Europarecht

Abfallrechtliche Anordnung der Entfernung und Verwertung eines Autos

Aktenzeichen  20 ZB 19.1010

Datum:
14.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 31412
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2, S. 2
BayVwVfG Art. 42

 

Leitsatz

1. Wenn für einen Adressaten aus der Begründung des Bescheids unproblematisch ersichtlich ist, um welches auf seinem Grundstück befindliche Fahrzeug es geht, berührt es den sachlichen Gehalt des Bescheids nicht, dass das Altfahrzeug im Tenor und der Begründung des Bescheids mit der Beschreibung „beige“ konkretisiert wurde, obwohl das Fahrzeug ausweislich der in der Akte befindlichen Lichtbilder tatsächlich silberfarben ist. Es handelt sich insoweit um eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. Art. 42 BayVwVfG. In einem solchen Fall gilt der Verwaltungsakt mit dem Inhalt, den er bei gedanklicher Korrektur der offensichtlichen Unrichtigkeit hat (vgl. VGH München, BeckRS 2012, 52963). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Beurteilung der Reparaturfähigkeit ist neben der technischen Möglichkeit auch die wirtschaftliche Realisierbarkeit zu prüfen. Hierfür ist es sinnvoll, auf das Verhältnis zwischen Reparaturaufwand und Verkehrswert des Fahrzeugs abzustellen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 9 K 18.1908 2019-04-08 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. April 2019 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 200,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind entweder bereits nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt (hierzu 1.) oder liegen nicht vor (hierzu 2. und 3.).
1.
Soweit die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, werden bereits die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gewahrt.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung verlangt, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb die Frage klärungsbedürftig ist und schließlich darlegt, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). „Darlegen“ bedeutet schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis. „Etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 2.10.1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90/91; B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – NJW 1993, 2825). Der Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung, mit der sich die Begründung des Zulassungsantrags substantiiert auseinandersetzen muss (BVerfG, B.v. 2.3.2006 – 2 BvR 767/02 – NVwZ 2006, 683). Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (BVerfG, B.v. 7.11.1994 – 2 BvR 2079/93 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105/92 – NJW 1993, 2825).
Die Begründung des Zulassungsantrags enthält keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage, deren Entscheidungserheblichkeit und Klärungsbedürftigkeit in einer derartigen Weise im Zulassungsantrag herausgearbeitet wird. Damit sind die Zulassungsanforderungen nicht gewahrt.
2.
Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Solche liegen vor, wenn die angegriffene Entscheidung mit überwiegender bzw. hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris; BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Argumente sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52). Schlüssige Gegenargumente liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2001/10 – NVwZ 2011, 546; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.).
a) Die Klägerin macht zunächst geltend, dass der streitgegenständliche Bescheid insofern rechtswidrig sei, als er die Verpflichtung der Klägerin zur Entfernung und Verwertung eines beigefarbenen Opel Kadetts enthält. Einen beigefarbenen Opel Kadett besitze sie nicht. Insbesondere stehe ein solcher nicht auf ihrem Grundstück. Die Klägerin sei weder Halter eines beigefarbenen Opel Kadetts gewesen, noch sei ein solcher auf sie zugelassen gewesen.
Der Klägerin ist insoweit zuzugestehen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nach den in der Verwaltungsakte befindlichen Fotos eindeutig nicht die Farbe beige, sondern die Farbe silber hat. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der streitgegenständliche Bescheid wegen Unbestimmtheit rechtswidrig ist oder gar nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG nichtig ist.
Welchen Inhalt eine Regelung i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG hat, ist im Wege der Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (BVerwG, B.v. 24.7.2018 – 6 B 75.17 – BeckRS 2018, 18042). Maßgeblich ist, wie der Bürger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste (OVG NRW, B.v. 4.4.2019 – 4 A 1090/17 – BeckRS 2019, 5629; B.v. 17.1.2019 – 4 E 779/18 – BeckRS 2019, 507). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts muss sich nicht unmittelbar und ausschließlich aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, U.v. 25.4.2001 – 6 C 6/00 – NVwZ 2001, 1399, 1400).
Für die Klägerin war es aus der Begründung des Bescheids unproblematisch ersichtlich, um welches auf ihrem Grundstück befindliche Fahrzeug es geht, nämlich um dasjenige, bei dem die hinteren Radkästen und die Seitenschweller so stark von Rost befallen sind, dass sich bereits Teile davon ablösen. Die Rede ist von demjenigen Fahrzeug, das keine Sitze mehr hat und dessen Unterboden schon stellenweise auf den Pflastersteinen der Einfahrt aufliegt. Zudem steht in der Einfahrt der Klägerin ohnehin nur ein Pkw der Marke Opel Kadett, sodass eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Dass das Altfahrzeug im Tenor und der Begründung des Bescheids mit der Beschreibung „beige“ konkretisiert wurde, obwohl das Fahrzeug ausweislich der in der Akte befindlichen Lichtbilder tatsächlich silberfarben ist, berührt den sachlichen Gehalt des Bescheids nicht. Es handelt sich insoweit um eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. Art. 42 BayVwVfG. In einem solchen Fall gilt der Verwaltungsakt mit dem Inhalt, den er bei gedanklicher Korrektur der offensichtlichen Unrichtigkeit hat (BayVGH, B.v. 29.3.2012 – 22 ZB 12.452 – BeckRS 2012, 52963).
Unrichtigkeit meint ein Auseinanderfallen des im Verwaltungsakt Erklärten und des Gewollten (Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 42 Rn. 7). Sie ist „offenbar“, wenn sich der Irrtum aus dem Zusammenhang des Verwaltungsakts oder aus den Vorgängen bei seiner Bekanntgabe ergibt bzw. wenn er sich jedermann aufdrängt, der in die Lage der Beteiligten versetzt wird (BVerwG, B.v. 29.11.2018 – 1 WB 20.18 – BeckRS 2018, 34688). Für die Frage, ob eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, kommt es auf den Standpunkt der Beteiligten respektive eines in die Lage der Beteiligten versetzten Dritten an (BVerwG, B.v. 23.10.1985 – 7 B 193/85 – NVwZ 1986, 198).
Aus der behördlichen Akte geht hervor, dass das Landratsamt stets (nur) die Entfernung und Verwertung des silberfarbenen Opel Kadett veranlassen wollte. So wurde die Klägerin mit Schreiben vom 18. April 2018 und vom 20. Juli 2018, in denen das Fahrzeug richtigerweise als „silbern“ konkretisiert wurde, formlos zu dessen Beseitigung aufgefordert. Der Klägerin wurden mehrmals, zuletzt mit Schreiben vom 9. August 2018, Fristverlängerungen gewährt, um die sie selbst gebeten hatte. Der Klägerin war das Bezugsobjekt des Verwaltungsverfahrens zu jedem Zeitpunkt klar. Dass der Farbirrtum in dem förmlichen Bescheid eine Unrichtigkeit ist, die der Klägerin geradezu „ins Auge gesprungen“ sein muss und damit „offenbar“ ist, beweisen schon ihre eigenen Hinweise im Berufungszulassungsschriftsatz dahingehend, die sie keinen beigefarbenen, sondern einen silbernen Opel Kadett besitze und dies bei den Ortseinsichten eindeutig erkennbar gewesen sei.
Damit ist der Bescheid weder wegen Unbestimmtheit rechtswidrig noch nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG wegen objektiver Unmöglichkeit nichtig.
b) Die Klägerin ist daneben der Ansicht, dass der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG nicht erfüllt sei. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handle es sich nicht um Abfall. Das Verwaltungsgericht gehe fehl in der Annahme, dass das Fahrzeug seinen ursprünglichen Nutzungszweck deswegen verloren habe, weil es nicht mehr reparaturfähig sei. Das Gericht habe den tatsächlichen Zustand des Autos verkannt. Weder sei eine „komplette Durchrostung des Fahrzeugs“ zu attestieren, noch sei dem Fahrzeug die Reparaturfähigkeit abzusprechen.
Auch dies vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht zu begründen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG besteht eine Vermutung für den Willen des Abfallbesitzers zur Entledigung i.S.d. § 3 Abs. 1 KrWG, wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung des fraglichen Gegenstands entfallen ist oder aufgegeben wurde, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle getreten ist. Dass der streitgegenständliche Opel Kadett seine ursprüngliche Zweckbestimmung als Mittel der Fortbewegung verloren hat, ergibt sich zweifellos aus seinem Zustand, insbesondere der Abmeldung bei der Zulassungsbehörde, der Entfernung der Sitze und der lt. der Klägerin erfolgten Entfernung sämtlicher Betriebsflüssigkeiten.
Die hiervon anerkannte Ausnahme, dass die ursprüngliche Zweckbestimmung dann erhalten bleibt, wenn die Sache zwar aktuell nicht benutzbar, wohl aber reparaturfähig ist (Petersen in Jarass/Petersen, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 3 Rn. 83 m.w.N.) greift hier nicht zugunsten des klägerischen Pkw ein. Denn für die Beurteilung der Reparaturfähigkeit ist neben der technischen Möglichkeit auch die wirtschaftliche Realisierbarkeit zu prüfen. Hierfür ist es sinnvoll, auf das Verhältnis zwischen Reparaturaufwand und Verkehrswert des Fahrzeugs abzustellen (Petersen in Jarass/Petersen a.a.O., Rn. 83). Für das Vorliegen einer hinreichend konkreten Wiederherstellungsabsicht bezüglich der ursprünglichen Zweckbestimmung oder des Bestehens eines neuen Verwendungszwecks trifft den Pflichtigen ebenso eine Darlegungspflicht (BayVGH, B.v. 13.3.2013 – 20 ZB 13.8 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 20 CS 13.768 – juris Rn. 16; OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 24.8.2009 – 8 A 10623/09 – juris Rn. 11) wie für die Wirtschaftlichkeit einer Reparatur (OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 5.2.2009 – OVG 11 B 19.08 – juris Rn. 38). Insoweit hat die Klägerin nichts Substantiiertes vorgetragen. Ihre Argumentation beschränkt sich im Wesentlichen auf die Behauptung, dass die Wiederherstellung der Fahrbereitschaft mit einem „überschaubaren“ Aufwand möglich sei. Dass dies aber nicht der Fall ist, ergibt sich bereits aus den in der Verwaltungsakte befindlichen Bildern. Ein Sachverständigengutachten, wie es die Klägerin verlangt, ist hierzu nicht erforderlich. Eine konkrete Wiederherstellungsabsicht ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, derzeit hierzu aus finanziellen Gründen nicht in der Lage zu sein, nicht erkennbar.
Aber auch eine neue Zweckbestimmung, die i.S.v. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG unmittelbar an die Stelle der entfallenen oder aufgegebenen Zweckbestimmung getreten wäre, ist nicht erkennbar. Nach der Rechtsprechung des Senats (B.v. 13.3.2013 – 20 ZB 13.8 – juris Rn. 2) erfährt die für sich gesehen denkbare schrankenlose Zweckbestimmung eines Gegenstands nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Einschränkung durch die zu berücksichtigende Verkehrsauffassung (ähnlich Petersen in Jarass/Petersen, a.a.O., § 3 Rn. 90ff; Delfs in GK-KrWG, 1. Aufl. 2013, § 3 Rn. 33; Jacobj in Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 4. Aufl. 2019, § 3 Rn. 30). Diese Einengung reicht zwar nicht so weit, dass der gewollte Zweck rational begründbar oder sittlich billigenswert sein muss, es reicht vielmehr die nachvollziehbare Sinnhaftigkeit (BayVGH a.a.O. Rn. 2). Die Berücksichtigung der Verkehrsanschauung dient als objektives Korrektiv für vorgebrachte Zweckbestimmungen, die dem Zweck dienen, abfallrechtliche Verwertungs- und Beseitigungspflichten zu umgehen (Jacobj in Versteyl/Mann/Schomerus, a.a.O. Rn. 30). Es ist Aufgabe des Abfallbesitzers, die neue Zweckbestimmung darzulegen (Schwartz in Kopp-Assenmacher, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 3 Rn. 17 m.w.N.; BayVGH, B.v. 13.3.2013 – 20 ZB 13.8 – juris Rn. 5). Die Klägerin behauptet, das Fahrzeug diene derzeit als Einrichtung zum Schutz des Grundeigentums der Klägerin gegenüber ihrem Nachbarn. Insoweit wird die Sinnhaftigkeit und Erforderlichkeit einer solchen Nutzung bereits nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen entspräche es der Verkehrsanschauung, wenn man denn von der Erforderlichkeit einer solchen „Schutzeinrichtung“ ausginge, diesen Schutz über einen Pflanztrog oder eine Grundstücksbegrenzung mittels eines Zauns zu erreichen. Hier ein nicht mehr fahrtüchtiges Kraftfahrzeug abzustellen, entspricht gerade nicht der Verkehrsanschauung und vermag einen neuen, an die Stelle der bisherigen Zweckbestimmung als Fahrzeug getretenen neuen Verwendungszweck nicht zu begründen.
Auch sonst ist kein neuer Verwendungszweck unmittelbar an die Stelle des entfallenen Zwecks getreten, der die Abfalleigenschaft beseitigen würde. Soweit die Klägerin geltend macht, dass das Fahrzeug zum Ausschlachten verwendet werde, ist dieser Verwendungszweck nicht nachvollziehbar dargelegt. Denn im erstinstanzlichen Verfahren war hiervon noch keine Rede. Daneben spricht auch die nicht werterhaltende Lagerung des schon stark vom Rost befallenen Altfahrzeugs im Freien dagegen, dass hier „noch“ wertige Teile entfernt und verwertet werden sollen (vgl. hierzu auch OVG Schleswig-Holstein, B.v. 29.1.2013 – 4 LA 56/12 – juris Rn. 6-8). Im Übrigen setzt sich die Klägerin damit in Widerspruch zu ihrer Argumentation, das Fahrzeug wieder instand setzen zu wollen, was ebenfalls gegen die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens spricht.
Da das Verwaltungsgericht mithin zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Abfallbegriff nach § 3 Abs. 1, Abs. 3 KrWG erfüllt ist, waren Ausführungen des Gerichts zu § 3 Abs. 4 KrWG, wie sie die Begründung des Zulassungsantrags als fehlend bemängelt, nicht veranlasst.
3.
Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Dies ist nur dann der Fall, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht größere, d.h. über dem Durchschnitt liegende und das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Rn. 9), sich also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (BayVGH, B.v. 1.7.2019 – 14 ZB 18.1542 – BeckRS 2019, 13876).
Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, weist der vorliegende Fall keine besondere rechtliche Schwierigkeit auf, die ihn von ähnlich gelagerten Fällen abheben würde. Soweit die Klägerin in der Frage nach dem Zustand des Fahrzeugs eine besondere tatsächliche Schwierigkeit des Falls sieht, ist dem nicht zu folgen. Wie oben ausgeführt kann der Zustand des Fahrzeugs ohne weiteres anhand der vorliegenden Lichtbilder beurteilt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 Abs. 1 GKG in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen. Die Klägerin wendete sich mit ihrer Klage und dem vorliegenden Zulassungsantrag gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem ihr die Entfernung und Verwertung eines Altautos aufgegeben wurde. Die Kosten hierfür belaufen sich nach den Angaben des Landratsamts laut dem Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 7. Oktober 2019 auf ca. 200,00 Euro. Dies deckt sich mit dem Ergebnis einer Internetrecherche durch den Berichterstatter. Der Senat erachtet es als sachgerecht, diese voraussichtlichen Entsorgungskosten als Streitwert heranzuziehen bei Anfechtungsklagen gegen abfallrechtliche Anordnungen bzgl. eines Altautos wie vorliegend. Denn Klage und Zulassungsantrag zielten darauf ab, von den durch die Befolgung des Bescheids veranlassten Kosten verschont zu werden. Dass die Klägerin vorgeblich daneben auch andere, immaterielle Interessen mit ihrer Klage verfolgt hat, tritt dahinter zurück und führt insbesondere nicht dazu, dass der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG heranzuziehen wäre. Denn wie dargestellt, bestehen gerade genügend Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwerts nach § 52 Abs. 1 GKG.
Der erstinstanzliche Streitwertbeschluss war daher zu ändern, wozu der Senat nach § 63 Abs. 3 GKG befugt ist.
Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.


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