Erbrecht

Nachlassverfahren: Ablehnung der Beteiligtenstellung eines ehemaligen Testamentsvollstreckers und Vorstands einer nicht gegründeten und nicht von Todes wegen entstandenen Stiftung

Aktenzeichen  31 Wx 161/16

Datum:
30.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ErbR – 2017, 109
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG FamFG § 345 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2
BGB BGB § 80, § 81, § 83
BayStG BayStG Art. 1

 

Leitsatz

1. Die Hinzuziehung von Optionsbeteiligten zum Nachlassverfahren (§ 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 5 FamFG) liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts. (red. LS Andrea Laube)
2. Aus einer Stellung als Vorstand einer nicht gegründeten und nach Überzeugung des Senats auch nicht von Todes wegen entstandenen Stiftung lässt sich keine Beteiligtenstellung im Nachlassverfahren nach § 345 Abs. 1 FamFG herleiten. (red. LS Andrea Laube)
3. Ein ehemaliger Testamentsvollstrecker hat keine Beteiligtenstellung im Nachlassverfahren mehr, wobei es keinen Unterschied macht, ob er vom Nachlassgericht entlassen wurde oder aus eigenem Entschluss sein Amt niedergelegt oder fristlos gekündigt hat; eine “nachwirkende Berechtigung”, am Verfahren weiterhin beteiligt zu werden, besteht nicht (vgl. OLG München BeckRS 2016, 06900). (red. LS Andrea Laube)

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Passau vom 23.02.2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte 1) hat die den Beteiligten zu 2) und 3) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 440.000 € festgesetzt.

Gründe

Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet:
I. Zutreffend hat es das Nachlassgericht abgelehnt, den Beschwerdeführer als weiteren Beteiligten zum Nachlassverfahren … hinzuzuziehen.
1. Gemäß § 345 Absatz 1 Satz 1 FamFG ist Beteiligter am Nachlassverfahren zunächst nur derjenige, der einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins stellt. Darüber hinaus kann das Nachlassgericht die in § 345 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 FamFG genannten als Beteiligte zu Verfahren hinzuziehen. Bei diesen sog. Optionsbeteiligten handelt es sich regelmäßig um Personen, welche durch eine Entscheidung des Nachlassgerichts in ihrem möglichen Erbrecht unmittelbar rechtlich betroffen sein können (Zimmermann in Keidel FamFG 18. Auflage § 345 FamFG Rn. 5).
Jedoch besteht keine Verpflichtung des Nachlassgerichts, diese Personen hinzuzuziehen. Vielmehr steht deren Hinzuziehung im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts (Zimmermann in Keidel a. a. O. Rn. 7).
Gemäß § 345 Absatz 3 FamFG ist im Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses der Testamentsvollstrecker Beteiligter. Auch zu beteiligen ist der Testamentsvollstrecker gemäß § 345 Absatz 4 Nr. 2 FamFG im Rahmen des Verfahrens zur Entlassung des Testamentsvollstreckers.
2. Zutreffend hat das Nachlassgericht entschieden, dass der Beschwerdeführer nicht unter die in § 345 Absatz 1, Absatz 3 bzw. Absatz 4 Nr. 2 FamFG genannten Personen bzw. Personengruppen fällt und daher schon als Beteiligter nicht in Betracht kommt.
a) Aus seiner Stellung als Vorstand der … keine Beteiligten Stellung gemäß § 345 Absatz 1 FamFG
Die Stiftung ist, wie der Senat in seinem Beschluss vom 29.03.2016 (31 Wx 420/15) bereits festgestellt hat, nicht gegründet. Diese bis dato noch nicht gegründete Stiftung war zwar im notarielen Testament des Erblassers … vom 21.08.2009 als Erbin vorgesehen.
Jedoch richtet sich, wie das OLG München in seinen Beschlüssen vom 14.03.2012 (31 Wx 488/11 und 31 Wx 514/11) bereits festgestellt hat, die Erbfolge nach … nicht nach dem Testament vom 21.08.2009, sondern nach dem Erbvertrag vom 21.12.1984. Danach haben …und … den Erblasser beerbt. Demzufolge hat das Amtsgericht Passau am 11.11.2013 einen Erbschein erteilt. Für den Senat richtet sich die Erbfolge somit nach dem erteilten Erbschein, der der vom Senat in vorgenannten Beschluss festgestellten Rechtslage entspricht. Gemäß § 2365 BGB hat dieser Erbschein die Vermutung der Richtigkeit für sich. Ein gegenteiliges, rechtskräftiges Urteil in dem zwischen den Beteiligten anhängigen Klageverfahren beim Landgericht Passau liegt bisher nicht vor. Zwar hat das Landgericht Passau in einem Zweiten Teil- und Vorbehaltsurteil vom 15.07.2016 (4 O 725/13) festgestellt, dass die Klägerinnen … alleinige Erbinnen des Erblassers geworden sind. Dieses Urteil ist indes noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat daher keine Veranlassung, von seiner Rechtsauffassung abzuweichen.
Danach kann eine … zur Überzeugung des Senats nicht mehr Erbe werden mit der Folge, dass eine Anerkennung der Stiftung auf der Grundlage des Testaments vom 21.08.2009 nach § 80 BGB in Verbindung mit dem Bayerischen Stiftungsgesetz nicht mehr möglich ist. Ausweislich der Ausführungen der Regierung von Niederbayern vom 08.07.2014 hat der Erblasser weder zu Lebzeiten die Anerkennung einer Stiftung beantragt noch ging ein Antrag auf Anerkennung vom Nachlassgericht oder vom damaligen Testamentsvollstrecker, dem Beschwerdeführer ein. Eine vom Erblasser in seinem Testament vom 21.08.2009 angedachte Stiftung ist somit weder als Stiftung unter Lebenden noch als Stiftung von Todes wegen entstanden (§§ 80, 81, 83 BGB). Da somit die Stiftung nicht existiert, kann sie auch keine für sie handelnden Organe haben. Der Beschwerdeführer kommt daher selbst weder als gesetzlicher noch als Organ eines testamentarischen Erben in Betracht, so dass er am Verfahren nicht zu beteiligen war.
b) Auch als ehemaliger Testamentsvollstrecker war der Beschwerdeführer nicht zu beteiligen. Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 erklärte der Beschwerdeführer unter Rückleitung des Originals des Testamentsvollstreckerzeugnisses die Kündigung des Amtes des Testamentsvollstreckers mit sofortiger Wirkung gegenüber dem Amtsgericht Passau, Nachlassgericht. Von dem Recht, einen Nachfolger zu bestimmen, machte er keinen Gebrauch. Die potentielle Stellung als Beteiligter hat er mit Beendigung seines Amtes als Testamentsvollstrecker verloren. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer vom Nachlassgericht als Testamentsvollstrecker entlassen oder er aus eigenem Entschluss das Amt als Testamentsvollstrecker niedergelegt oder – wie hier – fristlos gekündigt hat. In beiden Fällen ist sein Amt als Testamentsvollstrecker beendet. Eine „nachwirkende“ Berechtigung, am Verfahren weiterhin beteiligt zu werden, verleiht das Gesetz einem Testamentsvollstrecker, der entlassen wurde oder der aus freien Stücken sein Amt beendet hat, nicht (OLG Karlsruhe MDR 2015, 1188 OLG München 31 Wx 420/15). Eine Beteiligung nach § 345 Absatz 3, Absatz 4 Nr. 2 FamFG kommt daher nicht mehr in Betracht. Auch das hat das Nachlassgericht zutreffend ausgeführt.
II. Gemäß § 64 Absatz 1 GNotKG setzt der Senat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Senats vom 01.09.2015, 29.03.2016 und 06.06.2016 (31 Wx 420/15) auf 440.000 € festgesetzt.
Der Beschwerdeführer hat kraft Gesetzes die Kosten seiner erfolglosen Beschwerde zu tragen (§ 22 Absatz 1 GNotKG). Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) und 3) beruht auf § 84 Absatz 1 FamFG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.


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