennutzung als eigenständige Nutzungsarten aufgeführt. Auch die Änderung der Baunutzungsverordnung vom 21. November 2017 durch den neu eingefügten § 13a BauNVO ändert hieran nichts. Hier wird festgelegt, dass Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind (Ferienwohnungen), unbeschadet des § 10 BauNVO in der Regel zu den nicht störenden Gewerbebetrieben nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 und § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO oder zu den Gewerbebetrieben nach § 4 Abs. 2 Nr. 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6, § 6 Abs. 2 Nr. 4, § 6a Abs. 2 Nr. 4 und § 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO gehören. Zwar spricht die Gesetzesbegründung von „klarstellender Ergänzung“. Nach Auffassung des Gerichts ändert dies allerdings nichts daran, dass es sich tatsächlich um eine Änderung handelt, zumal bereits der Wortlaut in sich widersprüchlich ist, da sich eine Ergänzung schon begrifflich von einer Klarstellung unterscheidet.
Im Übrigen ist für die Wirksamkeit einer Rechtsnorm die Rechtslage im Zeitpunkt ihres Zustandekommens maßgebend. Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts zustande gekommen sind, sind im Grundsatz von Anfang an (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam, soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt. Bei Bebauungsplänen ist insoweit der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt seine Inkraftsetzung (BVerwG, U.v. 27. März 2014 – 4 CN 3.13 – BVerwGE 149, 229 Rn. 27). Die ohne Rückwirkung in Kraft getretenen §§ 13a und 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 2017 sind daher für eine frühere Rechtslage nicht maßgeblich: Die Vorschriften könnten weder einen Bebauungsplan wirksam werden lassen, der bei seiner Inkraftsetzung nicht Bestandteil der Rechtsordnung geworden war, noch könnten sie die Unwirksamkeit eines wirksam erlassenen Bebauungsplan herbeiführen. Unerheblich ist insoweit, dass der Gesetzgeber den Änderungen der Baunutzungsverordnung nur klarstellende Funktion beigemessen hat (BT-Drs. 18/10942 S. 35; BT-Drs. 18/11439 S. 21). Ob diese Auffassung zutrifft, haben die Gerichte zu entscheiden. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist die rechtsprechende Gewalt berufen. Der Gesetzgeber ist dagegen zur authentischen Interpretation von Vorschriften nicht befugt (BVerfG, B.v. 17.12.2013 – 1 BvL 5/08 – BVerfGE 135, 1 Rn. 45 und BVerwG, U.v. 18.10.2017 – 4 CN 6/17 – juris Rn 9).
Auch spricht für eine solche Differenzierung die der BauNVO eigene Typisierung der Nutzungsarten. Die „Art der baulichen Nutzung“ ist vielmehr grundsätzlich mit den Nutzungsarten gleichzusetzen, wie sie durch die Begriffe der Baunutzungsverordnung für die zulässigen Nutzungen in den einzelnen Baugebieten definiert werden (BVerwG v. 3.4.1987 ZfBR 1987, 260).
Als solchen städtebaulich bedeutsamen Nutzungstyp benennt die Baunutzungsverordnung einerseits die Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe in §§ 2 bis 6 und behandelt die Ferienwohnungsnutzung als eigenen Nutzungstyp in § 10 BauNVO. Eine Gleichsetzung hinsichtlich der Zuordnung und Bewertung mit sonstigen nicht störenden gewerblichen Nutzungen widerspricht nach Auffassung des Gerichts daher der Systematik der BauNVO, vielmehr ist die Ferienwohnungsnutzung als eigenständiger Nutzungstyp zu betrachten (vgl. auch BVerwG v. 15.12.1994 DVBl. 1995, 515).
Das bedeutet für das streitgegenständliche Vorhaben, dass eine Rahmenverträglichkeit hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich nicht an § 4 Abs. 3 Nr. 1 und/oder Nr. 2 BauNVO gemessen werden kann.
1.3 Soweit dementsprechend die Nutzung der Einheiten im streitgegenständlichen Gebäude als eine Ferienwohnungsnutzung anzusehen ist, ist diese somit nicht nach § 4 Abs. 3 BauNVO 1968 ausnahmefähig. Nach der Betriebsbeschreibung spricht einiges für eine Ferienwohnhausnutzung, da die hier wechselnden Gäste ihren häuslichen Wirkungskreis weitgehend unabhängig gestalten können. Außer einer Reinigung 3-mal pro Woche laut Betriebsbeschreibung werden hier – anders als in Beherbergungsbetrieben – keine zusätzlichen Leistungen angeboten.
§ 13a BauNVO in der Fassung der Baunutzungsverordnung vom 21. November 2017 kommt vorliegend nicht zur Anwendung, da es sich bei den Verweisungen in Bebauungsplänen auf die Baunutzungsverordnung grundsätzlich um statische Verweisungen handelt, da die Baunutzungsverordnung dem planungsrechtlichen Kerngehalt des Bebauungsplanes steuert. Sie ist gewissermaßen seine Zeichenerklärung und ihre Dynamisierung würde folglich den jeweiligen Regelungsgehalt vom ursprünglichen Planungswillen der Gemeinde lösen (BayVGH, B.v. 21.10.1996 – 20 CS 96.1561 – juris).
Die planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens richtet sich im Falle der Bewertung als Ferienwohnungen nach § 30 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB.
1.4 Soweit man – wie der Kläger und auch die Beklagte – davon ausgeht, dass es sich bei der streitgegenständlichen Nutzung um die eines Boardinghauses und somit eines Beherbergungsbetriebes im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO handelt, kommt § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1968 zur Anwendung; nach dieser Vorschrift können im Allgemeinen Wohngebiet Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden.
Die Beklagte hat allerdings die Ausnahmeerteilung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens im Rahmen des § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1968 abgelehnt.
Die von der Beklagten bei ihrer ablehnenden Entscheidung angeführten Gründe sind sowohl zutreffend als auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden.
1.4.1 Nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB sind die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung als städtebaulicher Belang bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen.
Durch die Umnutzung von 16 Wohneinheiten werden dem bekanntermaßen äußerst angespannten Wohnungsmarkt in … Wohnungen entzogen.
Da die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung als städtebaulicher Belang bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen sind, sind sie konsequenterweise auch bei der Frage der Ausnahmeerteilung zu beachten. Die Umwandlung von 16 Wohneinheiten in dem größten Gebäude des sich in der Errichtungsphase befindenden Wohnkomplexes ist auch nicht derart unbedeutend, dass sie im Hinblick auf die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung völlig zu vernachlässigen wäre. Letztlich ist auf einem so angespannten Wohnungsmarkt wie dem …, jede Wohnung von Bedeutung.
Auch ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass durch eine derartige ausnahmsweise Zulassung in einem relativ großen Umfang Anreize für Bezugsfälle geschaffen werden, da die Vermietung an Medizintouristen finanziell ungleich einträglicher ist, als die Vermietung zu gewöhnlichen Wohnzwecken. Dadurch wird ein Verdrängungsprozess in Gang gesetzt, der die Wohnungssituation zusätzlich verschärft.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich die als Wohnungen vorgesehenen Einheiten eher als dem Luxussegment zugehörig – wie in der Betriebsbeschreibung der Klagepartei angeführt – darstellen.
Abgesehen davon, dass diese Darstellung der der Beklagten, es handele sich vorliegend bei dem Wohnkomplex, dem das streitgegenständliche Gebäude angehört, um eine Wohnraumschaffung mit einem Anteil sozialgeförderter Wohnungen widerspricht, beschränkt sich die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt in … nicht nur auf günstigen Wohnraum.
Im Übrigen dürfte auch der Entzug höherwertiger Wohnungen eine Art „Dominoeffekt“ auslösen, da sich leistungsstarke Wohnungssuchende im Zweifelsfall auch nach unten orientieren und Vermieter diesen dann den Vorzug geben würden, weshalb der Verdrängungsprozess durchaus Auswirkungen auf das Gesamtgeschehen am Wohnungsmarkt hat.
1.4.2 Zu Recht hat die Beklagte bei ihren Ermessenserwägungen auch darauf abgestellt, dass die streitgegenständliche Umnutzung geeignet ist, das Wohnen und die Wohnruhe im Allgemeinen Wohngebiet zu stören. Die Ausnahmemöglichkeit in § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen kleineren, mit dem Wohnen im Allgemeinen Wohngebiet kompatiblen Beherbergungsbetrieb handelt. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn der Beherbergungsbetrieb nach der Ausgestaltung das Wohnen abrundet, was beispielsweise anzunehmen ist, wenn sich für die Bewohner des Gebietes und auch der umliegenden Gebiete die Möglichkeit bietet, hier zu Besuchszwecken verweilende Verwandte und Freunde unterzubringen (vgl. VGH BW, U.v. 17.4.1986 – 8 S 3239/85 – juris).
Dies ist vorliegend aber gerade nicht gegeben. Hier wird ein Personenkreis untergebracht, der in keinerlei Beziehung zu der allgemeinen Wohnbevölkerung steht. Dieser Personenkreis ist auch geeignet, Unruhe in das Allgemeine Wohngebiet zu bringen.
Zum einen dürfte gerade bei arabischen Großfamilien – zumindest in einigen Fällen – allein die Belegungsdichte der Wohnungen weit über der einer normalen Wohnnutzung liegen, was unter Umständen noch durch die Lebensgewohnheiten dieses Personenkreises verschärft wird. Es ist daher auch mit, gegenüber der normalen Wohnnutzung, erhöhten Lärmimmissionen zu rechnen, die zusätzlich durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen verschärft werden dürften. Denn es ist damit zu rechnen, dass dieser Benutzerkreis im Rahmen seines Aufenthaltszweckes häufigere An- und Abfahrten zu seinem Unterbringungsort unternimmt, als der normale Durchschnittsbewohner mit geregeltem Tagesablauf.
Diesen gegen die Erteilung einer Ausnahme sprechenden Gründen stehen auf Seiten des Klägers keine adäquaten Gründe gegenüber. Das Eigentumsrecht gewährt nicht das Recht auf maximale Ausnutzung des Eigentums. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte auch auf das hohe öffentliche Interesse an der Umsetzung der genehmigten Wohnnutzung mit einem Anteil sozial geförderter Wohnungen abgestellt hat.
Der Kläger kann demgegenüber nur seine eigenen finanziellen Interessen ins Feld führen. Die Behauptung, dass eine solche Umnutzung auch im Interesse der … … und damit im öffentlichen Interesse liege, überzeugt nicht. Es besteht gerade in … mit einer Vielzahl von Hotels, Pensionen, Boardinghäuser und ähnlichem ein großes Angebot zur Unterbringung dieses Personenkreises. Es besteht auch die Möglichkeit, derartige Anlagen in sonstigen Gebieten, wie Misch-, Gewerbegebieten und Gemengelagen, zu errichten. Das gilt umso mehr, als der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 13a in der BauNVO vom 21. November 2017 die Möglichkeit geschaffen hat, Ferienwohnungen – um die es sich nach der Überzeugung des Gerichts vorliegend wohl handeln dürfte – nicht mehr nur Sondergebieten nach § 10 BauNVO zuzuweisen.
2. Eine Befreiung von § 31 Abs. 2 BauGB kommt für das Bauvorhaben ebenfalls nicht in Betracht.
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt sind, und
a) Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden die Befreiung erfordern oder
b) die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
c) die Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde.
2.1 Soweit bei der Qualifizierung der Nutzungsänderung von Ferienwohnungen auszugehen ist (s. oben 1.3) – wozu das Gericht entgegen der Ansicht der Klagepartei und der Beklagten neigt, da gerade die in der Betriebsbeschreibung dargestellte Luxusausstattung gegen ein Boardinghouse spricht, das in der Regel eher einfach ausgestaltet ist und nicht über derartig große Wohneinheiten verfügt – steht ausschließlich eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB im Raum.
Allerdings sind bereits die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht gegeben.
Aufgrund der speziellen Ausgestaltung des Vorhabens sind die Grundzüge der Planung berührt, da wegen der fehlenden Kompatibilität der Nutzung mit einer allgemeinen Wohnnutzung und der Bezugsfallwirkung insoweit in die Grundzüge der Planung eingegriffen wird.
Jedenfalls hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen fehler- und beanstandungsfrei ausgeübt. Insoweit gelten die gleichen Überlegungen wie zur Ausnahmeerteilung für ein Boardinghouse.
2.2 Im Rahmen der Prüfung der Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB für ein Boardinghouse gelten sowohl hinsichtlich der Grundzüge der Planung als auch der Ermessenserwägungen der Beklagten die gleichen Grundsätze.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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