Europarecht

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Aktenzeichen  Au 9 S 21.606

Datum:
10.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22566
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte wasserrechtliche Anordnung des Antragsgegners.
Die Antragstellerin ist eine Bau- und Liegenschaftsverwaltung und betreibt in dem Anwesen, in … eine Heizöltankanlage mit einem unterirdischen Stahltank (Erdtank) und einem Volumen von 13,00 m³ (Behälternummer …). Bei der Versorgungsleitung zum Brenner im Heizungskeller handelt es sich um eine unterirdisch verlegte Druckrohrleitung.
Bei der am 22. Mai 2000 erfolgten Überprüfung der streitgegenständlichen Heizöltankanlage wurden laut Prüfbericht des Sachverständigen mehrere Mängel festgestellt. Mit Schreiben vom 5. Juni 2000 forderte das Landratsamt die Antragstellerin auf, bis spätestens 1. September 2000 den Nachweis über die Beseitigung von Mängeln vorzulegen. Der Vertreter der Antragstellerin teilte dem Landratsamt mit Schreiben vom 7. September 2000 mit, dass die Absicht bestehe, die Heizöltankanlage stillzulegen und auf eine Gasheizung umzustellen. Nachdem die Antragstellerin wiederholt um Terminaufschub zur Vorlage der Nachweise gebeten hatte, teilte ihr die Sachverständigenfirma mit Schreiben vom 10. August 2002 mit, dass einer weiteren Verlängerung der Sanierungsfrist nicht entsprochen werden könne, da es sich bei dem Mangel „Unterirdisch (nicht einsehbare) verlegte Druckrohleitung ist unzulässig“ um einen erheblichen Mangel handele, der bereits bei anderen Anlagen zahlreiche und enorme Ölschäden verursacht habe. Da der Termin zur Sanierung bereits seit zwei Jahren überschritten sei, könne aus fachlicher Sicht kein weiterer Aufschub befürwortet werden.
Mit Schreiben des Landratsamtes vom 18. März 2020 wurde der Vertreter der Antragstellerin gebeten, bis zum 29. April 2020 die Stilllegung der Heizöltankanlage nachzuweisen oder die Anlage durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen.
Laut Prüfbericht des Sachverständigen vom 14. Mai 2020 wurde an der Heizöltankanlage der Antragstellerin u.a. festgestellt, dass die Förderpumpe im Dauerlauf ungesichert ist und die Rohrleitungen ohne Leckschutz betrieben werden. Die Antragstellerin wurde mit Schreiben des Landratsamtes aufgefordert, die schadhafte Anlage durch einen zugelassenen Fachbetrieb sanieren zu lassen und den abschließenden Prüfbericht eines anerkannten Sachverständigen bis zum 14. August 2020 vorzulegen. Am 14. September 2020 wurde die Frist bis zum 14. Oktober 2020 verlängert. Gleichzeitig wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichteinhaltung dieser Frist eine kostenpflichtige Anordnung ergehen wird.
Mit Schreiben vom 12. November 2020 teilte der Vertreter der Antragstellerin dem Landratsamt mit, dass er auf Anraten von Fachfirmen beabsichtige, die Heizöltankanlage gegen eine Gasheizanlage auszutauschen. Die Übersendung von entsprechenden Angeboten werde bis spätestens 20. November 2020 erwartet.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2021 wurde die Antragstellerin verpflichtet, die Mängel an der Heizöltankanlage durch eine Fachfirma sanieren zu lassen und dem Landratsamt bis zum 31. März 2021 einen Prüfbericht (Nachprüfbericht) oder eine Stilllegungsbescheinigung eines anerkannten Sachverständigen vorzulegen (Ziffer I). Für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung wurde in Ziffer II. ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- Euro angedroht. In Ziffer III. wird die Anordnung nach Ziffer I. für sofort vollziehbar erklärt.
Zur Begründung wird ausgeführt, nach den Bestimmungen des § 46 Abs. 2 der Verordnung über die Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) seien unterirdische Anlagen und Anlagenteile zum Lagern wassergefährdender flüssiger Stoffe und oberirdische Anlagen zur Lagerung von Heizöl, Diesel oder Benzin (Wassergefährdungsklasse II) mit Behältern über 10.000 l Inhalt von einem Sachverständigen nach § 47 AwSV alle 5 Jahre überprüfen zu lassen. Die Betreiber hätten nach § 46 Abs. 5 AwSV die bei Prüfungen festgestellten erheblichen Mängel unverzüglich durch Fachbetriebe beheben zu lassen. Die Beseitigung erheblicher Mängel bedürfe der Nachprüfung durch die Sachverständigen. Die wiederkehrende Prüfung entfalle, wenn der Betreiber die Tankanlage von einem Fachbetrieb stilllegen lasse und dem Landratsamt den Prüfbericht eines Sachverständigen nach § 47 AwSV über die ordnungsgemäße Stilllegung der Anlage vorlege. Daher könnte die in Ziffer I. des Bescheids verfügte Vorlage des Prüfberichtes eines anerkannten Sachverständigen ergehen. Die Anordnung ergehe in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei beachtet worden, da die angeordnete Maßnahme den Betreiber der Tankanlage am wenigsten beeinträchtige. Die Anordnung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Nach Ziffer III. des Bescheids sei gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die sofortige Vollziehung des Regelungsinhaltes angeordnet worden. Es lägen besondere Gründe vor, die es erforderten, dass der Bescheid schon jetzt und nicht erst nach Eintritt seiner Bestandskraft verwirklicht, umgesetzt oder vollzogen werden könne. Sinn und Zweck der getroffenen Regelung sei es, dafür Sorge zu tragen, dass die bestehenden Mängel an der Tankanlage nicht zu schädlichen Verunreinigungen eines Gewässers führten.
Gegen den vorbezeichneten Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 15. März 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg (Au 9 K 21.605). Über die Klage ist noch nicht entscheiden worden.
Gleichzeitig hat die Antragstellerin im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich des in Ziffer III. des Bescheids angeordneten Sofortvollzugs wird angeordnet bzw. wiederhergestellt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der gesetzliche Vertreter der Antragstellerin habe sich unmittelbar nach Erhalt der Aufforderung zur Mängelbeseitigung bzw. Stilllegung der Heizöltankanlage mit verschiedenen Heizungsinstallationsfirmen in Verbindung gesetzt. Die Antragstellerin habe sich auch in der Folgezeit intensiv bemüht, den Vorgaben des Landratsamtes nachzukommen, in dem sie die Heizungsinstallationsfirmen mehrmals darum gebeten habe, ihr die gewünschten Angebote zukommen zu lassen. Der Antragstellerin sei von den Firmen geraten worden, eine Gastherme zu installieren. Daraufhin habe die Antragstellerin in Dezember 2020 ein weiteres Fachunternehmen eingeschaltet, das nach Durchführung umfangreicher Messungsarbeiten Anfang Februar 2021 festgestellt habe, dass die vom Landratsamt geforderte Sanierung der Heizöltankanlage nicht durchführbar sei, weshalb zwingend auf die Gasleitung ausgewichen werden müsse. Daraufhin habe die Antragstellerin am 4. März 2021 einen lokalen Netzanbieter mit der Erstellung eines Erdgas-Netzanschlusses beauftragt. Mittlerweile lägen der Antragstellerin die Kostenvoranschläge über den Einbau einer Gasheizung vor. Die Anlage werde mit Beginn der Wärmeperiode installiert. Die Antragstellerin habe sich stets bemüht, der Aufforderung des Landratsamtes nachzukommen, habe jedoch monatelang keine Rückmeldungen von den Heizungsinstallationsfirmen erhalten, weil diese ihren Betrieb wegen der Corona-Pandemie vorübergehend eingestellt hätten.
Mit Schreiben vom 1. April 2021 ist das Landratsamt für den Antragsteller dem Antrag entgegengetreten und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es wird ausgeführt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer III. des Bescheids ergebe sich aus § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, da die Beseitigung der Mängel im öffentlichen Interesse sei. Durch eine weitere unsanierte Nutzung bestehe die Gefahr, dass die unterirdische Rohrleitung eine Gefährdung des Grundwassers mit sich bringe. Eine Belassung dieses Zustands bis zur Bestandskraft dieser Anordnung sei nicht hinzunehmen. Demgegenüber sei das Interesse des Bescheidsadressaten, die unsanierte Tankanlage im Erdreich bis zur Bestandskraft auf dem Grundstück zu belassen, als nachrangig anzusehen. Laut Prüfbericht vom 14. Mai 2020 seien an der Anlage mehrere technische Mängel festgestellt worden. Für die Einordnung und Bewertung der Anlage mit den festgestellten Mängeln sei § 62 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i.V.m. der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen heranzuziehen. Heizölverbrauchsanlagen dürften nach § 62 Abs. 1 und 2 WHG nur entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik beschaffen sein sowie errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden. Eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern dürfe nicht zu besorgen sein. Dazu ergänzend stelle § 21 AwSV die besonderen Anforderungen an die Rückhaltung bei Rohrleitungen fest. Unterirdische Rohrleitungen für flüssige wassergefährdende Stoffe (Heizöl) seien nur zulässig, wenn sie doppelwandig mit Leckanzeigesystem, als selbstsichernde Saugleitung oder mit Schutzrohr, das Undichtheiten in der Heizölleitung in eine Kontrolleinrichtung zur Leckageerkennung ableite, verlegt seien. Die Rohrleitung der Antragstellerin entspreche demnach nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Regeln der Technik. Einen Bestandsschutz für ältere Anlagen sehe die Anlagenverordnung sowie das WHG nicht vor. Der maßgebliche Mangel an der Anlage, nämlich die nicht einsehbare einwandige Druckleitung werde deshalb als erheblich erachtet. Er widerspreche dem Besorgnisgrundsatz in § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG. Im vorliegenden Fall werde bei einer Leckage der Leitung weiterhin Heizöl aus dem Tank zum Brenner und gleichzeitig auch unerkannt in das umgebende Erdreich gepumpt. Eine Störungsmeldung an der Heizölverbrauchsanlage würde frühestens dann auftreten, wenn am Brenner gar kein Öl mehr ankomme. Bis dahin bliebe ein Austreten von Heizöl in den Untergrund unentdeckt, mit der Folge der Verunreinigung von Grundwasser durch das Einsickern des wassergefährdenden Stoffes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Antragsgegner vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der statthafte Rechtsbehelf ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO. Grundsätzlich hat die Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Wegen der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziffer III. des Bescheides) kommt der Klage gegen die Ziffern I. und II. jedoch vorliegend nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu. Die Androhung eines Zwangsgelds ist nach Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).
2. Der Antrag ist in der Sache unbegründet.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Abwägungsentscheidung, bei der das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen ist. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 – 10 CS 14.2244 – juris).
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer III. des streitgegenständli chen Bescheids ist formell rechtmäßig.
Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend erweist; ist das nicht der Fall, hat das Gericht nach der wohl überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Vollziehungsanordnung ohne weitere Sachprüfung aufzuheben, nicht jedoch die aufschiebenden Wirkung wiederherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – m.w.N. juris).
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei reicht jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2000 – 10 CS 99.3290 – juris Rn. 16).
Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Begründung des Sofortvollzugs gerecht. Der Antragsgegner hat insoweit ausgeführt, es sei Sinn und Zweck des angeordneten Sofortvollzugs, dafür Sorge zu tragen, dass die bestehenden Mängel an der Heizöltankanlage nicht zu schädlichen Verunreinigungen eines Gewässers führten.
Mit dem Hinweis auf eine zu befürchtende Gefährdung von Gewässern durch den möglichen Austritt von Heizöl aus der Heizöltankanlage hat der Antragsgegner hinreichend deutlich gemacht, dass die Sofortvollzugsanordnung aufgrund des konkreten Einzelfalls erforderlich ist. Der Funktion des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 VwGO, die vor allem darin besteht, der Behörde die besondere Ausnahmesituation bewusst zu machen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 80 Rn. 84; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, a.a.O.), wurde durch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung Genüge getan. Sonstige Gründe, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die behördliche Begründung inhaltlich zutreffend oder tragfähig ist, ist im Rahmen des Begründungserfordernisses gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich.
b) Die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung ist nach summarischer Prü fung voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse und das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
aa) Als Rechtgrundlage für die wasserrechtliche Sanierung- bzw. Stilllegungsan ordnung für die streitgegenständliche Heizöltankanlage hat das nach Art. 63 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zuständige Landratsamt … zutreffend Art. 58 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayWG i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG, § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG herangezogen. Nach diesen Vorschriften ordnen die Kreisverwaltungsbehörden nach pflichtgemäßen Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen bzw. die Erfüllung von Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen.
bb) Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG müssen die dort genannten Anlagen so be schaffen und so errichtet sein, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist, insbesondere, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten und ggf. dennoch austretende Stoffe schnell und zuverlässig erkannt und zurückgehalten werden können (Besorgnisgrundsatz).
Dieser bestmögliche Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften ist bei der beanstandeten Heizöltankanlage nicht gewährleistet. Die Heizöltankanlage der Antragstellerin weist nach den Feststellungen im Prüfbericht des Sachverständigen vom 14. Mai 2020 mehrere technische Mängel auf. Insbesondere geht aus dem Prüfbericht hervor, dass der Betrieb der unterirdisch verlegten Rohrleitung ohne Leckschutz unzulässig ist. Die Feststellungen im Prüfbericht wurden von der Antragstellerin im behördlichen wie auch im gerichtlichen Verfahren nicht in Frage gestellt. Vielmehr erklärte die Antragstellerin selbst, eine Gasheizungsanlage installieren lassen zu wollen, da eine Mangelbehebung nach Aussage von Fachfirmen nicht durchführbar sei. Die Heizöltankanlage der Antragstellerin widerspricht damit den Anforderungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG, sodass eine Grundwasserverunreinigung durch Austritt von Heizöl zu besorgen ist. Zudem entspricht die Anlage nicht den besonderen Anforderungen an die Rückhaltung bei unterirdischen Rohrleitungen gemäß § 21 Abs. 2 AwSV. Danach sind unterirdische Rohrleitungen für flüssige wassergefährdende Stoffe nur zulässig, wenn sie doppelwandig mit Leckanzeigesystem, als selbstsichernde Saugleitung oder mit Schutzrohr, das Undichtheiten in der Heizölleitung in eine Kontrolleirichtung zur Leckageerkennung ableitet, verlegt sind. Diese Anforderungen werden nach den Feststellungen des Landratsamtes von der streitgegenständlichen Heizöltankanlage nicht erfüllt.
Soweit die Antragstellerin einwendet, die Mängelbeseitigung bzw. die Errich tung einer Gasheizanlage habe sich aus Gründen verzögert, die nicht im Verantwortungsbereich der Antragstellerin lägen, überzeugt dies nicht. Die Antragstellerin wurde bereits mit Schreiben vom 18. März 2020 aufgefordert, die Stilllegung der Heizöltankanlage nachzuweisen oder die Anlage durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen. Damit hatte die Antragstellerin fast ein Jahr Zeit, dieser Aufforderung des Landratsamtes nachzukommen. Auch der Einwand der Antragstellerin, es sei ihr bedingt durch die Corona-Pandemie nicht möglich gewesen, rechtzeitig eine ausreichende Zahl von Angeboten der Fachfirmen einzuholen, überzeugt nicht. Die gleichen Mängel an der streitgegenständlichen Heizöltankanlage wurden bereits bei der Überprüfung am 22. Mai 2000 beanstandet, wobei die Antragstellerin mit Schreiben des Sachverständigen vom 10. August 2002 darauf hingewiesen wurde, dass es sich zumindest bei der unterirdisch verlegten Rohrleitung um einen erheblichen Mangel handele, der bei anderen Anlagen bereits in der Vergangenheit erhebliche Ölschäden verursacht habe. Obwohl die Antragstellerin bereits zu damaligem Zeitpunkt die Absicht geäußert hatte, die Heizungsanlage auf eine Gasheizung umzustellen, ist dies bis heute nicht passiert. Die Antragstellerin hatte daher über zwanzig Jahre Zeit, die mangelhafte Anlage stillzulegen oder die Mängel zu beseitigen. Die streitgegenständliche Anordnung des Antragsgegners ist damit voraussichtlich rechtmäßig.
c) Der Antrag bleibt auch ohne Erfolg, soweit die Antragstellerin damit die Aufhe bung der Zwangsgeldandrohung begehrt.
Die Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und 5 Bayerisches Verwaltungszustellungsund Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Die verfügten Anordnungen sind Handlungspflichten, für deren Durchsetzung als Zwangsmittel gemäß Art. 29 Abs. 2 VwZVG grundsätzlich Zwangsgeld, Ersatzvornahme, Ersatzzwangshaft und unmittelbarer Zwang zur Verfügung stehen. Die Auswahl von Zwangsgeld nach Art. 31 VwZVG als geeignetes und gleichzeitig mildestes Mittel ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Zwangsgeldandrohung steht auch hinsichtlich ihrer Höhe mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang. Das Zwangsgeld beträgt mindestens 15,- Euro und höchstens 50.000,- Euro (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG). Nach Satz 2 dieser Norm soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Nach Satz 4 der Vorschrift ist das wirtschaftliche Interesse nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigen, eine Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B. v. 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23). Um den Adressaten zur Erfüllung seiner Pflichten zu veranlassen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. Gemessen an diesen Grundsätzen ist das angedrohte Zwangsgeld auch hinsichtlich der Höhe nicht zu beanstanden. Fehler bei der Ermessensausübung sind nicht ersichtlich. Die Klage der Antragstellerin bliebe damit auch insoweit im Hauptsachverfahren ohne Erfolg.
d) Selbst, wenn man jedoch hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Klage im Haupt sachverfahren von offenen Erfolgsaussichten ausginge, würden angesichts der hohen Schutzwürdigkeit der betroffenen Rechtsgüter, insbesondere des nötigen Grundwasserschutzes, bei einer Abwägung zwischen den Interessen am Sofortvollzug des Bescheids und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin die Interessen am Fortbestand des Sofortvollzugs klar überwiegen.
3. Nach alldem war der Antrag der Antragstellerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der in der Hauptsache anzusetzende Streitwert war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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