Europarecht

Anspruch auf Einrichtung von Taxistandplätzen

Aktenzeichen  11 ZB 16.1828

Datum:
23.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 107837
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Nr. 11, Abs. 2 S. 1
PBefG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 6, S. 7, § 9 Abs. 1, § 13 Abs. 4 S. 1, § 21, § 47 Abs. 1, Abs. 3
RegG § 2 S. 1
BayÖPNVG Art. 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 13
GG Art. 12
Verordnung der Landeshauptadt München über das Taxigewerbe (TaxiO) vom 25.10.2016 (MüABl. S. 435) § 2 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

1 Nicht jeder Verkehr mit Taxis ist öffentlicher Personennahverkehr (Weiterentwicklung von BVerfG BeckRS 1960, 103945). (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einrichtung von Taxistandplätzen ist eine aus § 47 PBefG folgende öffentlich-rechtliche Pflicht. Ein subjektiv-öffentliches Recht eines Taxiunternehmers oder angestellten Taxifahrers auf Einrichtung oder Beibehaltung eines Taxistandplatzes an einer bestimmten Stelle folgt hieraus nicht (Parallelentscheidung zu BayVGH BeckRS 2016, 43624). Ein derartiger subjektiver Anspruch lässt sich auch nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG oder den einschlägigen Nahververkehrsplänen ableiten.  (redaktioneller Leitsatz)
3 Rechtsgrundlage für die Einrichtung eines Taxistandplatzes ist ausschließlich § 47 PeBefG. Sofern eine straßenverkehrsrechtliche Genehmigung ausnahmsweise die an einer bestimmten Stelle geltenden Vorschriften für Taxifahrer außer Kraft setzt, wird dadurch nicht das Bereithalten eines Taxis an dieser Stelle iSv § 47 Abs. 1 S. 1 PBefG behördlich zugelassen.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 23 K 14.5849 2016-04-06 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger, der als angestellter Taxifahrer ohne eigene Konzession in M. tätig ist, begehrt die Einrichtung zweier Plätze zur Bereitstellung von Taxis (im Folgenden: Taxibedarfsstandplätze) zur Nachtzeit in der M. Innenstadt, und zwar einen Platz in der Nähe der Bar „…`s“ (O. Platz 6) sowie einen Platz auf Höhe der Diskothek „… Club“ (G. Straße 4).
Einen sprechenden Antrag stellte er mit Schreiben vom 24. Juni 2014 bei der Beklagten. An diesen Örtlichkeiten sei ein erhöhter Bedarf an Taxiverkehr feststellbar, was sich durch eine hohe Zahl an „Aufhaltern“ und telefonischen Bestellungen bemerkbar mache. Der notwendige Kundenservice rechtfertige es, den Gästen dieser Lokalitäten Taxibedarfsstände in unmittelbarer Nähe zur Verfügung zu stellen, wie es die Beklagte bereits vor anderen Diskotheken in M. getan habe. Eine Ablehnung der beantragten Bedarfsstände greife erheblich in seine Berufsfreiheit ein, da ihm hierdurch hohe Umsätze entgingen und er ständig der Gefahr eines Bußgelds ausgesetzt sei, wenn er trotzdem sein Taxi für die Gäste vor Ort bereitstelle.
Mit der Klage zum Verwaltungsgericht München vom 31. Dezember 2014 verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und trug ergänzend vor, ihm stehe gemäß § 47 Abs. 1, § 8 Abs. 3 und § 9 Abs. 1 PBefG i.V.m. Art. 12 GG ein Anspruch auf Einrichtung der beantragten Bedarfsstände zu. Dadurch, dass die Beklagte ihr ÖPNV-Angebot zunehmend ausweite, zugleich aber die Einrichtung neuer Taxibedarfsstände verweigere, werde für Taxifahrer eine erdrückende Konkurrenzsituation geschaffen, die eine objektive Berufszugangsverhinderung darstelle. Im Bereich der beantragten Bedarfsstandplätze bestehe eine unzumutbare Taxistandslücke, jeweils mit einer Entfernung zum nächsten (besetzten) Taxistand von etwa 600 m. Bei dem Klagebegehren handele es sich ohnehin nur um eine formale Legalisierung faktisch bereits bestehender Bedarfsstände.
Die Beklagte erläuterte mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015, sie richte Bedarfsstandplätze (ohne weitere Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz und ohne Anbringung des Verkehrszeichens 229) allein im Wege einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 StVO i.V.m. § 2 Abs. 2 TaxiO nach pflichtgemäßem Ermessen ein. Eine solche Genehmigung könne nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen erteilt werden, mithin nur bei besonderer Dringlichkeit. Die Beklagte habe im gesamten Stadtgebiet nach jeweils eingehender Prüfung bereits für eine Vielzahl von Taxi- und Bedarfsstandplätzen gesorgt. Diese könne der Kläger ungehindert nutzen. Ein weiterer Bedarf sei weder dargelegt noch ersichtlich.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 6. April 2016 stellte der Kläger klar, dass es ihm ausschließlich um die Genehmigung zweier Bedarfs-stände zur Nachtzeit und nicht um die Genehmigung von „offiziellen“ Taxiständen gehe.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 6. April 2016 ab. Sie sei bereits mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zu. Die Rechtsgrundlage für die Einrichtung von Taxistandplätzen dürfte ausschließlich in § 47 Abs. 3 PBefG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 4 ZustV zu sehen sein. Die Berufung der Beklagten auf die Regelung in § 46 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 11 StVO i.V.m. § 2 Abs. 2 TaxiO sei fraglich, vorliegend aber nicht streitentscheidend. Möglich erscheine, dass § 47 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PBefG selbst auch zur Errichtung solcher (nicht beschilderter) Bedarfsstandplätze ermächtige, um dem Taxifahrer eine Befreiung von dem grundsätzlichen Verbot, Taxis außerhalb zugelassener Standplätze im Gemeindegebiet bereitzuhalten, zu erteilen. Ein subjektiv-öffentliches Recht des Klägers auf Einrichtung eines zusätzlichen Bedarfsstandplatzes ergebe sich aus den Regelungen des Personenbeförderungsrechts zweifelsohne nicht. Selbst wenn der behördlichen Praxis der Beklagten, wonach ein solcher Bedarfsstand Platz im Wege der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem Straßenverkehrsrecht eingerichtet werden könne, gefolgt werde, lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, die eine besondere Dringlichkeit des Ausnahmefalls unter Anwendung eines strengen Maßstabs voraussetze, hier nicht vor. Dem Kläger sei es möglich, die im Stadtgebiet der Beklagten zahlreich vorhandenen Taxistandplätze zu nutzen und dort sein Fahrzeug bereitzuhalten. Das gelte insbesondere für die Örtlichkeit am O. Platz, wo in nur wenigen 100 m von der benannten Stelle bereits ein Taxistand Platz eingerichtet sei. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die im Gebiet der Beklagten vorhandenen Taxi- und Taxibedarfsstandplätze einschließlich sonstiger Beförderungsaufträge (z.B. während der Fahrt oder am Betriebssitz) für den Kläger als angestellten Taxifahrer nicht ausreichten, um die für seine Existenzsicherung notwendigen Verdienste zu erzielen.
Gegen das Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGH 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 54), ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16). Das ist vorliegend nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Einrichtung der begehrten Taxibedarfsstandplätze hat. Ein solcher Anspruch eines Taxifahrers oder Taxiunternehmers auf Einrichtung von (weiteren) Taxistandplätzen ergibt sich aus den Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes nicht. Für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Straßenverkehrsrecht, so man eine solche zur Einrichtung von Taxibedarfsstandplätzen für geeignet ansehen könnte, fehlt es am Vorliegen der erforderlichen Ausnahmesituation für eine Begünstigung des Klägers oder der Personengruppe der Taxifahrer und Taxiunternehmer. Im Einzelnen wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Zulassungsvorbringen vermag dessen Richtigkeit nicht infrage zu stellen.
1.1 Es kann offen bleiben, inwieweit der Verkehr mit Taxis im Innenstadtbereich der Beklagten überhaupt nach § 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 8. August 1990 (PBefG, BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. August 2016 (BGBl I S. 2082), zum öffentlichen Personennahverkehr zu rechnen ist (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 11 CE 16.219 – juris Rn. 21). Nach der Definition in § 8 Abs. 1 Satz 1 PBefG, § 2 Satz 1 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs vom 27. Dezember 1993 (Regionalisierungsgesetz – RegG, BGBl I S. 2378), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2015 (BGBl I S. 2322), und Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern vom 30. Juli 1996 (BayÖPNVG, GVBl S. 336), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), ist öffentlicher Personennahverkehr die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr. Nach § 8 Abs. 2 PBefG und Art. 1 Abs. 3 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern vom 30. Juli 1996 (BayÖPNVG, GVBl S. 336), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), ist öffentlicher Personennahverkehr darüber hinaus auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der die in Abs. 1 der jeweiligen Vorschrift genannten Linienverkehre ersetzt, ergänzt oder verdichtet. Bereits aus diesen gesetzlichen Regelungen ergibt sich eindeutig, dass nicht jeder Verkehr mit Taxis öffentlicher Personennahverkehr ist. Daran ändert auch das vom Kläger in Bezug genommene Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 1960 (1 BvL 53/55 – BVerfGE 11, 168) nichts. Denn nicht nur die gesetzlichen Grundlagen, sondern auch die Verhältnisse im öffentlichen Personennahverkehr insbesondere in Großstädten (mit Nahverkehrszügen, U- und S-Bahnen, Straßenbahnen, Omnibussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr) haben sich seit 1960 maßgeblich verändert. An der Verfassungsgemäßheit des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 PBefG, wonach der Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen genehmigungspflichtig ist, und des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG, wonach beim Verkehr mit Taxen die Genehmigung zu versagen ist, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht werde, bestehen keine Zweifel. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob es sich bei dem Taxiverkehr in der Innenstadt der Beklagten angesichts des dort relativ dichten Linienverkehrsnetzes um öffentlichen Personennahverkehr handelt, gar nicht thematisiert. Auch ist die Frage, wie viele Taxikonzessionen ggf. zu erteilen sind, von der Frage zu unterscheiden, wie viele Taxistände und an welchen Stellen sie einzurichten sind.
Die Einrichtung von Taxistandplätzen ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht (Fromm/ Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl. 2013, § 47 PBefG Rn. 2). Die Gemeinden sind dabei nach § 47 PBefG im öffentlichen Interesse verpflichtet, ausreichende Taxistandplätze einzurichten (vgl. VG Hannover, U.v. 1.3.2011 – 7 A 3545/10 – juris Rn. 33). § 47 Abs. 1 Satz 1 PBefG gewährt zwar einen Rechtsanspruch des Taxifahrers auf Benutzung der behördlich eingerichteten Taxistandplätze (vgl. Wüstenberg, Der öffentlich-rechtliche Benutzungsanspruch von Taxiunternehmern, NZV 14, 551). Es lässt sich daraus aber weder für einen Taxiunternehmer noch für einen angestellten Taxifahrer ein subjektives Recht ableiten, dass an einer bestimmten Stelle ein Taxistand Platz errichtet wird oder bestehen bleibt (BayVGH, B.v. 3.3.2016 a.a.O. Rn. 19). Ein solches Recht ergibt sich auch nicht aus Art. 12 des Grundgesetzes (GG). Art. 12 GG umfasst die Berufswahlfreiheit und Berufsausübungsfreiheit. Die Berufsausübung kann dabei nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz geregelt werden und gebietet es allenfalls, dass in einer größeren Gemeinde überhaupt Taxistandplätze eingerichtet werden, damit die Taxiunternehmer ihrer Betriebspflicht nach § 21 PBefG nicht nur vom Betriebssitz, sondern auch von einem Taxistand Platz aus nachkommen können. Im vorliegenden Fall sind im Gebiet der Beklagten 212 Taxistandplätze, 34 Bedarfsstandplätze und 120 Taxistandplatztelefone eingerichtet (vgl. www.münchen.de – Das offizielle Stadtportal, Stand 20.3.2017). Danach gibt es im Gebiet der Beklagten 3.398 Taxis, die von 1.793 Unternehmen betrieben und von etwa 20.000 Taxifahrern gefahren werden. Mit rund 2,5 Taxis pro 1000 Einwohner habe die Stadt damit die höchste Taxidichte in Deutschland. Wie die auf der Internetseite abgebildete Karte zeigt, ist die Standplatzdichte gerade in der Innenstadt sehr hoch. In der Ablehnung der Einrichtung der vom Kläger beantragten zwei Taxistandplätze durch die Beklagte eine Berufszugangsbeschränkung für Taxifahrer zu sehen, ist daher offensichtlich unzutreffend.
Darüber hinaus lassen sich weder aus dem Verkehrsentwicklungsplan und dem Nahverkehrsplan der Beklagten noch aus dem regionalen Nahverkehrsplan nach § 8 Abs. 3 Satz 2 PBefG und Art. 13 BayÖPNVG subjektive Rechte des Klägers ableiten. Die Verkehrsplanung dient der Daseinsvorsorge und der Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr (vgl. Art. 13 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayÖPNVG). Sie erfolgt im öffentlichen Interesse und besitzt keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit gegenüber Dritten (Recht des ÖPNV, Hrsg. Hubertus Baumeister, 1. Aufl. 2013, S. 619). Die vorhandenen Unternehmer sind dabei zu beteiligen und ihre Interessen angemessen und diskriminierungsfrei zu berücksichtigen (§ 8 Abs. 3 Satz 6 und 7 PBefG, Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayÖPNVG). Ansprüche auf die Einrichtung oder Beibehaltung von Taxistandplätzen an konkreten Orten folgen daraus nicht. Die Ausführungen im Zulassungsantrag zu einem nach Meinung des Klägers sinnvollen öffentlichen Personennahverkehr mit entsprechender Ausweitung des Taxiverkehrs mag er ggf. über seinen Arbeitgeber oder entsprechende Verbände im Verfahren zur Erstellung eines Nahverkehrsplans einbringen. Darüber hinausgehende rechtliche Ansprüche auf eine bestimmte Nahverkehrsplanung vermittelt ihm das Personenbeförderungsrecht nicht.
Völlig fehl geht der Vergleich des Klägers mit dem Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung. Dabei beantragt der Bauherr die Genehmigung eines Bauvorhabens auf einem ihm zu Verfügung stehenden Baugrundstück. Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Einrichtung eines Taxibedarfsstandplatzes möchte der Kläger öffentlichen Verkehrsgrund für seine Berufsausübung in Anspruch nehmen. Angesichts der geschilderten Zahl der Taxistandplätze geht der klägerische Vortrag, das Gesetz verlange mehr als nur ein oder zwei Alternativen zum Betriebssitz, an der Sachlage vorbei.
1.2 Der Senat teilt die Bedenken des Verwaltungsgerichts im Hinblick darauf, ob allein § 46 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 11 StVO i.V.m. § 2 Abs. 2 TaxiO der Beklagten eine geeignete Rechtsgrundlage für die Einrichtung von Taxi(bedarfs) standplätzen sein kann. Die Rechtsgrundlage für die Einrichtung von Taxistandplätzen findet sich in § 47 PBefG. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Abs. 4 StVO) und nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftszeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Abs. 4) erlassen sind.
Zwar mag die Beklagte als Straßenverkehrsbehörde mit solchen Ausnahmegenehmigungen die verkehrsrechtlichen Anordnungen, die durch die in den Vorschriften genannten Verbotszeichen, Vorschriftszeichen, Richtzeichen und Verkehrseinrichtungen bekannt gemacht werden, in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für eine bestimmte Personengruppe außer Kraft setzen können; die betroffene Stelle, für die die Vorschriften außer Kraft gesetzt werden, ist deshalb aber noch keine behördlich zugelassene Stelle für das Bereithalten eines Taxis im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 PBefG. Wie die Beklagte selbst ausführt, dient § 2 Abs. 2 TaxiO der Konkretisierung von § 47 Abs. 1 PBefG gemäß § 47 Abs. 3 PBefG.
Soweit man in der Genehmigung eines Taxibedarfsstandplatzes durch die Beklagte nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 11 StVO i.V.m. § 2 Abs. 2 TaxiO konkludent die behördliche Zulassung einer Stelle für das Bereithalten eines Taxis nach § 47 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 PBefG i.V.m. § 2 Abs. 2 TaxiO sehen könnte, besteht darauf, wie unter Nr. 1.1 ausgeführt, jedenfalls kein Anspruch eines Taxifahrers oder Taxiunternehmers.
Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 11 StVO. Er hat auch keinen Anspruch auf Neu-verbescheidung seiner Anträge, weil die Grundvoraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, nämlich eine Ausnahmesituation mit besonderer Dringlichkeit, die Raum für weitere Ermessenserwägungen bieten könnte, nicht vorliegt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 13.3.1997 – 3 C 2.97 – BVerwGE 104, 154) ist das Merkmal der Ausnahme in § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO nicht als eigenständiges Tatbestandsmerkmal verselbstständigt, sondern Bestandteil der der Behörde obliegenden Ermessensentscheidung. Das bedeutet aber lediglich, dass das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens einer Ausnahme nicht mit einer Ermessensentscheidung gekoppelt ist und das Vorliegen einer Ausnahmesituation lediglich eine Wertungsvorgabe im Rahmen einer einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung darstellt. Das Gleiche gilt für die ebenso konzipierte Vorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO.
Die Vorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO berechtigt daher nicht dazu, in beliebigen Fällen von Vorschriften der Straßenverkehrsordnung abzuweichen. Das Merkmal einer Ausnahmesituation ist unverzichtbarer Bestandteil der einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.2002 – 3 C 33.01 – NZV 2002, 426; BayVGH, B.v. 9.3.2010 – 11 ZB 08.1713 – juris, jeweils zu der vergleichbaren Vorschrift des § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO). Die Ausnahmesituation ist der Ausgangspunkt der Gesamtabwägung; liegt sie bei einem gewichtenden Vergleich der Umstände des konkreten Falls mit dem typischen Regelfall nicht vor, ist also der Antragsteller in gleicher Weise von der verkehrsrechtlichen Vorschrift, von der er eine Ausnahme begehrt, betroffen wie alle anderen oder ein großer Teil der Verkehrsteilnehmer, so kann eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt werden, ohne dass es weiterer Abwägungen bedarf. In einem solchen Fall ist das Ermessen dahingehend auf Null reduziert, dass die Ausnahmegenehmigung ausscheidet.
Eine Ausnahmesituation des Klägers oder des Personenkreises der Taxifahrer im Gebiet der Beklagten liegt nach dem unter Nr. 1.2 Ausgeführten offensichtlich nicht vor. Soweit es dem Kläger darum geht, durch weitere Bereithaltungsmöglichkeiten zahlungskräftige Fahrgäste zu gewinnen und auf diese Weise seine Umsatzbeteiligung zu steigern, sind das keine dringlichen Gründe, die für eine Ausnahmegenehmigung erforderlich sind. Das Interesse der potentiellen Taxibenutzer kann der Kläger für die erforderliche Dringlichkeit der ihm bzw. den Taxifahrern im Stadtgebiet zu erteilenden Ausnahmegenehmigung nicht anführen, denn daraus ergeben sich keine Rechte für ihn oder andere Taxifahrer. Im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der unter Nr. 1.1 geschilderten Anzahl von Taxistandplätzen im Gebiet der Beklagten und der entsprechenden Dichte der Standplätze in der Innenstadtlage dringender Bedarf für die Einrichtung weiterer Taxistandplätze oder Bedarfsstandplätze für Taxis besteht. Gerade für den gewünschten Standort O. Platz ist wenige 100 m vom gewünschten Platz entfernt bereits ein Taxistand Platz für zehn Taxen eingerichtet. Darüber hinaus gibt es für jeden potentiellen Interessenten an einer Taxibeförderung die Möglichkeit, ein Taxi mittels Telefon oder Internet-App zu einem beliebigen Ort zu bestellen und sich damit auch abholen zu lassen, ohne sich zu einem Taxistand Platz begeben zu müssen.
Es kann daher offen bleiben, ob auch Gründe der Verkehrssicherheit der Einrichtung des gewünschten Bedarfsstandplatzes in der G. Straße entgegenstehen. Denn darauf kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. Ist das Urteil des Verwaltungsgerichts – wie hier – auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, reicht es aus, wenn ein tragender Grund den Tenor des Urteils – wie hier – stützt, das Urteil also schon deswegen richtig ist.
2. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Um einen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72).
Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen, ob das Grundrecht der freien Berufsausübung des Taxifahrers bzw. Unternehmers mit der ÖPNV-Planung in Beziehung stehe und ob ein Anspruch des Fahrers bzw. Unternehmers auf Befreiung vom generell-präventiven Verbot des Bereithaltens durch Genehmigung nach § 47 Abs. 1 PBefG dort besteht, „wo nach ÖPNV-Planung ein Taxistand hin sollte“ und andere öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen, sind nicht klärungsbedürftig, sondern bereits geklärt, wie die Ausführungen unter Nr. 1 zeigen. Die Auffassung, dass ein Taxifahrer oder ein Taxiunternehmer nach seinen eigenen Vorstellungen von einer sinnvollen ÖPNV-Planung die Standorte für das Bereithalten von Taxis nach Zahl und Ort bestimmen kann, wird, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Literatur nicht vertreten. Der Kläger konnte hierfür auch keine Quelle nennen.
3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und der Empfehlung in Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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