Baurecht

Zum Umfang einer Baulastverpflichtung an einem nicht ausgebauten Feld- und Waldweg

Aktenzeichen  B 1 K 15.242

Datum:
20.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayStrWG BayStrWG Art. 54 Abs. 4, Art. 67 Abs. 3 und 4
BayVwVfG BayVwVfG Art. 44 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Das Gesetz enthält keine verfahrensrechtlichen Vorgaben bezüglich des Ablaufs des Einigungsverfahrens gemäß Art. 54 Abs. 4 S. 1 BayStrWG. Auch bei Beteiligung der Gemeinde erfolgt insoweit keine Zuständigkeitsverlagerung auf die Kreisverwaltungsbehörde. (Rn. 33 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine ordnungsgemäße Anhörung setzt nicht voraus, dass den Beteiligten vorab mitgeteilt wird, welche Entscheidung die Behörde aufgrund des von ihr ermittelten Sachverhalts zu treffen beabsichtigt. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3 Nicht offenkundige Mängel einer “Zweitanlegung” des Bestandsverzeichnisses für öffentliche Feld- und Waldwege führen nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit. (Rn. 37 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
4 Von der Nichtigkeit einer Eintragung im Bestandsverzeichnig wegen mangelnder Bestimmtheit ist auszugehen, wenn diese eine einigermaßen genaue Bestimmung des Wegeverlaufs in der Natur nicht zulässt. Es genügt, wenn der Wegeverlauf durch Rückgriff auf topographische Merkmale, die über lange Zeit unverändert bestehen, nachvollziehbar beschrieben wird. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
5 Für die Bekanntgabe straßenrechtlicher Verfügungen eines Bestandsverzeichnisses kommt es allein auf die öffentliche Bekanntmachung und Auslegung an. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
6 Die Eintragung in das Bestandsverzeichnis in der Spalte „Baulastträger“ entfaltet keine konstitutive Wirkung; Voraussetzung für die Eigenschaft eines Grundstückseigentümers als baulastpflichtiger Beteiligter iSv. Art. 54 Abs. 1 S. 2 BayStrWG ist, dass das Grundstück über den jeweiligen Weg bewirtschaftet werden kann und dies auch tatsächlich geschieht. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Ziffer 4 der Bescheide vom … wird aufgehoben. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 9/10 als Gesamtschuldner, der Beklagte trägt 1/10.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Bei Auslegung des Klageantrags gem. § 88 VwGO wenden sich die Kläger nicht gegen Ziffer 2 der Bescheide, da sich diese inhaltlich nur an die Gemeinde … richtet. Die so verstandenen Klagen sind zulässig, haben in der Sache jedoch nur im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen erweisen sich die angefochtenen Verwaltungsakte als rechtmäßig und verletzen die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
1. Nachdem die ursprüngliche Klägerin zu 2., Frau …, ihr Grundstück an Herrn … veräußert hat, führt dieser den Rechtsstreit an ihrer Stelle weiter (vgl. den Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 10.11.2015, Bl. 46 d. GA). Es handelt sich hierbei um einen Fall der Veräußerung der streitbefangenen Sache i.S.v. § 173 VwGO i. V. m. § 266 ZPO (vgl. Häußler in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 67 Rn. 48 a.E.).
2. Die Feststellung der Baulastverpflichtung gegenüber den Klägern findet ihre Grundlage in Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG. Die angegriffenen Bescheide sind insoweit formell und materiell rechtmäßig.
a) Bei der …gasse handelt es sich um einen nicht ausgebauten Feld- und Wald Weg, für den gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG die Beteiligten die Träger der Straßenbaulast sind. Nach Art. 54 Abs. 4 Satz 1 BayStrWG haben die Beteiligten eine Einigung über die Art und den Umfang der sich aus der Straßenbaulast ergebenden Verpflichtungen anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet gem. Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG – wenn die Gemeinde beteiligt ist – die Straßenaufsichtsbehörde, d.h. hier das Landratsamt als Kreisverwaltungsbehörde (Art. 61 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG). Verfahrensfehler sind im Hinblick auf diese gesetzlichen Vorgaben nicht zu erkennen. Entgegen der klägerischen Auffassung ist nicht aufgrund einer Analogie zu Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG davon auszugehen, dass bei Beteiligung der Gemeinde auch schon das „Einigungsverfahren“ von der Kreisverwaltungsbehörde durchzuführen gewesen wäre. Das Gesetz greift den Fall der Beteiligung der Gemeinde auf und ordnet (nur) für die Entscheidung im Fall der Nichteinigung der Beteiligten die Zuständigkeit der Straßenaufsichtsbehörde an, sodass keine planwidrige Regelungslücke erkannt werden kann, die aber Voraussetzung eines Analogieschlusses wäre.
Die Entscheidung durch das Landratsamt setzte hier voraus, dass zwischen den Beteiligten keine Einigung zustande kommt. Die Gemeinde … hat mehrfach versucht, im Wege von Bürgerversammlungen und Anschreiben eine Einigung herbeizuführen, sie ist selbst Beteiligte i.S.v. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG. In den Jahren 2013 und 2014 war eine Einigung zwischen den Beteiligten nicht herbeizuführen. Die Beteiligten, die sich im Zuge dessen geäußert hatten, waren sich uneins, ob die Brücke über den … dort noch gebraucht werde oder nicht. Dass nicht alle späteren Adressaten des hier streitgegenständlichen Bescheids am Versuch einer Einigung beteiligt worden sind, vermag die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Landratsamts nicht zu begründen. Denn aufgrund der bisher ergangenen Äußerungen war abzusehen, dass eine Einigung – unabhängig von der Position der weiteren Beteiligten – nicht mehr zustande kommen kann. Auch wenn sich nur ein Teil der Beteiligten einig ist, muss insgesamt entschieden werden (Schmid in: Zeitler a.a.O., Art. 54 Rn. 39). Entgegen dem Vorbringen der Kläger enthält das Gesetz keine verfahrensrechtlichen Regelungen bezüglich des Ablaufs des „Einigungsverfahrens“.
b) Auch ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist nicht gegeben. Eine ordnungsgemäße Anhörung setzt nicht voraus, dass den Beteiligten vorab mitgeteilt wird, welche Entscheidung die Behörde aufgrund des von ihr ermittelten Sachverhalts zu treffen beabsichtigt (vgl. Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 28 Rn. 15 m.w.N.). Durch das Anhörungsschreiben vom 09.02.2015 wurde den Adressaten der aus Behördensicht maßgebliche Sachverhalt (insbesondere die Zugehörigkeit der Brücke zur …gasse, die sich aus der Straßenbaulast ergebenden Verpflichtungen sowie der Kreis der betroffenen Grundstückseigentümer) mitgeteilt. Darüber hinaus wäre ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG jedenfalls durch die (umfangreiche) schriftsätzliche Auseinandersetzung gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG durch Nachholung geheilt.
c) Die Baulastverpflichtung bezieht sich auch auf die …brücke, da diese Teil der … ist. Maßgeblich ist nach Auffassung des Gerichts insoweit das Bestandsverzeichnis aus den Jahren 1987/1988.
aa) Das Bestandsverzeichnis aus den Jahren 1987/1988 wirkt vorliegend nicht rein deklaratorisch, sondern entfaltet eigene Rechtswirkungen. Wie sich aus dem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss vom 07.03.1988 (Bl. 71 d. GA) ergibt, war es die Intention des Gemeinderats, das „Bestandsverzeichnis für öffentliche Feld- und Waldwege und beschränkt öffentliche Wege neu anzulegen“. Dem steht auch nicht entgegen, dass bei dem Bestandsverzeichnis 1987/1988 in der Spalte „Bemerkungen“ auf beide Eintragungsverfügungen verwiesen wird. Denn die inhaltliche Änderung dahingehend, dass als Beginn nunmehr explizit „an der …straße in … bei der FlNr. … ausgewiesen wurde, und auch, dass in Spalte 5 als Baulastträger nunmehr die Eigentümer der Grundstücke … und … aufgeführt wurden, zeigt, dass eine inhaltliche Änderung vorliegt, die weitergehende Rechtswirkungen als das frühere Bestandsverzeichnis herbeiführt und deswegen eine eigene Regelungswirkung entfaltet. Dies wird ferner dadurch unterstrichen, dass bei dem Bestandsverzeichnis von 1987/1988 auf die Rechtsfolgen des Art. 67 Abs. 4 BayStrWG hingewiesen worden ist. Hätte die Gemeinde … eine bloße Berichtigung der Kartei vornehmen wollen, wäre dieser Hinweis auf entstehende Rechtswirkungen nicht veranlasst gewesen.
Ob eine solche Form einer „Zweitanlegung“ auch in anderen als in den Fällen zulässig ist, in denen das erste Bestandsverzeichnis mangels ordnungsgemäßer Bekanntmachung rechtlich nicht existent war, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn jedenfalls führte ein solcher Mangel mangels offenkundiger Rechtswidrigkeit i.S.v. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit (vgl. zum Ganzen Häußler a.a.O. Art. 67 Rn. 36 f.). Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, dass es sich vorliegend nicht um eine „Zweitanlegung“ in diesem Sinne – also die vollständige Anlegung eines neuen Verzeichnisses – handeln würde. Denn in jedem Fall wurde eine neue, bestandskraftfähige Regelung getroffen, was nach den oben genannten Grundsätzen möglich ist.
Dem steht auch nicht die klägerseits eingewandte 30-jährige Ausschlussfrist entgegen. Denn einerseits betrifft diese nur Bestandsverzeichnisse, die nach dem 31.08.1988 aufgestellt wurden (die Auslegungsfrist wird nicht mitgerechnet, BayVGH, U.v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 = BayVBl. 2001, 468), was hier nicht der Fall ist. Andererseits führte ein Verstoß wiederum ohnehin nicht zur Nichtigkeit i.S.v. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG, sondern nur zur Anfechtbarkeit (vgl. Häußler a.a.O., Art. 67 Rn. 37). Entsprechendes gilt wiederum für die Frage, auf welchen Straßenbestand für die Zweitanlegung eines Bestandsverzeichnisses abzuheben ist (den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BayStrWG am 01.09.1958 oder den zum Zeitpunkt der Zweitanlegung). Denn auch wenn man mit der Rechtsprechung des BayVGH (U.v. 10.12.1991 – 8 B 89.3546) davon ausgeht, dass es auf den Zeitpunkt des Inkrafttreten des BayStrWG ankommt, zu dem die Brücke vor der Trassenverlegung sich noch an einem abweichenden Ort als nach der Verlegung befunden hat, so bewirkt auch dies keine Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG, sodass gleichwohl Bestandskraft eingetreten ist (vgl. Häußler a.a.O., Art. 67 Rn. 37).
bb) Der Wirksamkeit der Eintragung der …gasse im Bestandsverzeichnis von 1987/1988 kann auch nicht entgegengesetzt werden, dass dieses wegen Unbestimmtheit gem. Art. 44 Abs. 1 VwVfG nichtig sei. Vielmehr erweist sich dieses – bei Auslegung – als hinreichend bestimmt. Aus dem Bestandsverzeichnis ergibt sich bei Auslegung ferner, dass die …brücke als Teil der …gasse anzusehen ist.
Die Form und der Inhalt der Eintragungen in die Bestandsverzeichnisse sind in der Verzeichnisverordnung (VerzVO) geregelt. Die dortigen Vorschriften ergänzen das in Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verankerte Bestimmtheitsgebot. Aus §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 3, 6 Abs. 2 und 4 VerzVO folgt, dass zum Inhalt einer Eintragung insbesondere der Name der Straße, die Nummer des Straßenzugs, die Bestimmung der Straßenklasse und der Baulastträger, Angaben zum Anfangs- und Endpunkt der Straße sowie die Beschreibung des Straßenverlaufs unter Aufzählung der betroffenen Grundstücke (Flurnummern) und Eigentümer gehören (vgl. Häußler a. a. O., Art. 67, Rn. 32).
In der Eintragung der …gasse wird zwar als Grundstück nur die FlNr. … genannt, die ca. 58 Meter vor dem östlichen Ufer des … endet. Unvollständige oder falsche Angaben in den Eintragungen, die den Vorschriften der VerzVO nicht entsprechen, sind rechtswidrig. Jedoch führt ein Mangel auch hier nur dann zur Nichtigkeit i.S.v. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG, wenn die Eintragung an besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Bestimmtheitsmängeln leidet. Die Annahme, dass ein solcher Mangel zum einen gravierend und zum anderen evident ist, steht nach der Rechtsprechung unter engen Voraussetzungen (vgl. nur BayVGH, B.v. 21.11.2012 – 8 ZB 11.2367 – juris Rn. 6; Häußler a.a.O., Art. 67, Rn. 33 m.w.N.). Von der Nichtigkeit der Eintragung ist dann auszugehen, wenn die Eintragung eine einigermaßen genaue Bestimmung des Wegeverlaufs in der Natur nicht zulässt. Vorliegend erweist sich die Eintragung im zugrundliegenden Fall nicht als nichtig. Denn dem Bestimmtheitserfordernis wird im konkreten Einzelfall dadurch Rechnung getragen, dass der Wegeverlauf durch Rückgriff auf topographische Merkmale, die über lange Zeit unverändert bestehen, nachvollziehbar beschrieben wird. Hier endet zwar das Grundstück FlNr. … vor ca. 58 Meter vor dem Beginn der Brücke. Durch die Nennung des Anfangspunktes „Beginnt an der …straße“ wird der Anfangspunkt hinreichend genau definiert. Anders als in einem vom BayVGH zu entscheidenden Verfahren (BayVGH, U.v. 17.02.2010, 1 B 09.2132 = BauR 2010, 1548) wird hier gerade nicht etwa nur pauschal ein 110 bzw. 120 Meter breites Grundstück als Anfangspunkt genannt. Außerdem ergeben sich – anders als in dem zitierten Verfahren – auch aus der Natur Anhaltspunkte für den Verlauf des Weges. Im Zeitpunkt der Eintragung in das Bestandsverzeichnis (1987/1988) entsprach es bereits dem natürlichen Verlauf des Weges, dass dieser nicht an der FlNr. 893 begann, sondern bis an den Weißen Main heranreichte. Spätestens ab der Erneuerung der Brücke (an einer versetzten Stelle; laut Klägerseite im Zeitraum zwischen 1963 und 1973) entsprach der natürliche Verlauf des nicht ausgebauten Feld- und Waldwegs …gasse auch dem im Bestandsverzeichnis verfügten Verlauf.
Die Wirksamkeit der Eintragung ist auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Eigentümer benachbarter Grundstücke nicht damit zu rechnen haben, dass die Widmung über die Grenzen der genannten Flurnummer auf ihre Grundstücke hinausgreifen (vgl. die Nachw. bei Häußler a.a.O., Art. 67 Rn. 34). Denn der weitere, nicht auf der FlNr. … liegende Teil der …gasse zwischen Ende des Flurgrundstücks und dem … verläuft auf dem Grundstück FlNr. … Auf diesem verläuft jedoch ohnehin schon der mit der FlNr. … beginnende und Richtung … verlaufende Teil der …gasse, sodass eine überraschende Inanspruchnahme des Grundstücks gerade nicht droht. Ein (der Rechtsprechung zugrundeliegendes) unerkanntes „Hinausgreifen“ des Weges auf ein fremdes Grundstück, dessen Eigentümer sich als bloßer Anlieger wähnt, ist daher in der vorliegenden Konstellation nicht zu befürchten.
Die Auslegung des maßgeblichen Bestandsverzeichnisses von 1987/1988 ergibt, dass die streitgegenständliche Brücke Teil der …gasse ist. Zwar erstreckt sich die angegebene Flurnummer … nicht auf den Bereich der Brücke. Jedoch ist hier eine genaue Bestimmung anhand der weiteren Angaben im Bestandsverzeichnis möglich. Die Festlegung des Anfangspunkts (Spalte 2 Nr. 3) „beginnt an der …straße in … bei der FlNr. … zeigt zum einen, dass die Brücke nicht Teil der …straße ist, sondern an diese angrenzt. Zum anderen lässt die Bezugnahme auf die FlNr. … nur die Deutung zu, dass der Beginn der …gasse am westlichen Ufer des … ist, die Brücke also Teil des Weges sein muss. Diese Auslegung wird auch dadurch gestützt, dass in Spalte 5 als Anliegergrundstücke die FlNrn. … und … genannt sind. Da diese auf der anderen (südwestlichen) Seite des … liegen, ist zwingend, dass die Brücke als Teil der …gasse über den … reicht (zur Frage der tatsächlichen Beteiligtenstellung der Eigentümer dieser Grundstücke s.u.).
Das Argument der Kläger, dass dann aber ein Widerspruch zur Eintragung der …straße bestehe, der logisch nicht aufzulösen sei, verfängt nicht. Deren Eintragung (Bl. 9 des Bestandsverzeichnisses von ……) weist als Endpunkt (Spalte 2 Nr. 4) die Beschreibung „Am westlichen Ufer des … beim Grundstück FlNr. … aus. Dies ist gerade nicht dahingehend zu verstehen, dass …gasse und …straße einen Überschneidungsbereich besitzen. Vielmehr bedeutet dieser Eintrag, dass die …straße – von der anderen Seite als die …gasse – bis an das westliche Ufer heranreicht. Der Endpunkt der …straße ist daher zugleich der Anfangspunkt der …gasse, ohne dass dabei eine unzulässige Überschneidung gegeben wäre. Dies wird auch dadurch gestützt, dass zur Beschreibung dieses Punktes in beiden Eintragungen als ergänzende Angabe „beim Grundstück FlNr. … (…straße) bzw. „bei der FlNr. … verwendet wird. Die einheitliche Bezeichnung des Endbzw. Anfangspunktes ist nicht als (nicht denkbare) Überschneidung, sondern vielmehr als konsequente Bezeichnung des Berührungspunktes beider Wegstücke aufzufassen.
Schließlich kann ein Bestimmtheitsmangel mit der Nichtigkeitsfolge aus Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG auch nicht daraus hergeleitet werden, dass es sich bei der an die Brücke angrenzenden Straße in Wirklichkeit nicht um die …straße, sondern um das … handle. Der Übergang vom … auf die …straße wird (u.a.) auf Bl. 8 ff. der auch hier beigezogenen Behördenakte aus dem Verfahren B 1 K 15.974 hinreichend dokumentiert. Beim … handelt es sich um die auf der FlNr. … gelegene, von der … Straße abgehende Sackgasse mit Durchgang zur …straße. Dass die an das Ufer bzw. die Brücke angrenzende Straße auf der FlNr. … die …straße ist, ergibt sich zudem aus deren Eintragung im Bestandsverzeichnis der Gemeinde … (Bl. 88 der Behördenakte).
cc) Der Geltung des Bestandsverzeichnisses gegenüber den Klägern steht auch nicht entgegen, dass eine Unterrichtung bekannter Beteiligter gem. Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStrWG nicht stattgefunden hätte. Diese Vorschrift hat nach ganz herrschender Meinung den Charakter einer bloßen Ordnungsvorschrift, sodass es für die Bekanntgabe straßenrechtlicher Verfügungen eines Bestandsverzeichnisses allein auf die – hier ordnungsgemäß erfolgte – öffentliche Bekanntmachung und Auslegung nach Art. 67 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG ankommt (vgl. Häußler a.a.O., Art. 67 Rn. 28 m.w.N.). Darüber hinaus wäre – damit der Mangel auch jetzt noch eingewandt werden könnte – die Nichtigkeitsfolge des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG notwendig. Ein zur Nichtigkeit führenden Verfahrensmangel scheidet vorliegend jedoch ersichtlich aus.
Das wirksame Bestandsverzeichnis von 1987/1988 ergibt daher, dass die streitgegenständliche Brücke einen Teil der …gasse bildet und daher von der Straßenbaulast mit umfasst ist.
dd) Etwas anderes folgt auch nicht aus der „redaktionellen Berichtigung“ aus dem Jahr 2015. Ob eine solche zulässig war und ob hierdurch eigene, neue Rechtsfolgen bewirkt wurden, oder nur eine Klarstellung erfolgt ist, kann vorliegend offen bleiben. Denn diese erfolgte nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids und hat demzufolge auf dessen Rechtmäßigkeit keinen Einfluss. Außerdem ergibt sich kein abweichendes Ergebnis zur Rechtslage aufgrund des maßgeblichen Bestandsverzeichnisses von 1987/1988, da sich der jetzige Inhalt der Eintragung wie dargestellt bereits nach Auslegung aus dem früheren Verzeichnis ergibt.
d) Die Bescheide erweisen sich auch nicht deshalb als fehlerhaft, weil das Landratsamt in deren Ziffer 3 einen falschen Kreis der Beteiligten zugrunde gelegt hätte. Vielmehr wurden die Kläger zutreffend als Beteiligte i.S.v. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG herangezogen, die Eigentümer der Grundstücke mit den FlNrn. … … sowie … hingegen zu Recht nicht.
Baulastträger sind bei nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldwegen gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG die Beteiligten, d.h. diejenigen, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden. Nach der Rechtsprechung liegt die Beteiligteneigenschaft dann nicht vor, wenn das jeweilige Grundstück im Bestandsverzeichnis nicht aufgeführt ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.03.2004 – 8 ZB 03.1456 – m.w.N.). Umgekehrt ergibt sich nicht schon von selbst aus der Eintragung, dass eine Inanspruchnahme als Baulastträger in jedem Fall rechtmäßigerweise erfolgen kann. Voraussetzung für die Eigenschaft eines Grundstückseigentümers als Beteiligter i.S.v. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG ist, dass das Grundstück nicht nur über den jeweiligen Weg bewirtschaftet werden kann, sondern dass dies auch tatsächlich geschieht (vgl. Schmid a.a.O. Art. 54 Rn. 24). Die Eintragung in das Bestandsverzeichnis in der Spalte „Baulastträger“ entfaltet insoweit daher keine konstitutive Wirkung. Die Inanspruchnahme setzt vielmehr voraus, dass eine tatsächliche Bewirtschaftung über den jeweiligen Weg erfolgt. Anderenfalls würde der Grundstückseigentümer in unverhältnismäßiger Weise in Anspruch genommen.
aa) Nach diesen Grundsätzen ist bei den Klägern die Beteiligteneigenschaft zu bejahen. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass es unerheblich ist, ob die Bewirtschaftung der jeweiligen Grundstücke tatsächlich über die streitgegenständliche …brücke oder aber von … aus erfolgt. Maßgeblich ist stattdessen, dass die Kläger zur Bewirtschaftung ihrer Grundstücke den öffentlichen Feld- und Wald Weg …gasse benutzen, dessen Teil – wie ausgeführt – auch die …brücke ist. Die Benutzung auch nur einer Teilstrecke des öffentlichen Feld- und Waldwegs bewirkt die Beteiligteneigenschaft bezogen auf den gesamten Weg, da dieser ein einheitliches Ganzes darstellt und als solches mit den zu ihm in Beziehung stehenden Grundstücken eine selbständige Einheit bildet (vgl. Schmid a.a.O., Art. 54 Rn. 26 m.w.N.).
bb) Richtigerweise hat das Landratsamt die Eigentümer die Grundstücke mit den FlNrn. …, … und … BayStrWG nicht als Baulastpflichtige herangezogen. Beim Grundstück FlNr. … erfolgt eine Bewirtschaftung tatsächlich von … aus und nicht über die …. Mit dieser besteht nur an einer Ecke ein Berührungspunkt. Entsprechendes gilt für das Grundstück FlNr. …, das ebenfalls nur einen Eckpunkt mit der …gasse teilt. Eine Bewirtschaftung über die …gasse würde hier bedeuten, dass eine solche aus Richtung … erfolgt. Nach den tatsächlichen Begebenheiten findet die Bewirtschaftung der beiden Grundstücke indes über die …straße statt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Eigentümer der FlNr. … die Brücke für die Wartung seines Wehres brauche und dass sich auf der FlNr. … der Eichpfahl für die bestehende Wehranlage befinde (vgl. S. 3 der Sitzungsniederschrift). Denn die Bewirtschaftung eines öffentlichen Feld- und Waldwegs setzt voraus, dass die Nutzung der Bodenertragskraft im Vordergrund steht (vgl. etwa VG Augsburg, U.v. 25.08.2010 – Au 6 K 09.106 – juris Rn. 37 m.w.N.). Demzufolge ist beispielsweise der Betrieb einer Mühle keine Bewirtschaftung in diesem Sinne mehr (vgl. Schmid a.a.O., Art. 53 Rn. 10). Die genannten Nutzungen auf den Grundstücken mit den FlNrn. … und … stellen sich mithin nicht als Bewirtschaftung i.S.v. Art. 53 Nr. 1 BayStrWG dar und führen somit nicht zu einer Beteiligtenstellung der Eigentümer der genannten Grundstücke i.S.v. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG. Ebenso wenig ist beim Grundstück FlNr. … ersichtlich, dass eine tatsächliche Bewirtschaftung im o.g. Sinn – zudem über die …gasse und nicht über … – stattfindet.
e) Der angefochtene Bescheid erweist sich in Ziff. 1 auch nicht als unbestimmt. Bestimmtheit i.S.v. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG setzt voraus, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Adressaten des Verwaltungsakts so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten können. Dabei richtet sich der Maßstab für die notwendige Bestimmtheit auch nach den konkreten Umständen des Einzelfalls sowie den Besonderheiten des mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. Kopp/Ramsauer a.a.O., § 37 Rn. 5 f.)
In Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids wurde festgelegt, dass die Brücke mit einer Breite von 3,50 m und einer Tragfähigkeit von 5,00 t Gesamtgewicht herzustellen ist. Dabei handelt es sich um die zentralen Fragen hinsichtlich der herzustellenden Brücke, über die im Vorfeld zwischen den Beteiligten Uneinigkeit bestand (neben der Frage, ob überhaupt eine Brücke notwendig ist). Nach Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG entscheidet die Straßenaufsichtsbehörde über die Art und den Umfang der Baulastverpflichtung, wenn sich die Beteiligten hierüber nicht einigen können. Durch die angefochtene Entscheidung hat das Landratsamt als Straßenaufsichtsbehörde jene Fragen, hinsichtlich derer keine Einigung herbeigeführt werden konnte, entschieden. Der Regelung des Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG kann hingegen nicht entnommen werden, dass eine vollständige Planung der Brücke durch die Straßenaufsichtsbehörde zu erfolgen hätte. Die von der Straßenaufsicht umfasste Aufgabe ist es, die Einigung durch Verwaltungsakt zu ersetzen und dadurch die Uneinigkeit zu überwinden, soweit diese besteht. Eine „umfassende Lösung“ braucht von der Straßenaufsichtsbehörde nicht getroffen zu werden. Anerkannt ist, dass – je nachdem, ob eine Einigung nicht oder nur teilweise erfolgt ist – die Entscheidung umfassend ist oder nicht (vgl. Schmid a.a.O., Art. 54 Rn. 39). Die konkrete Ausgestaltung der Erhaltungsmaßnahme bleibt den Beteiligten überlassen, die nach wie vor die Baulastträger sind. Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Hinblick auf das Begründungserfordernis nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG nicht zu fordern, dass darüber hinaus eine weitergehende Konkretisierung im Bescheid erfolgt. Aus denselben Gründen ist es auch Sache der Beteiligten, die gegebenenfalls erforderlichen behördlichen Genehmigungen einzuholen.
f) Erfolg haben die Klagen jedoch bezogen auf die Kostenentscheidungen in Ziff. 4 der angefochtenen Bescheide.
In den gleichlautenden Bescheiden wurde jeweils eine Gebühr von 400,- Euro festgesetzt. Ob dies für alle Adressaten zusammen gelten soll, sowie ob diese als Gesamtschuldner haften sollen (vgl. Art. 2 Abs. 4 KG), ergibt sich entgegen der Ausführungen des Landratsamtes in der mündlichen Verhandlung auch durch Auslegung der Bescheide nicht. Aus den Akten wird ersichtlich, dass nicht zuletzt der Gemeinde …, die selbst Adressatin eines gleichlautenden Bescheids war, unklar gewesen ist, ob die Gebühr gesamtschuldnerisch oder jeweils für den einzelnen Adressaten festgesetzt worden sind (vgl. Bl. 65 ff. der aus dem Parallelverfahren B 1 K 15.974 beigezogenen Verwaltungsakte). Die Bescheide leiden daher insoweit an einem Bestimmtheitsmangel i.S.v. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG und sind deswegen in ihrer Kostenentscheidung aufzuheben.
3. Die Klagen sind daher nur im tenorierten Umfang erfolgreich und im Übrigen abzuweisen. Die Kostenverteilung ergibt sich aus §§ 155 Abs. 1 Satz1, 159 Satz 2 VwGO, wobei das Gericht das Obsiegen der Kläger mit 1/10, das Unterliegen mit 9/10 bewertet. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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