Europarecht

Bescheid, Gemeinde, Bewilligung, Prozesskostenhilfe, Neubau, Abwasserbeseitigung, Beitragssatzung, Beitragspflicht, Beitragssatz, Bauvorhaben, Satzung, Klage, Haftung, Aktenlage, Aussicht auf Erfolg, hinreichende Aussicht auf Erfolg, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg

Aktenzeichen  RO 11 K 20.1266

Datum:
26.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23058
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Kläger und Antragsteller in dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wenden sich gegen die Heranziehung zur Zahlung einer Vorausleistung auf den Verbesserungsbeitrag für die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Beklagten.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks …, Fl.Nr. 471/2 in … P. Der Beklagte betreibt je eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung (Entwässerungseinrichtung) für das Gebiet der Gemeindeteile P., S1., S2., B. und S3., für das Gebiet des Gemeindeteiles W. und für das Gebiet der Gemeindeteile S4. und L. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16.09.2020 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger zu 2) für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung des Marktes P. für das Gebiet der Gemeindeteile P., S1., S2., B. und S3. eine Vorauszahlung auf den Beitrag für die Verbesserung der öffentlichen Entwässerungsanlage P. in Höhe von insgesamt 3.246,25 ? fest. Dem Bescheid lag eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 841,00 m² bei einem Beitragssatz von 0,52 ?/m² (= 437,32 ?) sowie eine beitragspflichtige Geschossfläche von 249,24 m² bei einem Beitragssatz von 11,27 ?/m² (= 2.808,93 ?) zu Grunde. Der Beklagte setzte dabei Teilzahlungen fest, die jeweils bis zum 21.10.2019 (1.298,50 ?), bis zum 21.10.2020 (1.298,50 ?) und bis zum 21.10.2021 (649,25 ?) fällig gestellt wurden. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 14.10.2019 Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid des Landratsamtes T. vom 18.06.2020 zurückgewiesen wurde. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheids wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 22.07.2020, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließen die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, die Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung (VBS-EWS) vom 09.07.2019 sei zu unbestimmt. So sei zwar in der Überschrift genannt, dass die Beitragssatzung für das Gebiet der Marktgemeinde P., S1., S2., B. und S3. gelte. Unter § 2 bzw. § 4 der Satzung sei diese Einschränkung jedoch nicht vorhanden. In diesem Zusammenhang sei es nicht nachvollziehbar, warum die Satzung für dieses bestimmte Gebiet gelten solle, jedoch nicht für die anderen Marktgemeindeteile. Die Gemeinde P. sei in insgesamt 38 Ortsteile eingeteilt. Die Einwohnerzahl der gesamten 38 Ortsteile betrage circa … (Stand 31.12.2018). Ausweislich § 1 VBS-EWS sei die Ausbaugröße der streitgegenständlichen Kläranlage auf 4.000 Einwohner festgelegt. Dies bedeute, dass die Kläranlage für alle 38 Ortsteile zur Verfügung stehen müsse. Warum lediglich 5 Gemeindeteile den Neubau finanzieren müssten, sei nicht nachvollziehbar und stelle eine Ungleichbehandlung dar. Selbst wenn man unterstelle, dass tatsächlich nur 5 Gemeindeteile von dem Neubau partizipieren sollten, so sei das Bauvorhaben überdimensioniert. Gemäß Art. 61 GO habe die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert sei. Dabei sei die Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu planen und zu führen. Durch die Überdimensionierung der Kläranlage würden Kosten umgelegt, die unwirtschaftlich seien. Dies führe dazu, dass diese nicht über die VBS-EWS von den Grundstückseigentümern erhoben werden könnten. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeit sei ebenfalls anzuführen, dass die Gemeinde bereits über Kläranlagen verfüge. Diese seien jedoch über Jahre nicht instandgesetzt und zunehmend verfallen. Der aktuelle Neubau hätte in der Gestalt verhindert werden können, wenn die bereits vorhandenen Kläranlagen ordnungsgemäß repariert, saniert und instandgehalten worden wären.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts T. vom 18.06.2020, zugegangen am 22.06.2020, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beitragssatzung sei nicht zu unbestimmt. Es müsse nicht in jedem einzelnen Paragraphen der Satzung eine Einschränkung auf die jeweiligen Marktgemeindeteile erfolgen. Wenn die Bezeichnung einer Satzung diese Einschränkung festlege, sei für jeden objektiven Betrachter eindeutig erkennbar, auf welche Gebiete sich die konkrete Satzung beziehe. Ebenso würden die Ausführungen der Kläger im Hinblick auf die Begrenzung der Beitragssatzung auf die benannten Marktgemeindeteile keine Rechtswidrigkeit der Satzung begründen. Auch wenn im Allgemeinen die Entwässerungseinrichtung für das gesamte Gemeindegebiet betrieben werde, könne die Gemeinde den Einzugsbereich ihrer Entwässerungseinrichtung eingrenzen. Vorliegend sei dies auch sachgemäß, da an die Entwässerungsanlage P. gerade nur die benannten Gemeindeteile angeschlossen seien. Für die anderen genannten Gemeindeteile gebe es entweder eigene Entwässerungsanlagen oder es seien Hauskläranlagen vorhanden. Ein Rückschluss darauf, dass die streitgegenständliche Kläranlage dem gesamten Gemeindegebiet und nicht nur den mit der Satzung bezeichneten Gemeindeteilen dienen solle, ergebe sich auch nicht daraus, dass die Ausbaugröße 4.000 EW betrage. Die Einheit “EW” beziehe sich nicht nur auf Einwohner. Unter “EW” würden sowohl die Einwohner, als auch die Einwohnergleichwerte aus Industrie und Gewerbe fallen. Auch der Einwand, der Neubau sei überdimensioniert, greife damit nicht durch. Der Beklagte habe bei seiner Sanierungsentscheidung die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung eingehalten. Bei der Entscheidung einer Gemeinde über die Art der Entwässerungsanlage sei maßgeblich, was aus Sicht einer sparsam wirtschaftenden, aber vorausschauend planenden Gemeinde zur sachgerechten Herstellung der Entwässerungseinrichtung erforderlich sei. Der Beklagte habe hier das Ingenieurbüro M. mit der Beurteilung der Lösungsplanung beauftragt und dieses habe drei Lösungsvarianten untersucht und bewertet. Anschließend habe der Beklagte in mehreren Sitzungen diese Ergebnisse besprochen und sich dann im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens für die seines Erachtens wirtschaftlich sinnvollste und nachhaltigste Variante entschieden. Sowohl der Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes, als auch der Vertreter des Ingenieurbüros hätten sich für die Variante des Neubaus ausgesprochen. Auch aus der Tatsache, dass diese Variante teurer gewesen sei, ergebe sich nichts anderes, da der Beklagte nicht dazu gehalten gewesen sei, die im Moment günstigste Variante zu wählen, wenn sich aus anderen Gesichtspunkten ein anderes Ergebnis aufdränge. Im Übrigen sei auch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschluss des Beklagten zum Neubau der Kläranlage P. nicht zu beanstanden sei. Die Behauptung, die bestehenden Kläranlagen seien über Jahre nicht in Stand gesetzt worden und würden zunehmend verfallen, sei völlig aus der Luft gegriffen und unsubstantiiert.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenunterlagen verwiesen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Die Klage bietet nach Aktenlage auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Waffengleichheit im Prozessrecht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114, § 121 der Zivilprozessordnung (ZPO)).
Gemäß § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil, oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist wiederum der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Parteien aufgrund der Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Kläger bedürftig im Sinne des Prozesskostenhilferechts sind, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Sie ist zum Teil bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 16.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes T. vom 18.06.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 79 Abs. 1 Nr. 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zunächst folgt das Gericht den überzeugenden Begründungen des Bescheids und insbesondere des Widerspruchsbescheids, § 117 Abs. 5 VwGO. Im Übrigen weist das Gericht noch auf Folgendes hin:
A. Die Klage ist teilweise unzulässig, da die Klägerin zu 1) nicht klagebefugt ist, § 42 Abs. 2 VwGO.
Die Klägerin zu 1) ist ausweislich des Bescheids des Beklagten weder Bescheids- noch Inhaltsadressatin des Bescheids. Damit ist keine unmittelbare Betroffenheit in eigener Rechtsposition erkennbar. Aus der bloßen Eigentümerstellung folgt wiederum keine unmittelbare Betroffenheit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt der nur an einen Miteigentümer gerichtete Bescheid den anderen Miteigentümer weder im Hinblick auf seine gesamtschuldnerische Haftung noch im Hinblick auf die auf dem Grundstück ruhende öffentliche Last in seinen Rechten. Der Miteigentümer, der nicht Adressat des Beitragsbescheides ist, kann deshalb auch diesen nicht mit Erfolg anfechten (vgl. BVerwG, B. v. 21.01.1990 Az. 8 CB 100; VG Augsburg, U. v. 27.03.2019 Az. Au 6 K 18.1246).
B. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Sämtliche vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
I. Rechtsgrundlage für den Erlass des Vorauszahlungsbescheids ist Art. 5 Abs. 5 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG). Nach dieser Vorschrift können für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, Vorauszahlungen auf den Beitrag verlangt werden, wenn mit der Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Einrichtung begonnen worden ist. Das Recht, Vorauszahlungen auf den künftigen Beitrag zu fordern, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Einer ortsrechtlichen Umsetzung durch die erhebungsberechtigten Körperschaften bedarf es nicht (vgl. z.B. BayVGH, B. v. 07.11.2007 Az. 23 CS 07.2775; U. v. 26.10.2000 Az. 23 B 00.1146; B. v. 13.01.2000 Az. 23 ZS 99.3564). Deshalb hätte es der Regelung des § 3 Abs. 2 der Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung des Marktes P. für das Gebiet der Marktgemeindeteile P., S1., S2., B. und S3. vom 09.07.2019 (VBS-EWS) nicht bedurft.
II. Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Verbesserungsbeitrags ist die Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung (VBS-EWS) des Beklagten vom 09.07.2019 Die VBS-EWS kann dabei – entgegen der klägerischen Auffassung – als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Sie ist gerade nicht zu unbestimmt.
1. Der Markt betreibt je eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung (Entwässerungseinrichtung) für das Gebiet der Gemeindeteile P., S1., S2., B. und S3., für das Gebiet des Gemeindeteiles W. und für das Gebiet der Gemeindeteile S4. und L. (§ 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Marktes P. (EWS)).
Nach Art. 21 Abs. 2 der Gemeindeordnung (GO) können mehrere technisch selbstständige Anlagen einer Gemeinde, die demselben Zweck dienen, eine Einrichtung oder einzelne rechtlich selbstständige Einheiten bilden. Die Gemeinde entscheidet das durch Satzung. Trifft sie keine Regelung, liegt nur eine Einrichtung vor. Die einheitliche oder die getrennte Behandlung von technisch selbstständigen Anlagen stellen grundsätzlich zwei gleichberechtigt nebeneinanderstehende Möglichkeiten dar, wobei die Entscheidung, wie die gesetzliche Verpflichtung zur Sicherstellung der gesetzlichen Aufgaben der leitungsgebundenen Einrichtungen im Einzelnen zu erfüllen sind, im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Planungs- und Gestaltungsspielraum des Einrichtungsträgers stehen (vgl. BayVGH, U. v. 10.07.2013 Az. 4 N 12.2790; U. v. 18.11.1999 Az. 23 N 98.3160; U. v. 06.04.1977 Az. 122 IV 74).
Die Beklagte hat sich ausweislich § 1 Abs. 1 EWS dazu entschieden, mehrere rechtlich selbstständige öffentliche Einrichtungen zu betreiben. Dass sich die Beklagte dabei von Willkür oder sachfremden Erwägungen leiten ließ oder Rechtsirrtümern unterlegen ist, ist weder vorgebracht, noch anderweitig ersichtlich. Infolge dieser Entscheidung hat die Beklagte auch die Abgaben (Beiträge und Gebühren) für jede Anlage gesondert in einer eigenen Abgabesatzung (Beitrags- und Gebührensatzung) sowie hinsichtlich der Verbesserung der Entwässerungseinrichtung für die Gemeindeteile P., S1., S2., B. und S. in einer Verbesserungsbeitragssatzung festgelegt (vgl. BayVGH, U. v. 10.12.1996 Az. 23 B 93.3672; Wachsmuth in PdK Bay B-1, Art. 21 GO Nr. 5.2). Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot ist dabei nicht zu erkennen. So lässt sich der Überschrift der Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung eindeutig das konkrete (Einrichtungs-)Gebiet entnehmen. Einer zusätzlichen Benennung der einzelnen Gebiete in den § 2 und § 4 der Satzung – wie von Klägerseite gefordert – bedarf es daneben nicht.
2. Auch die von den Klägern vorgebrachten Einwände gegen die Sanierungsmaßnahme an sich greifen nicht durch. Für das Gericht ergeben sich unter Berücksichtigung des eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsspielraumes und des weiten Planungs- und Ermessensspielraumes des Einrichtungsträgers keine Zweifel an der Notwendigkeit der Verbesserung der Kläranlage.
Die Entscheidung darüber, wie ein Einrichtungsträger die ihm obliegenden Aufgaben bewältigt, liegt grundsätzlich in dessen weiten Planungs- und Ermessensspielraum, welcher nur in engen Grenzen einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt, vgl. § 114 VwGO. Was zum Investitionsaufwand an sich gehört, lässt sich dem KAG nicht entnehmen. Es wird jedoch alles dazu zu rechnen sein, was zum sachgerechten Erstellen der Investition aus Sicht einer sparsam wirtschaftenden und zugleich vorausschauend planenden Gemeinde zum Zeitpunkt der Planung und Herstellung der Anlage erforderlich scheint. Jede innerhalb dieses Rahmens bleibende Entscheidung des Ortsgesetzgebers ist der gerichtlichen Prüfung entzogen (vgl. BayVGH, U. v. 28.10.1999 Az. 23 N 99.1354). Das betrifft sowohl das “Ob” als auch das “Wie” einer Investition, wobei insoweit stets eine ex-ante Sicht maßgeblich ist (BayVGH, B. v. 06.03.2001 Az. 23 ZB 00.2218).
In Anbetracht dessen ist die Entscheidung für den Neubau der Kläranlage nicht zu beanstanden. So hat das vom Markt P. beauftragte Ing.-Büro M. zunächst verschiedene Lösungsansätze erarbeitet, die in der Marktgemeinderatssitzung vom 24.07.2017 ausführlich diskutiert und besprochen wurden. Dabei wurden auch gerade die Nachteile der Lösungsvarianten 1 und 2 dargestellt und Fragen beantwortet. In der weiteren Sitzung vom 13.09.2017 erfolgte schließlich eine weitere Erörterung und Diskussion über die verschiedenen Varianten unter Berücksichtigung besonders wichtiger Gesichtspunkte. Letztendlich wurde die Variante 3 – Neubau der Kläranlage – als wirtschaftlichste Lösung herausgearbeitet und einstimmig beschlossen. Auch das Wasserwirtschaftsamt Weiden nahm am 10.11.2017 zu dem Vorhaben Stellung. Es führte unter ausführlicher Darstellung der Gründe für eine Klärwerksertüchtigung und die gewählte Variante 3 aus, dass die bestehende Anlage so nicht weiter betrieben werden konnte und durfte. Deshalb habe der Beklagte entsprechende Schritte in die richtige Richtung in die Wege geleitet. Den Stellungnahmen und Einschätzungen des Wasserwirtschaftsamtes kommt als Fachbehörde für wasserwirtschaftliche Fragen (Art. 63 Abs. 3 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG)) besonderes Gewicht zu, die nicht durch bloße Behauptungen erschüttert werden können (vgl. BayVGH, U. v. 29.04.2010 Az. 20 BV 09.2024). Auch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz führte in einer Stellungnahme vom 11.12.2017 aus, dass die Kläranlage nach fast 40 Jahren Betriebszeit sanierungsbedürftig war. Dabei stellte es fest, dass der Neubau der Kläranlage mit ihren Bau- und Betriebskosten über einen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren die wirtschaftlichste Variante darstellt. Mit dem Neubau einer Kläranlage nach heutigen Anforderungen kann der Beklagte die Abwasserbeseitigung langfristig zuverlässig sicherstellen.
Auch bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Dimensionierung des neuen Klärwerks. Bei den vorgebrachten Einwänden handelt es sich um bloße Behauptungen ohne konkreten Beleg. So ist die Ausbaugröße der streitgegenständlichen Kläranlage ausweislich des Beklagtenvortrags gerade nicht auf 4.000 Einwohner, sondern auf 4.000 Einwohnerwerte (nachfolgend: EW) festgelegt. Dies ergibt sich auch aus § 1 Abs. 1 lit. I Nr. 1 der Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung (VBS-EWS) des Marktes P.vom 09.07.2019. Bei den EW sind aber auch die Einwohnergleichwerte aus Industrie und Gewerbe mitberücksichtigt. Bei einer Ist-Belastung von 3.500 EW ist auch die Auslegung auf 4.000 EW für künftige Erweiterungen nicht zu beanstanden. Auch technische Verbesserungen und Erneuerungen veralteter Anlagen nach Ablauf der Nutzungsdauer stellen insoweit Verbesserungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG dar (vgl. BayVGH, U. v. 19.05.2010 Az. 20 N 09.3077, U. v. 27.02.2003 Az. 23 B 02.1032).
Soweit die Kläger anführen, der Beklagte habe seine alte Kläranlage “verfallen” lassen, werden substantiierte Belege für diese Behauptung nicht erbracht. Demgegenüber ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen plausibel, dass die 40 Jahre alte Kläranlage an die anerkannten technischen Gegebenheiten anzupassen war, um auch in Zukunft für lange Zeit die Abwasserbeseitigung zuverlässig sicherzustellen.


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