Europarecht

Erfolgsaussicht, Kostenerstattung, Werbung, Auslegung, Herkunftsstaat, Verkauf, Kostenerstattungsanspruch, Verletzung, Anerkennung, Schiedsspruch, Beweisaufnahme, Verfahren, Versagungsgrund, Pflichtverletzung, Aussage des Zeugen, Aussetzung des Verfahrens, ordre public

Aktenzeichen  101 Sch 60/21

Datum:
16.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2046
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2021, das Verfahren über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des von dem London Court of International Arbitration zwischen den Parteien und einer weiteren Schiedsbeklagten am 2. März 2021 in London ergangenen Schiedsspruchs, LCIA Schiedsverfahren Nr. …,
auszusetzen, wird zurückgewiesen.
II. Der in dem Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin als Schiedsbeklagter zu 1), der … als Schiedsbeklagter zu 2) und der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin vor dem London Court of International Arbitration unter der Schiedsverfahrensnummer … durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden Schiedsrichter … und den Schiedsrichtern … sowie …, am 2. März 2021 in London (England, Vereinigtes Königreich) erlassene Schiedsspruch, mit dem die Antragsgegnerin zur Zahlung von EUR 9.441.445,07 und GBP 366.160,23 an die Antragstellerin als Gesamtgläubigerin neben der Schiedsbeklagten zu 2) verurteilt worden ist, wird für vollstreckbar erklärt.
III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu tragen.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 9.870.301,99 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, mit dem die von der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin vor dem London Court of International Arbitration erhobene Schiedsklage gegen die in Großbritannien ansässige Antragstellerin als Schiedsbeklagte zu 1) und eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland als Schiedsbeklagte zu 2) abgewiesen und die Schiedsklägerin zur Kostentragung verurteilt worden ist.
1. Gegenstand des Schiedsverfahrens waren strittige Schadensersatzansprüche der Schiedsklägerin, einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, gegen die Schiedsbeklagten als Gesamtschuldnerinnen. Die Schiedsklägerin machte geltend, die Schiedsbeklagten hätten Pflichten, die ihnen aufgrund der zwischen den Parteien 101 Sch 60/21 – Seite 3 – am 20. Oktober 2011 geschlossenen Verträge oblegen hätten, verletzt und dadurch der Schiedsklägerin einen erheblichen Schaden zugefügt.
Die als Private Labeller and Distribution Agreement (Kennzeichnungs- und Vertriebsvertrag; im Folgenden: PLDA) und Distribution Agreement (Vertriebsvertrag; im Folgenden: DA) bezeichneten Verträge enthalten unter Ziffer 22 (PLDA) bzw. Ziffer 7 (DA) eine Schiedsklausel folgenden Inhalts (übersetzt ins Deutsche):
… sämtliche Streitigkeiten, die sich aus dem vorliegenden Vertrag oder im Zusammenhang mit diesem ergeben, sind an den Londoner Gerichtshof für internationale Schiedsgerichtsbarkeit zu verweisen und durch ein Schiedsverfahren nach dessen Schiedsordnung, die als durch Bezugnahme in die vorliegende Ziffer mit aufgenommen gilt, endgültig beizulegen, wobei die Entscheidung des Schiedsrichters für die Parteien endgültig und verbindlich ist. Sitz des Schiedsverfahrens ist London. Das Schiedsverfahren wird in englischer Sprache geführt.
Im Streit stand (unter anderem) die Frage nach Inhalt und Umfang der vertraglichen Verpflichtungen der Schiedsbeklagten und in diesem Zusammenhang nach der Auslegung der Bestimmung in Ziffer 7.4 des PLDA. Diese lautet (übersetzt ins Deutsche):
Zum Datum des vorliegenden Vertrages ist es die Absicht der … (Schiedsbeklagten zu 2]), den Verkauf der Produkte phasenweise anzugehen, d. h., zunächst in Verbindung mit dem Verkauf von neuen …-Linacs und der Installed Base an …-Linacs und dann in Verbindung mit dem Verkauf an die Installed Base von YYY- und ZZZ-Kunden. Der Übergang zur nächsten Phase würde von mehreren Faktoren abhängen, wie unter anderem von der Kundennachfrage, der Kundenzufriedenheit mit dem Produkt, der Fähigkeit von … (der Schiedsklägerin), das Produkt in den erforderlichen Stückzahlen und innerhalb des erforderlichen zeitlichen Rahmens zu fertigen, sowie von den kombinierten Kapazitäten der … (Schiedsbeklagten zu 1]) und der … (Schiedsklägerin), Service und Nachbetreuung zu leisten.
Die Schiedsklägerin vertrat die Auffassung, die Schiedsbeklagten hätten das von ihr zu liefernde Produkt – ein Sicherheitssystem zur Patientenidentifikation und Verifizierung des Zubehörs in der Strahlentherapie, genannt „I.“ – nicht ihren Pflichten aus dem PLDA entsprechend beworben, vermarktet und verkauft. Sie seien nach dem gemeinsamen Verständnis der Vertragsparteien verpflichtet gewesen, das I.- System zusammen mit den Linearbeschleunigern („Linacs“) der Schiedsbeklagten zu 1) (… im Paket gebündelt zu bewerben, zu vermarkten und zu verkaufen (bezeichnet als „bundling“). Indem sie das bundling nicht wie geschuldet vorgenommen hätten, hätten sie die Schiedsklägerin erheblich geschädigt.
Nach Beweisaufnahme wies das Schiedsgericht die Klage mit dem am Schiedsort London erlassenen Schiedsspruch (Final Award) vom 2. März 2021 ab (Ziffer 1). Die Schiedsbeklagten hätten keine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten verletzt. Das PLDA unterliege vereinbarungsgemäß materiellem deutschem Recht, das DA materiellem englischem Recht (SSp Rn. 157). Alle Fragen zu den vertraglichen Pflichten der Schiedsbeklagten einschließlich ihrer Pflicht, das Vertragsprodukt („I.“) zu bewerben, zu vermarkten und zu verkaufen, seien in Ansehung beider Verträge zu beantworten (SSp. Rn. 160, 176). Die für Vermarktung und Werbung sowie Verkauf maßgeblichen Marketing-Standards seien diejenigen, die im PLDA und dem DA niedergelegt seien. Danach seien die Schiedsbeklagten verpflichtet gewesen, wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen zu unternehmen, um „I.“ zu bewerben, zu vermarkten und zu verkaufen. Zwar seien von ihnen erhebliche Anstrengungen erwartet worden; sie seien jedoch nicht verpflichtet gewesen, Schritte zu unternehmen, die unter den gegebenen Umständen wirtschaftlich unzumutbar gewesen wären (SSp. Rn. 176 – 178). Zu betrachten seien drei relevante Phasen der Beziehung zwischen den Schiedsparteien, (1) die Phase der Entwicklung und Integration des Vertragsprodukts, (2) die Phase nach der Markteinführung des Vertragsprodukts bis zum Ende der Exklusivitätsfrist und (3) die Phase nach Ablauf der Exklusivitätspflicht bis zur Beendigung der Vertragsbeziehung. Im Zusammenhang mit der Phase (2) sei (unter anderem) der aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob die Schiedsbeklagten verpflichtet gewesen seien, „I.“ mit allen ihren Linearbeschleuniger-Verkäufen zu bündeln (SSp. Rn. 178). Diese Frage sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu verneinen; eine Verpflichtung der Schiedsbeklagten zum bundling habe nicht bestanden; nach dem gemeinsamen Verständnis der Parteien habe es keine vertragliche Pflicht gegeben, „I.“ als obligatorischen Bestandteil in das LINAC-Basispaket von …, der Schiedsbeklagten zu 1), aufzunehmen (SSp. Rn. 189 -194). Mit ihren Aktivitäten während der Exklusivitätsfrist (SSp. Rn. 187 f.) hätten die Schiedsbeklagten die geschuldeten Anstrengungen unternommen (SSp. Rn. 184 – 188). Dasselbe gelte für ihre Maßnahmen während der Entwicklungs- und Integrationsphase einerseits und der Zeit nach der Exklusivitätsfrist bis zur Vertragskündigung andererseits (SSp. Rn. 179 – 183, 204 – 214). Auch die übrigen behaupteten Vertragsverletzungen seien durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden (SSp. Rn. 195 – 203, 215 – 235).
Die Verteilung der Kosten sei nach Art. 28.4 der Schiedsordnung des London Court of International Arbitration gemäß dem auch in Section 61 des Arbitration Act 1996 zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz vorzunehmen, wonach die Aufteilung der Kosten das Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens der Schiedsparteien im Schiedsspruch oder Schiedsverfahren widerspiegeln solle. Die Schiedsparteien hätten ihre jeweiligen Kostenaufstellungen (am 3. Februar 2020) eingereicht, und zwar als „Kostenaufstellung der Schiedsklägerin“ und „Kostenaufstellung der Schiedsbeklagten“ (SSp. Rn. 100). Die Schiedsbeklagten hätten in ihrer Kostenaufstellung eine Verfügung begehrt, wonach der Schiedsklägerin die Kosten des vorliegenden Schiedsverfahrens, einschließlich der Kosten des Schiedsgerichts, der Anwaltshonorare und sonstigen den Schiedsbeklagten entstandenen Kosten in der mitgeteilten Höhe auferlegt und die Schiedsbeklagten vollständig davon freigestellt werden (SSp. Rn. 119). Die Umstände des vorliegenden Falles gäben keine Veranlassung, vom oben genannten Grundsatz abzuweichen (SSp. Rn. 238 – 243). Ihren jeweiligen Kostenaufstellungen zufolge seien der Schiedsklägerin für das vorliegende Verfahren Kosten in Höhe von insgesamt 7.380.901,42 € und den Schiedsbeklagten in Höhe von insgesamt 10.037.836,07 € entstanden (SSp. Rn. 237). Somit seien den Schiedsbeklagten ihre sämtlichen geltend gemachten Anwaltskosten und Auslagen – unter Abzug einer nicht berücksichtigungsfähigen Position – zuzusprechen. Außerdem habe die Schiedsklägerin den Schiedsbeklagten deren Anteil an den Verfahrenskosten zu erstatten. Eine Verzinsung sei nicht auszusprechen.
Das Schiedsgericht verurteilte daher die Schiedsklägerin zur Kostenerstattung wie folgt (Ziffer 2):
„The Claimant shall pay EUR 9,441,445.07 and GBP 366,160.23 to the Respondents, on a full indemnity basis, in respect of their costs incurred in this arbitration.“
Übersetzt ins Deutsche:
Die Schiedsklägerin wird zur Zahlung von EUR 9.441.445,07 und GBP 366.160,23 an die Schiedsbeklagten, auf Basis einer vollständigen Freistellung, für die ihnen im vorliegenden Schiedsverfahren entstandenen Kosten verurteilt.
2. Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung gemäß Schriftsatz vom 15. März 2021 hat sich die Antragstellerin unter Vorlage einer anwaltlich beglaubigten Abschrift des in englischer Sprache verfassten Schiedsspruchs und seiner Übersetzung in die deutsche Sprache durch eine staatlich geprüfte Übersetzerin an das Oberlandesgericht München gewandt. Dieses hat das Verfahren auf entsprechenden Antrag mit Beschluss vom 30. März 2021 an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.
Die Antragstellerin führt aus, sie habe das Schiedsverfahren unter vollständiger Übernahme der Kosten für sich und die weitere Schiedsbeklagte geführt. Trotz Zahlungsaufforderung vom 9. März 2021 habe die Antragsgegnerin nicht geleistet.
Sie beantragt,
diesen Schiedsspruch, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von EUR 9.441.445,07 und GBP 366.160,23 verurteilt worden ist, für vollstreckbar zu erklären mit der Maßgabe, die Berechtigung der Antragstellerin als Gesamtgläubigerin neben der Schiedsbeklagten zu 2) klarstellend auszusprechen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie macht den Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ geltend. Aufgrund ihrer zum High Court of Justice – Business and Property Courts of England and Wales – Commercial Court erhobenen und auf serious irregularities (Section 68 [2] [a] Arbitration Act 1996) gestützten Aufhebungsklage vom 29. März 2021 (Anlage AG 1 nebst Übersetzung) sei der Schiedsspruch für die Parteien noch nicht verbindlich geworden.
Sie beruft sich außerdem auf den Versagungsgrund des Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ. Das Schiedsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Obwohl die Frage, wie die Antragstellerin die Produkte der Antragsgegnerin zu bewerben, vermarkten und verkaufen habe, insbesondere ob eine Bündelungspflicht bestanden habe, die Kernfrage des Schiedsverfahrens gewesen sei, und obwohl das Schiedsgericht den von ihm selbst benannten Zeugen … auf der Grundlage einer umfangreichen Frageliste (Anlagenkonvolut AG 8 de, S. 238 – 239) mehr als einen halben Tag lang vernommen und keine Partei die Richtigkeit seiner Angaben bestritten habe, sei dessen Aussage in dem erst 16 Monate nach der mündlichen Verhandlung ergangenen Schiedsspruch weder erwähnt noch gewürdigt worden; eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seiner Aussage finde sich an keiner Stelle der Entscheidung. Somit habe das Schiedsgericht bei der Abfassung des Schiedsspruchs zu einem Zeitpunkt, als ihm die mündliche Verhandlung nicht mehr vollständig erinnerlich gewesen sein könnte, die Aussagen des zentralen Zeugen übergangen und ihm Rahmen der Vertragsauslegung außer Acht gelassen. Es habe damit zugleich den wesentlichen Kern des Vorbringens der Antragsgegnerin als Partei des Schiedsverfahrens unberücksichtigt gelassen.
Zur Untermauerung ihres Vorbringens hat sie das Wortprotokoll über die Aussage des Zeugen … am 14. Oktober 2019 (Anlage AG 2 en) mit auszugsweiser (Anlage AG 2 de) und vollständiger (Anlagenkonvolut AG 8 de, S. 159 – 201) Übersetzung ins Deutsche vorgelegt. Sie stützt sich darauf, der Zeuge habe bekundet, dass
– er eine tragende Rolle als Berater des Rechts- und Managementteams bei der Entwicklung des Projekts und des PLDA sowie des sich über mindestens die ersten fünf Jahre erstreckenden Geschäftsplans der Vertragsparteien innegehabt habe,
– die Annahmen im Geschäftsplan sehr realistisch und erreichbar gewesen seien und er umfassende Informationen sowie Entscheidungen einer Vielzahl Beteiligter der … Unternehmensgruppe – der Unternehmensgruppe um die Antragstellerin – zum Zweck der Gestaltung und des Vollzugs der Geschäftsbeziehung eingeholt und berücksichtigt habe,
– sich die Antragstellerin strategisch entschieden habe, die Produkte der Antragsgegnerin an Verkäufe von Linearbeschleunigern („LINACs“) der … Gruppe zu koppeln;
– er davon ausgegangen sei, dass etwas mehr als 50% des Gesamtumsatzes von Linearbeschleunigern der Antragstellerin im ersten Jahr mit dem Marketing des Produkts gebündelt würden und dass „wir davon ausgingen, dass es in Märkten wie den USA“, die willens und fähig seien, das zusätzliche Entgelt aufzubringen, „sogar weitestgehend an die 100% heranreichen würde“,
– er die Annahmen hinsichtlich der Bündelung der zu vertreibenden Systeme mit dem Geschäftsführer … der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Verhandlungen des Vertragswerks sowie dessen laufender Umsetzung diskutiert habe.
Der Zeuge, der als einzige Person neben dem Geschäftsführer … den maßgeblichen PLDA mitverhandelt habe, somit zu Verständnis und Hintergrund der Regelung in Ziffer 7.4 PLDA sowie der insoweit bestehenden Erwartungshaltung der Vertragsparteien Aussagen habe machen können, habe mithin das bundling sowohl in den Einzelheiten als auch in den weiteren Zusammenhängen als wesentlich bezeugt. Die Schlussfolgerung des Schiedsgerichts, es habe keine vertragliche Verpflichtung bestanden, dass „I.“ als obligatorisches Element in der Grundausstattung der Linearbeschleuniger der Antragstellerin enthalten sein müsse (SSp. Rn. 194), beruhe auf einer fehlerhaften Erfassung und Behandlung zentralen Vorbringens der Antragsgegnerin. Diese habe nicht behauptet, die Antragstellerin sei verpflichtet gewesen, jeden Verkauf eines Linearbeschleunigers mit dem Verkauf des Produkts „I.“ zu bündeln. Ihr Argument sei vielmehr gewesen, dass es die der Antragsgegnerin vermittelte Absicht gewesen sei, eine solche Bündelung in denjenigen Ländern (wie etwa den USA) vorzunehmen, in denen dies wirtschaftlich vernünftig sei. Die Pflichtverletzung der Antragstellerin sei darin gesehen worden, dass sie dem nicht nachgekommen sei und aufgrund eines Strategiewechsels überhaupt keine Bündelung vorgenommen habe, auch nicht in Ländern, in denen eine solche Koppelung ohne weiteres wirtschaftlich möglich und sinnvoll gewesen wäre. Aus dem Fehlen einer Verpflichtung zur Bündelung in allen Verkäufen folge nicht, dass überhaupt keine Pflicht zu einer Bündelung bestanden habe. Der Denkfehler des Schiedsgerichts gehe über einen bloßen Rechtsanwendungsfehler hinaus, denn das Schiedsgericht habe ein Kernargument der Antragsgegnerin nicht wirklich reflektiert und die entsprechende Aussage des Zeugen … nicht gewürdigt. Wenn das Schiedsgericht das Zeugnis als unglaubhaft, nicht aussagekräftig oder als nicht entscheidungsrelevant, mithin als unbeachtlich befunden hätte, hätte es dies im Schiedsspruch erklären müssen. Auf eine geänderte Auffassung zur Relevanz hätte es bereits im laufenden Verfahren hinweisen und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen.
Die Antragsgegnerin meint außerdem, eine Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs wäre deshalb ordrepublicwidrig, weil der Spruch aufgrund seines Erlasses erst 16 Monate nach der mündlichen Verhandlung gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz als einer tragenden Säule des Zivilprozesses verstoße. Angesichts des Zeitablaufs stehe fest, dass der Schiedsspruch nicht mehr auf dem Eindruck von der mündlichen Verhandlung beruhen könne. Der alle Gerichtsbarkeiten übergreifende Rechtsgrundsatz, den der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in der Entscheidung vom 27. April 1993 zum Az. GmS-OGB 1/92 (NJW 1993, 2603) aufgestellt habe, sei als ordre public einzustufen. Danach sei eine Höchstfrist von fünf Monaten unabdingbar.
Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten. Den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör habe das Schiedsgericht nicht verletzt. Es habe sich mit der Frage einer Bündelungspflicht ausdrücklich befasst und die streitige Verpflichtung mit überzeugenden Argumenten abgelehnt, ohne dabei die Aussage des Zeugen … übergangen zu haben. Vielmehr habe dessen Aussage im Hinblick auf die Frage der Bündelungspflicht keine weitere rechtliche Relevanz gehabt. Denn das PLDA sehe nach seinem Wortlaut keine Bündelungspflicht vor und für eine Auslegung des wirklichen Parteiwillens gemäß § 133 BGB im Sinne einer Bündelungsverpflichtung ergäben sich aus der Aussage des Zeugen … keine Anhaltspunkte; die abweichende Interpretation der Antragsgegnerin finde in dem Wortprotokoll über dessen Aussage keine Stütze. Das Schiedsgericht habe die Aussage des Zeugen im Zusammenhang mit weiteren zur Verfügung stehenden Beweismitteln gewertet, jeden einzelnen Schritt dargelegt, den es auf dem Weg zu seiner Schlussfolgerung gegangen sei, und sei auf jeden Punkt eingegangen, den die Schiedsparteien vorgebracht hätten.
3. Am 29. Juli 2021 ist an die Parteien der Hinweis ergangen, dass es für die Vollstreckbarerklärung von maßgeblicher Bedeutung sein dürfte, ob die Antragstellerin aus der Kostenentscheidung als Gesamtgläubigerin i. S. d. § 428 Satz 1 BGB oder als Teilgläubigerin i. S. d. § 420 BGB berechtigt ist. Sie sind unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. November 2011, III ZB 19/11 (SchiedsVZ 2012, 41 Rn. 6 m. w. N.) darauf hingewiesen worden, dass der ausländische Schiedsspruch – sofern er auslegungsfähig ist – in der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung so zu konkretisieren ist, dass er die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Vollstreckungstitel äußern kann. Die Parteien haben Gelegenheit erhalten, zum zutreffenden Verständnis des Schiedsspruchs auszuführen, insbesondere unter Berücksichtigung des englischen Rechts als dem nach Art. 16.4 der Schiedsordnung des London Court of International Arbitration vereinbarten lex fori.
Die Antragstellerin meint, der Schiedsspruch genüge den Anforderungen, die bei einer Vollstreckbarerklärung an die Bestimmbarkeit der in einem ausländischen Schiedsspruch titulierten Leistungspflicht zu stellen seien. Für die Vollstreckbarerklärung sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin aus der Kostenentscheidung als Gesamtgläubigerin i. S. d. § 428 BGB berechtigt sei. Eine entsprechende Konkretisierung mit der Vollstreckbarerklärung sei nicht notwendig; ihr stünden aber auch keine Bedenken entgegen. Das zutreffende Verständnis ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Tenorierung. Mangels anteiliger Zuweisung des Kostenerstattungsanspruchs an die Schiedsbeklagten bestünden keine Anhaltspunkte für eine Teilgläubigerschaft. Vielmehr habe das Schiedsgericht den Gläubigerinnen die Auseinandersetzung über den Kostenerstattungsanspruch im Innenverhältnis überlassen. Dieses Verständnis entspreche auch dem Interesse der Kostenschuldnerin, die bei Gesamtgläubigerschaft nach eigenem Belieben an jede der Gläubigerinnen befreiend leisten könne. Daher bestehe keine Notwendigkeit, die Frage einer Gesamt- oder Teilgläubigerschaft nach englischem Recht zu prüfen. Sie trägt außerdem vor, die weitere Schiedsbeklagte habe ihre Ansprüche aus dem Schiedsspruch vom 2. März 2021 an sie, die Antragstellerin, abgetreten, und beruft sich zum Nachweis auf die an das Gericht adressierte Bestätigung der Schiedsbeklagten zu 2) vom 4. Oktober 2021 (Anlage AS 53).
Die Antragsgegnerin ist der Meinung, die Gläubigerstellung sei aus dem Schiedsspruch nicht bestimmbar. Der Wortlaut der Kostenentscheidung lasse das Beteiligungsverhältnis der beiden Gläubigerinnen offen. Die Diskrepanz zwischen dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung und dem Tenor der Kostenentscheidung müsse zur Zurückweisung des Antrags führen, denn es bestünden Zweifel an der Berechtigung der Antragstellerin ohne die weitere Schiedsbeklagte. Bei teilbaren Leistungen, wie der Geldschuld, bestehe im Zweifel Teilgläubigerschaft; Anhaltspunkte für eine Gesamtgläubigerschaft lägen nicht vor. Die Unklarheiten seien durch Auslegung nicht zu überwinden. Nach englischem Recht sei ebenfalls vorab zu bestimmen, ob die Schiedsbeklagten als joint creditors oder als joint and several creditors zu klassifizieren seien. Es gelte die Regel, dass im Falle von joint creditors alle Gläubiger an einem Verfahren bezüglich der Vollstreckung der Schuld teilnehmen müssten. Verweigere ein Gläubiger die Teilnahme, müsse ihm der zur Teilnahme gewillte Gläubiger eine Kostenerstattung anbieten. Bei fortgesetzter Verweigerung könne er von dem zur Teilnahme gewillten Gläubiger „als Mitbeklagter“ hinzugefügt werden. Die Antragstellerin habe der weiteren Schiedsbeklagten jedoch keine Kostenerstattung angeboten und die weitere Schiedsbeklagte zudem nicht „dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung“ hinzugefügt.
4. Die Antragsgegnerin hat am 7. Mai 2021 mit Blick auf ihre bei dem High Court erhobene Aufhebungsklage vom 29. März 2021 (Anlage AG 1 nebst Übersetzung) einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. VI UNÜ angebracht. Im Wesentlichen gehe es um die Rechtsfrage, ob das Schiedsgericht bei der Auslegung des PLDA gemäß dem anwendbaren deutschen materiellen Recht Umstände und damit den wirklichen Willen der Parteien aus der vorvertraglichen sowie der laufenden vertraglichen Beziehung hätte berücksichtigen und in diesem Zusammenhang die Aussage des Zeugen … im Schiedsspruch hätte würdigen müssen. Entscheidend für den übereinstimmenden Willen der Parteien seien Tatsachen, die dieser Zeuge bekundet habe. Die Erfolgsaussicht ihrer Aufhebungsklage ergebe sich insbesondere daraus, dass der von der Antragstellerin beim High Court gestellte Antrag auf frühzeitige Ablehnung der Aufhebungsklage ohne mündliche Verhandlung gemäß Mitteilung vom 10. Juni 2021 vom Richter am High Court … abgelehnt worden sei mit der Begründung, der Richter sei nicht der Auffassung, dass die Erfolgsaussichten des Antrags nach Section 68 Arbitration Act 1996 lediglich aus der Luft gegriffen seien (Anlage AG 14).
Mit Beschluss vom 26. Oktober 2021 hat der Senat diesen Aussetzungsantrag zurückgewiesen. Er hat bei seiner Ermessensbetätigung maßgeblich auf die überwiegende Erfolgsaussicht des Antrags auf Vollstreckbarerklärung auch unter Berücksichtigung der entgegenstehenden Interessen der Antragsgegnerin abgestellt. Die in der Aufhebungsklage und im Verfahren der Vollstreckbarerklärung erhobenen, im Kern gleichen Rügen, die im Verfahren der Vollstreckbarerklärung an Art. V Buchst. b) UNÜ zu messen seien, erschienen nicht in einem solchen Maße als erfolgversprechend, dass es als angebracht angesehen werden könnte, das Verfahren auszusetzen. Gegen eine Auslegungsfähigkeit des Kostenentscheids dürften keine durchgreifenden Bedenken bestehen, ohne dass es eines Rückgriffs auf englisches Recht bedürfe. Auf den Beschluss (Blatt 143/150 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.
Der Senat hat mit gleichem Beschluss die mündliche Verhandlung angeordnet und diese am 14. Dezember 2021 durchgeführt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin (erneut) einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. VI UNÜ gestellt. Sie macht geltend, die Einschätzung der Erfolgsaussichten durch den High Court hinsichtlich der Aufhebungsklage wegen serious irregularities gemäß Section 68 Arbitration Act 1996 hätten sich erheblich verbessert. Zur Begründung bezieht sie sich auf die Äußerung des Richters am High Court … in der mündlichen Verhandlung über Anträge auf Sicherheitsleistung am 12. November 2021; nach dessen wiederholter Aussage habe die Aufhebungsklage Aussicht auf Erfolg. Die Erfolgsaussichten der Aufhebungsklage könne der mit den Bestimmungen des Arbitration Act vertraute High Court besser einschätzen als ein deutsches Gericht. Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2022 hat sie das vollständige Transkript der mündlichen Verhandlung in englischer Sprache vorgelegt unter Verweis auf die mehrfachen Äußerungen des Richters am High Court … zur Erfolgsaussicht.
Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 166/170 d. A.) und auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. Art. VI des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 121 im Folgenden: UNÜ) im Hinblick auf die in England anhängige Aufhebungsklage erscheint weiterhin nicht angebracht.
Mangels vorrangig anzuwendender Staatsverträge findet das UNÜ im Streitfall Anwendung, § 1061 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. VII Abs. 1 UNÜ.
Wenn im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs ein Antrag im Sinne des Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ gestellt worden ist – wie im Streitfall mit Erhebung der Klage nach Section 68 Arbitration Act 1996 geschehen -, kann das Gericht das Verfahren der Vollstreckbarerklärung bis zum Abschluss des Verfahrens im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs aussetzen, wenn es dies für angebracht hält („if it considers it proper“), § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. Art. VI UNÜ.
Zwar hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren die im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs geltend gemachten Aufhebungsgründe – wie erforderlich (vgl. OLG München, Beschluss vom 20. Dezember 2019, 34 Sch 14/18, SchiedsVZ 2020, 145 [juris Rn. 20]) – vorgetragen. Der Aufhebungsklage kann auch eine gewisse Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Aufgrund der gerichtlichen Äußerung vom 10. Juni 2021 und der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung über die Aufhebungsklage am 16. Februar 2022 steht fest, dass der High Court über die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden wird, weil er die Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet, unter denen eine Aufhebungsklage ohne mündliche Verhandlung allein auf Basis der eingereichten Dokumente zurückgewiesen werden könnte. Hierzu müsste sich die Klage als von vornherein aussichtslos darstellen (vgl. Wittinghofer in Salger/Trittmann, Internationale Schiedsverfahren, 2019, § 24 Rn. 381). Zudem ergibt sich aus den Äußerungen des Richters am High Court … in der mündlichen Verhandlung über Anträge auf Sicherheitsleistung am 12. November 2021, dass mit ihm ein zweiter mit der Sache befasster Richter am High Court der Aufhebungsklage eine gewisse Erfolgsaussicht bescheinigt (Rn. 24 des Transkripts: „Like … J before me, who rejected the defendants’ application to strike out the section 68 challenge and concluded that he did ‘not consider that the prospects of success of the section 68 challenges are nearly fanciful’ [i. e. that the challenge had a real, as a opposed to fanciful, prospect of success], l too consider that the challenge has a real prospect of success. “; Rn. 77: “l consider that there is no merit in such attack on the merits of the section 68 challenge and that it carries at the very lowest, as … J found, more than merely fanciful prospects of success, i. e. a real prospect of success.“; Rn. 89: „l am satisfied that the section 68 challenge has been brought for proper reasons and stands a real prospect of success.“; Rn. 97: “l turn, at this point, to apply my findings to those submissions. ‘First of all, l do not consider that the section 68 challenge lacks merit’.”).
Eine erhebliche Verbesserung der Erfolgsaussichten oder gar überwiegende Erfolgsaussichten der Aufhebungsklage, wie die Antragsgegnerin meint, sind aus den Äußerungen des Richters am High Court … aber nicht abzuleiten. Eine vertiefte Prüfung der Erfolgsaussichten war nicht Gegenstand der Verhandlung über die Anträge auf Sicherheitsleistung und hat in deren Rahmen auch nicht stattgefunden. Somit bleibt es dabei, dass der Aufhebungsklage eine Erfolgsaussicht zukommt.
Die Antragsgegnerin stützt ihre Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs und ihre Verteidigung im vorliegenden Verfahren über die Vollstreckbarerklärung im Kern auf dieselben Rügen, namentlich die fehlende ausdrückliche Würdigung der Aussage des Zeugen … bei der Auslegung der Vertragspflichten unter Einbeziehung der vorvertraglichen Verhandlungen und bei der Beantwortung der Frage nach dem Bestehen und ggf. dem Umfang einer „Bündelungspflicht“ (vgl. auch die Zusammenfassung zum „ground of challenge“ in Rn. 21 des Transkripts).
Diese Rügen, die im Verfahren der Vollstreckbarerklärung an Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ zu messen sind, haben aus den unter Ziffer III. ausgeführten Gründen keinen Erfolg. Die deutschen Gerichte sind mit den nach deutschem materiellem Recht geltenden Grundsätzen über die Auslegung von Verträgen, an die der Vorwurf des Gehörsverstoßes und der serious irregularities gleichermaßen anknüpft, besser vertraut als die Gerichte im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs, die hierfür auf Gutachten zu ausländischem Recht angewiesen sind.
In dieser Sachlage übt der Senat das ihm eingeräumte Ermessen (vgl. Adolphsen in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, UNÜ Art. 6 Art. VI Rn. 2; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, Anh. § 1061 Rn. 372; Pika SchiedsVZ 2020, 147 f.) dahin aus, dass er davon absieht, das Verfahren – ggf. gegen Sicherheitsleistung – auszusetzen, um die Entscheidung im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs abzuwarten. Zwar ist ein Termin für die mündliche Verhandlung über die Aufhebungsklage vor dem High Court bereits für den 16. Februar 2022 bestimmt. Die Dauer des Verfahrens ist jedoch weiterhin ungewiss. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung hat Erfolg. Es liegt kein Grund vor, nach dem dem Schiedsspruch die Anerkennung im Inland zu versagen wäre.
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig.
a) Für den Antrag ist das Bayerische Oberste Landesgericht gemäß § 1025 Abs. 4, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 und 5 ZPO i. V. m. § 7 BayGZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung zuständig, weil kein deutscher Schiedsort besteht und die Antragsgegnerin ihren Sitz in Bayern hat.
b) Der Schiedsspruch und die Schiedsvereinbarung wurden zwar nicht in der Form des Art. IV Abs. 1 UNÜ vorgelegt. Denn die Unterschriften unter dem Schiedsspruch, von dem eine anwaltlich beglaubigte Abschrift sowie die Übersetzung durch eine staatlich geprüfte Übersetzerin der englischen Sprache gefertigt worden sind, sind nicht legalisiert; die Schiedsvereinbarung ergibt sich lediglich aus dem Zitat im Schiedsspruch (Rn. 13 f.) und der nicht von der Antragstellerin, sondern der Antragsgegnerin vorgelegten Übersetzung des PLDA (Anlage AG 8 de S. 6 – 27, dort Ziffer 22.1) sowie des DA (Anlage AG 8 de S. 28 – 34, dort Ziffer 7.1).
Diese Form genügt jedoch; die Regelungen in Art. II mit Art. IV Abs. 1 Buchst. a) und b), Abs. 2 UNÜ sind nicht als Zulässigkeitsvoraussetzungen, sondern als Beweisbestimmungen zu verstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001, III ZB 71/99 17, NJW 2001, 1730 [juris Rn. 11]; Beschluss vom 17. August 2000, III ZB 43/99, NJW 2000, 3650 [juris Rn. 8]; Wilske/Markert in BeckOK ZPO, 42. Ed. Stand: 1. September 2021, § 1064 Rn. 3; Geimer in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, Anh § 1061 UNÜ Art. IV Rn. 1; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1064 Rn. 4). Jedenfalls sind die gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ zu berücksichtigenden anerkennungsfreundlicheren Anforderungen des nationalen Rechts (§ 1064 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 ZPO) erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2003, III ZB 68/02, SchiedsVZ 2003, 281 [juris Rn. 9]). Im Übrigen sind die Schiedsvereinbarung, die Existenz und Authentizität des Schiedsspruchs sowie dessen Inhalt zwischen den Parteien unstreitig.
c) Auch im Übrigen bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags.
2. Der Antrag ist auch begründet, weil Versagungsgründe weder begründet geltend gemacht wurden noch solche, die von Amts wegen zu beachten wären, ersichtlich sind, § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 1 und Abs. 2 UNÜ.
a) Die Authentizität des in beglaubigter Abschrift vorgelegten Dokuments ist hinreichend gesichert (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO).
b) Ein Nichtanerkennungsgrund nach Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ liegt nicht vor.
Der Schiedsspruch ist zwischen den Parteien verbindlich; weder nach der Verfahrensordnung des London Court of International Arbitration noch nach dem maßgeblichen nationalen Verfahrensrecht haben die Parteien die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs, der zu einer vollumfänglichen Prüfung des Schiedsspruchs führte und dessen Verbindlichkeit ausschließen würde (vgl. BGH, NJW 2001, 1730 [juris Rn. 16]; Posek in Salger/Trittmann, Internationale Schiedsverfahren, § 23 Rn. 27; Konrad/Hunter in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 2018, VI. Kapitel: LCIA-Schiedsgericht, Art. 26 Rn. 12). Er bedarf zu seiner Verbindlichkeit auch keiner formalen staatlichen Bestätigung (Exequatur). Die Möglichkeit, im Herkunftsland des Schiedsspruchs eine dem Aufhebungsantrag gemäß § 1059 ZPO nach deutschem Recht vergleichbare Aufhebungsklage zu erheben, hier aufgrund Section 67 – 69 des Arbitration Act 1996, beseitigt die Verbindlichkeit des Schiedsspruchs zwischen den Parteien nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2006, III ZB 50/05, BGHZ 166, 278 Rn. 23; Urt. v. 14. April 1988, III ZR 12/87, BGHZ 104, 178 [juris Rn. 23]; BayObLG, Beschluss vom 22. November 2002, 4Z Sch 13/02, SchiedsVZ 2003, 142 [juris Rn. 52]; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1061 Rn. 10).
Gleiches gilt im Fall einer – wie hier – bereits erhobenen Aufhebungsklage (Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1061 Rn. 10). Art. VI UNÜ trifft als Spezialnorm eine Regelung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren für den Fall, dass eine Partei die Aufhebung des Schiedsspruchs bei der zuständigen Behörde i. S. d. Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ gestellt hat. Stellte bereits die Erhebung der Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs einen Nichtanerkennungsgrund i. S. d. Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ dar, gäbe es für Art. VI Alt. 1 UNÜ keinen Anwendungsbereich mehr. Dass noch keine Vollstreckbarerklärung im Heimatstaat erfolgt ist, ist für die Frage der Verbindlichkeit i. S. d. Art. V Abs. 1 Buchst. e) Var. 1 UNÜ ebenfalls unerheblich (vgl. Adolphsen in Münchener Kommentar zur ZPO, Art. V UNÜ Rn. 56 m. w. N.).
Eine den Schiedsspruch aufhebende Entscheidung ist im Erlassstaat bislang nicht ergangen, weshalb auch der Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. e) Var. 2 UNÜ nicht besteht. Der Spruch ist zudem nicht infolge der zum High Court of Justice erhobenen Aufhebungsklage in seiner Wirkung einstweilig gehemmt i. S. d. Art. V Abs. 1 Buchst. e) Var. 3 UNÜ, denn eine aufschiebende Wirkung hat die Erhebung der Aufhebungsklage am Schiedsort nach Section 68 Arbitration Act 1996 nicht. Für eine seine Wirkung einstweilen hemmende Entscheidung, etwa eine vorläufig vollstreckbare Entscheidung des High Court über die Aufhebung des Schiedsspruchs, ist nichts vorgetragen und nichts ersichtlich (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 20. Dezember 2019, 34 Sch 14/18, SchiedsVZ 2020, 145 Rn. 24; Adolphsen in Münchener Kommentar zur ZPO, Art. V UNÜ Rn. 56; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1061 Rn. 10; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, Rn. 30.14 a. E.; Kröll, SchiedsVZ 2021, 264 unter Verweis auf KG, Beschluss vom 23. Oktober 2019, 12 Sch 6/19).
c) Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs ist auch nicht deshalb zu versagen, weil sie dem ordre public widerspräche, Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ.
Das Vorbringen der Antragsgegnerin zusammen mit den vorgelegten Anlagen trägt den Vorwurf nicht, das Schiedsgericht habe im Zusammenhang mit der Vertragsauslegung den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt.
aa) Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und – soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft – in den Gründen zu verarbeiten. Geht ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Gründen der Entscheidung nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unubstanziiert war (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2013, 1 BvR 667/13, juris Rn. 10; BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2021, VIII ZR 91/20, juris Rn. 14 f.; Beschluss vom 26. November 2020, I ZB 11/20, juris Rn. 21; Beschluss vom 16. Januar 2020, I ZB 23/19, juris Rn. 8; Beschluss vom 29. Mai 2019, I ZB 30/19, SchiedsVZ 2019, 353 Rn. 8; Beschluss vom 13. März 2018, VI ZR 281/16, NJW 2018, 2133 Rn. 8). Setzt sich das Gericht mit dem Parteivortrag nicht inhaltlich auseinander, sondern mit Leerformeln über diesen hinweg, gilt nichts anderes (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2019, I ZB 90/18, SchiedsVZ 2020, 46 Rn. 10; Beschluss vom 7. Juni 2018, I ZB 70/17, SchiedsVZ 2018, 318 Rn. 6). Von einer Verletzung der Pflicht ist auch auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021, VI ZR 1206/20, juris Rn. 13; Beschluss vom 13. April 2021, VI ZR 493/19, NJW 2021, 1886 Rn. 8; Beschluss vom 21. Januar 2020, VI ZR 165/19, NJW 2020, 934 Rn. 7 m. w. N.). Eine Beweiswürdigung, die den Kern des zugehörigen Parteivortrags verkennt und deshalb erheblich lückenhaft ist, verletzt daher das Gebot rechtlichen Gehörs (BGH, Beschluss vom 26. Februar 2020, VII ZR 89/19, NZBau 2020, 290 Rn. 18). Zieht das Gericht bei seiner Beweiswürdigung eine erhebliche Zeugenaussage nicht in Erwägung, so verletzt die auf dem Ergebnis der Beweiswürdigung beruhende Entscheidung den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2007, IV ZR 249/06, VersR 2007, 833 Rn. 2, 13). Hat das Gericht den zur Beweiswürdigung gehaltenen Vortrag einer Partei in keiner Weise verarbeitet, ist gleichfalls anzunehmen, dass das Gericht die Ausführungen der Partei nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013, VII ZR 11/12, juris Rn. 10 f.).
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen, an denen mit Blick auf den verfahrensrechtlichen ordre public auch der Schiedsentscheid zu messen ist (vgl. BGH, Urt. v. 14. Mai 1992, III ZR 169/90, NJW 1992, 2299 [juris Rn. 12]; Urt. v. 11. November 1982, III ZR 77/81, BGHZ 85, 288 [juris Rn. 12]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Juni 2019, 26 Sch 1/19, juris Rn. 42; OLG München, Beschluss vom 14. November 2011, 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43 [juris Rn. 41]; Sandrock, BB 2001, 2173 [2175]), ist nicht erkennbar, dass das Schiedsgericht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt hätte.
(1) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nicht deshalb vor, weil sich das Schiedsgericht mit dem Inhalt der Aussage des von ihm aufgerufenen Zeugen … nicht ausdrücklich befasst hat. Denn das Gericht, auch das Schiedsgericht, ist nicht verpflichtet, im Rahmen der Beweiswürdigung auf jedes Ergebnis einer Beweiserhebung ausdrücklich einzugehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht bereits deshalb verletzt, weil das Gericht eine für eine strittige Beweistatsache unergiebige Zeugenaussage bei der Beweiswürdigung unerwähnt gelassen hat. Ist der tatsächliche Inhalt der Zeugenaussage nicht geeignet, eine strittige Tatsache zu stützen, deren Vorliegen notwendige Voraussetzung eines Anspruchs ist, kann aus deren Nichterwähnung im Rahmen der Beweiswürdigung nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe die Aussage bei der Entscheidungsfindung übergangen.
Der Inhalt der Aussage, die der Zeuge … – vormals tätig bei der Schiedsbeklagten zu 1) und hiesigen Antragstellerin – im Schiedsverfahren getätigt hat, ist nicht geeignet, die Behauptung einer vertraglichen Bündelungsverpflichtung zu stützen. Deshalb kann keine Rede davon sein, dass das Schiedsgericht eine erhebliche Zeugenaussage außer Acht gelassen habe. Dass es die Aussage des – zumal von keiner Partei benannten – Zeugen nicht ausdrücklich im Schiedsspruch erwähnt hat, erlaubt diesen Schluss im Streitfall nicht.
Im Ausgangspunkt trifft es zu, dass nach materiellem deutschem Recht das übereinstimmende Verständnis der Vertragsparteien für die Vertragsauslegung von erheblicher Bedeutung ist. Denn es gehört zu den anerkannten Grundsätzen für die Auslegung einer Individualvereinbarung, dass zwar ihr Wortlaut den Ausgangspunkt der Auslegung bildet, jedoch der übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht (BGH, Beschluss vom 5. April 2005, VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950 [juris Rn. 6] m. w. N.). Der Inhalt der vorvertraglichen Verhandlungen kann deshalb für die Auslegung eines Vertrags entscheidende Bedeutung haben (BGH, Urt. v. 19. Dezember 2001, XII ZR 281/99, NJW 2002, 1260 [juris Rn. 20] m. w. N.).
Allerdings ist nicht zu erkennen, dass der Inhalt der Zeugenaussage auch nur einen Ansatz für die strittige Behauptung der Antragsgegnerin geboten habe, die Parteien seien nach ihrem übereinstimmenden Willen von einer – gegebenenfalls regional begrenzten oder wie auch immer ausgestalteten – Bündelungspflicht ausgegangen. Dies gilt sowohl für diejenigen Teile des Wortprotokolls (Anlage AG 2 en), die die Antragsgegnerin durch gelbe Markierung hervorgehoben hat (Anlage AG 2 de), als auch für die übrige protokollierte Aussage des Zeugen (Anlagenkonvolut AG 8 Seiten 158 – 201).
Der Zeuge … hat ausweislich des Protokolls ausgesagt, er habe als Angestellter der Schiedsbeklagten zu 1) und hiesigen Antragstellerin eine tragende Rolle als Berater des Rechts- und Managementteams bei der Entwicklung des Projekts und des PLDA sowie während der ersten Jahre der Umsetzung innegehabt. Zum Abschluss eines rechtsgültigen Vertrags namens … mit der Schiedsklägerin sei er nicht befugt gewesen. Er hat weiter geäußert, dass seine Annahmen in dem von ihm erstellten Geschäftsplan auf der Grundlage umfassender Informationen erstellt worden, sehr realistisch und erreichbar gewesen seien. Nach der protokollierten Aussage handelt es sich bei diesem Geschäftsplan um eine vom Zeugen für die Antragstellerin erstellte Geschäftsprognose und insoweit – nach eigener Aussage des Zeugen – um ein Standardverfahren im Geschäftsbetrieb zu dem Zweck, so viel Kontrolle wie möglich und einen Maßstab für die Messung des Geschäfts zu haben. Für den Geschäftsplan habe er Verkaufsprognosen von …s Regionalvertretungen für fünf Jahre bereitstellen sollen und diese sodann für den Geschäftsplan verwendet. Er habe umfassende Informationen eingezogen, um zu bestimmen, was ein angemessener durchschnittlicher Verkaufspreis wäre, was die Marktprognose wäre u. a. Jede Region habe eine Business-Marketinggruppe gehabt. Er habe eine sehr tiefgehende Analyse durchgeführt, um den Geschäftsplan zu erstellen. Er denke, dass die Zahlen zum Zeitpunkt der Erstellung sehr realistisch und erreichbar gewesen seien, und vermute, dass der Vorstand von … genauso darüber gedacht habe.
In Bezug auf den Streitpunkt, ob eine Pflicht zur Bündelung angenommen worden sei, hat der Zeuge laut Protokoll geantwortet, dass für ihn die Annahme zu weit gegangen sei, dass jede Einheit zusammen mit „I.“ verkauft werden würde; insbesondere unter Berücksichtigung der Märkte wie China, Indien u. a., auf denen der Preis an oberster Stelle stehe, sei es in einer globalen Schätzung nicht angemessen zu denken, dass I. bei 100% der Geräte mit dabei sei. Deshalb sei er bei globaler Sicht von etwas mehr als 50% ausgegangen. In Märkten wie den USA seien „sie“ davon ausgegangen, dass es weitestgehend an die 100% heranreichen würde, denn dort gebe es mit Blick auf einen in der New York Times erschienenen Artikel und die dort artikulierten Sicherheitsbedenken die Bereitschaft, mehr Geld auszugeben, und man habe auch das erforderliche zusätzliche Geld zur Verfügung. Die Annahmen, die er in der Prognose aufgestellt habe, hätten auf ca. 50% basiert. Er habe vermutet, dass 50% der verkauften Linearbeschleuniger von … mit dem I.-System ausgestattet würden.
Nach Ausführungen zum konservativ geschätzten Upgrade-Potential hat der Zeuge auf die Frage des Vorsitzenden des Schiedsgerichts zum Verhältnis zwischen der Vertragserfüllung und dem Geschäftsplan („Did you refer to or use the business plan during the performance of the PLDA to compare to actual sales?“) weiter geantwortet, der Plan sei verwendet worden, allerdings nicht als Keule oder als Knüppel gegenüber der Schiedsklägerin. Er habe den Plan verwendet, um sicherzustellen, dass „wir zumindest irgendwie im Plan sind“; aber in den Jahren 2012 und 2013 sei es ziemlich offensichtlich gewesen, dass sie nicht im Plan seien und die Zahlen rechtzeitig verschoben und angepasst werden müssten; sie hätten sich aber nicht die Mühe gemacht, dies zu tun („I looked at it in my respect to make sure that we were somehow on track, but as things fell to 2012 and 2013 it was quite obvious we weren’t on track and that those numbers would have to be shifted and adjusted in time. We didn’t bother to do that.“). Zudem hat der Zeuge die Auswirkungen beschrieben, die mit der Einführung eines Konkurrenzprodukts durch den Hauptkonkurrenten verbunden gewesen seien. Er hat weiter erläutert, sie hätten sich in den ersten Jahren darauf verlassen, das Produkt („I.“) an neue Verkäufe zu koppeln; die neuen Verkäufe seien ein sehr limitierter Markt. Sobald es eine Kompatibilität mit den Schnittstellen der installierten Basen der Wettbewerber gebe, öffne sich die Tür für eine sehr große Verkaufsmenge. Allerdings habe er die Zahl sehr konservativ geschätzt, denn er habe gewusst, „wie schlecht … an installierte Basen verkaufte“.
Schließlich hat er zum Abschluss seiner Vernehmung auf die Frage zu seinen „Annahmen hinsichtlich des Bündelns“ bestätigt, dass er in Vorbereitung des Geschäftsplans und beim Aufstellen die dem Geschäftsplan zugrunde gelegten Annahmen einschließlich derjenigen, dass 50% der neuen Linearbeschleuniger mit dem I.-Produkt gebündelt würden, mit dem Geschäftsführer … der Antragsgegnerin besprochen habe. Dieser sei enthusiastischer gewesen als er, …. Sie hätten darüber debattiert, was die richtige Zahl wäre. Seine Annahmen seien also seine Annahmen gewesen und hätten sich auf seine umfassende Analyse und nicht auf die Behauptungen von … gestützt.
Aus der Aussage des Zeugen ergibt sich – anders als die Antragsgegnerin dies darzustellen versucht – nichts für die Annahme eines übereinstimmenden Vertragsverständnisses der Parteien dahingehend, dass im Umfang der Annahmen, die der Zeuge … dem Geschäftsplan zugrunde gelegt hat, eine vertragliche Verpflichtung zur Bündelung bestehe. Aus der Aussage geht vielmehr klar hervor, dass es sich bei dem vom Zeugen erstellten Geschäftsplan um eine interne, wenn auch dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin offengelegte und mit ihm diskutierte Planung für die Antragstellerin handelte, also um den Versuch einer möglichst zuverlässigen Voraussage der künftigen Entwicklung auf der Grundlage von Analysen. Der Zeugenaussage ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass die zugrunde gelegten Annahmen – etwa in Bezug auf die Möglichkeit, in bestimmten Märkten die Verkäufe neuer Linearbeschleuniger mit dem Produkt „I.“ zu bündeln – zur Vertragspflicht erhoben worden wären und das gemeinsame Verständnis der Vertragsparteien in Bezug auf den Umfang des vertraglich Geschuldeten wiedergeben würden. Für einen übereinstimmenden Parteiwillen in Bezug auf eine vertragliche Bündelungspflicht – sei es auch nur auf bestimmten Märkten oder sonst in einem bestimmbaren Umfang – ergibt sich daraus nichts.
Die Behauptung der Antragsgegnerin, der Zeuge … habe das bundling (als Vertragspflicht) „sowohl in den Einzelheiten als auch in den weiteren Zusammenhängen als wesentlich bezeugt“, wird widerlegt durch das Wortprotokoll über dessen Vernehmung. Die Beweiswürdigung, mit der das Schiedsgericht zu der Feststellung gelangt ist, die Schiedsbeklagten seien entgegen der Ansicht der Schiedsklägerin aus den geschlossenen Verträgen nicht verpflichtet gewesen, den Verkauf von „I.“ mit Linearbeschleunigern zu bündeln, erweist sich deshalb nicht wegen der unterbliebenen Erwähnung der Zeugenaussage als lückenhaft. Sie leidet aus den genannten Gründen nicht unter einer Verletzung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör.
Der Name des Zeugen … findet sich zudem an mehreren Stellen des Schiedsspruchs, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Wiedergabe der Aussagen des Geschäftsführers … der Schiedsklägerin. Die Annahme, das Fehlen einer ausdrücklichen Würdigung der – unergiebigen – Aussage des Zeugen … im Schiedsspruch deute darauf hin, das Schiedsgericht habe dessen Aussage aus dem Blick verloren und übergangen, liegt auch deshalb fern.
(2) Ohne Erfolg erhebt die Antragsgegnerin den Vorwurf, das Schiedsgericht habe seine Prüfung und Wertung am Kern ihres Vorbringens vorbei vorgenommen, denn es sei nicht darum gegangen, ob nach dem Verständnis der Parteien eine vertragliche Pflicht zur Bündelung aller LINAC-Verkäufe mit dem Produkt „I.“ bestanden habe, sondern darum, ob eine Bündelungspflicht in geringerem Umfang bestanden habe. In den Gründen des Schiedsspruchs ist die gebotene inhaltliche Auseinandersetzung mit dem wesentlichen Kern des Vorbringens der Antragsgegnerin erfolgt, wonach der Verzicht auf eine – vom Kunden nicht abwählbare – Bündelung bei Verkäufen neuer Linearbeschleuniger eine Verletzung von Vertragspflichten dargestellt habe. Das Schiedsgericht hat sich mit dem Vorwurf und in diesem Zusammenhang mit der zwischen den Parteien streitigen Frage, was nach zutreffendem Vertragsverständnis von den Schiedsbeklagten im Rahmen der Bewerbung, der Vermarktung und des Verkaufs geschuldet worden sei, inhaltlich auseinandergesetzt. Dass es zu der Wertung gelangt ist, die Schiedsbeklagten seien zu einer Bündelung vertraglich nicht verpflichtet gewesen und hätten mit ihren Bemühungen das nach dem Vertrag Geschuldete geleistet, beruht nicht auf einer Verletzung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör. Diese kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Schiedsgericht habe bei seiner Wertung den Kern ihres Vorbringens verkannt.
(a) Die Position der Antragsgegnerin ist in Rn. 169 – 172 des Schiedsspruchs zusammengefasst dargestellt. Danach mussten sich aus der Sicht der Schiedsklägerin alle Versuche zur Konkretisierung derjenigen Tätigkeiten, welche die Schiedsbeklagten im Hinblick darauf schuldeten, „I.“ zu vermarkten, zu bewerben und zu verkaufen, auf die Frage konzentrieren, was im Lichte des Vertrags zwischen den Parteien als zumutbar anzusehen sei (SSp. Rn. 169 f.). Aus Sicht der Schiedsklägerin seien die Schiedsbeklagten verpflichtet gewesen, ihr Bestes zu geben, um Interesse an dem Produkt zu wecken und es an so viele Kunden wie möglich zu verkaufen; sie hätten alle möglichen Kanäle und alle möglichen Ressourcen nutzen müssen, um ihre Pflichten zu Vermarktung, Bewerbung und Verkauf des Produkts mit allen nur denkbaren Mitteln zu erfüllen (SSp. Rn. 170). Weil nach dem Vertragsverständnis der Schiedsklägerin allein die Schiedsbeklagten dafür verantwortlich gewesen seien, „I.“ innerhalb des Einsatzgebiets der Schiedsbeklagten zu 1) – also auf dem Gebiet der Strahlenmedizin (vgl. SSp. Rn. 166) – zu bewerben, lege sie der Regelung in Ziffer 7.4 des PLDA die Bedeutung bei, dass die Werbung für „I.“ und der Verkauf des Produkts mit dem Verkauf „aller“ neuen Linearbeschleuniger der Schiedsbeklagten zu 1) gebündelt werden sollten (SSp. Rn. 171).
Mit der Bestimmung der vertraglichen Pflichten in Bezug auf Werbung, Vermarktung und Verkauf von „I.“ hat sich das Schiedsgericht sodann intensiv befasst. Es hat zunächst dargestellt, dass sich der Umfang der geschuldeten Leistungspflichten betreffend Bewerbung, Vermarktung und Verkauf daraus ergebe, was in den geschlossenen Verträgen (PLDA und DA, vgl. SSp. Rn. 176) niedergelegt worden sei, nicht hingegen aus – strittigen – Marketing-Standards in der Gesundheitsbranche (SSp. Rn. 177). Ausgehend hiervon hat es unter Bezugnahme auf konkrete Vertragsbestimmungen (Ziffer 4.1.1 DA und Ziffern 7.4, 7.8, 7.9 PLDA) begründet, dass nach dem Vertragsinhalt die Schiedsbeklagten verpflichtet gewesen seien, wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen zu unternehmen, einschließlich der in den Verträgen konkret bezeichneten Unternehmungen. Es sei gemäß Ziffer 7.4 PLDA (wörtlich wiedergegeben im SSp. Rn. 164) erwartet worden, dass der Verkauf von „I.“ in zwei Stufen angegangen werde, zunächst in Verknüpfung mit dem Verkauf neuer …-Linearbeschleuniger und der Installed Base an …-Linearbeschleuniger und dann an die Installed Base an YYY- und ZZZ-Kunden, jeweils abhängig von Kundennachfrage und Kundenzufriedenheit mit dem Produkt. Der anzulegende Standard der „wirtschaftlich zumutbaren Anstrengungen“ erfordere es entgegen der Behauptung der Schiedsklägerin nicht, alle möglichen Kanäle und alle möglichen Ressourcen zu nutzen, um „I.“ mit allen nur denkbaren Mitteln zu vermarkten oder zu bewerben und zu verkaufen. Vielmehr seien zwar erhebliche Anstrengungen erwartet worden, jedoch seien die Schiedsbeklagten nicht verpflichtet gewesen, Schritte zu unternehmen, die unter den gegebenen Umständen wirtschaftlich unzumutbar gewesen wären (SSp. Rn. 177). Somit sei der Umfang des Geschuldeten inhärent beeinflusst von der Phase der Vertragsbeziehung (SSp. Rn. 178). Das Schiedsgericht hat es deshalb für geboten erachtet, drei Phasen der Vertragsbeziehung zu unterscheiden (siehe oben Ziffer I. 1. sowie SSp. Rn. 178). Für jede Phase hat es untersucht, ob in Anbetracht der von den Schiedsbeklagten ergriffenen Maßnahmen die Pflichten aus dem PLDA und dem DA im Hinblick auf Vermarktung, Bewerbung und Verkauf von „I.“ verletzt worden seien.
In einem ersten Schritt hat das Schiedsgericht diese Frage für die Entwicklungs- und Integrationsphase verneint und dabei u. a. berücksichtigt, dass die Vermarktung von Produkten ohne vollständige behördliche Genehmigung bestimmten Einschränkungen unterlegen habe (SSp. Rn. 179 – 183).
Für die Dauer der Exklusivitätsfrist, beginnend mit der ersten Fertigstellungsanzeige zu „I.“ und laufend bis zum vertraglich vereinbarten Datum, hat das Schiedsgericht sodann den Pflichtenumfang hinsichtlich des Verkaufs unter Berücksichtigung des Umstands geprüft, dass die Schiedsbeklagte zu 1) in dieser Phase die einzig mögliche Vertriebsgesellschaft für das Produkt „I.“ gewesen sei (SSp. Rn. 185). Es hat ausgeführt, auch in Ansehung des von … – der Schiedsbeklagten zu 1) – erklärten Einverständnisses, den Verkauf des I.-Systems beginnend mit Verkäufen in Verknüpfung mit dem Verkauf neuer eigener Linearbeschleuniger stufenweise anzugehen, hätten weder die Schiedsparteien vereinbart noch habe sich die Schiedsbeklagte zu 1) dazu verpflichtet, während der Exklusivitätsfrist eine bestimmte Mindestanzahl an Verkäufen von „I.“ zu tätigen. Es hat in seine Beurteilung die Tatsache einbezogen, dass den Schiedsbeklagten für den Fall, dass sie nicht alle der in der Mindestmengenverpflichtung geplanten Einheiten abnehmen, die vertragliche Option eingeräumt gewesen sei, nach ihrer Wahl 70% des der Schiedsklägerin geschuldeten Preises zu zahlen statt die Einheiten zu kaufen. Ihre Pflicht zum Verkauf des Produkts habe die Schiedsbeklagte zu 1) somit nicht verletzt, obwohl sie eine deutlich geringere Anzahl verkauft habe, als ursprünglich gemäß der vereinbarten Mindestmengenverpflichtung geplant oder im Business Plan vorgesehen gewesen sei (SSp. Rn. 185).
Damit hat sich das Schiedsgericht gegen die Wertung der Schiedsklägerin gestellt, aus Ziffer 7.4 des PLDA ergebe sich eine Bündelungspflicht – sei es im Umfang der vereinbarten Mindestmengenverpflichtung oder im Umfang der im Business Plan veranschlagten Menge – bei Verkäufen neuer …-Linearbeschleuniger.
Allerdings seien die Schiedsbeklagten zu wirtschaftlich zumutbaren Anstrengungen einschließlich der im Vertrag selbst genannten Repräsentation auf großen Fachmessen, zur Einrichtung von Referenzstandorten, Durchführung von Schulungen und Herstellung von Marketing-Material verpflichtet gewesen (SSp. Rn. 186).
Das Schiedsgericht hat dieser Beschreibung der vertraglichen Pflichten die umfangreichen Vermarktungsbemühungen der Schiedsbeklagten während der Exklusivitätsphase gegenübergestellt, aufgezählt in Rn. 187 des Schiedsspruchs, und unter anderem angeführt, dass die Schiedsbeklagten auch finanzielle Anreize für ihr Verkaufsteam eingeführt haben, um den Verkauf von „I.“ zu fördern; diese hätten für die Verkaufsmitarbeiter in Europa, den Vereinigten Staaten und Asien gegolten. Abschließend ist das Schiedsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schiedsbeklagten ihre Pflicht, wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen zu unternehmen, um „I.“ den Vorschriften des PLDA und DA entsprechend zu bewerben, zu vermarkten und zu verkaufen, während der Exklusivitätsfrist nicht verletzt haben (SSp. Rn. 188).
In einem weiteren Untergliederungspunkt ist das Schiedsgericht der Frage nachgegangen, ob die Bündelung von „I.“ mit Verkäufen von Linearbeschleunigern der Schiedsbeklagten zu 1) für die Dauer der Exklusivitätsfrist zur vertraglichen Pflicht erhoben worden war (SSp. Rn. 189 – 194). Es hat die Aussage des Geschäftsführers der Schiedsklägerin – … – auszugsweise wiedergegeben, wonach dieser eine Bündelung für erforderlich gehalten und den Schiedsbeklagten vorgeworfen habe, das Produkt („I.“) und den mit ihm verbundenen Patientenschutz zum eigenen Vorteil für die Bewerbung der Linearbeschleuniger der Schiedsbeklagten zu 1) genutzt zu haben, aber beim Verkauf die Patientensicherheit vernachlässigt und nicht auf dem verpflichtenden Kauf von „I.“ bestanden zu haben. Es hat die Antwort des Geschäftsführers auf seine ihm vorgehaltene schriftliche Bitte um Bündelung, gerichtet an den Leiter Produktmanagement …, wiedergegeben, wonach der Geschäftsführer bestätigte, Herrn … gefragt zu haben, „ob das möglich wäre“ (SSp. Rn. 190). Im Wortlaut wiedergegeben ist auch die als Frage formulierte Bitte selbst (SSp. Rn. 192: „could you potentially bundle I. with …?“ adding that „it would make sens from a safety point of view and would make the market introduction a lot easier. What do you think?“, auf Deutsch: „Könnten sie eventuell I. mit … bündeln?“ und „das wäre unter Sicherheitsaspekten sinnvoll und würde die Markteinführung erheblich erleichtern. Was meinen Sie?“). Gestützt auf diese Argumente hat es die Überzeugung geäußert, die Schiedsbeklagte zu 1) habe sich zwar im PLDA damit einverstanden erklärt, ihre Verkäufe des Produkts „I.“ mit dem Verkauf ihrer Linearbeschleuniger zu verknüpfen oder zu bündeln, aber keine Verpflichtung übernommen. Eine vertragliche Verpflichtung zur Bündelung des Produkts mit allen ihren Verkäufen von Linearbeschleunigern sei sie nicht eingegangen; Ziffer 7.4 PLDA bringe eine solche Bündelungspflicht nicht zum Ausdruck. Die oben wiedergegebene Korrespondenz und der weitere im damaligen Zeitraum geführte E-Mail-Verkehr spiegele das Verständnis der Parteien wider (SSp. Rn. 191 f.). Selbst der anwaltliche Vertreter der Schiedsklägerin habe im Eröffnungsplädoyer von einer gemeinsamen Erwartung der Parteien einer Bündelung, nicht aber von einem gemeinsamen Verständnis einer entsprechenden Verpflichtung gesprochen (SSp. Rn. 192). Auch die weiteren in Rn. 193 des Schiedsspruchs angeführten Umstände – der Business Plan und die Mindestmengenverpflichtung – stünden mit diesem Verständnis im Einklang (SSp. Rn. 193).
Für die Zeit nach Ablauf der Exklusivitätsfrist hat das Schiedsgericht eine alleinige Verpflichtung der Schiedsbeklagten zur Vermarktung von „I.“ verneint und auf der Grundlage der diese Phase kennzeichnenden Umstände geprüft, was als „wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen“ anzusehen sei. Es hat unter Berücksichtigung des Reifegrads des Produkts mit detaillierten Argumenten seine Auffassung begründet, dass es objektiv aus kaufmännischer, technischer und Marktsicht für die Schiedsbeklagten wirtschaftlich sinnvoll gewesen sei, Aktivitäten im Hinblick auf Vermarktung, Werbung und Verkauf von „I.“ am Ende der Exklusivitätsfrist zurückzuziehen (SSp. Rn. 204 – 214).
(b) Das Schiedsgericht hat die Kernargumentation der Schiedsklägerin betreffend eine Bündelungspflicht somit aufgegriffen und ist den Gesichtspunkten nachgegangen, unter denen eine Bündelungspflicht auf der Grundlage eines übereinstimmenden Vertragsverständnisses hätte angenommen werden können. Indem es zunächst das maßgebliche Kriterium („wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen“) für die Bestimmung des nach den Verträgen Geschuldeten herausgearbeitet hat, hat es den Streit darüber, ob die entfalteten Bemühungen diesem Maßstab gerecht geworden sind, beantwortet und bejaht. Daneben hat es die Frage beleuchtet, ob die Schiedsbeklagten eine vertragliche Verpflichtung zur Bündelung eingegangen sind. Es ist insbesondere auf der Grundlage der Aussage, die der Geschäftsführer … gemacht hat, zu dem Ergebnis gelangt, dass es kein übereinstimmendes Verständnis der Vertragsparteien im Sinne einer Bündelungsverpflichtung gegeben habe, und keine Pflichtverletzung darin gesehen, dass eine deutlich geringere Anzahl verkauft worden sei, als ursprünglich im Business Plan vorgesehen gewesen sei.
Auch wenn das Schiedsgericht dabei nicht ausdrücklich ausgeführt hat, zu den wirtschaftlich zumutbaren Anstrengungen habe es nicht gezählt, die Verkäufe hochwertiger Linearbeschleuniger in wirtschaftlich stärkeren Regionen mit „I.“ zu bündeln, hat es doch mit detaillierten Ausführungen begründet, dass nach seiner Wertung die unternommenen umfangreichen Bemühungen während der Exklusivitätsfrist dem wirtschaftlich Zumutbaren entsprochen haben und dass nach Ablauf der Exklusivitätsfrist die Schiedsbeklagten zum Rückzug berechtigt waren. Indem es die unternommenen Bemühungen als ausreichend für die Erfüllung der Vertragspflicht, „wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen“ zu unternehmen, angesehen hat, hat es weiterreichende Verpflichtungen – einschließlich einer nicht ausdrücklich erwähnten Bündelungspflicht für bestimmte Absatzmärkte – abgelehnt. Es hat außerdem unter Würdigung insbesondere der Aussage des Geschäftsführers … begründet, dass es zwar gemeinsame Erwartungen der Vertragsparteien gegeben habe, wie aus dem Business Plan ersichtlich, aber kein übereinstimmendes Vertragsverständnis in Bezug auf eine Bündelungsverpflichtung. Dass das Schiedsgericht dabei der Vertragsauslegung und der Wertung der Antragsgegnerin nicht gefolgt ist, die es als Verletzung des PLDA angesehen hat, auf eine Bündelung in den wirtschaftlich stärkeren Ländern zu verzichten, begründet keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das (Schieds-)Gericht nicht, der Ansicht der Partei zu folgen.
(c) Hinzu kommt ein Weiteres:
Das Schiedsgericht hat den Parteien die Fragen, die es an den Zeugen … zu stellen beabsichtigte, vorab durch Übermittlung der Frageliste (Anlagenkonvolut AG 8 de Seiten 238 – 239 bzw. AG 8 en Seiten 406 – 407) bekannt gegeben, darunter unter Ziffer 24 folgende Frage („Had it been envisaged or planned to bundle I. with the sale of every new Linac by …?“; in deutscher Übersetzung): War es vorgesehen oder geplant, I. mit dem Verkauf jedes neuen LINAC von … zu bündeln?
Die Frage ist ausweislich des Protokolls über die Zeugenvernehmung unverändert gestellt worden (Anlagenkonvolut AG 8 de Seiten 179 Zeilen 6 – 7).
Den Inhalt dieser Frage, insbesondere den auf den Verkauf jedes neuen …Linearbeschleunigers gelegten Fokus, hat die Antragsgegnerin im Schiedsverfahren weder vor noch in der Zeugenvernehmung beanstandet. Ihr während der Beweisaufnahme anwesender anwaltlicher Vertreter hat auch am Ende der Zeugenbefragung keine ergänzende Frage dahin gestellt, ob eine Bündelungspflicht zwar nicht für alle Verkäufe von Linearbeschleunigern, aber für einen Teil der Verkäufe – etwa auf bestimmten Märkten – übereinstimmender Parteiwille gewesen sei. Vielmehr hat er ausdrücklich angegeben, keine Fragen an den Zeugen zu haben (Anlagenkonvolut AG 8 de Seite 198 Zeilen 4 – 7).
Selbst wenn die Frage nicht in Übereinstimmung mit dem opening statement der Schiedsklägerin in der mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 2019 (auszugsweise vorgelegt als Anlage AG 24 de) formuliert gewesen sein sollte, kann die angeblich fehlerhafte Erfassung und Behandlung zentralen Vorbringens nicht erstmals im Verfahren der Vollstreckbarerklärung mit Erfolg geltend gemacht werden, denn die Antragsgegnerin hatte die Möglichkeit und es war ihr auch zumutbar, bereits im Schiedsverfahren der nunmehr behaupteten Gehörsverletzung dadurch entgegenzuwirken, dass sie auf das angebliche Fehlverständnis, das aufgrund der Frageformulierung offen zu Tage gelegen hätte, aufmerksam macht und sachgerechte Ergänzungsfragen an den Zeugen richtet (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2017, I ZB 1/16, SchiedsVZ 2017, 317 Rn. 26; auch BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020, VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 15 zur Zulassung der Revision bei
Gehörsverstoß). Hat sie davon trotz aktiver Beteiligung am Schiedsverfahren keinen Gebrauch gemacht, so widerspricht die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht der deutschen öffentlichen Ordnung.
Die Frage war außerdem geeignet, eine Aussage des Zeugen … über den Umfang einer etwaigen vertraglichen Bündelungspflicht zu erlangen. Denn auf die Frage, ob es vorgesehen oder geplant war, I. mit dem Verkauf jedes neuen LINAC von … zu bündeln, wäre eine nur auf bestimmte Märkte bezogene Antwort über eine Bündelungsverpflichtung bei entsprechender Sachlage zu geben gewesen. Die bereits oben (II. 2. c] bb] [1]) dargestellte Antwort des Zeugen auf die Frage gibt allerdings für die Annahme einer Bündelungsverpflichtung in Bezug auf eine bestimmte Quote oder auf bestimmte Märkte nichts her, sondern belegt lediglich eine nicht zur Verpflichtung erhobene, sondern der Zielplanung zugrunde gelegte und mit der Vertragspartnerin kommunizierte prognostische Erwartung.
(3) Zu Unrecht sieht sich die Antragsgegnerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör zudem deshalb verletzt, weil eine Überraschungsentscheidung vorliege.
Art. 103 Abs. 1 GG begründet weder eine allgemeine Aufklärungs- und Fragepflicht des (Schieds-)Gerichts noch einen allgemeinen Anspruch der Parteien auf ein Rechtsgespräch.
Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG wegen unzulässiger Überraschungsentscheidung liegt allerdings vor, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte, oder wenn das Gericht von einer zuvor mitgeteilten Rechtsmeinung ohne vorherigen Hinweis abweicht (BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2018, 2 BvR 549/17, juris Rn. 4, 6 m. w. N.; Beschluss vom 19. Mai 1992, 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133 [juris Rn. 36]; BGH, Beschluss vom 24. September 2019, VI ZR 418/18, NJW-RR 2020, 188 Rn. 8; Urt. v. 11. November 1982, III ZR 77/81, BGHZ 85, 288 [juris Rn. 13]). Nichts anderes gilt, wenn das Gericht einen Sachverhalt oder ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnte (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2020, VIII ZR 171/19, NJW 2020, 2730 Rn. 13).
Solche Verstöße liegen jedoch nicht vor.
Im Streitfall geht es nicht darum, dass das Schiedsgericht seine Auffassung zur Relevanz des Zeugen … geändert hätte, sondern darum, dass die Aussage des Zeugen keinen Anhaltspunkt für die streitige Behauptung erbracht hat, die Parteien seien nach ihrem übereinstimmenden Willen von einer Bündelungspflicht ausgegangen. Eine Abkehr von einer zuvor zu erkennen gegebenen Rechtsauffassung und eine dadurch ausgelöste Hinweispflicht sind daher nicht ersichtlich.
Die LCIA Arbitration Rules (2014 und 2021) verpflichten das Schiedsgericht zudem grundsätzlich nicht dazu, im Anschluss an die Beweisaufnahme seine vorläufige Beweiswürdigung mitzuteilen. Unter dem Blickwinkel des ordre public ist eine Mitteilung mithin nur zu verlangen, wenn sie zur Vermeidung einer nach Art. 103 Abs. 1 GG unzulässigen Überraschungsentscheidung erforderlich ist, weil die unterlegene Partei nach dem Verlauf der Beweisaufnahme nicht damit rechnen musste, dass das Gericht den Beweis als nicht geführt ansehen wird (vgl. BGH, Urt. v. 15. April 2016, V ZR 42/15, NJW 2016, 3100 Rn. 33 – zu § 279 Abs. 3, § 139 Abs. 1 ZPO).
Mit Blick auf den Inhalt des Protokolls über die Aussage des Zeugen … ist im Streitfall allerdings nicht erkennbar, dass es eines Hinweises zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung bedurft hätte, denn für einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien in Bezug auf eine verpflichtende Bündelung des Verkaufs neuer Linearbeschleuniger mit dem Produkt „I.“, sei es auch nur in begrenztem Umfang, ergibt sich daraus – wie ausgeführt – nichts.
d) Der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs steht auch die Länge der Zeitspanne zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung, die ausweislich Rn. 85 des Schiedsspruchs an sieben Tagen in der Zeit vom 9. bis 11. und 14. bis 17. Oktober 2019 stattgefunden hat, und dem Erlassdatum am 2. März 2021 nicht entgegen.
Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass zwischen dem letzten Tag der mündlichen Verhandlung und dem Erlass des Urteils eine Frist von höchstens fünf Monaten liegen dürfe, gehört nicht zum verfahrensrechtlichen ordre public. Dies würde voraussetzen, dass die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs, der erst nach Ablauf einer längeren als der genannten Frist ergangen ist, mit wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung oder mit einem dort als grundlegend anerkannten Recht offensichtlich unvereinbar ist. Erforderlich wäre eine Verletzung elementarer Grundlagen der deutschen Rechtsordnung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020, I ZB 88/19, SchiedsVZ 2021, 46 Rn. 16 m. w. N.). Ein Versagungsgrund wäre gegeben, wenn die Entscheidung des ausländischen Schiedsgerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen wäre, das sich von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße entfernte, dass nach der deutschen Rechtsordnung das Urteil nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden könnte.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Eine grundlegende Wertentscheidung des deutschen Gesetzgebers in Bezug auf eine maximale Zeitspanne von fünf Monaten zwischen dem letzten Tag der mündlichen Verhandlung und dem Erlass der Entscheidung oder deren Begründung existiert nicht. Bereits die Regelung in § 275 Abs. 1 StPO, die in Strafverfahren mit einer Vielzahl von Verhandlungstagen zu langen Absetzungsfristen führen kann, zeigt das Gegenteil auf. Zudem war das Schiedsgericht nach Schluss der mündlichen Verhandlung weiter mit dem Verfahren befasst, nicht nur mit der Beratung und Abfassung des Schiedsspruchs selbst, sondern in diesem Zusammenhang auch mit den abschließenden Statements der Schiedsparteien und deren Kostenaufstellungen. Der Zeitraum bis zum Erlass des umfangreichen Schiedsspruchs in einer komplexen Angelegenheit, die neben dem im vorliegenden Verfahren herausgegriffenen Aspekt eine Reihe weiterer Streitpunkte umfasste, gibt keine Veranlassung zur Annahme, der Spruch beruhe nicht auf dem unmittelbaren Eindruck von der Beweisaufnahme.
e) Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs ist schließlich auch nicht wegen Unbestimmtheit des Urteilsausspruchs zu versagen, denn der Spruch erweist sich aus sich heraus als auslegungsfähig. Der Senat ist daher befugt, den Tenor der schiedsrichterlichen Entscheidung zu konkretisieren und auf diese Weise den Anforderungen des deutschen Zwangsvollstreckungsrechts entsprechend zu fassen.
Die Entscheidung, die den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, stellt gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO einen Vollstreckungstitel dar. Sie hat deshalb den innerstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln zu entsprechen (BGH, Beschluss vom 30. November 2011, III ZB 19/11, SchiedsVZ 2012, 41 Rn. 6). Sind mehrere Personen Gläubiger des titulierten Anspruchs, so muss nach deutschem Vollstreckungsrecht im Titel ausgesprochen werden, wie viel jeder einzelne Gläubiger verlangen kann oder ob unter ihnen Gesamtgläubigerschaft besteht, um eine sonst bestehende Unklarheit des Vollstreckungstitels zu vermeiden (vgl. auch KG, Beschluss vom 23. Januar 2008, 5 W 206/07, juris Rn. 5; Seibel in Zöller, ZPO, § 704 Rn. 11; von König in von König, Zivilprozess- und Kostenrecht, 3. Aufl. 2017, Rn. 634 jeweils zu Kostenfestsetzungsbeschlüssen).
Diese Anforderungen gelten allerdings nur hinsichtlich der im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu treffenden Entscheidung. Daher ist es nicht geboten, den im Ausland ergangenen Schiedsspruch allein deshalb nicht für vollstreckbar zu erklären, weil er den innerstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen für Vollstreckungstitel nicht genügt. Erweist sich der Schiedsspruch als auslegungsfähig, ist er vielmehr – gegebenenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme zum ausländischen Recht – ohne inhaltliche Änderung der Verurteilung so zu konkretisieren, dass er die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern kann (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2019, I ZB 30/19, juris Rn. 8 m. w. N.; SchiedsVZ 2012, 41 Rn. 6 m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 29. Oktober 2020, 1 Sch 90/20, juris Rn. 18 m. w. N.; Wilske/Markert, BeckOK ZPO, § 1061 Rn. 67; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1060 Rn. 24, 24a). Nur wenn dies im Einzelfall nicht zuverlässig möglich ist, muss der Antrag zurückgewiesen werden, weil es dem deutschen ordre public widersprechen würde, eine zu vollstreckende Anordnung zu erlassen, die von den Vollstreckungsorganen nicht ausgeführt werden kann (BGH SchiedsVZ 2012, 41 Rn. 6; Beschluss vom 4. März 1993, IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16 [juris Rn. 18]).
Da nach dem Wortlaut der Kostenentscheidung des Schiedsspruchs die ausgeurteilten Beträge von der Schiedsklägerin an eine Mehrzahl von Gläubigern – „die Schiedsbeklagten“ – zu zahlen sind, ohne dass allein aus dieser Formulierung hervorginge, zu welchem Anteil am Gesamtbetrag und somit in welcher konkret bezifferten Höhe die einzelnen Schiedsbeklagten jeweils berechtigt sind oder ob jeder von ihnen Zahlung in voller Höhe mit befreiender Wirkung auch gegenüber dem anderen Berechtigten verlangen und entgegennehmen kann oder ob an beide Berechtigte in gesamthänderischer Verbundenheit zu leisten ist, genügt die Formulierung nicht den innerstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen an Vollstreckungstitel.
Zur Auslegung des Schiedsspruchs ist der Senat befugt; das gilt auch für einen ausländischen Schiedsspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2016, I ZB 76/15, SchiedsVZ 2016, 343 Rn. 24 – zur Auslegungskompetenz des Rechtsbeschwerdegerichts). Die Begründung des Schiedsspruchs enthält zwar wenige, aber hinreichende Anknüpfungspunkte, die eine zweifelsfreie Feststellung des Inhalts der Verurteilung ermöglichen und somit die Befugnis eröffnen, die nach deutschem Zwangsvollstreckungsrecht erforderliche Konkretisierung des objektiven Inhalts der Entscheidung vorzunehmen. Deshalb liegt keine Mehrdeutigkeit des Schiedsspruchs vor, deren Bereinigung nach Section 57 (3) (a) Arbitration Act 1996 dem Schiedsgericht obläge.
Die in der tatbestandlichen Darstellung wiedergegebenen Passagen aus der Begründung des Schiedsspruchs, die sich mit der Kostenanmeldung der Schiedsbeklagten befassen (oben Ziffer I. 1.), ergeben hinreichend deutlich, dass das Schiedsgericht keine anteils- oder betragsmäßige Differenzierung in Bezug auf die von der jeweiligen Schiedsbeklagten zu beanspruchende Kostenerstattung im Blick hatte, sondern den Schiedsbeklagten die Stellung von Gesamtgläubigern zugewiesen hat, denen es überlassen bleibt, eine etwaige Ausgleichung im Innenverhältnis in eigener Initiative und ohne Einmischung des Schiedsgerichts zu regeln, während die zur vollen Kostenerstattung verpflichtete Schiedsklägerin an eine beliebige Partei schuldbefreiend leisten kann.
Das Schiedsgericht hat auf die Grundregel in Section 61 Arbitration Act 1996 abgestellt und entschieden, dass die Umstände der Streitsache keine Veranlassung gäben, hiervon abzuweichen. Deshalb sei die Schiedsklägerin, die in vollem Umfang (dazu: Konrad/Hunter in Schütze, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel VI: LCIA-Schiedsregeln, Art. 28 Rn. 12; Wittinghofer in Salger/Trittmann, Internationale Schiedsverfahren, § 24 Rn. 371) unterlegen sei, zur Kostenerstattung in vollem Umfang verpflichtet. Aus der Schilderung des Verfahrens über die Kostenanmeldung geht darüber hinaus hervor, dass es eine Kostenaufstellung der Schiedsbeklagten gab (SSp. Rn. 237 mit Fn. 304), mithin eine Aufstellung derjenigen außerschiedsgerichtlichen Kosten, die den von gemeinsamen Anwälten vertretenen Streitgenossinnen für ihre Verteidigung im Schiedsverfahren entstanden sind. Somit beruht der ausgeurteilte Gesamtbetrag nicht auf einer vom Schiedsgericht vorgenommenen Zusammenrechnung getrennter Kostenaufstellungen der Schiedsbeklagten zu 1) und 2), sondern darauf, dass die Schiedsbeklagten von vorneherein nur eine gemeinsame Aufstellung ohne Differenzierung nach einzelnen Beiträgen eingereicht und Erstattung in der mitgeteilten Höhe verlangt haben. Daraus ergibt sich mit hinreichender Gewissheit, dass es das Schiedsgericht angesichts dieser Form der Kostenanmeldung nicht als geboten angesehen hat, eine Aufteilung der Kosten unter den Schiedsbeklagten vorzunehmen, sondern sich dazu veranlasst gesehen hat, die allein das Innenverhältnis zwischen den Schiedsbeklagten betreffende Regelung den obsiegenden Streitgenossinnen selbst zu überlassen. Weder hat sich das Schiedsgericht mit einer Aufteilung befasst, noch sollte die zur Erstattung des Gesamtbetrags verpflichtete Schiedsklägerin mit der Frage, wer im Innenverhältnis zu welchem Beitrag oder gegebenenfalls alleine verpflichtet und entsprechend zur Erstattung berechtigt ist, belastet sein.
Hätte das Schiedsgericht eine anteilige Erstattungspflicht ausurteilen wollen, hätte es nach Section 63 (3) Arbitration Act 1996, Art. 28.3 LCIA Arbitration Rules die konkreten Beträge angeben und auf die Schiedsbeklagten verteilen müssen (vgl. auch Konrad/Hunter in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel VI: LCIA-Schiedsregeln, Art. 28 Rn. 9 f.; Wittinghofer in Salger/Trittmann, Internationale Schiedsverfahren, § 24 Rn. 373). Dass es hiervon – der Kostenanmeldung der Schiedsbeklagten folgend – abgesehen, aber dennoch über die Höhe des insgesamt erstattungsfähigen und -pflichtigen Betrags inhaltlich entschieden hat, lässt nur ein Verständnis dahingehend zu, dass die Gläubigerinnen nicht im Sinne einer Anteilsgläubigerschaft nach deutschem Recht, § 420 BGB, berechtigt sein sollen. Vielmehr sollte die Kostenschuldnerin durch Zahlung des gesamten Betrags an eine der beiden Kostengläubigerinnen frei werden.
Dass die Kostenschuldnerin zur Auswahl einer Zahlungsempfängerin unter den beiden Kostengläubigerinnen berechtigt sein sollte, nicht hingegen verpflichtet werden sollte, an beide Gläubigerinnen in gemeinschaftlicher Verbundenheit zu zahlen, folgt mit hinreichender Gewissheit aus dem dem Kostenausspruch zugrunde liegenden Gegenstand des Schiedsverfahrens. Beide Schiedsbeklagte waren als Gesamtschuldnerinnen wegen angeblicher Verletzung von Vertragspflichten auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Für eine derartige rechtliche Verbundenheit unter ihnen, die eine gesamthänderische Bindung des Kostenerstattungsanspruchs auch nur nahelegen könnte, ist deshalb nichts ersichtlich. Ein solches Verständnis der Kostenfestsetzung durch das Schiedsgericht scheidet deshalb aus.
Im deutschen Recht entspricht die von den beschriebenen Merkmalen gekennzeichnete Position der Kostengläubigerinnen derjenigen von Gesamtgläubigerinnen i. S. v. § 428 BGB. Danach ist jede von ihnen berechtigt, die ganze Leistung zu fordern, die Kostenschuldnerin hat die Leistung aber nur einmal zu bewirken. In diesem Sinn ist der Kostenausspruch des Schiedsgerichts zu verstehen, wie sich aus den dargestellten Gründen aus dem Schiedsspruch selbst ergibt.
Dass nach deutschem Recht die Kostenfestsetzung den Regeln über die Anteilsgläubigerschaft gefolgt wäre (vgl. BGH, Beschl v. 20. Juni 2017, NJW-RR 2018, 124 Rn. 16 f.; Goldbeck in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 100 Rn. 12), kann die Auslegung des ausländischen Schiedsspruchs nicht beeinflussen.
Da der Schiedsspruch – wie ausgeführt – zuverlässige Hinweise darauf enthält, welchen Inhalt der Kostenausspruch nach dem eigenen Verständnis des Schiedsgerichts hat, bedarf es keines Rückgriffs auf englisches Recht zum Zwecke der Auslegung.
Bereits im Ansatz ohne Bedeutung sind zudem die von der Antragsgegnerin angesprochenen Regeln der Vollstreckung einer Forderung im Fall von joint creditors nach englischem Recht. Das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist kein Vollstreckungsverfahren, sondern ein der Vollstreckung vorgeschaltetes Erkenntnisverfahren besonderer Art (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013, III ZB 40/12, SchiedsVZ 2013, 110 Rn. 14; OLG Köln, Beschluss vom 21. März 2014, 11 U 223/12, juris Rn. 60; OLG Naumburg, Beschluss vom 8. Juni 2010, 10 Sch 2/10, SchiedsVZ 2010, 277 [juris Rn. 14 f.]). Die Vollstreckungsvoraussetzungen müssen in diesem Stadium nicht vorliegen, erst recht nicht diejenigen eines anderen als des Vollstreckungsstaates.
Gemäß der Rechtsposition, die den Schiedsbeklagten im Schiedsspruch hinsichtlich der Kostenforderung zugesprochen worden ist, ist die Antragstellerin auch alleine berechtigt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu stellen. Einer Mitwirkung der Schiedsbeklagten zu 2) bedarf es nicht. Dahinstehen kann, ob die Abtretung aller aus dem Schiedsspruch für die Schiedsbeklagte zu 2) resultierenden Ansprüche an die Antragstellerin (Anlage AS 53) zu demselben Ergebnis führt.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 und 3 ZPO anzuordnen.
Der Streitwert wird mit dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen festgesetzt, § 3 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018, I ZB 12/17, juris Rn. 4).
V.
Es ergeht folgende


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