Europarecht

Beseitigungsanordnung für Brunnenbohrung in tertiäres Grundwasservorkommen

Aktenzeichen  Au 9 K 19.144

Datum:
23.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25480
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 12 Abs. 1, Abs. 2, § 49 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Wird eine Bohrung mit dem Ziel begonnen, Grundwasser zu fördern, liegt bereits mit Beginn der Bohrung eine Erschließung des Grundwassers – und damit ein die Erlaubnispflicht auslösender Benutzungstatbestand – vor. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Signifikante nachteilige Auswirkungen können sich bei besonders schützenswerten Grundwasserkörpern bereits bei jeglicher Art von Benutzung ergeben. Dies gilt insbesondere für das tertiäre Hauptgrundwasservorkommen, das wegen seiner besonderen Sensibilität und der überragenden Bedeutung für die Trinkwasserversorgung besonders schützenswert ist. Angesichts der besonderen Sensibilität genügt eine nicht gänzlich auszuschließende Möglichkeit des Schadeneintritts, um eine Erlaubnispflicht zu begründen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann sich ergeben, dass eine auf die Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Beseitigungsanordnung nur dann rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten ist. Vor Erlass einer derartigen Anordnung ist daher grundsätzlich zu prüfen, ob der illegal vorgenommene Gewässerausbau zu einer konkreten Beeinträchtigung wasserrechtlicher Belange führt und damit auch künftig materiell nicht gestattungsfähig ist. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Entnahme von tertiärem Tiefengrundwasser ist nur ausnahmsweise möglich, da die Förderung grundsätzlich die Gefahr einer schädlichen Gewässerveränderung in sich birgt. Die Nutzung tertiären Grundwassers für die private Trinkwasserversorgung ist daher nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldner.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Januar 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Nach § 49 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 3 Satz 1 Wasserhaushaltsgesetz -WHG – hat die zuständige Behörde die Einstellung oder die Beseitigung der Erschließung anzuordnen, wenn unbefugt Grundwasser erschlossen wird. Unbefugt ist eine Grundwassererschließung dann, wenn für die Erschließung eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich ist, diese jedoch nicht erteilt wurde (Posser in BeckOK Umweltrecht, § 49 WHG Rn. 8; Meyer in Landmann/Rohmer Umweltrecht, § 49 WHG, Stand Februar 2019, Rn. 17). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
a) Die von den Klägerinnen auf ihrem Grundstück Fl.-Nr. … vorgenommene Bohrung zur Grundwassererschließung erfüllt den Benutzungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG und war somit nach § 8 Abs. 1 WHG erlaubnispflichtig.
Nach § 8 Abs. 1 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers, zu dem nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 WHG auch das Grundwasser zählt, einer Erlaubnis. Eine erlaubnispflichtige Benutzung ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG auch das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser. Ob durch die Maßnahme bereits Grundwasser erschlossen wurde, ist für das Vorliegen des die Erlaubnispflicht auslösenden Benutzungstatbestands nicht von Bedeutung. Wird eine Bohrung mit dem Ziel begonnen, Grundwasser zu fördern, liegt bereits mit Beginn der Bohrung eine Erschließung des Grundwassers vor (BVerwG, U.v. 7.6.1967 – IV C 208.65 – BVerwGE 27, 180 = juris Rn. 20). So liegt der Fall hier. Da die Bohrung mit dem Ziel erfolgte, einen Tiefenbrunnen zur Grundwasserförderung zu errichten, stellt dieses Vorhaben bereits mit Beginn der Bohrung eine erlaubnispflichtige Benutzung im Sinn von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG dar.
b) Die beabsichtigte Grundwassererschließung ist auch nicht nach § 46 WHG erlaubnisfrei, weil durch die Tiefenbohrung, die am konkreten Standort tertiäre Grundwasserschichten erschließt, ein Eingriff in besonders schützenswerte Grundwasserschichten erfolgt und signifikante nachteilige Auswirkungen auf das Grundwasser zu besorgen sind.
Nach § 46 Abs. 1 WHG bedarf das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser für den Haushalt oder den landwirtschaftlichen Hofbetrieb keiner Erlaubnis, soweit keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind. Signifikante nachteilige Auswirkungen können sich bei besonders schützenswerten Grundwasserkörpern bereits bei jeglicher Art von Gewässerbenutzung ergeben. Dies gilt insbesondere für das tertiäre Hauptgrundwasservorkommen, das wegen seiner besonderen Sensibilität und der überragenden Bedeutung für die Trinkwasserversorgung besonders schützenswert ist (BayVGH, B.v. 15.10.2018 – 8 B 18.562 – juris Rn. 1; VG Regensburg, U.v. 17.7.2017 – RN 8 K 16.1954 – juris Rn. 26; VG Regensburg, B.v. 20.11.2007 – RN 13 S 07.1796 – juris Rn. 54). Angesichts der besonderen Sensibilität dieses Grundwasservorkommens genügt eine nicht gänzlich auszuschließende Möglichkeit des Schadeneintritts, um eine Erlaubnispflicht zu begründen (BVerfG, 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – juris). Die Ergiebigkeit des Grundwasservorkommens ist für die Schutzbedürftigkeit nicht ausschlaggebend, da – wie das zuständige Wasserwirtschaftsamt in seinen fachlichen Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargestellt hat – aufgrund der komplexen hydrogeologischen Gegebenheiten die hydraulischen Auswirkungen eines Brunnenbetriebs auf das Tiefengrundwasservorkommen nicht einschätzbar sind. Angesichts der besonderen Schutzbedürftigkeit des tertiären Grundwasservorkommens ist es auch sachgerecht, das konkrete Vorhaben einem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren zu unterziehen, in dem die Auswirkungen der konkreten Förderung auf das Grundwasservorkommen fachlich geprüft und beurteilt werden. Mit dem Grundsatz der vorherigen behördlichen Kontrolle bezweckt der Gesetzgeber, schon im Voraus zu überprüfen, ob sich aus bestimmten Vorhaben, die ein gewisses Gefährdungspotential in sich bergen, Gefahren für den Wasserhaushalt ergeben können. Ist das Grundwasser betroffen, so reicht hierfür schon die nicht ganz entfernte, nur theoretische Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung aus (BGH, U.v. 3.6.1982 – Az. III ZR 107/78 – juris; BVerwG, B.v. 14.12.2001 – 4 B 80/01 – juris; BayVGH U.v. 31.3.2001 – 15 B 96.1537 – juris).
c) Die Erschließung der tertiären Grundwasserschicht ist auch nicht von der durch den Beklagten am 3. Juli 2017 im Anzeigeverfahren erteilten Zustimmung zur Bohrung gedeckt. Der Beklagte hat in diesem Verfahren ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erschließung tertiärer Grundwasservorkommen im Anzeigeverfahren nicht zulässig sei und diesbezüglich ein gesondertes Erlaubnisverfahren durchzuführen wäre. Die Nutzung des tertiären Grundwassers für die private Trinkwasserversorgung sei nur in Ausnahmefällen zulässig. Im Übrigen wurde die Zustimmung im Anzeigeverfahren nur für den angezeigten, vom tatsächlichen Bohrpunkt abweichenden Standort und nur für eine Bohrungstiefe von maximal 30 m erteilt. Zwar hat die von den Klägerinnen beauftragte Firma mit Schreiben vom 25. Juli 2017 eine Brunnenbohrung bis zu einer Endteufe von maximal 60 m beantragt, eine positive Entscheidung hierüber ist jedoch nicht ergangen.
Da somit die Erschließung des Grundwassers erlaubnispflichtig war, die erforderliche wasserrechtliche Zulassung jedoch fehlte, erfolgte die Erschließung unbefugt im Sinn von § 49 Abs. 3 Satz 2 WHG.
2. Wird unbefugt Grundwasser erschlossen, so hat die zuständige Behörde die Einstellung der Arbeiten oder die Beseitigung der Erschließung anzuordnen, § 49 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 WHG, ihr steht nach dem eindeutigen Wortlaut insoweit kein Entschließungsermessen zu.
a) Eine wasserrechtlich gestattungsbedürftige, aber nicht gestattete Einwirkung auf das Grundwasser ist schlechthin illegal und somit unbefugt. Einwirkungen auf ein Gewässer, die ohne die nach dem Wasserrecht notwendigen Gestattungen vorgenommen werden, sind nicht nur formell rechtswidrig, sondern widersprechen zugleich auch dem materiellen Recht. Eine Trennung zwischen formeller und materieller Illegalität, wie sie für den Bereich des öffentlichen Baurechts entwickelt worden ist, lässt sich wegen der grundsätzlichen Unterschiede der beiden Rechtsmaterien im Wasserrecht nicht vornehmen. Für den Bereich des Baurechts hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine Beseitigungsanordnung nicht schon deshalb gerechtfertigt ist, weil es für die bauliche Anlage an der notwendigen Baugenehmigung fehlt. Eine solche Beseitigungsanordnung verstößt vielmehr trotz formeller Illegalität der baulichen Anlage gegen die verfassungsgemäße Eigentumsgarantie. Ein in ähnlicher Weise verfassungsrechtlich gesicherter Anspruch auf Nutzung oder Benutzung des auf oder unter dem Grundeigentum liegenden Wasservorkommens besteht nicht. Das Wasserhaushaltsgesetz stellt in § 4 Abs. 2 und 3 WHG vielmehr ausdrücklich klar, dass das Grundeigentum von sich aus weder zu einer gestattungspflichtigen Gewässerbenutzung noch zum Ausbau eines oberirdischen Gewässers berechtigt (BVerwG, U.v. 10.2.1978 – IV C 71.75 – juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 27.10.2011 – 8 CS 11.1380 – juris Rn. 15; VG Regensburg, B.v. 20.11.2007 – RN 13 S 07.1796- juris Rn. 56). Das bedeutet, dass die Behörde allein schon wegen Fehlen der behördlichen Zulassung unabhängig von der materiellen Rechtmäßigkeit der Handlung grundsätzlich repressiv einschreiten kann. Auch kann die Behörde etwa bei nur geringfügigen nachteiligen Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit nicht auf ein Einschreiten verzichten. Auch eine Duldung ist nicht zulässig.
Da die Klägerinnen eine erlaubnispflichtige Grundwasserbenutzung ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis durchgeführt haben, war der Beklagte verpflichtet, nach § 49 Abs. 3 Satz 2 WHG einzuschreiten.
b) Die Auswahl zwischen Einstellungs- und Beseitigungsanordnung ist dagegen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Aus Gründen des Übermaßverbots ist darüber hinaus auch zu prüfen, ob die Fortsetzung der Erschließung im Rahmen einer zugelassenen Gewässerbenutzung gegebenenfalls unter geeigneten Inhalts- und Nebenbestimmungen als milderes Mittel in Betracht gezogen werden kann. Die Rücksichten auf den Wasserhaushalt können es in Einzelfällen – zum Beispiel bei der Erschließung gespannten Wassers – jedoch zwingend erfordern, dass nicht nur eine zeitweilige Untersagung bis zum Abschluss des Erlaubnis- oder Bewilligungsverfahrens, sondern zugleich die Beseitigung der Erschließung angeordnet wird. Soweit der Erdaufschluss Belange Dritter betrifft, die das Wasser in dem von der Erschließung betroffenen Bereich befugt benutzen, kann es auch einen Rechtsanspruch des Benutzers auf Einschreiten geben (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 49 Rn. 18).
3. Der im streitgegenständlichen Bescheid angeordnete Rückbau ist verhältnismäßig, weil die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die vorgenommene Erschließung des tertiären Grundwasservorkommens haben.
a) Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann sich im Einzelfall ergeben, dass die auf die Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Beseitigungsanordnung nur dann rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten ist. Vor Erlass einer derartigen Anordnung ist daher grundsätzlich zunächst einmal zu prüfen, ob der illegal vorgenommene Gewässerausbau tatsächlich zu einer konkreten Beeinträchtigung wasserrechtlicher Belange führt und damit auch künftig materiell nicht gestattungsfähig ist (BVerwG, U.v. 10.2.1978 – 4 C 71.75 – juris; BVerwG. B.v. 22.8.1997 – 11 B 31.97 – juris; BayVGH, B.v. 7.11.2003 – 22 CS 03.2469- juris). Eine Behörde verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie gegen eine ungenehmigte wasserrechtliche Gewässerbenutzungs- oder Gewässerausbaumaßnahme abschließend vorgeht, ohne zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung ernsthaft geprüft zu haben. Im Rahmen einer Evidenzprüfung ist daher bei der Abwägung einzubeziehen, ob die formell illegale Gewässerbenutzung mit den materiellen wasserrechtlichen Anforderungen vereinbar ist. Ist erkennbar, dass eine nachträgliche Genehmigung des rechtswidrigen Zustands möglich ist, wäre die Untersagungs- bzw. Beseitigungsanordnung nach § 49 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 WHG unverhältnismäßig.
b) Der Beklagte ist jedoch ermessensfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die von den Klägerinnen vorgenommene Grundwassererschließung im konkreten Fall nicht erlaubnisfähig ist.
aa) Nach § 12 Abs. 1 WHG ist die Erlaubnis für eine Gewässerbenutzung zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare und nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden. Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis gemäß § 12 Abs. 2 WHG im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde.
bb) Trotz der besonderen Schutzwürdigkeit von tertiärem Tiefengrundwasser bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Erlaubnis im vorliegenden Fall bereits der zwingende Versagungsgrund des § 12 Abs. 1 WHG entgegensteht. Auch der Beklagte geht davon aus, dass eine Nutzung des Grundwasservorkommens – allerdings nur im Ausnahmefall – erlaubnisfähig sein kann, die Voraussetzungen hierfür im konkreten Fall jedoch nicht vorliegen. Auch der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) vom 22. August 2013 (GVBl. S. 550, BayRS 230-1-5-W) ist zu entnehmen, dass die Nutzung von Tiefengrundwasser zwar möglich ist, wegen seiner besonderen Schutzwürdigkeit aber nur für solche Zwecke genutzt werden soll, für die seine speziellen Eigenschaften notwendig sind (vgl. Anlage zu § 1 Nr. 7.2.2).
cc) Der Beklagte kam im Rahmen seines Bewirtschaftungsermessens nach § 12 Abs. 2 WHG rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis zur Erschließung des tertiären Grundwassers haben. Eine Legalisierung der illegalen Bohrung kommt daher nicht in Betracht.
(1) Auf die Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die Behörde ist bei Fehlen eines Versagungsgrunds nach § 12 Abs. 1 WHG nicht verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen, zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen, eine Erlaubnis für das beabsichtigte Vorhaben zu erteilen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 12 Rn. 33). Das Ermessen hat sich in erster an dem Bewirtschaftungsauftrag, wie er in § 6 WHG zum Ausdruck kommt, zu orientieren. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis käme allenfalls in Betracht, wenn im konkreten Fall eine Wasserversorgung auf andere Weise nicht möglich ist.
(2) Der Beklagte hat sein – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares (vgl. § 114 VwGO) – Ermessen zutreffend dahingehend ausgeübt, dass die vorgenommene Brunnenbohrung nicht erlaubnisfähig ist.
Nach den fachlichen Äußerungen des zuständigen Wasserwirtschaftsamts, dem nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung in wasserrechtlichen Verfahren eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2017 – 8 ZB 15.2642 – juris), ist die Entnahme von tertiärem Tiefengrundwasser nur in Ausnahmefällen möglich, da die Förderung grundsätzlich die Gefahr einer schädlichen Gewässerveränderung in sich birgt. Die Nutzung tertiären Grundwassers für die private Trinkwasserversorgung ist daher nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig.
Ein solcher begründeter Ausnahmefall liegt im Fall der Klägerinnen jedoch nicht vor. Zutreffend hat der Beklagte auf die wasserwirtschaftliche Zielsetzung abgestellt, wonach eine Erschließung des Tiefengrundwassers für die private Trinkwasserversorgung zu vermeiden und der öffentlichen Wasserversorgung Vorrang einzuräumen ist. Tiefengrundwasser, das sich nur langsam erneuert, soll als Zukunftsreserve für die öffentliche Trinkwasserversorgung besonders geschont und nur für Notfälle und allenfalls in begründeten Ausnahmefällen genutzt werden. Dieser Zielsetzung steht das Vorhaben der Klägerinnen entgegen, Tiefengrundwasser als Trink- und Brauchwasser dauerhaft in Anspruch zu nehmen. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerinnen über eine auf eigenem Grund liegende Quelle verfügen, die – wie die fachlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts und Gesundheitsamts belegen – grundsätzlich sanierungsfähig ist, können sie auf die Inanspruchnahme dieses Wassers verwiesen werden. Die Sanierungsmöglichkeit ist nicht zuletzt auch durch das von den Klägerinnen eingeholte Angebot einer Fachfirma für Quellsanierung belegt. Selbst für den Fall, dass keine Sanierung erfolgt, ist die Wasseraufbereitung mittels einer UV-Anlage möglich. Der Stellungnahme der Gemeinde H. vom 4. September 2019 ist außerdem zu entnehmen, dass langfristig auch der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung durchführbar ist.
Bei der Trinkwasserversorgung handelt es sich um eine langfristige und grundstücksbezogene Maßnahmen, so dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, dass das Anwesen lediglich von den Eltern der Klägerinnen bewohnt wird und, solange diese dort wohnen, wohl keine erheblichen Mengen Wasser gefördert werden. Die Klägerinnen können auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, dass die Kosten für eine Quellsanierung bzw. für einen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung unverhältnismäßig hoch und sie somit auf die Trinkwassergewinnung aus den tertiären Grundwasservorkommen angewiesen seien. Da sich die Ermessensausübung an den allgemeinen Grundsätzen der Gewässerbewirtschaftung nach § 6 WHG zu orientieren hat, kommt es auf wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht ausschlaggebend an. Die Wasserbehörden haben die knappe und gefährdete Ressource Wasser unter Abwägung der betroffenen Interessen sachgerecht zu verteilen. Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen muss der überragenden Bedeutung für die Allgemeinheit Rechnung getragen werden. Im Übrigen bewegen sich die von den Klägerinnen vorgelegten Kostenschätzungen im Rahmen größerer grundstückbezogener Investitionskosten. Auch ist darauf hinzuweisen, dass es sich um Investitionen für eine langfristige Sicherung der Wassererschließung handelt. Dafür, dass die Kosten außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Grundstückswert des klägerischen Anwesens stünden, gibt es keine Anhaltspunkte.
Auch das Argument der Klägerseite, bei der Sanierung der Quelle wäre möglicherweise ebenfalls tertiäres Grundwasservorkommen beeinträchtigt, verfängt nicht. Nach den Erkenntnissen in den Behördenakten ist der Quellschacht mit einer Tiefe von drei Metern oberflächennah, ganz im Gegensatz zu der bis zu 60 m tiefen Bohrung am vorgesehenen Brunnenstandort. Ein Anspruch auf Genehmigung der Grundwassererschließung am gewählten Standort ergibt sich ferner nicht daraus, dass im Jahr 2004 einem Nachbarn offenbar eine Erschließung des tertiären Grundwassers genehmigt wurde. Die Klägerseite hat keine begründeten Argumente dafür vorgetragen, dass dieser Fall mit dem hier zu entscheidenden vergleichbar wäre. Im Übrigen können die Klägerinnen hieraus keinen eigenen Anspruch ableiten, zumal in ihrem Fall eine anderweitige Wasserversorgung möglich und zumutbar ist.
Der Beklagte hat daher ermessensfehlerfrei entschieden, dass die Klägerinnen angesichts anderer zumutbarer Trinkwassermöglichkeiten keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Förderung des Tiefengrundwassers besitzen.
(3) Da somit die Klägerinnen keinen Anspruch auf Legalisierung der bereits vorgenommenen Brunnenbohrung haben, lagen die Voraussetzungen für die Beseitigung der Bohrung vor. Die Verpflichtung zum Rückbau ist auch geeignet und erforderlich, um einen hinreichenden Schutz des tertiären Hauptgrundwassers, insbesondere zur Verhinderung des Zuflusses biologisch verunreinigten Oberflächenwassers oder oberflächennahen mit Schadstoffen belasteten Grundwassers, verlässlich zu erreichen. Andere effektive, die Klägerinnen weniger belastende Handlungsalternativen sind nicht erkennbar. Dass die bisher getätigten Investitionen entwertet werden, haben die Klägerinnen durch ihr eigenes Verhalten veranlasst.
4. Auch gegen die ausgesprochenen Zwangsgeldandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG. Da die Zwangsgeldandrohung an die Bestandskraft der Grundverfügung in Nr. 1 anknüpft, liegt ein vollziehbarer Grundverwaltungsakt im Sinn von Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vor. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes hält sich im Rahmen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15,- EUR und höchstens 50.000,- EUR beträgt. Auch die rechtliche Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) ist gewahrt.
5. Nach alledem besteht für die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Sie war daher als unbegründet abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen tragen die Klägerinnen die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 S. 2 VwGO als Gesamtschuldner. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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