Europarecht

Bewohnerparkausweis

Aktenzeichen  M 23 K 20.3511

Datum:
9.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3463
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 45 Abs. 1b S. 1 Nr. 2a

 

Leitsatz

Tenor

I.  Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises im Gebiet des Parkraumanagements „A … H …“ hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises nach § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2a Straßenverkehrsordnung (StVO) (bzw. einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO), § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Ermessensfehler der Beklagten sind nicht ersichtlich (§ 114 VwGO), so dass auch kein Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Neuverbescheidung besteht, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Nach § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 a StVO können die Straßenverkehrsbehörden die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen treffen. Hat die Straßenverkehrsbehörde von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und durch Verwaltungsakt bevorrechtigte Bewohnerparkplätze verkehrsrechtlich festgesetzt, so erfolgt auf einer zweiten Stufe die Erteilung der zugehörigen Bewohnerparkausweise durch einen ebenfalls im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde liegenden weiteren selbständigen Verwaltungsakt (VG München, U.v. 19.5.2017 – M 23 K 16.1536 – juris Rn. 30; VG Freiburg, U.v. 6.7.2005 – 1 K 1505/04 – juris m.w.N.).
1. Gegen die Einrichtung des Parklizenzgebiet „A … H …“ nach § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 a StVO, die als solche ohnehin nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Verfahrens ist, wurden weder Bedenken erhoben, noch sind Anhaltspunkte für deren Unwirksamkeit ersichtlich.
2. Sind Bewohnerparkvorrechte geschaffen worden, werden auf der zweiten Stufe nach Ziffer X Nr. 7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu § 45 StVO Bewohnerparkausweise auf Antrag ausgegeben. Das Ermessen der Straßenverkehrsbehörden wird hiernach durch die VwV-StVO zu § 45 StVO gelenkt und gebunden. Verwaltungsvorschriften begründen durch ihre ständige Anwendung eine gleichmäßige Verwaltungspraxis, durch die sich die Verwaltung selbst bindet, da sie gleichgelagerte Fälle nicht ohne sachlichen Grund anders behandeln darf; im Verhältnis zum Bürger entfalten sie durch die Wahrung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG Wirkung (Nds.OVG, B.v. 5.12.2003 – 12 LA 467/03 – juris Rn. 16; OVG NW, U.v. 23.8.2011 – 8 A 2247/10 – juris Rn. 27 mwN). § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2a StVO vermittelt dem Antragsteller ein subjektiv-öffentliches Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises (BayVGH, B.v. 25.5.2020 – 11 ZB 19.693 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 18.3.1996 – 25 A 3355/95 – juris).
Entsprechend der vorliegend maßgeblichen Verwaltungspraxis der Beklagten besteht eine Berechtigung für die Erteilung eines Bewohnerparkausweises dann, wenn der Bewohner in dem Gebiet mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet ist, ein auf ihn als Halter zugelassenes oder nachweislich von ihm dauerhaft genutztes Fahrzeug besitzt und er über keinen privaten Stellplatz verfügt; dies steht im Einklang mit Ziffer X Nr. 7 und Nr. 1 VwV-StVO zu § 45 StVO. Erklärtes Ziel der Ausweisung eines Parklizenzgebiets ist die nutzergruppenspezifische und den jeweils lokalen Gegebenheiten angepasste Steuerung der Verkehrsnachfrage in den Kerngebieten der Innenstadt. Durch das Parkraummanagement der Beklagten soll u.a. die Parkplatzsituation für Bewohner verbessert werden, die über keine private Abstellmöglichkeit für ihr Fahrzeug verfügen (BayVGH, B.v. 15.7.2020 – 11 CE 20.1232 – juris Rn.14; https://www.muenchen.de/verkehr/autos/parken/parkzonen-parklizenzen.html).
In ständiger Rechtsprechung der Kammer ist die gerichtsbekannte langjährige Verwaltungspraxis der Beklagten nicht zu beanstanden, eine pauschalierte Überprüfung der Vergabe anhand der im Formblatt vorhandenen Angaben vorzunehmen, soweit sie sich nicht veranlasst sehen muss, aufgrund dieser Angaben von Ausnahmesituationen und besonderen Härtefälle auszugehen.
3. Hieran gemessen ist die Entscheidung der Beklagten im vorliegenden mit Blick auf den unstreitig vorhandenen und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht vermieteten Stellplatz nicht zu beanstanden, Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO.
Auch mit Blick auf die von der Klägerin geltend gemachte körperliche Einschränkung lässt sich ein Ermessensfehler weder im Hinblick auf die Erteilung eines Bewohnerparkausweises noch bezüglich der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO ableiten. Eine besondere Ausnahmesituation oder ein besonderer Härtefall liegen nicht vor. Straßenverkehrsbehörden können auf Antrag zwar Parkerleichterungen im Rahmen der VwV zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO in Form von Ausnahmegenehmigungen für schwerbehinderte Menschen gestatten. Nach der VwV zu § 46 StVO (Rn. 1) ist eine Ausnahmegenehmigung aber nur in besonders dringenden Fällen gerechtfertigt. An den Nachweis solcher Dringlichkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Bei der von der Klägerin vorgetragenen Erkrankung bzw. Behinderung fehlt es unabhängig davon, ob die von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigung von der VwV zur StVO vorentschieden ist, an den nach den Anwendungshinweisen zum Vollzug der Straßenverkehrsordnung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (abrufbar unter https://www.behindertenbeauftragte-mod.de/fileadmin/PDF/Gesetze/Bayerisches_Gleichstellungsgesetz/aG-Neufassung-09_.pdf) erforderlichen Nachweisen. Solche Nachweise wurden weder bei Antragstellung noch im Rahmen der Klageerhebung noch auch in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.
Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und mit dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung (§ 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO) abzuweisen.


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