Europarecht

Anordnung zur Untersuchung der Trinkwasserqualität – Hausbrunnen

Aktenzeichen  20 CS 16.1930

Datum:
7.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TrinkwV TrinkwV § 2 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 lit. a, §§ 4 – 10
GG GG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Aus der Bestimmung des sachlichen Geltungsbereichs der Trinkwasserverordnung in § 2 Abs. 2 TrinkwV ergibt sich, dass das Wasser aus Eigenversorgungsanlagen, die zusätzlich zu einem bestehenden Anschluss an die zentrale Trinkwasserversorgung im Haushalt genutzt werden, nicht den Qualitätsanforderungen an Trinkwasser nach §§ 4 bis 10 TrinkwV genügen muss (Verweis auf BVerwG BeckRS 2011, 48123; stRspr). (redaktioneller Leitsatz)
In Behältnissen gekauftes oder zusätzlich abgefülltes Trinkwasser stellt keine Wasserversorgungsanlage dar, so dass es an einer dem § 2 Abs. 2 TrinkwV vergleichbaren Interessenlage fehlt. (redaktioneller Leitsatz)
§ 4 Abs. 1 TrinkwV unterscheidet auch nicht danach, ob Wasser der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird oder nicht. Hierin liegt keine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 14 S 16.1391 2016-08-18 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.
Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den sofort vollziehbaren Bescheid des Antragsgegners vom 24. März 2016 abgelehnt hat.
Der Antragsteller ist der Meinung, die Trinkwasserverordnung sei nicht anwendbar und damit eine Untersuchungsanordnung nach dem Infektionsschutzgesetz nicht zulässig, weil eine Schädigung der menschlichen Gesundheit nicht zu erwarten sei, da er das Wasser aus dem Hausbrunnen nicht als Trinkwasser verwende. Vielmehr trinke er ausschließlich gekauftes und abgefülltes Mineralwasser. Dieser Einwand greift nicht. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Vorschriften der Trinkwasserverordnung auf den von dem Antragsteller genutzten Hausbrunnen anzuwenden sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur BVerwG, U. v. 24.1.2011 – 8 C 44.09 – juris m. w. N.) ergibt sich aus der Bestimmung des sachlichen Geltungsbereichs der Trinkwasserverordnung in § 2 Abs. 2 TrinkwV, dass das Wasser aus Eigenversorgungsanlagen, die zusätzlich zu einem bestehenden Anschluss an die zentrale Trinkwasserversorgung im Haushalt genutzt werden, nicht den Qualitätsanforderungen an Trinkwasser nach §§ 4 bis 10 TrinkwV genügen muss. Zu diesen zusätzlich genutzten Eigenversorgungsanlagen gehört aber der Hausbrunnen des Antragstellers gerade nicht, weil er die einzige Möglichkeit der Wasserversorgung des Anwesens darstellt. In Behältnissen gekauftes oder zusätzlich abgefülltes Trinkwasser stellt keine Wasserversorgungsanlage dar, so dass es an einer dem § 2 Abs. 2 TrinkwV vergleichbaren Interessenlage fehlt. § 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV verlangt zudem nur, dass das Wasser zu den dort angegebenen häuslichen Zwecken bestimmt ist. Nachdem der Antragsteller lediglich behauptet, das Wasser seines Hausbrunnens nicht zum Verzehr zu nutzen, bleiben ihm die sonstigen in § 3 Nr. 1 Buchst. a TrinkwV beschriebenen häuslichen Verwendungszwecke erhalten. Im Übrigen dürfte der bekundete Wille, das Wasser des Hausbrunnens nicht als Trinkwasser zu verwenden, und das Anbringen eines Warnschildes nicht genügen, die Bestimmung des Hausbrunnens als Trinkwasseranlage dauerhaft auszuschließen. Auch unterscheidet § 4 Abs. 1 TrinkwV nicht danach, ob Wasser der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird oder nicht. Bereits deswegen greift schließlich der Einwand des Antragstellers nicht, dass er im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts nach Art. 2 GG über mögliche Gesundheitsrisiken (der Nutzung des Hausbrunnens) selbst entscheide. Im Übrigen mag es zwar sein, dass die allgemeine Handlungsfreiheit durch die einzuhaltenden Vorgaben der Trinkwasserverordnung berührt wird. Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ist jedoch erst dann verletzt, wenn das beschränkende Gesetz oder die beschränkende Verordnung nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung gehört, weil es bzw. sie in formeller oder materieller Hinsicht nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist (vgl. nur BVerfG, B. v. 11.6.2010 – 1 BvR 915/10 – GewArch 2010, 413). Dass die Trinkwasserverordnung zur verfassungsmäßigen Ordnung gehört, wird ernstlich nicht anzuzweifeln sein (OVG Sachsen, B. v. 17.2.2011 – 4 A 474/10 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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