Aktenzeichen M 7 K 20.2931
GLKrWG Art. 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
GLKrWG Art. 35 Abs. 2
GLKrWO § 82
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Landratsamts vom 4. Juni 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berichtigung des Wahlergebnisses (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 51 Satz 1 Gesetz über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz – GLKrWG) kann jede in einem zugelassenen Wahlvorschlag aufgeführte sich bewerbende Person innerhalb von 14 Tagen nach Verkündung des Wahlergebnisses die Wahl durch schriftliche Erklärung wegen der Verletzung wahlrechtlicher Vorschriften bei der Rechtsaufsichtsbehörde anfechten. Der Kläger hat als Wahlbewerber mit seiner Erklärung vom 9. April 2020 Fehler bei der Auszählung der Stimmen für die Gemeinderatswahl in W. … fristgerecht geltend gemacht.
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Berichtigung des Wahlergebnisses, da die mit der Anfechtung angeführten Fehler die konkrete Möglichkeit mandatsrelevanter Zählfehler, die eine Neuauszählung der Stimmen insgesamt erfordern könnten, nicht substantiiert aufzeigen.
Wurden Wahlvorschriften verletzt, besteht ein Anspruch auf Berichtigung des Wahlergebnisses bei einer Gemeinderatswahl nach Art. 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 i.V.m. Art. 51 Satz 2 GLKrWG nur dann, wenn die Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge anders wäre, andere Personen das Amt erhalten hätten, andere Personen Listennachfolger wären oder die Reihenfolge der Listennachfolger anders wäre. Dabei ist ohne Bedeutung, worauf die unrichtige Ämterverteilung, Sitzverteilung oder Listennachfolge beruht, ob sie also lediglich die Folge offenbarer Unrichtigkeiten ist (z.B. Rechenfehler beim Zusammenzählen, Überspringen einer Seite, fehlender Übertrag von Teilergebnissen oder rechnerisch falsche Schlussfolgerungen) oder ob sie auf wahlrechtlich falschen Entscheidungen beruht (vgl. Büchner, Kommunalwahlrecht in Bayern, Stand: 1. Februar 2020, Nr. 11.50, zu Art. 50 GLKrWG Anm. 4). Soweit Wahlfehler – wie es für die hier geltend gemachten Fehler bei der Stimmenauszählung und Ermittlung des Wahlergebnisses grundsätzlich in Betracht kommen kann – durch Nachzählung heilbar sind, wären sie unter Aufrechterhaltung der Wahl als solcher zu berichtigen, sog. Verbesserungsprinzip (vgl. VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 27 m.w.N.).
Wenn die Verletzung von Vorschriften beanstandet wird, die das Verfahren der Stimmenauszählung und der Ermittlung des Wahlergebnisses regeln, kann die Erheblichkeit eines solchen Mangels für das Wahlergebnis und die Verteilung der Sitze im Allgemeinen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sinn und Zweck der die Stimmenauszählung betreffenden Vorschriften der Wahlgesetze ist es, die zutreffende Ermittlung des Wahlergebnisses zu gewährleisten. Ist gegen diese Vorschriften verstoßen worden, so fehlt es an hinreichender Gewähr dafür, dass das ermittelte Wahlergebnis den Wählerwillen korrekt wiedergibt. Dementsprechend haben die Wahlprüfungsorgane in solchen Fällen den mit dem Einspruch vorgetragenen Sachverhalt durch geeignete Ermittlungen aufzuklären. Dabei ist die Aufklärung entsprechend dem Sinn des Substantiierungsgebots zunächst auf die Prüfung zu beschränken, ob sich die gerügten Verfahrensfehler bei der Auszählung der Stimmen ereignet haben. Ist dies der Fall, so haben sich die Ermittlungen der Frage zuzuwenden, ob die festgestellten Mängel des Zählverfahrens Auswirkungen auf das im konkreten Fall in Zweifel gezogene Wahlergebnis und darüber hinaus auf die Zuteilung von Mandaten haben. Das ist – anders als bei sonstigen Wahlmängeln – grundsätzlich nicht ohne Nachzählung der abgegebenen Stimmen möglich (vgl. BVerfG, B.v. 12.12.1991 – 2 BvR 562/91 – juris Rn. 40).
Das Gebot der Substantiierung verlangt jedoch, dass ein Einspruchsführer bezogen auf konkrete Vorgänge und Stimmbezirke vortragen muss, worin er einen Wahlfehler oder einen anderen Rechtsverstoß begründet sieht. Als wesentlicher Grundsatz der Wahlprüfung soll es gerade sicherstellen, dass die sich auf der Grundlage der Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses ergebende Zusammensetzung des Parlaments – hier des Gemeinderats – nicht vorschnell mittels Vermutungen von Wahlfehlern infrage gestellt wird und dadurch Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit geweckt werden. Auch wenn die Ermittlung des Wahlergebnisses im Anschluss an den Wahlakt als menschliches Handeln naturgemäß fehlerbehaftet ist, bietet daher allein der Umstand, dass erfahrungsgemäß auch in anderen als den konkret bezeichneten Fällen Fehler erfolgt sein könnten, regelmäßig keine ausreichende tatsächliche Grundlage für eine weiterreichende Prüfung (vgl. VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 29 m.w.N.). Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, dürfen deshalb als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (vgl. BVerfG, B.v. 12.12.1991 – 2 BvR 562/91 – juris Rn. 39). Dieses Substantiierungsgebot findet auch auf kommunaler Ebene seine Rechtfertigung im Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Besetzung der gewählten Vertretungsorgane; es soll sicherstellen, dass ein festgestelltes Wahlergebnis nicht vorschnell in Frage gestellt wird und dadurch lediglich pauschal Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit geweckt werden (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.9.2014 – Au 3 K 14.805 – juris Rn. 24 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen vermag die Wahlanfechtung des Klägers eine Pflicht der Wahlprüfungsbehörde zur Neuauszählung nicht zu begründen. Der Kläger hat das Vorliegen mandatsrelevanter Zähl- oder Bewertungsfehler bei der Auszählung der Wahl des Gemeinderats in W. … am 15. März 2020 nicht substantiiert dargelegt. Eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht war dabei nicht veranlasst.
Soweit der Kläger zunächst geltend macht, dass es beim Eingeben der Stimmen wiederholt zu einem Absturz der Eingabemaske gekommen sei und es daher möglich oder gar wahrscheinlich sei, dass zum einen eine Wiederholung der Eingabe ganzer Stimmzettel übersehen, zum anderen bei der Wiederholung der Eingabe festgestellt worden sei, dass die Einzelstimmen vor dem Absturz gespeichert gewesen seien, allerdings übersehen worden sei, dass Listenstimmen nicht gespeichert gewesen seien und diese dann nicht (noch einmal) eingegeben worden seien, liegt darin kein dem Substantiierungsgebot genügender Vortrag.
So ist dem Vortrag des Klägers – selbst bei Wahrunterstellung – bereits nicht zu entnehmen, dass der Absturz der Eingabemaske in einem konkreten Einzelfall zu einer fehlerhaften Erfassung von Stimmen geführt hat. Soweit die vom Kläger benannten Zeugen einen Absturz der Eingabemaske in einem bzw. mindestens zwei Fällen geschildert haben, hat keiner der beiden Zeugen angegeben, dass es in der Folge eines Absturzes zu einer fehlerhaften Erfassung von Stimmen gekommen ist. Der Zeuge S. habe, nachdem der Stimmzettel infolge des Absturzes gesperrt gewesen sei, eine neue Nummer vergeben, um den Stimmzettel erneut zu erfassen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es bei dieser erneuten Erfassung des gesamten Stimmzettels zu Fehlern gekommen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Zeugin G. habe nicht bemerkt, wie dann weiter verfahren worden sei, da sie nicht bei der Eingabe eingesetzt gewesen sei. Soweit der Kläger darüber hinaus lediglich vermutet, dass es in der Folge von Abstürzen der Eingabemaske zu einer fehlerhaften Erfassung von Stimmen gekommen sei, stellt sich dieser Einwand als unsubstantiiert dar. Denn es handelt sich um eine Wahlbeanstandung, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgeht und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthält. Aus dem Umstand, dass der Vorgang der Stimmerfassung (u.U. auch mehrmals) durch einen Absturz unterbrochen wird, kann nicht per se auf eine fehlerhafte Erfassung von Stimmen geschlossen werden und auch nicht darauf, dass dies naheliegend wäre. Zwar hat der jeweils Betroffene in jedem Einzelfall den Status der Stimmerfassung des aktuellen Stimmzettels genau zu prüfen, d.h. ob und inwieweit die vor Absturz eingegebenen Stimmen bereits gespeichert wurden, bevor er mit der Eingabe fortfährt. Eine auf die Unterbrechung zurückzuführende fehlerhafte Erfassung von Stimmen ist indes nicht beachtlich wahrscheinlich. Denn durch die unerwartete Unterbrechung des Eingabevorgangs wird der Auszählende in einen Zustand erhöhter Alarmbereitschaft versetzt. Da zwischen dem Absturz und der Wiederherstellung des Eingabemodus der Speicherstatus für den Eingebenden unklar bleibt, wird er sich anschließend zunächst versichern, welche seiner Arbeitsschritte noch gespeichert wurden bzw. welche verloren sind und nun wiederholt werden müssen. Ob der (unvollständig erfasste) Stimmzettel gespeichert wurde oder nicht, lässt sich dabei – nach insoweit unbestrittenem Vortrag des Beklagten – durch Abgleich der Stimmzettelnummer feststellen. Im Fall der Speicherung konnte nach dem Vortrag des Klägers der Stimmzettel mit den bis dahin eingegebenen Stimmen zwar noch aufgerufen, jedoch nicht mehr bearbeitet werden. Mithin bleibt zur Korrektur des unvollständig erfassten Stimmzettels nur dessen Stornierung und vollständige Neuerfassung (vgl. AKDB, OK.VOTE, Auszählung mit dem Stimmzettelmodul, Kurzanleitung für Wahlhelfer, Stand: Februar 2020, Nr. 2 Unterpunkt „Stornierung“, Bl. 15 der Behördenakte) – wie auch von dem vom Kläger benannten Zeugen S. im konkret geschilderten Einzelfall vorgenommen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein potentiell von dieser Störung Betroffener in diesem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit den jeweiligen Speicherzustand unzutreffend erfasst und es in der Folge unterlassen hätte, sämtliche Stimmen des vom Absturz betroffenen Stimmzettels ordnungsgemäß zu erfassen, sind nicht ersichtlich. So bietet allein der Umstand, dass erfahrungsgemäß auch in anderen als den konkret bezeichneten Fällen Fehler erfolgt sein könnten, schon regelmäßig keine ausreichende tatsächliche Grundlage für eine weiterreichende Prüfung (vgl. VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 29 m.w.N.). Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – ein Auszählungsfehler in einem konkreten Einzelfall gar nicht festgestellt worden ist.
Schließlich handelt es sich bei den aufgezeigten Einzelfällen von Abstürzen der Eingabemaske allein schon aufgrund der sehr geringen Anzahl in einem mehrstündigen Zeitfenster auch nicht um einen solchen Fehler, der nach Art und Umfang den Rückschluss auf einen systematischen Fehler bei der Auszählung zulässt.
Auch soweit der Kläger mit der Anfechtung geltend macht, dass es bei der Eingabe der Listenstimmen wiederholt vorgekommen sei, dass die Stimme nicht gespeichert worden sei, das gesetzte „Häkchen“ also wieder verschwunden sei, ist ein mandatsrelevanter Zählfehler nicht ausreichend substantiiert worden.
Diesbezüglich ist dem Vortrag des Klägers – selbst bei Wahrunterstellung – ebenfalls nicht zu entnehmen, dass das Verschwinden eines Listenkreuzes in einem konkreten Einzelfall zu einer fehlerhaften Erfassung von Stimmen geführt hat. So trägt der Kläger selbst vor, dass dies im bemerkten Einzelfall korrigiert worden sei. Soweit der Kläger darüber hinaus meint, dass nach den Beobachtungen der Zeugen sicher davon auszugehen sei, dass dieser Fehler nicht in jedem Fall bemerkt worden sei, wurde diese Behauptung nicht näher substantiiert. Die Angaben der Zeugen tragen diesen vom Kläger gezogene Schluss jedenfalls nicht. Die vom Kläger benannten Zeugen schildern unterschiedliche Fälle von Fehlern, die sich lediglich im Fehlerbefund „Listenkreuz fälschlicherweise nicht gesetzt“ gleichen. Soweit vorgetragen wurde, die Zeugin G. habe von der Ansagerin oder dem Eingeber gehört, dass mehrfach Häkchen gefehlt hätten (nicht gesetzt oder wieder rausgesprungen), selbst habe sie es nicht gesehen, weil sie keinen Blick auf den Bildschirm gehabt habe, ergibt sich hieraus bereits nicht hinreichend verlässlich, dass dem Fehlerbefund tatsächlich ein systemseitiger Fehler zugrundeliegt. So gibt die Zeugin G. selbst an, dass es ebenso möglich sei, dass das Häkchen gar nicht erst gesetzt worden sei. Die Zeugin T. hat in einem Fall festgestellt, dass oben – es habe beim Eingeben der Stimmen wegen des zu kleinen Bildschirms „runtergescrollt“ werden müssen – das Listenstimmenkreuz wieder „rausgesprungen“ sei. Der Verlust des Listenkreuzes wäre demnach während der Eingabe und vor dem Speichervorgang eingetreten. Der Zeuge S. wiederum schildert, dass er nach Abschluss der Eingabe im Rahmen des Speichervorgangs ein kurzes Flimmern des Bildschirms wahrgenommen und aus dem Augenwinkel einen Fehler bemerkt habe. Beim Wiederaufruf habe er festgestellt, dass das Häkchen für die Listenstimme beim Speichern gelöscht worden sei. Der Zeuge S. schildert mithin einen Fehler im Rahmen des Speichervorgangs. Konkret geben die Zeugen damit zwei Fälle an, in denen sie jeweils davon ausgehen, dass ein Listenkreuz systemseitig gelöscht worden sei. Dabei wurde dies jeweils korrigiert. Das Auftreten von mandatsrelevanten Zählfehlern ist dadurch nicht hinreichend substantiiert worden. Dass es bei der Stimmenauszählung und Ergebnisermittlung am Wahlabend zu Fehlern kommt, ist nahezu unvermeidlich und betrifft praktisch jede Wahl. Es ist deshalb zunächst Aufgabe des Wahlrechts, typische Fehlerquellen zu antizipieren und ihnen durch die Gestaltung des einzuhaltenden Verfahrens möglichst entgegenzuwirken. Verbleibende Unzulänglichkeiten eines konkreten Auszählungsvorgangs sind regelmäßig hinzunehmen, sofern das gesetzlich geregelte Verfahren der Stimmabgabe und der Auszählung der Stimmen geeignet erscheint, ein möglichst richtiges Wahlergebnis zu gewährleisten, und dieses Verfahrensrecht auch eingehalten wurde (vgl. VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 30 m.w.N.). Den Verdacht einer organisierten Wahlmanipulation außenvorgelassen – was weder vorgetragen noch ersichtlich ist -, fehlt es im vorliegenden Fall an Anhaltspunkten dafür, dass dies hier nicht der Fall gewesen wäre. Die von den Zeugen im Einzelfall vorgenommenen Korrekturen lassen weder aufgrund ihrer Zahl noch nach der Art der ihnen zugrundeliegenden Fehler auf einen flächendeckenden Mangel des Auszählvorgangs oder die prinzipielle Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften schließen (vgl. hierzu auch Wahlprüfungsgericht Bremen, B.v. 21.12.2015 – 14 K 1330/15 – juris Rn. 256). Das Gericht hält es nicht für beachtlich wahrscheinlich, dass der von den Zeugen T. und S. jeweils in einem Einzelfall geschilderte Fehler gehäuft aufgetreten ist. Hiergegen spricht zunächst, dass die Zeugen selbst den von ihnen festgestellten Fehler jeweils nur in einem Einzelfall beobachtet haben. Wäre der Fehler tatsächlich gehäuft aufgetreten, wäre aber davon auszugehen, dass gerade den beiden Zeugen, die den konkreten Fehler bereits festgestellt und damit eine erhöhte Sensibilität für gerade diesen Fehler hatten, im weiteren Verlauf der Auszählung derselbe Fehler weitere Male aufgefallen wäre. Die Zeugen sind zudem offenbar auch selbst nicht davon ausgegangen, dass der im Einzelfall festgestellte Fehler eine systematische Fehlerquelle für die Auszählung bedeuten könnte. Denn unstreitig wurde dies, was im Hinblick auf die Gewährleistung der Korrektheit der Auszählung jedoch nahegelegen hätte, den Wahlvorstehern in keinem Fall während des Auszählungsvorgangs oder im Anschluss daran zur Kenntnis gebracht. Auch ist nicht bekannt, dass ein ähnlicher Fehler in einer anderen bayerischen Kommune, die dieselbe Auszählungssoftware verwendet hat, gemeldet worden wäre (vgl. LT-Drs. 18/14862, S. 3). Die klägerseits getroffene Annahme, dass es folgerichtig sei, dass – da das Verschwinden der Häkchen von einigen Wahlhelfern in verschiedenen Wahlbezirken und mit verschiedenen Laptops bemerkt worden sei – dieser Fehler bei einer ganzen Reihe von Eingaben aufgetreten ist, ohne dass er in vielen Fällen bemerkt wurde, geht insoweit fehl. Ungeachtet dessen, dass schon die beiden Zeugen T. und S. – wie ausgeführt – nicht denselben Fehler bemerkt haben, ist „der Fehler“ nicht nur nicht in vielen Fällen, sondern in keinem einzigen weiteren Fall bemerkt worden. Wäre es tatsächlich gehäuft zu der geltend gemachten Löschung von Listenkreuzen gekommen, wäre aber davon auszugehen, dass dies bei sorgfältiger Arbeit der Wahlhelfer – wie auch in den beiden klägerseits konkret geschilderten Fällen geschehen – etwa bei nochmaligem überblicksartigem Abgleich mit dem Stimmzettel vor Speicherung bzw. bei Anwendung des Vier-Augen-Prinzips jedenfalls in einigen weiteren Fällen aufgefallen wäre. Dafür, dass es sich tatsächlich nicht um eine systematische Problematik gehandelt hat, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu einer fehlerhaften Erfassung von Stimmen geführt hat, spricht insbesondere auch, dass in nahezu allen Fällen, in denen wegen Problemen der eingesetzten Software eine Neuauszählung vorgenommen wurde, mandatsrelevante Abweichungen nicht festgestellt werden konnten (vgl. LT-Drs. 18/14862, S. 4 bis 6). Selbst für den Fall, dass der jeweilige Fehler über die von den Zeugen geschilderten Fälle hinaus in weiteren Einzelfällen aufgetreten wäre, ergeben sich keinerlei begründete Anhaltspunkte dafür, dass ein Fehler in diesen Fällen nicht ebenfalls bemerkt und korrigiert worden wäre. Auch im Rahmen der Wahlprüfung kommt eine Nachzählung sämtlicher Stimmzettel eines oder mehrerer Stimmbezirke vor allem (nur) dann in Betracht, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die Auswertung in einem oder mehreren Stimmbezirken durchgängig und nicht nur in Einzelfällen fehlerhaft ist (vgl. Nr. 7.2.2 Satz 2 und Satz 3 GLKrWBek).
Der Kläger hat einen mandatsrelevanten Zählfehler weiter auch im Hinblick darauf nicht substantiiert geltend gemacht, dass die Zusammenführung der ausgezählten Stimmen der einzelnen Teams eines Wahlbezirks im System über einen längeren Zeitraum nicht möglich gewesen sei mit der Folge, dass nicht geprüft werden könne, ob bei der späteren Zusammenführung alle Stimmen im System übernommen worden seien.
Zwar trifft es zu, dass in der Gemeinde W. … die Zusammenführung der Teilergebnisse eines Stimmbezirks über einen längeren Zeitraum nicht möglich war. So wurde seitens des Softwareherstellers v. … … GmbH angegeben, dass es richtig sei, dass am Wahlabend die Datei eines Erfassungsteams bei einem anderen Erfassungsteam nicht eingelesen habe werden könne, wenn die Datei die Größe von 10 MB überschritten habe. Nach Bekanntwerden der Grenze sei jedoch unmittelbar ein Update an die AKDB ausgeliefert worden. Diesbezüglich heißt es auch in der Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat vom 20. März 2021 auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten B. … A. … BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14. Februar 2021, dass alle Wahllokale, in denen das Softwaremodul zur Stimmzettelauswertung der Gemeinderats- und Kreistagswahlen verwendet worden sei, von Problemen bei der Zusammenführung von Teilerfassungen in die Haupterfassung hätten betroffen sein können. Diese Probleme seien ab einer bestimmten Dateigröße der Teilerfassungen aufgetreten. Zur Auszählung der Wahlergebnisse mithilfe des Softwaremoduls würden in der Regel zwei oder mehrere Zählteams gebildet, die einen bestimmten Anteil ihnen zugewiesener Stimmzettel auswerteten. Das Ergebnis dieser mithilfe der Software ermittelten Teilauswertung (Teilerfassung) werde dann in die Haupterfassung importiert. Erst wenn alle Teilerfassungen zusammengeführt worden seien, könne das Gesamtergebnis für den jeweiligen Stimmbezirk festgestellt werden. Dies sei durch die Dateigrößenbeschränkung in vielen Fällen am Wahltag nicht mehr möglich gewesen, obwohl nach Auskunft des Softwareanbieters noch im Laufe der Wahlnacht ein Softwareupdate angeboten worden sei (vgl. LT-Drs. 18/14862, S. 3). Laut AKDB sei dieses Problem jedoch in W. … am 17. März 2020 abschließend bearbeitet worden, sodass die Kommune anschließend habe weiterarbeiten können (vgl. Bl. 23a der Behördenakte). Etwaige Anhaltspunkte dafür, dass es bei der Zusammenführung der Teilergebnisse nach Behebung des Problems zu einer fehlerhaften Erfassung gekommen ist, sind mit der Anfechtung weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Zwischenergebnisse waren nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten bis zur abschließenden Zusammenführung sicher gespeichert und dem Zugriff Dritter entzogen. Der Beklagte geht daher zurecht davon aus, dass allein der zeitliche Aufschub bei der Zusammenführung der Teilergebnisse sich auf das Stimmenergebnis nicht ausgewirkt haben kann. Hierfür spricht – ungeachtet der klägerseits in Zweifel gezogenen Belastbarkeit der erfolgten Plausibilitätsprüfung nach Zusammenführung der Stimmen – insbesondere auch die Tatsache, dass auch die im Hinblick auf die identische Problematik in anderen Wahlbezirken durchgeführten Nachzählungen keinerlei Abweichungen ergeben haben (vgl. etwa Neuauszählung der Kreistagswahl für Markt Laaber und Gemeinde Deuerling, LT-Drs. 18/14862, S. 6).
Soweit klägerseits im gerichtlichen Verfahren angedeutet wurde, dass softwareseitig gleichwohl nicht sichergestellt sei, dass die erfassten Stimmen auch nach der durch das eingespielte Update ermöglichten Zusammenführung der Daten der einzelnen Zählteams qualitativ unverändert geblieben seien, geht dieser – im Übrigen erst außerhalb der gesetzlichen Anfechtungsfrist vorgebrachte – Vortrag über die bloße – wie ausgeführt unzureichende – Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinaus. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, wie die Entsperrung des Updatevolumens eine qualitative Veränderung der gespeicherten Daten bewirkt haben soll. Dabei handelt es sich lediglich um eine nicht weiter belegte Vermutung des Klägers. Zweifel daran, dass sämtliche Stimmzettel in der abgespeicherten Form bei der Zusammenführung der Teilergebnisse auch tatsächlich übernommen wurden, sind insbesondere im Hinblick auf den erfolgten Abgleich der Gesamtwählerzahl mit der Anzahl erfasster Stimmzettel nicht angezeigt. Denn die Vollständigkeit des programmgestützten Auszählungsverfahrens ist durch entsprechende Plausibilitäten im Wahlauszählungsmodul sichergestellt. Anhand der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis wird die Anzahl der Wähler ermittelt und im Verfahren vorgegeben. Diese Anzahl der vorgegebenen Wähler muss mit der Anzahl der erfassten Stimmzettel übereinstimmen, ansonsten kann kein Ergebnis festgestellt werden (vgl. LT-Drs. 18/14862, S. 7).
Soweit der Kläger weiter anführt, dass der Wahlvorstand in W. … zum Zeitpunkt der Zusammenführung nicht mehr zugegen gewesen sei und somit bei der verspäteten Zusammenführung die Korrektheit der Gesamtstimmen nicht mehr hätte schriftlich bestätigen können, vermag dies Zweifel an der Korrektheit der Stimmenzusammenführung ebenfalls nicht zu begründen. Zunächst sind im Wahlanfechtungsverfahren nur diejenigen Einspruchsgründe zu berücksichtigen, die fristgerecht vorgebracht worden sind und die konkret, unmissverständlich und hinreichend substantiiert mit Tatsachen belegt sind, sodass sie eine Nachprüfung rechtserheblicher Tatsachen zulassen (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2015 – 4 ZB 15.639 – juris Rn. 5 m.w.N.). Die gerichtliche Prüfung muss sich auf diejenigen Wahlanfechtungsgründe beschränken, die vom jeweiligen Kläger rechtzeitig und ausreichend substantiiert vorgetragen worden sind. Das Wahlrecht ist formellen Anforderungen in besonderem Maße verhaftet und kann auf ihre Einhaltung umso weniger verzichten. Eine Prüfung von nicht „innerhalb von 14 Tagen nach Verkündung des Wahlergebnisses“ ausreichend substantiiert vorgetragenen Anfechtungsgründen von Amts wegen bzw. die Zugrundelegung nicht explizit vorgetragener, aber angeblich gerichtsbekannter Wahlrechtsverstöße wäre daher mit dem Gesetz unvereinbar (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2015 – 4 ZB 15.639 – juris Rn. 7). Das in der kurzen Anfechtungsfrist zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse, möglichst rasch Gewissheit über die Zusammensetzung der gewählten Volksvertretung zu erhalten, schließt ein Nachschieben neuer Anfechtungsgründe und neuen Sachvortrags nach Fristablauf aus. Die erst nach diesem Zeitpunkt vorgebrachten Tatsachen müssen nicht nur im Verfahren nach Art. 51 GLKrWG unberücksichtigt bleiben, sondern ebenso in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2021 – 4 ZB 20.3109 – juris Rn. 23 m.w.N.). Zwar bleibt die Ergänzung und Erläuterung eines schon vorliegenden Sachvortrags möglich. Bei der vorzunehmenden Abgrenzung zwischen (unzulässiger) neuer Tatsache und (zulässiger) Ergänzung ist eine wertende Betrachtungsweise im Einzelfall angezeigt. Nur dann, wenn es sich bei natürlicher Betrachtung um einen einheitlichen Sachverhalt handelt, von dem – gerade auch wegen fehlender Einsichtsmöglichkeiten eines Außenstehenden – nur ein Ausschnitt benannt worden ist, der sich von den anderen Sachverhaltselementen nicht grundlegend unterscheidet, sodass der benannte Fehlertatbestand damit letztlich nur eine quantitative Änderung erfährt, ist die Erstreckung der Prüfung auf den gesamten Sachverhaltskomplex geboten (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2015 – 4 ZB 15.639 – juris Rn. 9 m.w.N.). So verhält es sich vorliegend jedoch nicht. Denn der Vortrag, dass der Wahlvorstand vorzeitig entlassen worden sei, stellt eine weitere selbständige Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Es handelt sich insbesondere auch nicht um einen Ausschnitt ein- und desselben Problemkomplexes, der dem Kläger, der selbst als Mitglied des Wahlvorstands bei der Auszählung zugegen war, als Außenstehendem wegen fehlender Einsichtsmöglichkeiten verborgen geblieben wäre. Jedenfalls aber sind vorliegend auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, dass sich dies kausal auf die korrekte Ermittlung des Abstimmungsergebnisses ausgewirkt hätte. Selbiges gilt auch hinsichtlich der klägerseits gerügten vorzeitigen Unterschriftsleistung durch einzelne Wahlvorstände oder -helfer.
Auch die Rüge, das System habe solche Stimmzettel, die bis zu 20 Einzelstimmen, aber zusätzlich zwei Listenkreuze oder mehr aufwiesen, unterschiedlich bewertet, teilweise als gültig (mit und ohne Prüfung durch den Wahlvorstand), teilweise aber auch als ungültig, vermag einen mandatsrelevanten Zählfehler nicht zu begründen.
Soweit Stimmzettel mit dieser Konstellation durch das System als gültig bewertet wurden, liegt – sei es mit oder ohne Prüfung durch den Wahlvorstand – kein Bewertungsfehler vor. In Fällen, in denen die wählende Person zwei (oder mehr) Wahlvorschläge in der Kopfleiste kennzeichnet und ferner in einem oder mehreren Wahlvorschlägen sich bewerbende Personen – sei es unter voller Ausnutzung der ihr zustehenden Stimmenzahl oder unter Vergabe von weniger als ihr zustehender Stimmen – ankreuzt, ist der Stimmzettel nach dem Grundsatz „Einzelstimmvergabe vor Listenkreuz“ gültig. Die gesetzten Listenkreuze sind unbeachtlich, da die wählende Person durch die Einzelstimmvergabe ihre Gesamtstimmenzahl voll ausgenutzt hat bzw. ggf. nicht ausgenutzte Reststimmen aufgrund der Mehrzahl von Listenkreuzen nicht erkennbar einem Wahlvorschlag zugeordnet werden können. Es sind mithin nur die – unter Beachtung der weiteren Regeln gültiger Stimmabgabe – vergebenen Einzelstimmen zu zählen (vgl. Nrn. 72.11, 72.12, 72.3 GLKrWBek). Die Bewertung solcher Stimmzettel als gültig durch das System ist mithin nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass in der Folge nicht (nur) die Einzelstimmen als gültige Stimmen gezählt worden wären, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Insbesondere hat auch der Kläger selbst nicht geltend gemacht, dass das System bei der Zählung der gültigen Stimmen, den Grundsatz „Einzelstimme vor Listenkreuz“ nicht beachtet hätte. Allein aus der – den klägerischen Vortrag als wahr unterstellt – Tatsache, dass das System die Stimmen auf einem solchen gültigen Stimmzettel, zwar ohne weitere Prüfung durch den Wahlvorstand, jedoch im Ergebnis zutreffend, direkt ins System übernommen hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine falsche Erfassung von Stimmen.
Ein Zählfehler ist auch nicht substantiiert geltend gemacht, soweit der Kläger angegeben hat, das System habe Stimmzettel mit dieser Konstellation als ungültig bewertet. Nach unbestrittener Angabe der AKDB wurden durch das System als ungültig befundene Stimmzettel („eindeutig ungültig“) dem Stapel E (Stimmzettel mit Beschluss) zugewiesen. Zwar wurde klägerseits unter Bezugnahme auf diverse Zeugenaussagen vorgetragen, dass solche Fälle im Rahmen der Beschlussfassung in den einzelnen Stimmbezirken uneinheitlich behandelt worden seien. Den nicht näher substantiierten Zeugenaussagen (Zeuge S.: „Streit zwischen Frau E. und Frau H. über richtige Behandlung von Stimmzetteln mit mehreren Listenkreuzen“; Beigeladener zu 37): „Stapel E wurde durch Wahlvorstand als gültig erklärt, aber vom Hörensagen am nächsten Tag erfahren, dass bei anderem Team Stapel E als ungültig erklärt behandelt wurde (Herr W.); Zeugin G.: „wurde auf Stapel E gelegt, aber später für ungültig erklärt“) steht insoweit jedoch der unwidersprochene Vortrag des Beklagten entgegen, wonach das Landratsamt im Rahmen der Wahlprüfung nach Art. 50 Abs. 1 GLKrWG sämtliche beschlussmäßig behandelten Stimmzettel kontrolliert und dabei keine Unrichtigkeiten bei der Beurteilung der Gültigkeit festgestellt hat. Zudem wurde eine solche etwaig fehlerhafte Bewertung durch den Wahlvorstand auch nicht innerhalb der maßgeblichen Anfechtungsfrist, sondern erstmalig im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht. Die Bewertung und Beschlussfassung durch den Wahlvorstand stellt aber eine von den mit der Anfechtung gerügten Softwarefehlern losgelösten, eigenständigen Verfahrensschritt dar. Die Rüge der fehlerhaften Entscheidung des Wahlvorstandes stellt sich vorliegend daher nicht als bloße quantitative Erläuterung des schon vorliegenden Sachverhalts dar, sondern als unzulässiger neuer Tatsachenvortrag. Dass das System ungültige Stimmzettel automatisiert ohne Wertung der Einzelstimmen und weitere Prüfung durch den Wahlvorstand ausgesondert hätte, ist mit der Anfechtung nicht vorgetragen.
Schließlich vermag auch die Tatsache, dass die Gesamtzahl der zu vergebenen Sitze in der im Internet einsehbaren vorläufigen Darstellung des Wahlergebnisses mit 21 statt korrekterweise mit 20 angegeben wurde, einen mandatsrelevanten Zählfehler nicht zu begründen. Dieser Fehler wurde unstreitig in der Folge manuell korrigiert, sodass im Ergebnis zutreffend 20 Sitze auf Basis der zuvor ermittelten Gesamtstimmenzahlen vergeben wurden. Zweifel an einer korrekten Mandatsverteilung bestehen insoweit keine. Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Fehler bei der Ermittlung der Gesamtstimmenzahlen mit der Folge ausgewirkt haben könnte, dass der Mandatsverteilung eine fehlerhafte Gesamtstimmenzahl zugrunde gelegt wurde, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger meint, dieser Fehler im System berechtige zu erheblichen Zweifeln am berechneten Ergebnis, handelt es sich lediglich um eine nicht weiter belegte Vermutung bzw. bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern, welche als unsubstantiiert zu qualifizieren ist.
Auch in der Gesamtschau belegen die vom Kläger gerügten Mängel keinen systematischen Zählfehler.
Soweit der Kläger vorträgt, dass angesichts der Art der Fehler davon auszugehen sei, dass diese in allen Stimmbezirken vorgekommen seien, ggf. unbemerkt, liegt darin kein im Wahlprüfungsverfahren zulässiger Vortrag. Wie ausgeführt, verlangt das Gebot der Substantiierung, dass ein Anfechtungsführer bezogen auf konkrete Vorgänge und Stimmbezirke vortragen muss, worin er einen Wahlfehler oder einen anderen Rechtsverstoß begründet sieht. Als wesentlicher Grundsatz der Wahlprüfung soll es – wie ausgeführt – gerade sicherstellen, dass die sich auf der Grundlage der Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses ergebende Zusammensetzung des Parlaments nicht vorschnell mittels Vermutungen von Wahlfehlern infrage gestellt wird und dadurch Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit geweckt werden. Auch wenn die Ermittlung des Wahlergebnisses im Anschluss an den Wahlakt als menschliches Handeln naturgemäß fehlerbehaftet ist, bietet daher allein der Umstand, dass erfahrungsgemäß auch in anderen als den konkret bezeichneten Fällen Fehler erfolgt sein könnten, regelmäßig keine ausreichende tatsächliche Grundlage für eine weiterreichende Prüfung (vgl. VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 29 m.w.N.; vgl. auch Wahlprüfungsgericht Bremen, B.v. 21.12.2015 – 14 K 1330/15 – juris Rn. 254). Der pauschalen Vermutung, dass sich bestimmte Fehler, nur weil sie in gleichartiger oder zumindest ähnlicher Weise in mehreren Stimmbezirken vorgekommen sind, auch anderenorts wiederholt haben müssen, steht zudem die besondere Vertrauenswürdigkeit entgegen, die den Mitgliedern der Wahlvorstände grundsätzlich zukommt. Sie werden für dieses Ehrenamt eigens berufen, neutralitätsverpflichtet und geschult. Ihre Tätigkeit kann ohne hinreichend konkreten Anhalt nicht unter den Generalverdacht der Fehlerhaftigkeit gestellt werden (vgl. VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 34 m.w.N.). Wie ausgeführt, hat der Kläger vorliegend jedoch bereits keinen Fehler, der in einem konkreten Fall zu einer fehlerhaften Erfassung von Stimmen geführt hat, substantiiert dargelegt. Daher und vor dem Hintergrund, dass die Auszählenden angewiesen waren, ein genaues Abbild des Stimmzettels in der Auszählungssoftware zu erzeugen, und Zweifel an der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Wahlvorstände und -helfer insoweit auch nicht angezeigt sind, verbietet sich vorliegend ein Rückschluss von den gerügten Mängeln auf eine systematische Fehlerhaftigkeit der Auszählung. Das Gericht verkennt nicht, dass die Auszählenden auch der Erwartungshaltung einer zügigen Auszählung gerecht werden wollen und die Auszählung für sie daher stets auch eine Stresssituation darstellt, die in Einzelfällen Fehler begünstigen kann. Gleichwohl ist die situative Überforderung im Einzelfall, die – wie hier – kein Ausmaß erreicht, dass der Betroffene es für nötig erachtet, im Hinblick auf die Gewährleistung der Korrektheit des Auszählungsergebnisses, während der Auszählung auf bestehende Missstände hinzuweisen, keine tragfähige Grundlage, um von einer insgesamt unsorgfältigen Auszählung oder einer generell unzureichenden Vorbereitung der Wahlvorstände auf ihre Aufgabe auszugehen (vgl. auch VerfGH NW, B.v. 18.12.2018 – 16/17 – juris Rn. 36). Auch eine unzureichende Vorbereitung der Wahlvorstände, für die am 11. und 12. März 2020 zwei Schulungsabende mit – im hiesigen Verfahren vorgelegtem – umfangreichem Informationsmaterial und der Möglichkeit zur Klärung von Einzelfragen angeboten wurde, ist vorliegend weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen. Zudem stand die Wahlleitung nach eigenen – unwidersprochenen – Angaben am Wahltag bei auftretenden Problemen für Fragen zur Verfügung. Es ist daher nicht erkennbar, weshalb etwaig in Einzelfällen aufgetretene Probleme bei der Stimmerfassung nicht zutreffend erkannt, den Verantwortlichen zur Kenntnis gebracht und ordnungsgemäß gelöst worden sein sollten.
Schließlich ergibt sich auch keine andere Bewertung vor dem Hintergrund, dass der Kläger die durchgängige Anwendung des Vier-Augen-Prinzips bei der Auszählung in Frage stellt. Es kann hier dahinstehen, ob auch dieser erstmals im gerichtlichen Verfahren – und damit nicht innerhalb von 14 Tagen nach Verkündung des Wahlergebnisses (vgl. Art. 51 Satz 1 GLKrWG) – gerügte Verstoß im Hinblick auf das strenge Substantiierungsgebot überhaupt Berücksichtigung finden darf. Ungeachtet dessen, ob und in welchem Umfang wegen Missachtung des Vier-Augen-Prinzips ein Verfahrensverstoß anzunehmen sein könnte, wurde vom Kläger jedenfalls ein für eine erfolgreiche Wahlanfechtung (zusätzlich) erforderlicher Verstoß gegen materielles Recht in Gestalt der vermuteten Zählfehler, die alleine zu einem anderen Ergebnis führen können, – wie ausgeführt – in keinem Fall konkret belegt. Dass das Wahlergebnis knapp war und menschlicher Irrtum beim Zählen grundsätzlich nicht auszuschließen ist, reicht nicht aus. Bei Nichtanwendung des Vier-Augen-Prinzips vergrößert sich zwar die Gefahr von Zählfehlern, dies allein reicht für eine Wahlanfechtung aber nicht aus. Erforderlich wäre, dass der Wahlanfechter den Fehler auch hier konkret benennt. Hierzu ist er grundsätzlich auch in der Lage. Aus gutem Grunde ist nämlich nach Art. 17 GLKrWG die Ermittlung und Feststellung der Abstimmungsergebnisse in den Stimmbezirken, einschließlich der Briefwahl, öffentlich (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.1998 – 4 ZB 97.2164 – juris Rn. 26). Dies gilt umso mehr, als der Kläger als Mitglied des Wahlvorstands eines Stimmbezirks selbst unmittelbar an der Auszählung beteiligt und für deren ordnungsgemäße Durchführung mitverantwortlich war.
Im Ergebnis war daher die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie keinen Antrag gestellt haben und sich damit nach § 154 Abs. 3 VwGO keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.