Baurecht

Zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens

Aktenzeichen  4 CE 21.2576

Datum:
20.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42474
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayGO Art. 18a Abs. 4 S. 1, Abs. 13, Abs. 14 S. 1

 

Leitsatz

1. Verfahrensleitende Entscheidungen (hier die Einstellung eines Bebauungsplanverfahrens und die Einleitung eines neuen Planungsprozesses) können Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. (Rn. 25)
2. Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über das Verbot einer Irreführung sind nicht nur auf die Begründung des Bürgerbegehrens, sondern auch bereits auf die Fragestellung anwendbar. (Rn. 29)

Verfahrensgang

M 7 E 21.5166 2021-10-08 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren als Vertretungsberechtigte eines Bürgerbegehrens den Erlass einer einstweiligen Anordnung, um das Inkrafttreten von zwei Bebauungsplänen der Antragsgegnerin einstweilen zu verhindern.
Am 10. Juni 2021 reichten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin Unterschriften zur Beantragung eines Bürgerentscheids unter der Bezeichnung „Für ein lebenswertes G* … – gegen Verkehrschaos und Bauwahn am K* … …“ ein. Das Bürgerbegehren bezieht sich auf zwei Bebauungsplanverfahren zur Neubebauung des sogenannten „K* … …“ in zwei verschiedenen Teilbereichen bzw. Bauabschnitten (abgekürzt als „BA 1“ und „BA 2“). Die Unterschriftslisten enthielten folgende Frage:
„Sind Sie dafür, dass die aktuell laufenden Bebauungsplanverfahren am „K* … …“ gestoppt werden und stattdessen eine neue Rahmenplanung nach einem offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb mit folgenden Zielen erstellt wird?
– Anpassung des Maßes einer möglichen Bebauung an die bestehende Umgebung
– Schaffung von dauerhaft bezahlbarem Wohnraum
– Ernsthafte Berücksichtigung des Klimawandels durch möglichst klimaneutrale Planung
– Minimierung von zusätzlichem PKW- und LKW-Verkehr
– Effektive Bürgerbeteiligung im Verfahren zur Erstellung des Rahmenplans“
Mit Bescheid vom 12. Juli 2021 wies die Antragsgegnerin das eingereichte Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren sei materiell unzulässig, da die konkrete Fragestellung keinen Entscheidungscharakter i.S.d. Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO besitze. Es sei darauf gerichtet, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Bauleitplanverfahren zu stoppen und alle diesbezüglichen Planungsschritte in einem noch offenen Ideenwettbewerb unter jeweiliger Bürgerbeteiligung in einer „Rahmenplanung“ weiterzuverfolgen. Bestimmte Sachentscheidungen würden zwar offensichtlich angestrebt (geringeres Maß der baulichen Nutzung, klimaneutrale Planung, Verkehrsminimierung etc.), sollten jedoch einem „offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb mit effektiver Bürgerbeteiligung“ vorbehalten werden. Weiter sei die Fragestellung mit der vorstehend zitierten Zielvorgabe unbestimmt. Problematisch erscheine zudem, dass sich die Fragestellung und Begründung nicht zur Frage äußere, wie sich die angestrebte Rahmenplanung zu dem gesetzlich vorgeschriebenen mehrstufigen Bauleitplanverfahren verhalte. Im Hinblick auf die konkreten Ziele der angestrebten Rahmenplanung sei zudem die Begründung defizitär.
Am 22. Juli 2021 erhoben die Antragsteller Klage gegen diesen Bescheid (Az. M 7 K 21.3910). Weiter stellten sie am 28. September 2021 einen Antrag gemäß § 123 VwGO mit dem Ziel, der Antragsgegnerin das Fassen von Satzungsbeschlüssen zu den Bebauungsplänen „Bebauungsplan K* … … BA 1“ und „Bebauungsplan K* … … BA 2“, hilfsweise deren Bekanntmachung zu untersagen.
Mit Beschluss vom 8. Oktober 2021 untersagte das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Antragsteller Satzungsbeschlüsse zu den Bebauungsplänen „K* … … BA 1“ und „K* … … BA 2“ ortsüblich bekannt zu machen. Im Übrigen wurde der Antrag gemäß § 123 VwGO abgelehnt. Der Antrag sei zulässig und begründet, soweit die Antragsteller mit ihrem Hilfsantrag die Anordnung der Unterlassung der Bekanntmachung der Bebauungspläne begehrten. Die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte das vorliegende Bürgerbegehren im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zulässig und die zugrundeliegende Fragestellung hinreichend bestimmt sein. Mit der gewählten Formulierung werde das sachliche Ziel, die von der Antragsgegnerin beschlossene Bauleitplanung zu stoppen und stattdessen eine an den dargestellten Zielen orientierte neue Rahmenplanung quasi als Ergebnis eines durchgeführten offenen städtebaulichen Ideenwettbewerbs zu erstellen, hinreichend konkret deutlich. Dem stehe nicht entgegen, dass keine Rangfolge der angegebenen Ziele vorgegeben gewesen sei und der Ideenwettbewerb ergebnisoffen geführt werden solle. Das Ziel, eine Rahmenplanung auf der Basis eines offenen Ideenwettbewerbs zu erstellen, setze das Belassen eines ausreichenden Gestaltungsspielraums gerade voraus. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei auch auf eine Maßnahme mit Entscheidungscharakter gerichtet, nämlich auf die Grundsatzentscheidung, den Rahmenplan nach einem offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb zu erstellen. Dem Bürgerbegehren komme damit rechtliche Außenwirkung zu. Der Stadtrat könne im Rahmen der kommunalen Planungshoheit ohne weiteres einen solchen (Grundsatz-)Beschluss zur Erstellung eines Rahmenplans, der dann – gegebenenfalls – in einen Bebauungsplan einfließe, selbst beschließen; nichts Anderes könne daher für das Bürgerbegehren gelten. Die Durchführung städtebaulicher Wettbewerbe sowie informelle Planungen (Rahmenpläne) gehörten nach § 9 Abs. 1 Buchst. d 2. Spiegelstrich der Geschäftsordnung des Stadtrats der Antragsgegnerin vom 6. Mai 2020 ausdrücklich zum Aufgabenbereich seines Planungs- und Bauausschusses. Dass für die Umsetzung noch spätere Ausgestaltungen und Detailentscheidungen notwendig würden, wie beispielsweise die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens der Rahmenplanung oder die Festlegung der genauen Modalitäten der Auslobung des Ideenwettbewerbs, stehe dem Entscheidungscharakter nicht entgegen, da jedenfalls die grundsätzlichen Eckpfeiler – das „Was“, nämlich die Erstellung eines Rahmenplans, und das „Wie“ als Ergebnis eines offenen Ideenwettbewerbs mit den vorgegebenen Zielstellungen – hinreichend klar umschrieben seien. Das Bürgerbegehren dürfte nach summarischer Prüfung auch nicht auf ein unzulässiges Ziel gerichtet sein. Mit dem auf Erstellung einer neuen Rahmenplanung gerichteten Bürgerbegehren werde möglicherweise zwar mittelbar eine Vorentscheidung für den Inhalt eines späteren Bebauungsplans getroffen. Allerdings verstoße dies schon deshalb nicht von vorneherein gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB, weil mit dem späteren Bürgerentscheid allenfalls Rahmenfestlegungen für einen etwaigen späteren Bebauungsplan betroffen seien, die dem Stadtrat einen verbleibenden Planungsspielraum von substantiellem Gewicht belassen und damit genügend Alternativen zur Abwägung der konkreten Belange offenhalten würden. Schließlich dürften auch gegen die Begründung des Bürgerbegehrens keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Die Antragsteller hätten auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der zulässige Hauptantrag sei indessen unbegründet; die Antragsteller hätten diesbezüglich keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern, soweit der Antragsgegnerin dort untersagt werde, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage auf Zulassung des Bürgerbegehrens (Az. M 7 K 21.3910) Satzungsbeschlüsse der Bebauungspläne „K* … … BA 1“ und „K* … … BA 2“ ortsüblich bekannt zu machen, und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch insoweit abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren der Antragsteller sei unzulässig, weil die darin zur Abstimmung gestellte Frage nicht mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lasse, zu welchen Handlungen die Antragsgegnerin verpflichtet werden solle. Das Verwaltungsgericht verstehe die zweite Teilfrage des Bürgerbegehrens als (angestrebte) Grundsatzentscheidung für eine Rahmenplanung, die ohne jegliche inhaltliche Konkretisierung gänzlich „offen“ erfolgen solle. Die Fragestellung sei in wesentlichen Punkten zu unbestimmt. So bleibe bei der zweiten Teilfrage z.B. unklar, inwieweit die enumerativ aufgelisteten Planungsinhalte („Ziele“) zu berücksichtigen seien, ob die Antragsgegnerin an die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung gebunden sei und wie das Verfahren zur Aufstellung einer (informellen) Rahmenplanung ausgestaltet werden solle. Auch die erste Teilfrage sei zu unbestimmt; insbesondere sei wegen des Wortlauts unklar, ob das aktuelle Bebauungsplanverfahren ggf. komplett einzustellen oder nur vorübergehend „anzuhalten“ sei. Das Bürgerbegehren sei ferner unzulässig, weil die Fragestellung nicht auf eine Maßnahme mit (Sach-)Entscheidungscharakter gerichtet sei. Die angestrebte „Rahmenplanung mit offenem städtebaulichen Ideenwettbewerb und effektiver Bürgerbeteiligung“ stelle nur ein Instrumentarium zur späteren Abhaltung unverbindlicher Meinungsumfragen mit rein politischer Signalwirkung dar. Eine städtebauliche Rahmenplanung sei keine verbindliche Maßnahme mit Entscheidungscharakter und rechtlicher Außenwirkung. Aus der Fragestellung des Bürgerbegehrens ergebe sich ggf. gerade keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, einen auf den inhaltlichen Ergebnissen des Rahmenplans beruhenden Aufstellungsbeschluss für einen entsprechenden Bebauungsplan zu fassen. Ein Bürgerbegehren dürfe nicht lediglich darauf gerichtet sein, Vorgaben für eine noch zu treffende Sachentscheidung des betreffenden Gemeinderats zu machen. Das Bürgerbegehren verstoße zudem gegen das Täuschungs- und Irreführungsverbot. Aufgrund der gewählten Fragestellung entstehe bei den Bürgerinnen und Bürgern zwangsläufig der falsche Eindruck, dass erstmals ein offener städtebaulicher Ideenwettbewerb unter Verfolgung der dort genannten Ziele und eine effektive Bürgerbeteiligung erfolgen sollten; im Zusammenhang mit der bereits durchgeführten Bebauungsplanung sei beides bereits im Jahr 2018 erfolgt. Diese unvollständige Information könne für eine Unterschriftsleistung möglicherweise ausschlaggebend sein. Weiterhin seien die Angaben in der Begründung zum Bürgerbegehren zum in den Bebauungsplänen „K* … … BA 1“ und „K* … … BA 2“ festgesetzten Maß einer möglichen Bebauung unzutreffend oder jedenfalls in erheblichem Maße irreführend. Sie würden ein hohes Maß der Bebauung suggerieren, welches nach diesen Bebauungsplänen nicht zulässig sei. Diese objektiv irreführenden Darstellungen würden umso schwerer wiegen, da sie das zentrale Begründungselement des Bürgerbegehrens seien. Mit dem in der Begründung verwandten Begriff „Baufläche“ könne die (Gesamt-)Fläche der überbaubaren Grundstücksflächen (Bauräume), das Bauland nach § 19 Abs. 3 BauNVO oder eine nach dem Bebauungsplan maximal mögliche Versiegelung in Form der zulässigen Grundfläche, hier festgesetzt durch GRZ l bzw. GRZ II, gemeint sein. Soweit der Begriff „Baufläche“ nahe am Wortlaut als (Gesamt-)Fläche der überbaubaren Grundstücksflächen zu verstehen sei, würden die vom Bürgerbegehren angegebenen Flächenbilanzen nicht annähernd erreicht. Verstehe man den Begriff „Baufläche“ im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO, ergäben sich hiernach Flächenbilanzen, die denjenigen in der Begründung zum Bürgerbegehren zumindest nahekämen. Das Bauland im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO sei rechtlich lediglich ein Bezugspunkt der Berechnung der relativ zu bestimmenden Grundflächen- oder Geschossflächenzahl als eigentlichem Maßstab der Bebauung. Auch bleibe insoweit unberücksichtigt, dass in der Bebauungsplanung neben den festgesetzten öffentlichen Verkehrsflächen erhebliche Flächenanteile der sog. „Bauflächen“ als weitere öffentlich zugängliche Flächen vorgesehen und durch städtebauliche Verträge gesichert seien, nämlich solche mit Geh- und Fahrradfahrrechten. Aber auch falls der Begriff „Baufläche“ in dem wohl am nächsten liegenden Sinn mit der nach dem Bebauungsplan maximal zulässigen Grundfläche gleichzusetzen sei, seien die Flächenbilanzen des Bürgerbegehrens grob unrichtig. Zudem vermittle das Bürgerbegehren den unzutreffenden Eindruck, dass sich die sozialen Elemente der vorliegenden Bebauungspläne (geförderter Wohnungsbau, Schule, Wohnungen für Bürgerinnen und Bürger, Mehrgenerationenwohnungen) vermeintlich erhalten ließen und lediglich Ergebnisse des angestrebten Ideenwettbewerbs (zusätzlich) berücksichtigt werden könnten. Eine städtebauliche Vereinbarung, die einen hohen Anteil an Wohnungen mit Zugriffs-, Ankaufs- und Belegungsrechten der Antragsgegnerin ermögliche, sei jedoch im Falle einer mehrheitlich zustimmenden Entscheidung in einem Bürgerentscheid sehr wahrscheinlich nicht mehr umsetzbar. Aufgrund der Begründung des Bürgerbegehrens könnten dessen Auswirkungen und die wesentlichen Vor- und Nachteile nicht abgeschätzt werden.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die erstmals in der Beschwerdebegründung erhobene Rüge, die Begründung des Bürgerbegehrens sei defizitär und geeignet, die Abstimmenden zu täuschen und in die Irre zu führen, sei im angefochtenen Bescheid vom 12. Juli 2021 nicht enthalten gewesen und könne deshalb im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht nachgeschoben werden. Der Wortlaut der Fragestellungen des Bürgerbegehrens seien eindeutig. Weder die Rahmenplanung noch der städtebauliche Wettbewerb stelle eine bloße Meinungsbefragung der Bürgerinnen und Bürger da. Es handele sich vielmehr um einen dem förmlichen Bauleitplanverfahren vorgeschalteten Planungsprozess. Die Beklagte habe im Vorfeld der mit dem Bürgerbegehren zu stoppenden Bebauungspläne selbst eine Rahmenplanung durchgeführt. Die Öffentlichkeit sei zur Zeit der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren durch die ausgelegten Begründungen zu den Bebauungsplänen für das „K* … …“ darüber informiert worden, dass eine Rahmenplanung stattgefunden habe, die nach Ansicht des Bürgerbegehrens nicht geeignet sei, alle relevanten städtebaulichen Belange, insbesondere den verschärften Klimaschutz, zu erfüllen. Die bisherigen Bebauungsplanungen einschließlich der Rahmenplanung würden als unzureichend angesehen und sollten deshalb durch eine neue Rahmenplanung unter Hinzuziehung eines offenen städtebaulichen Wettbewerbs ersetzt werden. Da sowohl die Rahmenplanung als auch ein städtebaulicher Wettbewerb in einem eventuell folgenden Bebauungsplanverfahren nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu beachten seien, seien auch die entsprechenden Beschlüsse, solche Planungsinstrumente zu ergreifen, eine Sachentscheidung. Für die Durchführung gebe es wiederum Richtlinien und bewährte Konzepte, die nicht mit dem Bürgerentscheid beschlossen werden müssten, sondern von der Antragsgegnerin umzusetzen seien. Die Grundzüge und die wesentlichen Ziele einer neuen Planung seien in der Fragestellung des Bürgerbegehrens zulässigerweise aufgeführt. Der Senat habe in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2010 – 4 CE 10.2839 – die Formulierung solcher Zielvorstellungen in einem Bürgerbegehren, das die Aufstellung beziehungsweise Durchführung eines Bebauungsplans beinhalte, für zulässig erklärt. Was in förmlichen Planungsprozessen zulässig sei, müsse auch bei informellen Planungen dieser Art zulässig sein. Dass sich Mitglieder bzw. Vertreter der Bürgerinitiative, die das Bürgerbegehren initiiert habe, im Zuge der Rahmenplanung und auch des Bebauungsplanverfahrens beteiligt und zu Wort gemeldet hätten, hindere diese nicht, mit dem Bürgerbegehren eine andere, in ihren Augen städtebaulich qualitätsvollere Planung zu verfolgen. Es sei auch nicht Aufgabe des Bürgerbegehrens, die Öffentlichkeit über Inhalte der Vereinbarungen, die mit dem Investor in nichtöffentlicher Sitzung getroffen worden seien, zu informieren. Die Angaben in der Begründung des Bürgerbegehrens zur Flächenstatistik in den beiden Bebauungsplänen seien keine Täuschung und keine Irreführung; sie entstammten vielmehr den von der Antragsgegnerin selbst erstellten Begründungen zu den Bebauungsplänen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 8. Oktober 2021 bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin zu Recht im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO vorläufig untersagt, Satzungsbeschlüsse zu den Bebauungsplänen „K* … … BA 1„und „K* … … BA 2“ ortsüblich bekannt zu machen. Insbesondere ist die Bewertung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass das streitgegenständliche Bürgerbegehren nach derzeitigem Sach- und Streitstand die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen dürfte. Die von der Antragsgegnerin fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO den Prüfungsrahmen für den Senat bilden, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Fragestellung im Bürgerbegehren der Antragsteller hinreichend bestimmt ist.
Die Fragestellung eines Bürgerbegehrens muss so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht. Dem steht nicht entgegen, dass mit einem Bürgerentscheid auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden können, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderates ausgefüllt werden müssen, wie dies etwa bei einem Planaufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB der Fall ist. Die auf eine Grundsatzentscheidung abzielenden Bürgerbegehren unterliegen damit strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat, der an seine früheren Entscheidungen in keiner Weise gebunden ist und nicht vollzugsfähige Beschlüsse jederzeit präzisieren kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – BayVBl 2020, 276 Rn. 36 m.w.N.). Entgegen der Rüge der Antragsgegnerin ist das Verwaltungsgericht nicht von geringeren Bestimmtheitsanforderungen ausgegangen. Den vorgenannten Grundsätzen entsprechen sinngemäß die Formulierungen im angefochtenen Beschluss (dort Rn. 27). Danach müsse ein Bürgerbegehren insbesondere erkennen lassen, welchen Inhalt die durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung ggf. haben würden. Zudem müsse dem Abstimmungstext zu entnehmen sein, inwieweit die Gemeindeorgane, die den (erfolgreichen) Bürgerentscheid später zu vollziehen oder jedenfalls zu beachten hätten, an das Bürgerbegehren gebunden sein sollten.
Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss (Rn. 30) die Zielsetzung des Bürgerbegehrens der Antragsteller zutreffend darin gesehen, die bisherige Bebauungsplanung der Antragsgegnerin durch eine an den formulierten Zielsetzungen ausgerichtete Rahmenplanung zu ersetzen, d.h. einen neuen Planungsprozess in Gang zu setzen. Soweit das Bürgerbegehren darauf abzielt, dass „die aktuell laufenden Bebauungsplanverfahren am ‚K* … …‘ gestoppt werden“ (erster Teil der Fragestellung), ist zweifelsfrei gemeint, dass das Verfahren zum Erlass dieser Bebauungspläne nach § 10 BauGB nicht fortgeführt werden soll. Aus dem zweiten Teil der Fragestellung ergibt sich ebenso eindeutig, dass eine Grundsatzentscheidung darüber getroffen werden soll, ob die Antragsgegnerin einen neuen Planungsprozess zur Bebauung des „K* … …“ einzuleiten hat, beginnend mit der Veranstaltung eines Ideenwettbewerbs und in eine Rahmenplanung mündend. Damit ist nicht die Aussage verbunden, dass die Antragsgegnerin im Rahmen einer unter Umständen nachfolgenden Bebauungsplanung gehindert sein sollte, bestimmte Inhalte der vorliegenden zwei Bebauungspläne wieder aufzugreifen. Allerdings müssten sich die Ausschreibung des Ideenwettbewerbs und die nachfolgende Rahmenplanung an den im Bürgerbegehren genannten Zielen orientieren. Dass das Bürgerbegehren zu diesem Zeitpunkt keine konkreteren Vorgaben für städtebauliche Entscheidungen in einem solchen künftigen Planungsprozess formuliert, ändert nichts an der hinreichenden Bestimmtheit der Entscheidung zur Einleitung eines neuen Planungsprozesses. Es liegt zudem in der Natur der Sache, dass ein solcher Grundsatzbeschluss nur Eckpunkte enthält und gerade darauf abzielt, einen breiten planerischen Gestaltungsspielraum auszuloten. Rechtlich unbedenklich ist auch, dass die Ausgestaltung des Planungsprozesses im Einzelnen dem Stadtrat der Antragsgegnerin überlassen bleibt.
b) Im Bürgerbegehren der Antragsteller wird eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Frage im Sinn des Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO zur Entscheidung gestellt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 13. März 2019 (4 B 18.1851 – BayVBl 2020, 276 – Rn. 36 m.w.N.) formuliert hat, müssen Bürgerbegehren, wie sich aus Art. 18a Abs. 14 Satz 1 GO ergibt, eine von den Unterzeichnern „verlangte Maßnahme“ der Gemeinde zum Gegenstand haben. Auch eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Frage ist daher nur zulässig, wenn die Gemeindeorgane durch einen erfolgreichen Bürgerentscheid in irgendeiner Weise zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet sind. Ziel des plebiszitären Abstimmungsverfahrens muss eine vollzugsbedürftige und vollzugsfähige Entscheidung der Aktivbürgerschaft und nicht bloß eine kollektive Meinungsbekundung zu einem bestimmten Thema sein.
Die Bewertung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss (dort Rn. 34), wonach das von den Antragstellern initiierte Bürgerbegehren nicht lediglich auf die Durchführung einer Meinungsumfrage, sondern auf eine vollzugsfähige Grundsatzentscheidung gerichtet ist, wird durch die Beschwerdebegründung nicht in Frage gestellt. Diese Grundsatzentscheidung hätte die Antragsgegnerin ggf. nach Maßgabe der Bindungswirkung gemäß Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO dadurch umzusetzen, dass die laufende Bebauungsplanung einzustellen und ein neuer Planungsprozess einzuleiten wäre. Bei der angestrebten Rahmenplanung dürfte es sich um eine städtebauliche Planung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB handeln, deren Ergebnisse bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen wären. Insoweit kann eine solche Planung unter Umständen bei der Beurteilung der städtebaulichen Erforderlichkeit einer Bauleitplanung (§ 1 Abs. 3 BauGB) oder auch im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB Bedeutung erlangen (vgl. hierzu Söfker/Runke in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2021, § 1 Rn. 175). Die vom Bürgerbegehren der Antragsteller angestrebte Entscheidung, eine solche Planung durchzuführen, ist zwar nicht gesetzlich geregelt und kann keine (auch nur mittelbaren) Rechtswirkungen für Dritte entfalten; dies unterscheidet ihn vom Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan (§ 2 Abs. 1 BauGB), der unter Umständen Voraussetzung für die Anwendung einzelner bodenrechtlicher Vorschriften sein kann (vgl. § 14, § 15, § 24 Abs. 1 Satz 2, § 33 BauGB). Eine Entscheidung im Sinne von Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO setzt jedoch nicht voraus, dass Vollzugsmaßnahmen der jeweiligen Gemeinde Außenwirkung gegenüber Gemeindebürgern entfalten. Erforderlich ist lediglich, dass durch die zur Entscheidung gestellte Frage ggf. eine Bindungswirkung nach Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO infolge eines Bürgerentscheids eintritt und insoweit ein verbindlicher Rechtsakt entsteht; es darf sich nicht lediglich um eine unverbindliche Meinungsumfrage zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen Verwaltungsmaßnahme handeln (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – VGH n.F. 70, 119 Rn. 42; B.v. 22.3.1999 – 4 ZB 98.1352 – BayVBl 1999, 439 Rn. 12). Ferner können auch verfahrensleitende Entscheidungen – vorliegend die Einstellung eines Bebauungsplanverfahrens und die Einleitung eines neuen Planungsprozesses – Gegenstand eines Bürgerbegehrens und -entscheids sein (vgl. zu einem Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 BauGB BayVGH, B.v. 13.12.2010 – 4 CE 10.2839 – VGH n.F. 63, 282). Auf die Rechtsqualität einer etwaigen späteren Rahmenplanung kommt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin schon deshalb nicht an, weil das streitgegenständliche Bürgerbegehren lediglich auf eine Entscheidung über die Verfahrenseinleitung für eine neue Planung, nicht dagegen über eine spätere Planungskonzeption abzielt.
c) Die Fragestellung und die Begründung des Bürgerbegehrens der Antragsteller enthalten keine falschen oder irreführenden Angaben.
aa) Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller konnte die Antragsgegnerin dahingehende Rügen im Beschwerdeverfahren unabhängig davon erheben, ob diese bereits Gegenstand der Begründung des Bescheides vom 12. Juli 2021 waren. Bei der Entscheidung über die Zulassung des Bürgerbegehrens gemäß Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO steht dem betreffenden Gemeinderat kein Ermessensspielraum zu. Falls ein Bürgerbegehren die dafür geltenden gesetzlichen Voraussetzungen nach Art. 18a Abs. 1 bis 6 GO nicht erfüllt, können dessen Vertreter im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Zulassung des Bürgerbegehrens beanspruchen, unabhängig vom Inhalt einer vorangegangenen ablehnenden Entscheidung nach Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO.
bb) Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung nach Art. 18a Abs. 4 GO. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (BayVGH, B.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – VGHE BY 70, 119 Rn. 33 m.w.N.).
cc) Die Antragsgegnerin meint, die Fragestellung des Bürgerbegehrens suggeriere, dass die bereits vorliegende Rahmenplanung der Antragsgegnerin in keinem offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb erarbeitet worden sei, die enumerativ aufgelisteten Ziele dort nicht verfolgt worden seien und insbesondere damals keine „effektive Bürgerbeteiligung“ stattgefunden habe. Sie schließt dies aus dem Wort „stattdessen“ in der Fragestellung und aus dem „Verschweigen“ des Umstands, dass bei Beginn der Bauleitplanungen „K* … … BA 1“ und „K* … … BA 2“ eine solche Rahmenplanung in der von der Fragestellung des Bürgerbegehrens geforderten Weise stattgefunden habe. Dieser Rüge ist nicht zu folgen. Zwar sind die vorgenannten, in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über das Verbot einer Irreführung nicht nur auf die Begründung des Bürgerbegehrens, sondern auch bereits auf die Fragestellung anwendbar, da diese dem beantragten Bürgerentscheid zugrunde läge. Der Fragestellung des vorliegenden Bürgerbegehrens ist aber lediglich zu entnehmen, dass die aktuellen Bebauungsplanverfahren „gestoppt“ und eine neue Rahmenplanung nach einem offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb mit einer speziellen Ausrichtung auf die genannten Ziele eingeleitet werden soll. Damit wird deutlich, dass aus Sicht der Antragsteller die vorliegende Bebauungsplanung diesen Zielen nicht vollauf gerecht wird und es insofern bisher auch an einer „effektiven“ Bürgerbeteiligung fehlt. Angesichts der Fragestellung des Bürgerbegehrens liegt es dagegen fern anzunehmen, dass die aktuellen Bebauungspläne nach der Vorstellung der Antragsteller zwar inhaltlich nicht zu beanstanden seien, aber allein schon deshalb nicht in Kraft treten sollten, weil das vorangegangene Bebauungsplanverfahren defizitär gewesen sein soll. Dieses Verständnis der Fragestellung wird durch die Begründung des Bürgerbegehrens bestätigt, die sich auf Kritik am Inhalt der vorliegenden Bebauungspläne beschränkt; das Bebauungsplanverfahren wird dort nicht angesprochen.
dd) Die Rüge der Antragsgegnerin, in der Begründung des Bürgerbegehrens hätte die Beteiligung der das Bürgerbegehren tragenden Bürgerinitiative im Rahmen der früheren Rahmenplanung erwähnt werden müssen, ist nicht nachvollziehbar. In dieser Begründung wird dargestellt, welche inhaltlichen Mängel die vorliegenden Bauleitpläne aus Sicht der Antragsteller aufweisen. Aufgrund dessen entsteht nicht der Eindruck, dass die Antragsteller eine bisher fehlende Verfahrensbeteiligung der Bürgerinitiative bemängeln wollten und dass maßgeblich (auch) aus diesem Grund der Planungsprozess erneut durchgeführt werden solle. Auch für die Bürger werden im Übrigen bei der Entscheidung, ob sie das Bürgerbegehren unterstützen, die Inhalte der Bebauungsplanung ausschlaggebend sein, nicht der – in der Begründung nicht thematisierte – Verfahrensablauf der vorangegangenen Rahmenplanung oder der Bebauungsplanung.
ee) Schließlich erweisen sich auch die Angaben in der Begründung des Bürgerbegehrens zum Anteil von Bau- und Verkehrsflächen in den vorliegenden Bebauungsplänen für das „K* … …“ nicht als irreführend. Dabei kann offenbleiben, ob diese Rüge der Antragsgegnerin bereits insoweit unschlüssig ist, als die beanstandeten Flächenangaben aus der Begründung der vorliegenden Bebauungspläne stammen.
Die Begriffe der Baufläche und der Verkehrsfläche sind nach dem Empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass damit die für eine Bebauung bzw. für den Verkehr vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung bezeichnet werden. Die Bauflächen sind in § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB entsprechend definiert und können im Flächennutzungsplan dargestellt werden; Teile dieser Bauflächen können unter Umständen aufgrund von Festsetzungen in einem Bebauungsplan nicht bebaut werden (vgl. insoweit auch Begründung zum Bebauungsplan „K* … … – 1. BA“, S. 24 Abs. 2). Verkehrsflächen können gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB im Bebauungsplan festgesetzt werden.
Dieses Begriffsverständnis wird bestätigt durch den Sinnzusammenhang der prozentualen Angaben zu Bau- und Verkehrsflächen in der Begründung des Bürgerbegehrens. Bevor dort auf die Flächenanteile eingegangen wird, wird die in der Rahmenplanung für eine bauliche Entwicklung im Bereich des „K* … …“ vorgesehene Gesamtflächengröße mit „etwa 10 ha“ angegeben. Danach wird zunächst auf die Anteile von Bau- und Verkehrsflächen an der Gesamtfläche des Geltungsbereichs des Bebauungsplans für den Bauabschnitt 1 eingegangen. Daran schließen sich Angaben zu festgesetzten Baugebietstypen und damit zur Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB i.V.m. §§ 1 bis 15 BauNVO) an; die Zweckbestimmung der Flächen wird insoweit konkretisiert. Erst danach wird in der Begründung das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BauGB) skizziert. Insoweit werde eine hohe Baudichte angestrebt; „im Innern“ könnten die Abstandsflächen auf bis zu 3 m verkürzt und teils über 50 m lange mehrgeschossige Baukörper zugelassen werden. Dies verdeutlicht, dass allein die Angaben zu Baumassen und Abstandsflächen die Annahme einer „hohen Baudichte“ begründen, nicht dagegen die Angaben zu Bauflächen. Für den Geltungsbereich des Bebauungsplans für den zweiten Bauabschnitt werden die Angaben zu Bauflächen durch Größenangaben von Gemeinbedarfsflächen und der zulässigen Verkaufsfläche eines großflächigen Einzelhandels erläutert. Durch den nachfolgenden Hinweis, dass „Größe und Maße dieser Nutzungen […] auch von der Realisierung des Bauabschnitts 1“ abhingen, wird klargestellt, dass das Maß der Nutzung nicht durch die Flächenangaben vorbestimmt sein soll.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann nicht angenommen werden, dass mit dem Begriff der Bauflächen in der Begründung des Bürgerbegehrens die Summe der im Bebauungsplan festgesetzten Bauräume gemeint sein könnte. Die Antragsgegnerin weist selbst darauf hin, dass insoweit Bauräume addiert würden, die wegen der festgesetzten Grundflächenzahl nicht insgesamt realisiert werden dürften. Weshalb der Begründung des Bürgerbegehrens eine Berechnung eines fiktiven, baurechtlich nicht zulässigen Maßes an überbauter Grundfläche zugrunde liegen sollte, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen kommt die Antragsgegnerin auf der Grundlage der Addition von Bauräumen zu Flächenbilanzen, die mit der des Bürgerbegehrens nicht annähend übereinstimmen.
Weiter ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Initiatoren des Bürgerbegehrens den Begriff der Baufläche als diejenigen Flächen der Baugrundstücke verstehen sollten, die im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 BauNVO im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegen. Die Antragsgegnerin verweist darauf, dass es sich dabei um eine Rechengröße zur Bestimmung von Grundflächenzahl oder Geschossflächenzahl handelt, d.h. zur Ermittlung einer Kennziffer des Maßes der baulichen Nutzung. Wie vorstehend erläutert, kann nach dem Sinnzusammenhang in der Begründung des Bürgerbegehrens gerade nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der Baufläche vorliegend als Kriterium für das Maß der baulichen Nutzung dienen sollte. Im Übrigen ist nicht schlüssig, wenn die Antragsgegnerin einerseits ein Verständnis des Begriffs der Baufläche im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO für möglich hält, andererseits aber darauf hinweist, dass dadurch zu Unrecht „faktisch ebenso öffentlich nutzbare Flächen“ als Bauflächen berücksichtigt würden. Die von ihr angestellten Berechnung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 BauNVO mit der von ihr befürworteten Korrektur ergibt auch wiederum nicht annähernd die in der Begründung des Bürgerbegehrens genannten Flächensummen, was zusätzlich gegen eine solche Interpretation spricht.
Schließlich kann nicht der Auffassung der Antragsgegnerin gefolgt werden, naheliegend sei die Gleichsetzung des Begriffs der Baufläche mit der maximal zulässigen Versiegelung in Form der maximal zulässigen Grundfläche. Wie oben bereits ausgeführt, ist nach dem Sinnzusammenhang nicht anzunehmen, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens mit diesem Begriff auf ein Kriterium für das Maß der baulichen Nutzung – hier die Grundflächenzahl nach § 19 BauNVO – Bezug nehmen wollten. Auch spricht wiederum gegen das von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Verständnis, dass sich die in der Begründung des Bürgerbegehrens genannten Flächenanteile nicht plausibel aus der Grundflächenzahl herleiten ließen.
ff) Die Antragsgegnerin bemängelt, die Begründung des Bürgerbegehrens erwecke unzutreffend den Eindruck, bestimmte „soziale Elemente“ der vorliegenden Bauleitplanung – insbesondere durch eine bereits abgeschlossene städtebauliche Vereinbarung abgesichert – würden sich auch im Falle eines die Frage des Bürgerbegehrens bejahenden Bürgerentscheids erhalten lassen. Das überzeugt nicht. In der Begründung des Bürgerbegehrens werden diese städtebauliche Vereinbarung und andere etwaige soziale Errungenschaften dieser Bauleitplanung nicht thematisiert. Die Antragsgegnerin zeigt nicht auf und es ist auch sonst nicht ersichtlich, inwieweit der von ihr behauptete Eindruck durch die Begründung erweckt werden könnte. Soweit die Antragsgegnerin bemängelt, die Begründung stelle nicht die wesentlichen Vor- und Nachteile des Entscheidungsvorschlags gegenüber, rügt sie keinen Verstoß gegen gesetzliche Anforderungen. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind nicht zu einer objektiv ausgewogenen Erläuterung ihres Anliegens verpflichtet. Die um ihre Unterschrift gebetenen Gemeindebürger müssen sich vielmehr selbständig ein Urteil darüber bilden, ob sie die – in der Regel einseitig zugunsten des Bürgerbegehrens – vorgebrachten Gründe für stichhaltig halten oder ob sie sich zusätzlich aus weiteren Quellen informieren wollen. Zu beanstanden ist die Begründung eines Bürgerbegehrens daher nur, wenn sie über eine bloß tendenziöse Wiedergabe hinaus einen entscheidungsrelevanten Umstand nachweislich falsch oder in objektiv irreführender Weise darstellt (BayVGH, B.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – VGH n.F. 70, 119 Rn. 35). Diese engen Voraussetzungen liegen hier eindeutig nicht vor.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Bei der Streitwertbemessung wurde zugrunde gelegt, dass der Beschwerdegegenstand nur einen Teil des erstinstanzlichen Streitgegenstands betrifft und das Verwaltungsgericht insoweit ein hälftiges Teilunterliegen der Antragsgegnerin angenommen hat.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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