Europarecht

Ablauf einer Überstellungsfrist nach der Dublin III-Verordnung

Aktenzeichen  M 9 K 17.50289

Datum:
27.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 162869
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 34a Abs. 1 S. 1, § 83b
Dublin III-VO Art. 29
AufenthG § 11 Abs. 1
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4, S. 7, § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1, § 167
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

Wenn die sog. Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-Verordnung in dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bereits abgelaufen ist, wird die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Regelung in Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrags des Asylbewerbers zuständig. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.    Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Januar 2017 wird aufgehoben. 
II.    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 

Gründe

Die Klage hat Erfolg.
Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil sich die Beteiligten damit individuell einverstanden erklärt haben (die Klägerseite) bzw. ein entsprechendes generelles Einverständnis vorliegt (auf Beklagtenseite sowie von der Vertretung des öffentlichen Interesses), § 101 Abs. 2 VwGO.
Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den aktuellen Fassungen (AsylG: zuletzt geändert durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017, BGBl I, 872; AufenthG: zuletzt geändert durch das Gesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 8.6.2017, BGBl I, 1570) zur Anwendung.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben, § 74 Abs. 1 Hs. 2 AsylG.
Die Klage ist auch begründet, da der Bescheid vom 24. Januar 2017 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. An beidem fehlt es.
In dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung ist die sog. Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-Verordnung) bereits abgelaufen und die Beklagte ist auf Grund der Regelung in Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers zuständig geworden. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung im Beschluss vom 6. Juni 2017 im Verfahren Az. Az. M 9 S 17.50290, dort unter II., insbesondere Seiten 6ff. des Entscheidungsumdrucks Bezug genommen.
Der streitgegenständliche Bescheid wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO aufgehoben. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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