Europarecht

Dublin-Verfahren (Schweden)

Aktenzeichen  M 5 S 19.50041

Datum:
25.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5772
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 34a, § 71a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Ist die Bundesrepublik Deutschland nach der Dublin III-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig, ist sowohl im Fall des Erstantrags wie auch des Zweitantrags eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Mitgliedsstaat zu erlassen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, das schwedische Asylsystem leide an systemischen Mängeln, aufgrund derer dorthin zurücküberstellte Asylsuchende einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh ausgesetzt wären. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens je zu ¼ zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller zu 1. sowie seine Ehefrau, die Antragstellerin zu 2., und deren gemeinsame Kinder, die Antragsteller zu 3. und 4. (geboren 2016 bzw. 2018), sind nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige vom Volk der Hazara (Antragsteller zu. 1., 3. und 4.) bzw. tadschikischer Volkszugehörigkeit (Antragstellerin zu 2.). Sie reisten nach eigenen Angaben am 10. September 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerten Asylgesuche und stellten am 22. November 2018 förmliche Asylanträge.
Ausweislich einer EURODAC-Anfrage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: „Bundesamt“) hatte die Antragstellerin zu 2. am 26. Oktober 2015, der Antragsteller zu 1. am 28. Oktober 2015 in Schweden Asyl beantragt. Mit Schreiben vom 7. November 2018, zugegangen am selben Tag (Bl. 61 bzw. 63 d. Behördenakte), stellte das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch bzgl. der Antragsteller zu 1. und 2. unter Bezugnahme auf deren Kinder (Antragsteller zu 3. und 4.) unter Berufung auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO an die schwedischen Behörden, welches diese mit Schreiben vom 12. November 2018 wiederum unter Berufung auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO akzeptierten.
Bei ihrem Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats vor dem Bundesamt am 22. November 2018 gaben die Antragsteller an, ca. drei Jahre in Schweden verbracht und dort im Oktober 2015 Asyl beantragt zu haben. Neue Gründe oder Beweismittel, die nicht in einem früheren Asylverfahren geltend gemacht worden seien, hätten sie nicht. Bei ihrer Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags sowie zu ihren Asylgründen am 3. Dezember 2018 gaben die Antragsteller an, dass sie über Griechenland, Serbien, Kroatien, Ungarn, Österreich und Deutschland nach Schweden geflohen seien. In Schweden hätten sie sich drei Jahre aufgehalten. Nun seien sie nach Deutschland geflohen, da sie in Schweden abgelehnt worden seien. Dort bestehe die Gefahr, dass sie nach Afghanistan abgeschoben werden würden, wo ihnen der Tod drohe. Sie litten beide (Antragsteller zu 1. und 2.) unter psychischen Erkrankungen. Diese seien in Schweden nicht diagnostiziert worden, da sie dort ohne gesicherten Aufenthaltstitel nicht hätten behandelt werden dürfen. Dort hätten sie nur Schlafmittel erhalten. Auch hier in Deutschland hätten sie im Camp Beruhigungsmittel erhalten, deren Namen sie nicht wüssten. Aufgrund der Erkrankung seien sie gestresst und gereizt, würden untereinander streiten und seien den ganzen Tag traurig. Der Antragsteller zu 1. ergänzte, dass er mit seiner in Deutschland lebenden afghanischen Exfrau Z. N. zwei gemeinsame Kinder habe. Die Ehe sei bereits in Afghanistan geschieden worden. Mit den beiden Kindern habe er von 2015 bis August 2017 in Schweden gelebt. Diese Kinder lebten nun bei seiner Exfrau in München. Mit seiner Exfrau habe er keinen Kontakt mehr, aber mit den Kindern. Diese besuche er jeden Sonntag. Das Sorgerecht für diese Kinder habe er nicht, fühle sich aber für sie verantwortlich. Daher habe er nach München gehen wollen. Das Bundesamt gab den Antragstellern auf, aussagekräftige ärztliche Atteste bis zum 4. Januar 2019 vorzulegen.
Unter dem 12. November 2018 teilte die Exfrau des Antragstellers zu 1., Frau Z. N., dem Bundesamt mit, dass sie seit ca. drei Jahren in Deutschland zunächst alleine, seit 14 Monaten mit ihren Kindern wohne. Der Vater sei nun in Deutschland und besuche die Kinder oft.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 teilte Dr. E. L. – Facharzt für Allgemeinmedizin und Betriebsmedizin – dem Bundesamt mit, dass bei der Antragstellerin zu 2. depressive Verhaltensstörungen (Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, Autoaggression) vorlägen und die Therapie mit Mirtazapin 15 mg am Abend bisher nur zu einer geringen Verbesserung des Gesundheitszustandes geführt habe. Bei Abbruch könne eine Verschlechterung eintreten.
Mit Bescheid vom 6. Januar 2019 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 2), ordnete die Abschiebung der Antragsteller nach Schweden an (Nr. 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Der Bescheid wurde den Antragstellern am 15. Dezember 2019 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg am selben Tag, haben die Antragsteller Klage (Az. RN 1 K 18.50895) gegen den Bescheid vom 6. Dezember 2018 erhoben und zugleich beantragt (Az. RN 1 S 18.50894),
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Es hätte kein Dublin Verfahren durchgeführt werden dürfen, sondern der Antrag hätte als Zweitantrag i.S.d. § 71a Asylgesetz (AsylG) behandelt werden müssen, da die Kläger in Schweden bereits ein Asylverfahren durchlaufen hätten, welches endgültig negativ geändet habe.
Die Antragsgegnerin hat die Behördenakte vorgelegt und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 23. Januar 2019 hat sich das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das hiesige Gericht verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Die Anträge sind zwar zulässig, insbesondere ist davon auszugehen, dass sie fristgerecht gestellt wurden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
1. Die Anträge sind jedoch unbegründet, denn die jeweilige Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg. Der Bescheid der Antragsgegnerin, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG vollumfänglich Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen o-der Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.
Schweden ist gem. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-VO als Mitgliedstaat, in dem die Antragsteller das erste Mal einen Asylantrag gestellt haben, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Denn die Antragsteller zu 1. und 2. haben ausweislich der EURODAC-Einträge im Oktober 2015 Asylanträge in Schweden gestellt. Damit ist vorliegend Schweden der für die Durchführung ihres Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat. Für die in Schweden während des dort laufenden Asylverfahrens geborenen Antragsteller zu 3. und 4., die Kinder der Antragsteller zu 1. und 2., folgt die Zuständigkeit Schwedens aus Art. 20 Abs. 3 Satz 2 Dublin III-VO.
Sollte ein anderer Mitgliedstaat aufgrund illegalen Grenzübertritts zuvor ggf. zuständig gewesen sein (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO), so ist diese Zuständigkeit jedenfalls aufgrund des dreijährigen Aufenthalts der Antragsteller in Schweden auf Schweden übergegangen (Art. 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Dublin III-VO). Darüber hinaus sind die Fristen für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs gem. Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO durch das Gesuch des Bundesamts vom 7. November 2018 eingehalten, sodass die Zuständigkeit auch nicht gem. Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik übergegangen ist.
Zudem haben die schwedischen Behörden dem Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes stattgegeben, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).
b) Unerheblich ist insoweit, dass das Bundesamt das Asylgesuch der Antragsteller als Erstantrag – also in der Annahme eines noch ausstehenden (erfolglosen) Abschlusses des Asylverfahrens in Schweden – behandelt hat und nicht von einem Zweitantrag i.S.d. § 71a AsylG ausgegangen ist.
Zum einen liegen bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Asylverfahren der Antragsteller in Schweden erfolglos beendet worden ist. Denn aus dem vom Bundesamt angeforderten EURDODAC-Eintrag sowie den von den Antragstellern vorgelegten schwedischen „LMA-Karten“ (siehe Übersetzung auf Bl. 270 ff. der Asylakte) geht lediglich hervor, dass es sich bei den Antragstellern um in Schweden „Asylsuchende“, also um weiterhin in einem anhängigen Asylverfahren befindliche Personen handelt. Zudem haben die schwedischen Behörden dem Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts unter Berufung auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO („Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält“) und nicht unter Berufung auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) Dublin III-VO („Drittstaatenangehörigen (…), dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält“) stattgegeben. Darüber hinaus wäre es den Antragstellern im Rahmen ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht gem. § 15 AsylG ohne weiteres möglich gewesen, den Sachverhalt – spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids im Rahmen des gerichtlichen (Eil-)Verfahrens – durch Vorlage entsprechender Dokumente (bspw. eines schwedischen Asylbescheids) weiter aufzuklären.
Zum anderen wäre auch im Fall eines Zweitantrags i.S.d. § 71a AsylG „ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen [gewesen], wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist“, sodass auch in diesem Fall der in der Bundesrepublik gestellte Asylantrag wegen der Zuständigkeit Schwedens gem. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-VO als unzulässig abzulehnen und – nach Prüfung möglicher zielstaatbezogener oder inländischer Abschiebungshindernisse (vgl. § 31 Abs. 3 AsylG) – eine Abschiebung nach Schweden gem. § 34a AsylG anzuordnen gewesen wäre. Ist – wie vorliegend – die Bundesrepublik für die Durchführung des Asylverfahrens gem. Dublin III-VO nicht zuständig, hat sowohl im Fall eines Erst- als auch im Fall eines Zweitantrags eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Mitgliedstaat zu ergehen (bei Erstanträgen gem. §§ 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), 34a Abs. 1 AsylG. und bei Zweitanträgen gem. §§ 71a Abs. 4, 34a Abs. 1 AsylG). Das Bundesamt ist im Hinblick auf den Stand des Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat nur dann zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen verpflichtet, wenn es den Asylantrag wegen Abschlusses des ausländischen Asylverfahrens als Zweitantrag behandeln und wegen Fehlens der Voraussetzungen gem. § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unter Androhung der Abschiebung des Asylsuchenden in sein Herkunftsland ablehnen will (vgl. BVerwG, B.v. 18.2.2015 – 1 B 2.15 – juris Rn. 7; U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 43; Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 71a AsylG Rn. 9). Denn nur dann droht eine Rechtsschutzverkürzung zulasten des Asylsuchenden (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71a AsylG Rn. 3). Ist das Bundesamt für eine (weitere) Prüfung des Asylantrags nach der Dublin III-VO schon gar nicht zuständig, hat es eine – einer Entscheidung gem. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG vorgehende – Unzulässigkeitsentscheidung gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu treffen (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 18), wie vorliegend geschehen.
c). Die Überstellung nach Schweden ist auch nicht rechtlich unmöglich im Sinn des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Schweden infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) ausgesetzt wären. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der EU-GRCharta entspricht. Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich, vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Betroffenen führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EU-GRCharta ausgesetzt zu werden. Eine Widerlegung der Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten anzunehmen. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris).
Das Gericht geht nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen davon aus, dass in Schweden keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben genannten Sinne gegeben sind. Dazu wird auch Bezug genommen auf die einhellige Rechtsprechung, die keine systemischen Mängel hinsichtlich Schwedens (an-)erkennt (zuletzt bspw. VG Düsseldorf, B.v. 18.2.2019 – 22 L 3335/18.A – juris; VG Aachen, B.v. 4.2.2019 – 3 L 1797/18.A – juris).
d) Auch die Entscheidung gegen die Ausübung des Selbsteintrittsrechts, Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO, ist danach nicht zu beanstanden.
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG oder ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis (BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris) wurden nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Zu den im Rahmen der Anhörungen vorgetragenen psychischen Problemen (Antragsteller zu 1. und 2.) hat allein die Antragstellerin zu 2. ein Schreiben von Dr. E. L. vom 5. Dezember 2018 vorgelegt. Darin diagnostiziert Dr. E.L. – ein Facharzt für Allgemeinmedizin und Betriebsmedizin – bei der Antragstellerin zu 2. depressive Verhaltensstörungen in Form von Schlagstörungen, Antriebslosigkeit und Autoaggression und empfiehlt eine Therapie mit Mirtazapin. Dieses Schreiben entspricht nicht den in § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG für eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung aufgestellten Anforderungen (zur Heranziehung des § 60a Abs. 2c AufenthG auch i.R.v. zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen vgl. nur BayVGH, B.v. 26.4.2018 – 9 ZB 18.30178 – juris); insbesondere fehlt es an Angaben zur Methode der Tatsachenerhebung, zum Schweregrad der Erkrankung und den Folgen, die sich aus der krankheitsbedingten Situation ergeben. Es ist mithin nicht ersichtlich, welche konkreten gesundheitlichen Konsequenzen aus der Erkrankung selber und aus einem möglichen Abbruch der bisherigen Therapie folgen (können). Darüber hinaus ist aufgrund der bisherigen Erkenntnisse zur Situation von Asylsuchenden in Schweden – die auch vom Bundesamt korrekt zugrunde gelegt worden sind – davon auszugehen, dass die begonnene Medikation der Antragstellerin zu 2. dort fortgesetzt werden kann. Erkenntnisse über eine mögliche (inlandsbezogene) Reiseunfähigkeit der Antragsteller liegen – auch mit Blick auf die ärztliche Bescheinigung hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. – insgesamt nicht vor.
Auch der Vortrag der Antragsteller, sie wollten nicht zurück nach Schweden, weil sie dort eventuell abgeschoben würden, verhilft dem Rechtsbehelf nicht zum Erfolg. Das Prozedere nach der Dublin III-VO soll gerade sicherstellen, dass nur ein Mitgliedstaat das Asylbegehren inhaltlich prüft und für alle damit zusammenhängenden Fragen zuständig ist bzw. bleibt. Damit obliegt es den Antragstellern, sich in Schweden um Schutz vor einer Abschiebung in ihr Heimatland zu bemühen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Schweden nicht auch nach dem bestandskräftigen Abschluss eines Asylverfahrens weiterhin die aus Art. 3 EMRK folgenden Rechte der abgelehnten Asylbewerber wahrt bzw. bei der Durchführung von Abschiebungen berücksichtigt. Insbesondere stehen abgelehnten Asylbewerbern Rechtsschutzmöglichkeiten offen. Schweden ist weiter auch der GFK beigetreten und wird deshalb das sog. Refoulment-Verbot, Art. 33 Abs. 1 GFK, achten, wonach keine Abschiebung in ein Land erfolgen darf, in dem das Leben oder die Freiheit des Betroffenen aufgrund von Rasse, Nationalität, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmen Bevölkerungsgruppe oder politischen Ansichten in Gefahr wären.
Soweit der Antragsteller zu 1. angibt, er wolle in der Bundesrepublik verbleiben, um Kontakt zu seinen sich dort aufhaltenden zwei Kindern zu pflegen – um also die Familieneinheit zu wahren -, hat er bereits nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass es sich dabei um seine (leiblichen) Kinder handelt. Dies wäre ihm jedoch – auch kurzfristig – bspw. durch eine offizielle Vaterschaftsanerkennung möglich gewesen. Darauf hat auch das Bundesamt in dem angegriffenen Bescheid verwiesen, sodass der Antragsteller spätestens seit dessen Zugang am 15. Dezember 2018 – mithin seit mehr als drei Monaten – um das Erfordernis und die Möglichkeit eines derartigen Nachweises wusste.
2. Die Antragsteller haben als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach Kopfteilen zu tragen (§§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)


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