Europarecht

Erhebung von Gebührensätzen nach EU-Verordnung – Fleischhygiene

Aktenzeichen  Au 6 K 17.1313

Datum:
9.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11266
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EG) Nr. 822/2004  Art. 5, Art. 27, Art. 32
VO (EG) 999/2001 Art. 20
BayGDVG Art. 1, Art. 2, Art. 4, Art. 21b
KG Art. 5, Art. 6
GG Art. 72, Art. 74

 

Leitsatz

1. Art. 27 Abs. 12 VO (EG) 882/2004 vermittelt keinen Drittschutz; die Notifikation stellt nur eine objektive Rechtsverpflichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der Kommission allein zum Zweck der Vollzugskontrolle, nicht zum Drittschutz des einzelnen Gebührenschuldners dar und regelt kein mitgliedschaftliches Verhalten zur Begünstigung oder Förderung individueller Interessen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Erhebung von Gebühren über die Mindestgebühren hinaus findet ihre Ermächtigungsgrundlage direkt in Art. 26 und Art. 27 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 lit. a VO (EG) 882/2004, so dass es hierfür keiner gesonderten nationalen Ermächtigung mehr bedarf. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide im beantragten Umfang ist unbegründet, da die Bescheide insoweit nicht rechtswidrig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gegenstand der Klage ist die Erhebung von Fleischuntersuchungsgebühren, die über die Mindestgebühren nach Anhang IV Abschnitt B der VO 882/2004/EG hinausgehen, also nicht die darin enthaltenen Mindestgebühren und jene Kosten für BSE-Probenentnahmen, die im Einklang mit Art. 27 Abs. 10 VO 882/2004/EG auf Art. 20 Abs. 1 VO 999/2001/EG beruhen.
1. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind formell rechtmäßig.
a) Die Zuständigkeit des Beklagten für die Erhebung von Gebühren nach Art. 27 VO 882/2004/EG durch das staatliche Landratsamt ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 Nr. 2, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 und Art. 21b BayGDVG (Bayerisches Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG (Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz).
b) Die fehlende vorherige Anhörung des fleischverarbeitenden Betriebs nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist durch die Äußerungsmöglichkeit im Widerspruchsverfahren nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt worden.
c) Verstöße gegen die Formvorschriften des Art. 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG liegen nicht vor, denn die knappe Begründung der Bescheide ermöglicht die Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung.
Zwar beinhaltet Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG grundsätzlich die Pflicht der bescheidenden Behörde, Verwaltungsakte mit einer hinreichenden Begründung zu versehen, doch besteht dieses Erfordernis nicht unbegrenzt. So sieht das Gesetz in Art. 39 Abs. 2 BayVwVfG für bestimmte Fälle Ausnahmen von der Begründungspflicht vor. Unabhängig von der Frage, ob hier nicht bereits die Ausnahmeregelungen des Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG (Kenntnis oder Erkennbarkeit der Gründe) oder zumindest die Ausnahme des Art. 39 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG (Vielzahl gleichartiger und automatisiert erstellter Verwaltungsakte) in Betracht kommen, wäre ein etwaiger Fehler in der Begründung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG durch die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids geheilt worden. Denn nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht zur Nichtigkeit führt, unbeachtlich, wenn sie bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird. Erfolgt die Nachholung im Falle der fehlenden Begründung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens, so ist die Bekanntgabe der Gründe im Widerspruchsbescheid ausreichend (Kopp/Ramsauer, VwGO, 18. Aufl. 2017, § 45, Rn. 20). Erforderlich aber auch ausreichend ist dabei die Angabe der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dadurch wird die Klägerin in die Lage versetzt, die rechnerische und sachliche Richtigkeit nachzuprüfen. Ausweislich Art. 21b BayGDVG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 KG (Bayerisches Kostengesetz) handelt es sich bei der Gebührenerhebung um eine gebundene Entscheidung. Ermessenserwägungen spielen daher keine Rolle.
d) Die Rüge mangelnder Bestimmtheit der Gebührenerhebungstatbestände greift nicht.
Die Gebührenerhebung durch den Beklagten findet ihre Grundlage in Art. 21b BayGDVG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Abs. 5, Art. 6 Abs. 1 KG, wonach das Kostenverzeichnis als Verordnung erlassen wird und darin grundsätzlich die Höhe der Gebühr u.a. nach dem Verwaltungsaufwand aller an der Amtshandlung beteiligter Behörden und Stellen festgelegt wird. Nach Art. 5 Abs. 5 KG wird hiervon abweichend festgelegt, dass, wenn ein Bundesgesetz, eine darauf beruhende Rechtsvorschrift oder ein Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft neben der Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) im Sinn des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG auch die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Prüfungen, Untersuchungen oder eine andere Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung des Staates im Sinn des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG vorsieht, diese Gebühren und Auslagen abweichend von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG oder von entsprechenden Ermächtigungen nach anderen Rechtsvorschriften im Kostenverzeichnis festgelegt werden können. Enthält eine Rechtsnorm oder ein Rechtsakt im Sinn des Satzes 1 Vorgaben für die Bemessung von Gebühren und Auslagen, so sind die Gebühren und Auslagen nach Maßgabe dieser Vorschriften festzulegen. Somit stellen Art. 21b BayGDVG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Abs. 5, Art. 6 Abs. 1 KG i.V.m. dem Kostenverzeichnis unter Bindung an das Äquivalenzprinzip eine hinreichende Ermächtigung dar (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 3 C 7/12 – juris Rn. 13). Die hierbei in Bezug genommenen normativen europarechtlichen Grundlagen für die Fleischbeschau durch amtliche Tierärzte finden sich in Art. 5 VO 854/2004 u.a. zur Lebendbeschau der Tiere, zur Schlachttieruntersuchung und zur Fleischuntersuchung sowie zur Genusstauglichkeitskennzeichnung, wobei ihm amtliche Fachassistenten zuarbeiten können. Der Bedarf an amtlichem Personal muss risikobezogen festgelegt werden. Dies ist Teil eines integrierten Konzepts der Lebensmittelsicherheit nach Erwägungsgrund 45 der VO 882/2004/EG.
Auf dieser Grundlage wurde im Kostenverzeichnis (vgl. § 1 der Verordnung zur Änderung des Kostenverzeichnisses vom 18.11.2007, GVBl. S. 816/820 f.; § 1 der Verordnung zur Änderung des Kostenverzeichnisses vom 27.10.2009, GVBl. S. 560/816/568 f.) in der Tarifstelle zu Nr. 7.IX.11. unter Nr. 5.6 ff. mit Unterpunkten, auf welche die angefochtenen Bescheide verweisen, ein Gebührenrahmen geschaffen, der so konkret und eng gespannt ist, dass er die Höhe der Gebühr abschätzbar werden lässt (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 3 C 7/12 – juris Rn. 17). Er enthält zwar selbst keinen näheren Maßstab für die Verteilung der Kosten, also der Bestimmung eines Bezugspunkts für den Gebührensatz, wie etwa die Anknüpfung an Schlachtgewicht, Tierkategorie, Schlachtzahl u.a. oder an eine einheitliche Untersuchungsgebühr. Ein solcher lässt sich jedoch Anhang VI der VO 882/2004/EG als unmittelbar bindender, entgegenstehendes nationales Recht verdrängender europäischer Regelung entnehmen. Beides zusammen – der enge landesrechtliche Gebührenrahmen und die europarechtlichen Gebührenbemessungsmaßstäbe – führen hier zu einer hinreichend konkreten normativen Bestimmung der Gebühr. Die Bestimmung ist damit durch seinerseits hinreichend bestimmten Rechtssatz getroffen (als Anforderung bei BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 3 C 7/12 – juris Rn. 19). Dieser im Freistaat Bayern geltende eng gespannte Gebührenrahmen unterscheidet sich insoweit entscheidungserheblich von weiter gespannten und deswegen beanstandeten Gebührenrahmen anderer Bundesländer (vgl. OVG SH, U.v. 23.6.2016 – 4 LB 22/15, S. 7 f.).
2. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind materiell rechtmäßig und verstoßen insbesondere nicht gegen die Vorgaben des Art. 27 VO 882/2004/EG.
a) Die Beklagte als fleischverarbeitender Betrieb war als Veranlasser der Amtshandlung nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 KG Gebührenschuldner und richtiger Adressat der Bescheide.
b) Die Gebührenpflicht besteht dem Grunde nach, insbesondere beruht die Gebührenerhebung auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung entsprechend dem Gesetzesvorbehalt (Art. 20 Abs. 3 GG).
aa) Eine Europarechtliche Ermächtigung für die Gebührenerhebung liegt vor.
Die Europäische Union hat in Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 3 sowie Art. 26 f. der VO 822/2004/EG (ABl. L 191 vom 28.5.2004) Regelungen für die Durchführung amtlicher Kontrollen zum Risikoschutz besonders im Lebensmittelbereich geschaffen und den Vollzug in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten mit der Möglichkeit einer Delegation gegeben. Die für eine Delegation erforderliche Sicherstellung einer effektiven Koordinierung der beteiligten Stellen ist in der Bundesrepublik und im Freistaat Bayern durch die Verwaltungsstruktur des föderalen Staatsaufbaus gesichert. So nimmt der Beklagte in seinem räumlichen Zuständigkeitsbereich die Aufgaben der staatlichen Stellen nach Art. 1 Abs. 3 Nr. 2, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 und Art. 21b BayGDVG durch Landratsämter wie hier wahr. Damit sind eine effektive Koordination und eine fachliche und rechtliche Kontrolle gewährleistet. Begegnet schon die Delegation des Vollzugs auf Kommunen keinen Bedenken (vgl. nur BVerwG vom 9.10.2006, Az. 3 B 76/06, juris, Rn. 10 m.w.N.), so gilt dies erst recht für die bloße Aufwandsträgerschaft des Landkreises nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 KG.
Die Befugnis und zugleich Verpflichtung zur Gebührenerhebung ergibt sich aus Art. 27 Abs. 1 bis Abs. 3 VO 882/2004/EG, wonach die Mitgliedstaaten Gebühren zur Deckung der Kosten erheben können, die durch die amtlichen Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz entstehen, sowie aus ihrer Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass eine (Mindest-)Gebühr erhoben wird.
bb) Eine nationale Ermächtigung zur Gebührenerhebung liegt vor.
Die Bundesrepublik hat von ihrer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG keinen Gebrauch gemacht, so dass es bei der Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG bleibt. Dementsprechend hat der Freistaat Bayern landesgesetzliche Regelungen für den Bereich der Fleischhygiene einschließlich der Gebührenerhebung in Art. 1 Abs. 3 Nr. 2, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 und Art. 21b BayGDVG sowie in Art. 1, 2, 5 und 10 BayKostG i.V.m. dem Kostenverzeichnis zur Umsetzung der VO 882/2004/EG geschaffen.
cc) Die Gebührenerhebung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, selbst wenn eine Notifikation der Gebührenkalkulation unter Verstoß gegen Art. 27 Abs. 12 VO 882/2004/EG unterblieben wäre.
Eine nach Auffassung der Klägerin ungenügende oder unterbliebene Notifikation der Gebührenkalkulation gegenüber der Europäischen Kommission führt für sie zu keinem Aufhebungsanspruch eines Gebührenbescheids nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil ihr Art. 27 Abs. 12 VO 882/2004/EG keinen Drittschutz vermittelt. Bereits der Vorgängerregelung des Art. 6 Abs. 1 RL 85/73/EWG wurde kein Drittschutz entnommen, weil die Notifikation nur eine objektive Rechtsverpflichtung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission allein zum Zweck der Vollzugskontrolle, nicht zum Drittschutz des einzelnen Gebührenschuldners darstellt und kein mitgliedschaftliches Verhalten zur Begünstigung oder Förderung individueller Interessen regelt (vgl. VGH Mannheim vom 30.3.2006, Az. 2 S 831/05, juris, Rn. 45; BayVGH vom 6.12.2007, Az. 4 ZB 07.262, juris, Rn. 16). So verhält es sich auch bei Art. 27 Abs. 12 VO 882/2004/EG, denn die Notifikation der „Methode für die Berechnung der Gebühren“ zwecks Prüfung durch die Kommission, „ob die Gebühren den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen“, dient erkennbar der Harmonisierung des nationalen Rechts, nicht individuellen Interessen einzelner Gebührenschuldner. So teilte die Kommission (Antwort vom 11.6.2008, Dok.-Nr. E-2394/2008) mit, sie plane keinen eigenen Leitfaden zur Berechnung kostendeckender Gebühren, sondern eine Erhebung in den Mitgliedsstaaten mit dem Ziel der Bewertung und Harmonisierung des Systems zur Gebührenerhebung, woraus Vorschläge zur Änderung der Europarechtlichen Regelungen folgen sollten. Damit ist das Notifikationsverfahren rein bipolar ausgestaltet. Ein etwaiger Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt daher im streitgegenständlichen Einzelfall nicht zu einem Aufhebungsanspruch (vgl. BVerwG, U.v. 25.4.2013 – 3 C 1.12 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 9.6.2009 – 4 CS 09.603 – juris Rn. 10). Zudem hat die Kommission die o.g. Mitteilung der Bundesrepublik auch nicht als unzureichend beanstandet und auch keine Nachbesserung verlangt.
Gleiches gilt für die Publikation der Kalkulationsmethode. Eine Veröffentlichung mag nicht nur der Information der Europäischen Kommission, sondern als Nebenzweck auch der Transparenz des Gebührenerhebungsverfahrens allgemein dienen. Die Zielrichtung bleibt jedoch dieselbe wie bei einer Notifikation, denn anders als im individualschützenden Rechtsbehelfsverfahren nach nationalem Recht, in welchem der Gebührengläubiger seine Gebührenkalkulation im Wege der Akteneinsicht dem Gebührenschuldner offenlegt, dient die Publikation und Notifikation hier der generellen Überwachung des Verordnungsvollzugs durch die Mitgliedsstaaten. Damit bleibt die Wirkung der Verpflichtung aus Art. 27 Abs. 12 S. 1 VO 882/2004/EG auf die bipolare Beziehung zwischen Mitgliedsstaat und Europäischer Kommission unter Ausklammerung des Gebührenschuldners beschränkt und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. soeben). Auf ein etwaiges Informationsinteresse Dritter kann sich der fleischverarbeitende Betrieb mangels eigener Rechtsverletzung daher nicht berufen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
c) Die Gebührenpflicht besteht der Höhe nach, insbesondere verstößt die hier allein streitgegenständliche Erhöhung der geforderten Gebühren über die in Anhang IV Abschnitt B der VO 882/2004/EG vorgesehenen Mindestgebühren hinaus – unter Ausklammerung der nicht angefochtenen Gebühren für BSE-Probenentnahmen – nicht gegen geltendes Recht.
aa) Für die Erhebung von Gebühren über die Mindestgebühren hinaus besteht eine hinreichende Rechtsgrundlage.
Nach Art. 26 VO 882/2004/EG sind die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, die amtlichen Kontrollen durchzuführen und angemessene finanzielle Mittel hierfür bereitzustellen. Diese können sie aus beliebigen, von ihnen für angemessen gehaltenen Mitteln gewinnen, sowohl aus einer „allgemeinen Besteuerung“ als auch aus der „Einführung von Gebühren oder Kostenbeiträgen“. Damit ist eine reine Gebührenfinanzierung möglich. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die in Anhang IV Abschnitt B der VO 882/2004/EG ausdrücklich als „Mindestgebühren“ bezeichneten Beträge überschritten werden dürfen.
Die Erhöhung der Gebühren über die Mindestbeträge hinaus findet daher ihre Ermächtigungsgrundlage direkt in Art. 26 und Art. 27 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Buchst. a VO 882/2004/EG, so dass es hierfür keiner gesonderten nationalen Ermächtigung mehr bedarf. Dieses Ergebnis wird gestützt durch Erwägungsgrund 32 zur VO 882/2004/EG. Somit handelt es sich nicht um eine bloße Ermächtigung der Mitgliedsstaaten – hier: der Bundesrepublik Deutschland – zur Erhebung kostendeckender Gebühren, sondern zugleich um eine direkte Ermächtigung der nach nationalem Recht zum Vollzug zuständigen Behörden. Dazu gehört der Beklagte als Träger seiner Kontrollbehörde.
bb) Die erhobenen Gebühren verletzen weder die über die verbindlichen Mindestgebühren des Art. 27 Abs. 3 VO 882/2004/EG wirkende Gebührenuntergrenze noch die aus dem in Art. 27 Abs. 4 Buchst. a VO 882/2004/EG enthaltenen Kostendeckungsprinzip folgende Gebührenobergrenze (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2009 – C-270/07 – juris Rn. 31 f.; EuGH, U.v. 7.7.2011 – C-523/09 – juris Rn. 22 f., 27).
Art. 27 Abs. 3 VO 882/2004/EG verbietet die Erhebung von Gebühren, die niedriger sind als die in Anhang IV Abschnitt B der VO 882/2004/EG ausdrücklich als „Mindestgebühren“ bezeichneten Beträge. Dass der Beklagte niedrigere als die Mindestgebühren von dem fleischverarbeitenden Betrieb erhoben hat, macht weder die Klägerin geltend, noch bieten sich hierfür irgendwelche Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat die Klägerin aus seiner Sicht überhöhte Gebühren reklamiert.
Art. 27 Abs. 4 Buchst. a VO 882/2004/EG verbietet höhere Gebühren als die von der zuständigen Behörde getragenen Kosten in Bezug auf die Ausgaben gemäß Anhang VI der VO 882/2004/EG, wozu Löhne und Gehälter des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals (Nr. 1), Kosten für das für die amtlichen Kontrollen eingesetzte Personal einschließlich der Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie Reise- und Nebenkosten (Nr. 2) sowie Kosten für Probenahme und Laboruntersuchung (Nr. 3) gehören.
Diesem Rahmen entsprechen die vom Freistaat Bayern im Kostenverzeichnis unter Ziff. 7.IX.11/5.6 ff. festgesetzten und von des Beklagten beachteten Rahmengebühren. Den durch die europäischen Mindestgebühren nach unten und durch die landesrechtlichen Rahmensätze auch nach oben gesteckten Rahmen hat der Beklagte ausgefüllt, aber nicht überschritten (dazu sogleich).
cc) Die konkret erhobenen Gebühren verletzen auch in ihrer Zusammensetzung nicht das Kostendeckungsprinzip des Art. 27 Abs. 4 Buchst. a VO 882/2004/EG.
Ausweislich der vorgelegten Kalkulation des Landkreises als Aufwandsträger hat der Beklagte außer Personalkosten der untersuchenden nebenamtlich beschäftigten Tierärzte auch Personalkosten seiner Verwaltung, administrative und Leitungsaufgaben, verschiedenen Betriebsaufwand, Bürobedarf, Bücher, Zeitschriften, Telekommunikationsgebühren, Verwaltungskostenerstattungen sowie innere Verrechnungen für Zentrale Dienste und Versicherungen berücksichtigt und anteilig nach den tatsächlichen Schlachtzahlen im Jahr 2006 auf die prognostizierten Schlachtzahlen des Jahres 2008 umgelegt (vgl. Kalkulation des Beklagten). Dies entspricht dem Ziel der Transparenz, wonach die verschiedenen Kostenelemente klar und detailliert auszuweisen sind (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2009 – C-270/07 – juris Rn. 41; BVerwG, B.v. 20.7.2015 – 3 B 51.14 – juris Rn. 5) und ist im Einzelnen nicht zu beanstanden:
(1) Der Einwand der Klägerin, betriebsbezogene Kriterien seien nicht berücksichtigt worden und es fehle eine Feststellung der Erforderlichkeit dieses Personaleinsatzes nach Art. 5 Abs. 5 Buchst. b VO 882/2004/EG, greift nicht durch, weil der Beklagte eine spezifische Berechnung u.a. für den hier betroffenen fleischverarbeitenden Betrieb durchgeführt hat. Nach Art. 27 Abs. 5 VO 882/2004/EG hat die Gebührenfestsetzung u. a. die Art des betroffenen Unternehmens und die entsprechenden Risikofaktoren, die Interessen der Unternehmer mit geringem Durchsatz und die traditionellen Methoden der Produktion, der Verarbeitung und des Betriebs zu berücksichtigen. Die über Art. 4 Abs. 9 und Art. 5 Abs. 5 Buchst. b VO 854/2004/EG sowie Art. 3 Abs. 1 VO 882/2004/EG zu berücksichtigenden Risikofaktoren für die Gesundheit der Bevölkerung und der Tiere, das Wohlbefinden der Tiere, Art und Umfang der durchgeführten Prozesse und das bisherige Verhalten des Unternehmers sind bei der Bemessung des Personalbedarfs der amtlichen Mitarbeiter anzusetzen. Häufigkeit und Umfang amtlicher Kontrollen haben dieser Risikobewertung zu folgen, wobei höhere Schlachtzahlen die Annahme eines höheren Risikos und damit einen erhöhten Personalbedarf rechtfertigen und umgekehrt; unterbliebene Kontrollen hingegen schon – wie hier – keine einzelkontrollbezogenen Gebühren entstehen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 22) und daher nicht risikowidrig sind. Dem entspricht die durchgeführte Gebührenkalkulation. Insbesondere differenziert sie nach den Schlachtzahlen je Betrieb, nach den geschlachteten Tieren und Tierarten sowie nach der Art des Betriebes, u.a. indem sie den einzigen EUzertifizierten Schlachtbetrieb mit dessen spezifischem Personalbedarf gesondert berücksichtigt und für diesen eine gesonderte Kalkulation vornimmt, da sich seine Betriebsstruktur maßgeblich von jener der Klägerin und vergleichbarer Betriebe unterscheidet:
Zum Einen hat der Beklagte hier die tatsächlichen Schlachtzahlen des letzten bereits abgerechneten Vorjahres für die Kalkulation der anfallenden Kosten in den Folgejahren zu Grunde gelegt, so dass bezogen auf die Schlachtzahlen im Betrieb eine konkrete Kalkulation unter Berücksichtigung des tatsächlichen Betriebsablaufs und der Art des Schlachtbetriebs vorliegt. Zum Anderen hat er den Personaleinsatz einschließlich des Vorhalteaufwands so berechnet, dass er den tatsächlich entstandenen Aufwand für den notwendigen zeitgleichen Einsatz der Bediensteten in verschiedenen Betrieben ermittelt und auf den Bedarf projiziert hat. Der Beklagte hat gerade nicht pauschale, vom einzelnen Betrieb und dessen Schlachtzahlen losgelöste Gebühren kalkuliert.
(2) Die weitere Rüge der Klägerin, die erhobenen Gebühren überstiegen die tatsächlichen Kosten, ist durch die vorgelegte Jahresrechnung 2008 (VG-Akte Bl. 95) widerlegt. Wie dieser zu entnehmen ist, erwirtschaftete der Landkreis im Bereich der Fleischhygiene im Jahr 2008 ein Defizit von 20.015,14 EUR (Gebühreneinnahmen 33.662,60 EUR zzgl. staatliche Aufwandserstattung 220.063,12 EUR abzgl. Ausgaben 273.750,86 EUR entsprechend einem Kostendeckungsgrad von 92,68%). Damit ist zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts eine Kostenunterdeckung im maßgeblichen Kalenderjahr der Gebührenerhebung belegt und der Vorwurf einer Kostenüberdeckung widerlegt. Substantiierte Einwände hiergegen hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Auch dass der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten in der Fleischuntersuchung vom 15. September 2008 mit im einzelnen genannten Stundenentgelten, nachdem der vormals geltende Tarifvertrag außer Kraft getreten ist, zu niedrigeren Kosten für den Beklagten und deswegen zu einer überhöhten Gebühr geführt hätte, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin aufgezeigt. Auf Differenzierung zwischen Groß- und anderen Schlachtbetrieben im früheren Tarifvertrag (vgl. HessVGH, U.v. 17.12.2013 – 5 A 1635/12 – Rn. 32 f.) kommt es hier nicht an, da der neue Tarifvertrag bereits berücksichtigt worden ist, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht hat.
Die Erhöhung der Mindestgebühren bedurfte nach Art. 26 und Art. 27 Abs. 1 VO 882/2004/EG auch keines vorherigen Nachweises einer Kostenunterdeckung, denn die Mitgliedsstaaten der EU können die finanziellen Mittel für die Fleischhygiene aus beliebigen, von ihnen für angemessen gehaltenen Mitteln, sowohl aus einer „allgemeinen Besteuerung“ als auch aus der „Einführung von Gebühren oder Kostenbeiträgen“, gewinnen. Damit ist eine von Anfang an kostendeckende Gebührenfinanzierung möglich. Dieses Ergebnis wird durch Erwägungsgrund 32 zur VO 882/2004/EG gestützt, wonach die Behörden der Mitgliedsstaaten kostendeckende Gebühren oder Kostenbeiträge auf der Grundlage der entstandenen Kosten als Pauschalbeträge festlegen und erheben können. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die zuständigen Behörden nicht erst einen Zeitraum verstreichen lassen müssen, um den Nachweis höherer Kosten für die Vergangenheit in der Zukunft erbringen zu können. Sondern sie können von Anfang an auf der Grundlage von Erfahrungswerten voraussichtlich kostendeckende Gebühren kalkulieren und erheben (vgl. BVerwG, U.v. 25.4.2013 – 3 C 1.12 – juris Rn. 18 ff.; BayVGH, B.v. 9.6.2009 – 4 CS 09.603 – juris Rn. 14). Im Nachhinein haben sie nach Art. 27 Abs. 1 VO 882/2004/EG nötigenfalls den Beweis anzutreten, dass ihre Gebühren weder die tatsächlichen Kosten überschreiten noch die Europäischen Mindestgebühren unterschreiten. Diesen Beweis hat der Beklagte nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts hier ebenfalls erbracht (vgl. soeben).
(3) Auch der Einwand der Klägerin, als Kostenpositionen seien unionsrechtlich allein die Kosten des unmittelbar für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals im überwachten Betrieb zulässig, nicht in der Verwaltung, greift nicht durch und führt daher nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Kalkulation und zu einer Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung. Die Kalkulation des Beklagten unter Einbeziehung u.a. der Verwaltungskosten verstößt nicht gegen Anhang VI VO 882/2004/EG.
Nach Art. 26 Abs. 1 VO 882/2004/EG haben die Mitgliedsstaaten durch Gebühren- und Kostenerhebung dafür zu sorgen, dass die erforderlichen personellen und sonstigen Mittel für die Untersuchungen bereitgestellt werden. Anhang VI der VO 882/2004/EG zählt zu den bei der Berechnung der Gebühren zu berücksichtigenden Kriterien die „Löhne und Gehälter des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals“ (Ziff. 1), die „Kosten für das für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals einschließlich der Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie der Reise- und Nebenkosten“ (Ziff. 2) sowie die „Kosten für Probenahme und Laboruntersuchung“ (Ziff. 3) auf.
In seiner Kalkulation hat der Landkreis als Aufwandsträger für den Beklagten als Personalkosten zum Einen die Gehälter und Vergütungen für nebenamtlich in der Fleischbeschau tätige Tierärzte sowie Wegstreckenentschädigungen berücksichtigt. Das ist nicht zu beanstanden, handelt es sich dabei doch um Löhne und Gehälter einschließlich der Reisekosten im Sinne von Ziff. 2 des Anhangs VI der VO 882/2004/EG. Diese Kalkulationspositionen können konkret den einzelnen Untersuchungs- und Kontrollhandlungen zugeordnet werden und stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung der Kontrollen nach Art. 26 f. VO 882/2004/EG.
Zum anderen hat der Beklagte auch als Sachkosten bezeichnete Kosten wie u.a. die Personalkosten (hier: Sozialkostenzuschlag) sowie die Verwaltungskosten (hier: Verwaltungskostenzuschlag) als interne Verrechnungen von zentralen Diensten und Versicherungen berücksichtigt. Diese und insbesondere die darin enthaltenen Verwaltungsgemeinkosten und Verrechnungen für Leistungen anderer Dienststellen können als Gesamtkosten in der Kalkulation zwar nicht mehr konkret den einzelnen Untersuchungs- und Kontrollhandlungen zugeordnet werden, denn sie stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung einer konkreten Kontrolle, sondern nur mittelbar mit der Vorhaltung des Kontrollsystems als Ganzem. Aber sie sind ebenfalls als Kosten des „für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals einschließlich der Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie der Reise- und Nebenkosten“ im Sinne von Ziff. 2 des Anhangs VI der VO 882/2004/EG anzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 19 f.; BVerwG, U.v. 25.4.2013 – 3 C 1.12 – juris Rn. 15).
Dies ergibt sich aus Ziff. 2 des Anhangs VI der VO 882/2004/EG zwar nicht nach der grammatikalischen Auslegungsmethode, weil darin einerseits die Kosten auf die „Kosten für das für die amtlichen Kontrollen eingesetzte Personal“ begrenzt werden, was für eine Einschränkung spricht. Andererseits werden unter dem Begriff der Kosten des „eingesetzten Personals“ aber auch Sachkosten wie die „Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie der Reise- und Nebenkosten“ verstanden. Gerade Anlagen, Hilfsmittel und Ausrüstung aber sind nicht mehr auf einzelne Kontrollhandlungen bezogen, stehen sie doch allen eingesetzten Mitarbeitern für ihre Kontrollhandlungen zur Verfügung. Beispielsweise Wäschereibedarf, Dienstkleidung, Bürobedarf und Fachliteratur sowie Versicherungen dienen noch mittelbar der Durchführung der Kontrolle, können aber nur noch als allgemeine Vorhaltekosten berücksichtigt werden. Somit unterscheidet schon Ziff. 2 des Anhangs VI der VO 882/2004/EG nicht eindeutig zwischen Einzel- und Gesamtkosten.
Nichts anderes folgt aus der Stellungnahme der Kommission (Stellungnahme vom 7.3.2008; vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 25). Sie führt zu Frage 8 unter Bezugnahme auf den Erwägungsgrund 32 aus, der Begriff des „eingesetzten Personals“ in Anhang VI der VO 822/2004/EG dürfte sich nicht unbedingt auf Personen beschränken, die bei den Kontrollen persönlich anwesend sind. Zu Frage 9 wird ausgeführt, im Vergleich zur Protokollerklärung vom 24. Januar 1989 zur Entscheidung 88/408/EWG komme es darauf an, ob die Kostenarten von den Kriterien des Anhangs VI der VO 822/2004/EG umfasst seien, letztere enthielten keine allgemeine Bezugnahme auf Verwaltungskosten. Damit gibt die Kommission letztlich den Text von Erwägungsgrund 32 und Anhang VI der VO 822/2004/EG wieder, weist allerdings darauf hin, keine rechtlich verbindliche Auslegung treffen zu können. Damit spricht die grammatikalische Auslegung weder eindeutig für noch gegen die Einbeziehung von Gesamtkosten in die Kalkulation.
Die historische Auslegung führt über Art. 5 Abs. 1 RL 85/73/EWG, an deren Stelle die hier maßgebliche VO 882/2004/EG ohne insoweit sachliche Änderung getreten ist, zur Bestätigung, dass der europäische Normgeber in Ziff. 2 des Anhangs VI der VO 882/2004/EG wie zuvor auch anteilige Verwaltungskosten für Leistungen von Querschnittsämtern wie Personalstelle, Rechtsamt, Kassenstelle zu den berücksichtigungsfähigen Verwaltungskosten zählt (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 19 f.; BVerwG, U.v. 25.4.2013 – 3 C 1.12 – juris Rn. 15).
Nach der systematischen Auslegung ist vor allem Erwägungsgrund 32 der VO 882/2004/EG als Auslegungshilfe heranzuziehen, der auf eine Gebührenerhebung zur Deckung der Kosten zielt, „die durch die amtlichen Kontrollen entstehen“. Diese Formulierung ist zwar nicht eindeutig, denn die Kausalbeziehung zwischen einer Kontrolle und den entstehenden Kosten kann eng oder weit im Sinne von Einzel- oder Gesamtkosten verstanden werden. Allerdings spricht Art. 26 VO 882/2004/EG von der Bereitstellung der „erforderlichen personellen und sonstigen Mittel“, ohne letztere näher zu umschreiben. „Sonstige Mittel“ zur Durchführung von Kontrollen sind aber alle als Gesamt- und damit auch Gemeinkosten kalkulierbaren sächlichen und personellen Hilfsmittel, welche dem eingesetzten Personal zur Verfügung stehen, dieses unterstützten und von der verwaltungsmäßigen Erfassung und Abwicklung einschließlich der Gebührenerhebung entlasten (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 26 a.E.) und damit den Kontrollhandlungen mindestens mittelbar dienen. Damit spricht die systematische Auslegung für die Einbeziehung von Gesamtkosten in die Kalkulation.
Das gefundene Ergebnis folgt eindeutig aus der teleologischen Auslegung von Ziel und Zweck der Norm. Die Erwägungsgründe 1, 4 und 5 der VO 882/2004/EG betonen den hohen Stellenwert von Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln als öffentlichem Belang. Erwägungsgrund 11 der VO 882/2004/EG verlangt von den Behörden der Mitgliedstaaten die Erfüllung „operationeller Kriterien“ zwecks „Unparteilichkeit und Effizienz“. Dazu sollen die Behörden „über ausreichendes und entsprechend qualifiziertes und erfahrenes Personal sowie über adäquate Einrichtungen und Ausrüstungen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügen.“ Erwägungsgrund 32 der VO 882/2004/EG fordert die Mitgliedsstaaten schließlich zur Bereitstellung ausreichender Finanzmittel auf. Damit steht für den Normgeber der öffentliche Belang der Lebensmittelsicherheit an oberster Stelle. Diesen Belang durch effiziente Kontrollen zu sichern und hieran nicht aus finanziellen Gründen Abstriche machen zu müssen, ist der Leitgedanke der VO 882/2004/EG. Dies spricht für die Einbeziehung nicht nur der Einzelsondern auch der Gesamtkosten in die Kalkulation (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 21, 24 f.; BayVGH, B.v. 9.6.2009 – 4 CS 09.603 – juris Rn. 16). Anderenfalls müssten entgegen Ziff. 2 des Anhangs VI der VO 882/2004/EG Gesamt- und Vorhaltekosten als nicht umlagefähige Gemeinkosten ausgeschieden werden. Die Qualität der Kontrollen hinge dann von der aus anderen Finanzquellen zu finanzierenden Ausstattung der Kontrolleinheiten der Behörden ab. Das jedoch würde das Ziel der Effizienz aus Erwägungsgrund 11 der VO 882/2004/EG konterkarieren. Damit spricht die teleologische Auslegung für die Einbeziehung von Gesamtkosten in die Kalkulation.
Daraus folgt eine Einbeziehung von Gesamtkosten in die Kalkulation, soweit sie noch anteilig mindestens mittelbar der Durchführung von Kontrollen nach der VO 882/2004/EG zugeordnet werden können. Das ist bei den kalkulatorischen Positionen des Landkreises der Fall, denn u.a. Verwaltungskostenerstattungen und interne Verrechnungen von zentralen Diensten und Versicherungen können zumindest anteilig noch der Durchführung der Kontrollen zugeordnet werden.
Die Verwaltungskostenerstattungen aus Leistungen der Querschnittsämter wie Kämmerei und Personal dienen mittelbar der Erfüllung der Aufgaben der Behörde aus der Vorhaltung der Kontrolleinrichtungen, denn sie erledigen die mit der Beschäftigung des Kontrollpersonals und den angefallenen Untersuchungen verbundenen gebührentechnischen, arbeitsvertraglichen und vergütungstechnischen Arbeiten. Ohne diese Arbeiten aber könnte die Gebührenerhebung nicht durchgeführt und das Kontrollpersonal für seine eigentlichen Aufgaben nicht entlastet werden (OVG Saarl, U.v. 23.5.2016 – 2 A 75.15 – juris Rn. 41). Dies dient auch der Kostenminimierung zu Gunsten des Gebührenschuldners, denn müsste ein hochqualifizierter und entsprechend entgoltener amtlicher Tierarzt neben seiner Untersuchungstätigkeit auch noch Gebührenbescheide erstellen und die Gebührenzahlung überwachen, wären die zurechenbaren und damit für die Gebührenkalkulation relevanten Personalkosten hierfür weit höher als beim anteiligen Einsatz nicht so hoch vergüteten Verwaltungspersonals. Gleiches gilt für die Leitungsaufgaben des Sachgebietsleiters als verantwortlichem Vorgesetzten zur Sicherung einer gleichmäßigen Durchführung der Kontrollen durch Planung und Überwachung des Personaleinsatzes sowie verwaltungsrechtliche Unterstützung.
Da die Zulässigkeit des Ansatzes solcher Verwaltungskosten einschließlich Verwaltungspersonalkosten nicht zweifelhaft ist, bedarf es insoweit keiner Einholung einer Vorabentscheidung des europäischen Gerichtshofs nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 20.11 – juris Rn. 32).
(4) Soweit die Klägerin rügt, dass der Kostenmaßstab für die Erhebung von Fleischhygienegebühren abschließend und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich sei, ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts Anderes.
Dass Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und Anhang VI Ziff. 1 und Ziff. 2 VO 882/2004/EG der Berücksichtigung von Aufwendungen für die Löhne und Gehälter von Personen entgegenstehen, die nicht tatsächlich an der Ausführung der amtlichen Kontrollen beteiligt sind (vgl. EuGH, U.v. 17.3.2016 – C-112/15 – juris Rn. 40 f.), ändert an der Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Gebührenerhebung nichts, da der Landkreis nach seiner Kalkulation keine Personal- oder Ausbildungskosten für Personen berücksichtigt hat, die nicht – auch nicht mittelbar administrativ (vgl. OVG Saarl, U.v. 23.5.2016 – 2 A 75.15 – juris Rn. 41) – mit der amtlichen Fleischkontrolle befasst sind, sondern nur solche für seine tatsächlich und nebenamtlich eingesetzten Tierärzte und ihre Unterstützung durch Verwaltungspersonal. Gegenteiliges hat auch die Klägerin nicht substantiiert aufgezeigt.
Auch hat der Beklagte nicht die Kosten für die Grundausbildung des eingesetzten Personals angesetzt, was ebenfalls gegen Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und Anhang VI Ziff. 1 und Ziff. 2 VO 882/2004/EG verstieße (vgl. EuGH, U.v. 17.3.2016 – C-112/15 – juris Rn. 40 f.). Soweit der Beklagte Fortbildungskosten für die nebenamtlichen Tierärzte angesetzt hätte, stünde dies im Einklang mit Art. 27 Abs. 4 Buchst. a) und Anhang VI Ziff.2 VO 882/2004/EG, wonach die Kosten für Schulung berücksichtigungsfähig sind (vgl. EuGH, U.v. 17.3.2016 – C-112/15 – juris Rn. 30).
(5) Selbst wenn der Beklagte – entgegen der Überzeugung des Verwaltungsgerichts – unter den o.g. Kalkulationsposten zu Unrecht nicht umlagefähige Kosten angesetzt hätte, wäre dies möglicherweise rechtswidrig, würde aber nicht zu einem Aufhebungsanspruch der Klägerin nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO führen, da eine Verletzung seiner Rechte bereits rechnerisch ausgeschlossen ist:
Wie der Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, erwirtschaftete er im Bereich der Fleischhygiene im Jahr 2008 ein Defizit von 20.025,14 EUR. Die Klägerin hat nicht substantiiert gerügt, dass bei Ausklammerung nicht umlagefähiger Kalkulationsposten das Defizit bereits ausgeglichen wäre. Da die Gebührenobergrenze kostendeckender Gebühren nicht verletzt wäre, ist ein Aufhebungsanspruch ausgeschlossen. Dies wirft keine europarechtlichen Zweifelsfragen auf, handelt es sich hinsichtlich dieser Gebührenobergrenze doch um einen „acte clairé“ im Sinne des Europarechts (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2009 – C-270/07 – juris Rn. 31 f.; EuGH, U.v. 7.7.2011 – C-523/09 – juris Rn. 22 f., 27). Der Aufhebungsanspruch ist nach der autonomen Prozessordnung des Mitgliedstaats Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), die insoweit nicht europarechtlich determiniert ist.
d) Die Gebührenerhebung ist rechnerisch nicht fehlerhaft; zudem hat die Klägerin keine konkreten Rechenfehler der ihr offengelegten Kalkulation aufgezeigt.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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