Erbrecht

Kein Grundbuchberichtigungsanspruch aus Amtswiderspruch des nur Vormerkungsberechtigten

Aktenzeichen  34 Wx 330/15

Datum:
10.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NZM – 2016, 775
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 883, § 892, § 894
GBO GBO § 53 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 71 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Der aus einer Vormerkung Berechtigte ist mangels Rechtsbeeinträchtigung nicht beschwerdebefugt, wenn das Grundbuchamt dessen Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs zurückweist. (amtlicher Leitsatz)
2. Zur Einlegung der Beschwerde gegen die die angeregte Amtslöschung ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts ist der Vormerkungsberechtigte nicht befugt, wenn sein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch durch die Sachbehandlung des Grundbuchamts auch nicht mittelbar nachteilig beeinflusst ist. (amtlicher Leitsatz)

Gründe

Oberlandesgericht München
34 Wx 330/15
Beschluss
vom 10.2.2016
AG Freising – Grundbuchamt
34. Zivilsenat
Leitsatz:
In der Wohnungsgrundbuchsache
Beteiligter: B.F.
– Antragsteller und Beschwerdeführer –
wegen Löschung oder Eintragung eines Widerspruchs von Amts wegen
erlässt das Oberlandesgericht München – 34. Zivilsenat – durch die Richterin am Oberlandesgericht Paintner, den Richter am Oberlandesgericht Kramer und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwegler am 10. Februar 2016 folgenden Beschluss
I.
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freising – Grundbuchamt – vom 13. November 2014 wird verworfen.
II.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
I. Für den Beteiligten ist im Wohnungsgrundbuch seit 23.9.2013 eine Auflassungsvormerkung hinsichtlich eines Hälfteanteils an Grundbesitz eingetragen, der im Bestandsverzeichnis (Spalte 6) beschrieben ist als 227,58/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück 2135/2 … verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoß des Hauses A, im Aufteilungsplan vom 8.3.2012 bezeichnet mit Nr. 3
Wegen Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums sowie der Sondernutzungsrechte ist auf die Bewilligung vom 22.12.1994 (URNr. …/94) sowie die nachfolgenden Änderungen gemäß Bewilligungen vom 13.3.2012, 20.12.2012, 22.1.2013, 3.4.2013, 5.6.2013 und 12.9.2013 sowie klarstellend auf die am 16.7.2014 eingetragene Bewilligung vom 8.7.2014 nebst geändertem Aufteilungsplan Bezug genommen.
Als Eigentümerin des Sondereigentums ist die I. Immobilien GmbH eingetragen.
Der Beteiligte beanstandet, aus dem Grundbuch würden die Eigentumsverhältnisse an dem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Grundstück nicht klar hervorgehen. Deshalb hat er mit Schreiben vom 11.11.2014 beim Grundbuchamt angeregt, die Abgeschlossenheit zu prüfen und gemäß § 53 GBO vorzugehen. Das an den östlichen und westlichen Teilen des Speichers sowie am Dachspitz gemäß Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) vom 22.12.1994 eingeräumte Sondernutzungsrecht sei durch die nachfolgenden Änderungen nicht wirksam in Sondereigentum (Wohnung Nr. 3) überführt worden. Für die über eine innenliegende Treppe mit dem somit in Gemeinschaftseigentum verbliebenen Dachspitz verbundene Wohnung Nr. 3 habe eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht erteilt werden dürfen.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 13.11.2014 den „Antrag“ auf Eintragung eines Amtswiderspruchs zurückgewiesen. Die Eintragung des Wohnungseigentums sei nicht unter Verletzung rechtlicher Normen vorgenommen worden. Die vormals am Dachspitz begründeten Sondernutzungsrechte seien durch Unterteilung des Sondereigentums Nr. 2 unter Begründung (unter anderem) der Sondereigentumseinheit Nr. 3 gemäß Urkunde vom 13.3.2012, genehmigt vom damals einzigen weiteren Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft H., konkludent aufgehoben worden. Die Übereinstimmung von Aufteilungsplan und Eintragungsbewilligung sowie von Plan und Bauausführung habe das Grundbuchamt ebenso wenig zu prüfen wie die formellen Voraussetzungen des Aufteilungsplans und der Abgeschlossenheitsbescheinigung.
Mit Schreiben vom 18.10.2015 hat der Beteiligte „gegen die Eintragung der Teilungserklärungen URNr. 163/2012 R vom 13.3.2012, URNr. 988/2012 R vom 20.12.2012 und URNr. 70/2013 R vom 22.1.2013 sowie die damit verbundenen, neu entstandenen Grundbuchblätter“ Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, er sei durch „das Fortbestehen der Urkunde 8920“ sowie „durch das Grundbuchblatt und den Fortbestand der Teilungserklärungen“ belastet, denn das Finanzamt verweigere trotz Nachweises über den erfolgten Rücktritt vom Kaufvertrag die Rückerstattung der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer. Die Entscheidung des Grundbuchamts treffe inhaltlich nicht zu, denn H. habe einer Nutzungsänderung zu keiner Zeit zugestimmt. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 8.3.2012 sei baurechtlich fehlerhaft, diejenige vom 11.6.2014 vom Miteigentümer H. nicht genehmigt. Der Teilungserklärung vom 22.12.1994 (URNr. 126/1994) habe der in Bezug genommene Plan nicht beigelegen. Es gebe „anscheinend“ einen weiteren Plan, auf dem eine mit grüner Farbe markierte Sondernutzungsfläche „kleiner“ dargestellt sei. Es habe den Anschein, dass Sondernutzungsrechte ohne Abstimmung mit den Miteigentümern als Sondereigentum veräußert worden seien und das Grundbuchamt hierzu Hilfe geleistet habe.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen und auf die von H. am 20.3.2012 mit notariell beglaubigter Unterschrift erteilte Genehmigung zur Unterteilung (URNr. 163/12 R) Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist mangels Zulässigkeit zu verwerfen.
1. Die unmittelbar beim Beschwerdegericht eingereichte Beschwerde vom 18.10.2015 wendet sich gegen die Entscheidung des Grundbuchamts vom 13.11.2014, mit der die Anregung des Beteiligten, nach § 53 GBO tätig zu werden, zurückgewiesen wurde. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beteiligte die Anregung weiter.
Insofern ist das Rechtsmittel als Grundbuchbeschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft.
2. Das Rechtsmittel erweist sich jedoch wegen fehlender Beschwerdebefugnis des Beteiligten als nicht zulässig.
a) Gegen eine Eintragung im Bestandsverzeichnis kann – soweit sie dem öffentlichen Glauben des § 892 BGB unterliegt (vgl. Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 53 Rn. 12) – grundsätzlich ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO eingetragen werden, wenn sie Gegenstand und/oder Inhalt des jeweiligen Sondereigentums unrichtig, also abweichend von der materiellen Rechtslage, beschreibt.
Zur Einlegung der Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung eines Amtswiderspruchs ist allerdings nur berechtigt, wer – falls die beanstandete Eintragung unrichtig wäre – nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müsste (OLG Hamm FGPrax 1996, 210; BayObLGZ 1977, 1/2; 1987, 431/433; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 68 f.; Hügel/Kramer § 71 Rn. 191).
Das ist derjenige, dem ein Anspruch auf Berichtigung nach § 894 BGB zustünde, wenn das Grundbuch in dem behaupteten Sinne unrichtig wäre. § 894 BGB gewährt demjenigen einen Anspruch, dessen Recht nicht oder nicht richtig im Grundbuch eingetragen oder durch die Eintragung einer in Wahrheit nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung unmittelbar beeinträchtigt ist (Senat vom 10.3.2011, 34 Wx 143/10, juris Rn. 12; Palandt/Bassenge BGB 75. Aufl. § 894 Rn. 6; MüKo/Kohler BGB 6. Aufl. § 894 Rn. 19). Zu diesem Personenkreis zählt der Berechtigte einer Auflassungsvormerkung nicht. Dieser hat lediglich einen schuldrechtlichen, durch die eingetragene Vormerkung (§ 883 BGB) gesicherten Anspruch auf Einräumung eines dinglichen Rechts. In dieser Rechtsposition steht ihm selbst dann, wenn das Grundbuch unrichtig wäre, kein eigener Berichtigungsanspruch zu (BayObLG Rpfleger 1999, 178; NotBZ 2001, 226; OLG Frankfurt FGPrax 1996, 208 f.; OLG Hamm FGPrax 1996, 210; MüKo/Kohler § 894 Rn. 19; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 11. Aufl. § 71 Rn. 119; Demharter § 71 Rn. 69). Er hat daher auch kein Beschwerderecht gegen die Ablehnung der Eintragung eines Amtswiderspruchs. Deshalb kommt es an dieser Stelle auch nicht weiter darauf an, dass die akzessorische Auflassungsvormerkung nach dem Vorbringen des Beteiligten ohnehin nicht mehr besteht.
b) Eine ihrem Inhalt nach unzulässige Eintragung ist grundsätzlich gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO von Amts wegen zu löschen.
Lehnt das Grundbuchamt die Löschung einer Eintragung als inhaltlich unzulässig ab, ist hiergegen die auf die Löschung gerichtete Beschwerde zulässig. Beschwerdeberechtigt ist allerdings nur derjenige, dessen materielle Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamts, die Amtslöschung zu unterlassen, unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wäre, wenn die behauptete Unzulässigkeit der Eintragung vorläge (Demharter § 53 Rn. 61 mit § 71 Rn. 69 und 58; Hügel/Kramer § 71 Rn. 203; Budde in Bauer/von Oefele § 71 Rn. 77). Dabei genügt die Beeinträchtigung eines rechtlich geschützten Interesses. Ein solches ist dem Vorbringen des Beteiligten nicht zu entnehmen und auch sonst nicht zu erkennen.
Die bloß formelle Beschwer, die darin liegt, dass das Grundbuchamt der Löschungsanregung nicht gefolgt ist, genügt hierfür nicht (Demharter § 71 Rn. 59).
Auch materiell ist der Beteiligte als Berechtigter einer Vormerkung, die den schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des (hälftigen Mit-)Eigentums an der Wohnung Nr. 3 gemäß Grundbuchbeschrieb sichert, durch die Zurückweisung seiner Anregung auf Amtslöschung nicht beschwert. Zwar wird dem als Eigentümer Eingetragenen ein Beschwerderecht gegen die Zurückweisung einer Anregung auf Amtslöschung zugebilligt, obwohl sich eine ihrem Inhalt nach unzulässige Grundbucheintragung nicht nachteilig auf dessen Rechtsstellung auswirken kann (Hügel/Kramer § 71 Rn. 203). Immerhin hat er aufgrund seiner dinglichen Eigentümerstellung ein rechtlich geschütztes Interesse daran, den mit einer als unzulässig beanstandeten Eintragung gesetzten Rechtsschein zu beseitigen. Der lediglich aus einer Auflassungsvormerkung (§ 883 BGB) Berechtigte verfügt hingegen über keine dingliche Rechtsstellung, welche durch die Vornahme einer Grundbucheintragung einen Verlust erleidet oder einen Gewinn erfährt. In seiner Rechtsstellung als Vormerkungsberechtigter kann der Beteiligte von der Entscheidung des Grundbuchamts lediglich mittelbar betroffen werden, nämlich insoweit als ihm ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Wohnungseigentums zusteht (vgl. OLG Zweibrücken FGPrax 2007, 161; KG DNotZ 2004, 149). Der schuldrechtliche Eigentumsumschreibunganspruch des Beteiligten erfährt allerdings durch das Verbleiben der beanstandeten Eintragungen im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs keine Beeinträchtigung.
Zudem kann die Sachbehandlung des Grundbuchamts ein rechtlich geschütztes und aus der Auflassungsvormerkung abgeleitetes Interesse des Beteiligten schon deshalb nicht beeinträchtigen, weil infolge wirksam erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag der schuldrechtliche Eigentumsverschaffungsanspruch und die akzessorische Auflassungsvormerkung materiell-rechtlich nicht mehr bestehen (vgl. BGH NJW 2002, 2313/2314).
Der Beteiligte macht als Beschwer geltend, dass er auf der Grundlage der monierten Eintragungen im Grundbuch einen Kaufvertrag geschlossen und die dadurch fällig gewordene Grunderwerbsteuer entrichtet habe, diese aber trotz Rücktritts vom Kaufvertrag nicht zurückgezahlt bekomme. Die damit geltend gemachte wirtschaftliche Belastung beruht jedoch nicht auf der ablehnenden Entscheidung des Grundbuchamts. Nach den vom Beteiligten vorgelegten Entscheidungen – dem landgerichtlichen Urteil vom 1.7.2015, das ihm nach Rücktritt vom Kaufvertrag Schadensersatz gegen die I. Immobilien GmbH zuspricht, sowie der Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 11.9.2015, mit der die begehrte Rückerstattung von Grunderwerbsteuer wegen fortbestehender Eintragung der Auflassungsvormerkung abgelehnt wurde – beruht die Weigerung auf dem Fortbestehen der formalen Rechtsposition des Beteiligten als im Grundbuch eingetragener Berechtigter einer Auflassungsvormerkung. Die Eintragungen im Bestandsverzeichnis sind hierfür ohne Belang.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Verpflichtung zur Tragung der im Beschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten aus dem Gesetz ergibt (§ 22 Abs. 1 GNotKG).
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung mit dem Regelwert anzusetzen (§ 36 Abs. 1 und 3 GNotKG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 GBO) liegen nicht vor.


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