Europarecht

Dialyse

Aktenzeichen  B 8 K 20.906

Datum:
26.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49556
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 03.08.2020 ist rechtmäßig und damit nicht aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung eines Pflegebonus nach der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflegeund Rettungskräfte in Bayern (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR) zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Wesentlichen zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen im genannten Bescheid des Beklagten sowie auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 29.10.2020 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO.
2.1 Ergänzend ist auszuführen:
Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23). Daran setzt der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung an.
Nach Nr. 2 der CoBoR sind Begünstigte der Richtlinie Personen, die in bestimmten Einrichtungen eine geförderte pflegerische Tätigkeit ausüben.
(1) Gefördert wird nach Nr. 2 Satz 1 CoBoR die Tätigkeit in folgenden Einrichtungen:
– Krankenhäuser
– Rehabilitationskliniken
– Stationäre Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen
– Ambulante Pflegedienste
(2) Begünstigte Tätigkeiten sind nach Nr. 2 Satz 1 und 2 insbesondere
– Pflegende
– tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist
– Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst
– Auszubildende in den in den Anlagen benannten staatlich anerkannten Berufsgruppen
(3) Das Beschäftigungsverhältnis muss am 7 April 2020 bestanden haben und nach seiner vertraglichen Bestimmung überwiegend im Freistaat Bayern ausgeübt werden.
Für die Förderfähigkeit müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein.
Die Klägerin ist allerdings nicht in einer nach der Richtlinie begünstigten Einrichtungen tätig.
Die Aufzählung der begünstigten Einrichtungen in Nr. 2 Satz 1 CoBoR ist abschließend formuliert und lässt auch keinen Spielraum für die Förderung weiterer (ähnlicher) Einrichtungen. Es verbietet sich eine weite „Auslegung“ der Richtlinie nach dem oben beschriebenen Maßstab der gerichtlichen Überprüfung. Die CoBoR darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, a.a.O.).
Es ist vom Gericht nicht zu entscheiden, ob der Normgeber die praktikabelste oder gerechteste Lösung für die Gewährung des Corona-Pflegebonus gefunden hat, sondern ob der Normgeber sowie die tatsächliche Förderpraxis sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraumes insbesondere unter Beachtung des Willkürverbotes hinsichtlich dieser freiwilligen Leistung gehalten hat. Dies ist vorliegend der Fall.
2.1.1 Die im behördlichen Verfahren angegebene Einrichtung, das KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V., Nierenzentrum …, ist kein ambulanter Pflegedienst, sondern ein ambulantes Dialysezentrum. Diese Einrichtung behandelt Ihre Patienten therapeutisch (v.a. Dialyse und nephrologische Sprechstunde), wie sich ohne Weiteres den Angaben der Website entnehmen lässt (vgl. … abgerufen am 24.03.2021). Es handelt sich bei der Einrichtung des Arbeitgebers auch nicht um ein Krankenhaus oder eine Rehabilitationsklinik, da die Behandlung der Patienten im Dialysezentrum regelmäßig ambulant erfolgt. Daran ändern auch etwaige auf der Website angegebene „Kooperationen“ des KfH-Nierenzentrum … mit Kliniken in …, nichts. Es ist auch nach gerichtlichem Hinweis weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin in einer solchen Einrichtung überhaupt eingesetzt gewesen wäre, sodass sich eine nähere Betrachtung erübrigt.
Auch der Arbeitgeberbestätigung vom 27.08.2020 untermauert diese Einschätzung, wenn darin die Einrichtung als „ambulante Versorgungseinrichtung“ bezeichnet wird. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für einen ambulanten Pflegedienst liegen nicht vor. Ein solcher unterliegt nach § 71 SGB XI besonderen Anforderungen. Weder der Arbeitgeberbestätigung noch den Akten lässt sich solches entnehmen.
Die Einrichtung ist unstreitig auch weder eine in ein Krankenhaus integrierte Ambulanz noch eine Rehabilitationsklinik.
Selbst wenn die Klägerin ambulant auch in einer der Kooperationskliniken gearbeitet hätte, würde dies am oben ausgeführten Ergebnis nichts ändern. Denn der Beklagte stellt in ständiger Praxis auf den jeweiligen Arbeitgeber und dessen Einrichtung und nicht auf den Ort der Tätigkeit ab. Arbeitgeber der Klägerin ist unstreitig das (ambulant tätige) KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation, KfH-Nierenzentrum … Dass der Beklagte im Rahmen seiner Bewilligungspraxis zur Ausfüllung der Voraussetzung „Pflegende in Krankenhäusern, …“ nicht allein auf den Ort der pflegerischen Tätigkeit der Antragsteller, sondern im Wesentlichen auf das zugrundeliegende Arbeitsverhältnis abstellt, wäre als Abgrenzungskriterium der förderfähigen Tatbestände vom Gericht insbesondere nicht wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot zu beanstanden.
Dass aufgrund eines etwaigen Kooperationsvertrages mit einem Klinikum dieses und nicht das KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation, KfH-Nierenzentrum … der rechtliche Arbeitgeber der Klägerin wäre, ist im Übrigen weder dem klägerischen Vortrag noch den Akten zu entnehmen. Etwaige arbeitsrechtliche Probleme wären zudem grundsätzlich von den Arbeitsgerichten zu überprüfen.
In diesem Zusammenhang eventuell entstehende „Härten“ im Einzelfall sind der Notwendigkeit geschuldet, dass jede Förderentscheidung einer Grenzziehung zu nicht (mehr) förderfähigen Tatbeständen bedarf. Dass dabei im Bereich der unmittelbaren Grenzfälle die Unterschiede gering sein können und das Ergebnis unbefriedigend sein kann, liegt auf der Hand, ist aber systemimmanent.
Die Bewilligungspraxis des Beklagten, die förderfähige Grenze an der Einrichtung des Arbeitgebers zu ziehen, ist jedenfalls nicht offensichtlich willkürlich oder in sonstiger Weise offensichtlich rechtswidrig.
Auf die ablehnende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 17.03.2021 – M 31 K 20.5587 – in einem vergleichbaren Rechtsstreit wird hingewiesen.
2.1.2 Im Übrigen sind weder stichhaltige Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte abseits der ausdrücklich genannten Einrichtungen auch ambulante Dialysezentren tatsächlich fördern wollte. Zunächst verweist die Klägerin allenfalls pauschal und damit unsubstantiiert auf Arbeitskollegen, die eine Bewilligung erhalten hätten. In Anbetracht der Ausführungen des Beklagten, der entsprechend kursorisch aber grundsätzlich nachvollziehbar entgegenhalten kann, dass es sich dabei allenfalls um Fehlentscheidungen handeln muss und er im Bewilligungsverfahren entsprechend bemüht war, eine einheitliche Praxis herzustellen, sieht sich das Gericht zu einer weiteren Ermittlung einer abseits der Richtlinie geübten Bewilligungspraxis bei ambulanten Dialysezentren nicht veranlasst.
2.1.3 Da bereits keine förderfähige Einrichtung gegeben ist, kommt es nach dem Wortlaut der Richtlinie insbesondere nicht mehr darauf an, inwieweit die Leistungen der Klägerin am Patienten Pflegetätigkeiten im Sinne der CoBoR darstellen und sie einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt war, das aufgrund von vorzunehmenden Schutzmaßnahmen die Arbeitsausführung zusätzlich erschwerte.
Nach dem Wortlaut der Richtlinie kommt es entgegen der Argumentation insbesondere nicht darauf an, inwieweit die Klägerin durch ihre Tätigkeiten einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen ist. Vielmehr ist nur auf die Art der Tätigkeit, „tatsächlich in der Pflege Tätige“ abgestellt. Auch hier gilt, dass Subventionstatbestände grundsätzlich eng auszulegen und deshalb einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich sind.
Dabei wird das persönliche Engagement der Klägerin durchaus wahrgenommen und mit hohem Respekt gewürdigt; doch werden trotz allem die Fördervoraussetzungen der CoBoR unter Berücksichtigung der Bewilligungspraxis der Behörde nicht erfüllt.
2.1.4 Auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz – GG -) kommt kein Anspruch auf Bewilligung des Pflegebonus in Betracht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte Personen, die Dialysetätigkeiten als Angestellte eines ambulanten Dialysezentrums auch innerhalb von stationären Einrichtungen durchführen, generell einen Bonus nach der genannten Richtlinie gewährt hat und die Klägerin unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz davon ausgenommen hätte.
Etwaige fehlerhafte Bewilligungen des Pflegebonus bei Arbeitskollegen kann vor diesem Hintergrund keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Gewährung des Bonus für die Klägerin unter Bezugnahme auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. Es obliegt dem Beklagten, erkannte fehlerhafte Bescheide zurückzunehmen, um Gleichheit innerhalb der Grenzen des Rechts wiederherzustellen. Dies will der Beklagte selbst auch in Nr. 8 der CoBoR sicherstellen und hat darauf im vorliegenden Fall auch ausdrücklich Bezug genommen.
Die Klage hat deshalb inhaltlich keinen Erfolg und ist abzuweisen.
3. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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