Aktenzeichen B 8 S 19.50007
Dublin III-VO Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
EMRK Art. 3
Leitsatz
1. Durch das Sich-Begeben in das Kirchen-„Asyl“ entzieht sich der Ausländer zielgerichtet dem staatlichen Zugriff und ist damit flüchtig im Sinne der Dublin III-Verordnung, zumal er durch sein Verhalten den erfolglosen Ablauf der Regelüberstellungsfrist bewusst herbeiführt (Rn. 32). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Formulierung „flüchtig ist“ meint, dass sich der Ausländer zielgerichtet dem staatlichen Zugriff durch Änderung seines Aufenthaltsortes zu entziehen versucht – ob dieses Entziehen erfolgreich ist und aus welchen Gründen, spielt für die Einordnung keine Rolle, soweit das relevante räumliche Element des Wegbewegens vorliegt (Rn. 33 – 38). (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Kirchen-„Asyl“ dient ausschließlich dazu, den Ausländer entgegen der geltenden Rechtsordnung und ungeachtet der grundsätzlichen Strafbarkeit eines solchen Verhaltens nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dem staatlichen Zugriff zu entziehen (Rn. 40 – 43). (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist davon auszugehen, dass den Antragstellern, die zu dem besonders vulnerablen Personenkreis gehören, bei einer Überstellung nach Malta keine menschenunwürdige Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht, die zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis führen könnte (Rn. 49 – 52). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 05.06.2018 (Az. B 2 S 18.50362) wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.
Gründe
I.
Die zur Person nicht ausgewiesenen Antragsteller, eritreische Staatsangehörige, begehren im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die ihnen drohende Überstellung nach Italien im Rahmen eines sogenannten „Dublin-Verfahrens“ die Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuths vom 05.06.2018 (Az. B 2 S 18.50364).
Die Antragsteller reisten nach eigenen Angaben erstmals am 02.05.2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am gleichen Tag einen Asylantrag. Die Antragstellerin zu 1 legte hierzu „totalgefälschte“ Ausweispapiere vor (vgl. Bl. 4 der Beiakte). Bei der Anhörung der Antragstellerin zu 1 am 14.05.2018 und in ihrer schriftlichen Äußerung vom 14.05.2018 erklärte sie im Wesentlichen, dass sie insgesamt 18 Jahre auf der Flucht gewesen sei. Sie habe in Malta nicht leben können und mit dem Vater ihrer Kinder Probleme gehabt. In Malta habe sie ihre Kinder nur am Wochenende sehen dürfen. Deswegen sei sie nach Deutschland geflohen. Ihre kleine Tochter sei dort auch nicht eingetragen, weil deren Vater ein anderer sei. Sie sei von August 2012 bis Mai 2018 in Malta gewesen. Ihr Asylantrag sei dort abgelehnt worden.
Am 02.05.2018 stellte die Antragsgegnerin einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 vom 31.10.2012, genommen in Malta, fest (Nr.: MT11549/12).
Mit Schreiben von 08.05.2018 ersuchte die Antragsgegnerin Malta um Aufnahme der Antragstellerin zu 1, sowie ihrer Kinder, der Antragsteller zu 2 bis 4. Malta akzeptierte die Rücknahme (vgl. Schreiben vom 15.05. und 17.05.2018).
Mit Bescheid vom 22.05.2018 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1). Unter Ziff. 2 wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Es wurde die Abschiebung nach Malta angeordnet (Ziff. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 4).
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass in Malta keine systemischen Mängel im Asylverfahren vorlägen.
Der Bescheid wurde ausweislich des Aktenvermerks vom 23.05.2018 am 24.05.2018 als Einschreiben zur Post gegeben.
Über die gegen diesen Bescheid zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 30.05.2018 erhobene Klage (Az. B 8 K 17.18.50365) wurde noch nicht entschieden. Der gleichzeitig mit der Klage gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 05.06.2018 (Az. B 2 S 18.50364) abgelehnt. Mit einem weiteren Beschluss vom 20.06.2018 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth (Az. B 8 S 18.50450) die Abänderung des Beschlusses vom 05.06.2018 wegen der Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1 ab. Auf die jeweiligen Ausführungen in den Gründen wird Bezug genommen.
Die Prozessbevollmächtigte teilte mit Schriftsatz vom 03.09.2018 unter Beilegung einer Kopie des Geburtenregisters mit, dass die Antragstellerin zu 1 am 09.08.2018 ihr 4. Kind namens … zur Welt gebracht habe. Die Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.08.2018 ist beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Aktenzeichen B 8 K 18.50683 anhängig. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 17.09.2018 (Az. B 8 S 18.50682) abgelehnt.
Einem Vermerk der Antragsgegnerin vom 19.11.2018 ist zu entnehmen, dass die Überstellung am 12.11.2018 aufgrund des renitenten Verhaltens der Antragstellerin gescheitert sei.
Mit Schreiben vom 16.11.2018, per Post bei der Antragsgegnerin am 19.11.2018 eingegangen, informierten die … Franziskanerinnen, Provinzialat …, das Ankerzentrum … darüber, dass … mit ihren vier Kindern zum Schutz vor der ihre Menschenwürde verletzenden und sie in mögliche Gefahr an Leib und Leben bringenden Abschiebung nach Malta (Dublin-III-Verfahren) von uns vorsorglich am 16. November 2018 ins Kirchenasyl, aufgenommen wurde.“ Ein Faxeingang dieses Schreibens bei der Antragsgegnerin am 16.11.2019 ist den Akten nicht zu entnehmen. Als Adresse wurde … genannt. Vom 11.01. bis 17.01.2019 befanden sich die Antragsteller sowie das Kind …, geb. am 09.08.2018, im Kloster in … (vgl. Schreiben der … Franziskanerinnen vom 11.01.2019). Seit dem 17.01.2019 sind sie laut Email der … Franziskanerinnen vom gleichen Tag im Kinderheim … …, …, untergebracht.
Mit Fax vom 19.11.2018 teilte die Antragsgegnerin den … Franziskanerinnen mit, dass spätestens am 19.11.2018 ein begründetes vollständiges Härtefalldossier eingehen müsse, um eine ordnungsgemäße Überprüfung gewährleisten zu können. Andernfalls werde eine 18-monatige Überstellungsfrist zugrunde gelegt. Mit Email vom 22.11.2018 informierte die Antragsgegnerin die … Franziskanerinnen, dass bis 19.11.2018 kein Härtefalldossier vorgelegen habe. Infolgedessen gelte die 18-monatige Überstellungsfrist. Das Verfahren sei damit abgeschlossen.
Die Antragsgegnerin erklärte mit Schriftsatz vom 28.11.2018 gegenüber dem Gericht (Az. B 8 K 18.50365), dass die Überstellungsfrist nicht abgelaufen sei, weil innerhalb der gesetzten Frist vom kirchlichen Ansprechpartner kein begründetes Härtefalldossier für die Antragsteller eingereicht worden sei. Infolgedessen gelte die 18-monatige Überstellungsfrist; diese ende am 05.12.2019. Mit Schriftsatz vom 16.01.2019 verwies sie auf die Vereinbarung mit den Kirchen vom 24.02.2015 und begründete die Annahme der „Flüchtigkeit“.
Mit Fax vom 19.11.2018 informierte die Antragsgegnerin Malta über die vorübergehende Aussetzung der Überstellung aus „sonstigen Gründen“. Mit einem weiteren Fax vom 28.11.2018 teilte die Antragsgegnerin Malta mit, dass die Antragsteller flüchtig seien und die Frist zur Überstellung am 05.12.2019 ende.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.01.2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, beantragen die Antragsteller erneut, den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 05.06.2018, Az. B 2 S 18.50364, nach § 80 Abs. 7 VwGO abzuändern.
Zur Begründung verweisen sie darauf, dass sich die Antragsteller zu 1 bis 4 seit dem 16.11.2018 im sogenannten Kirchenasyl befänden. Die Frist zur Überstellung nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO sei mit Ende des 05.12.2018 abgelaufen. Dies stelle eine neue Tatsache dar, so dass der Beschluss abzuändern und die aufschiebende Wirkung anzuordnen sei.
Beigelegt ist eine Email von Sr. … vom 20.11.2018 an die Adresse …de. Das Dossier sei an die Ansprechpartnerin der Katholischen Kirche in Bayern, Frau Rechtsanwältin …, übermittelt worden. Es sei wegen deren Abwesenheit am 19. und 20.11.2018 nicht gelungen, diese zu kontaktieren und eine Rückmeldung zur Übermittlung des Dossiers an das BAMF zu bekommen. Es wurde um eine Bestätigung über den Erhalt des durch Frau Rechtsanwältin … eingereichten Dossiers und der Anlagen gebeten.
Ein in englischer Sprache verfasstes Schreiben einer Rechtsanwältin aus Malta vom 23.10.2018, worin diese erklärt, dass Migranten es schwer hätten, anständige Arbeitsplätze zu finden und zu behalten, ist der Email als Anhang angefügt. Nach den Ausführungen der maltesischen Rechtsanwältin erhielten Migranten, wenn überhaupt, kaum soziale Unterstützung.
Als Anlage 3 ist ein Mitteilungsbogen für Härtefälle/Kirchenasyl vom 19.11.2018, unterschrieben von Sr. …, beigelegt. Darin sind Ausführungen zu deren Fluchtweg und Erlebnissen mit dem „Freund“ der Antragstellerin zu 1, von dem sie zwei Kinder hat, enthalten. Das dritte Kind … sei von einem anderen Mann, mit dem sie nicht zusammengelebt habe. Ihr erster gewalttätiger Freund sei weiterhin in Malta. Vor diesem habe sie Angst. Ihr viertes Kind sei in … geboren und sei ebenfalls nicht in Malta registriert. Der Abschiebeversuch der deutschen Behörden am 12.11.2018 wird dargestellt. Weil die Antragstellerin zu 1 zu weinen begonnen habe, sei die Überstellung abgebrochen worden. Diese habe bereits vor dem Abschiebungsversuch unter Schlaflosigkeit und Angstzuständen gelitten. Sie erinnere sich oft an schlimme Erlebnisse auf der Flucht. Sie sei schreckhaft, wache nachts oft vor Angst auf, vergesse leicht Dinge und leide an innerer Unruhe. Sie fühle sich alleingelassen. Auch ihre Kinder hätten keine Freunde, mit denen sie spielen würden. Seit der Abschiebesituation habe sich dies deutlich verschlechtert. Die Kinder wirkten durch den Abschiebeversuch traumatisiert. Bereits vor dem Abschiebeversuch habe es Kontakt mit der Antragstellerin zu 1 über die Sprechstunde „…“ gegeben. Aufgrund der psychischen Verfasstheit der Antragstellerin zu 1 bestünden große Zweifel, ob sie im Falle einer Abschiebung in der Lage wäre, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern. Alle Antragsteller zeigten Verhaltensweisen, die dringender psychologischer Einschätzung und Behandlung bedürften. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
Beigelegt ist ebenfalls ein Schreiben „Beobachtungen aus traumapädagogischer Sicht zu Frau … und ihren Kindern“ vom 19.11.2018 von Sr. …, Traumapädagogin: Die Antragstellerin könne ihren Kindern keine Sicherheit und Verlässlichkeit bieten. Es sei eine gewisse Vernachlässigung der Elternfunktion zu beobachten. Es sei ein automatisiertes Verhalten erkennbar. Außerhalb dieser Zeiten achte sie nicht auf ihre Bedürfnisse oder die der Kinder. Sie seien oft sich selbst überlassen. Der älteste Sohn sei durch den Abschiebungsversuch am deutlichsten traumatisiert. Er spreche von der „bösen Polizei“, ziehe sich zurück, nässe nachts wieder ein und sei gegenüber den Geschwistern aggressiv. Die beiden Mädchen seien eher distanzlos. Die Familie begebe sich nicht in den Garten, sondern zöge sich umgehend ins Haus zurück.
Die Antragsgegnerin übermittelte mit Schreiben vom 18.01.2019 Behördenakten und machte Ausführungen zur „Flüchtigkeit“. Mit Schriftsatz vom 28.01.2018 beantragt sie,
die Anträge auf Abänderung des Beschlusses vom 05.06.2018 abzulehnen.
Zur Begründung wird auf das Fax vom 28.11.2018 an Malta verwiesen sowie darauf, dass nach Meldung des Kirchenasyls zum 16.11.2018 innerhalb der gesetzten Frist kein Härtefalldossier bei der Antragsgegnerin eingegangen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten, die Gerichtsakte des Klage- und Eilverfahrens (Az. B 8 K 18.50365 sowie B 2 S 18.50364) sowie auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 80 Abs. 7 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
Solche Gründe liegen nicht vor.
Insbesondere ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 1 und 2 Satz 1 Dublin III-VO durch Ablauf der Überstellungsfrist voraussichtlich nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil die Sechs-Monats-Frist Mitte Dezember 2018 noch nicht abgelaufen ist. Damit ist Malta nach wie vor zuständig, das Asylverfahren der Antragsteller durchzuführen.
Die Überstellungsfrist beträgt nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Satz 1 Dublin III-VO grundsätzlich sechs Monate ab dem Tag der Annahme des Auf- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedsstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung (§ 34a Abs. 1 AsylG) unterbricht den Lauf der Frist für eine Überstellung nach den Regelungen der Dublin III-VO. Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über einen solchen Antrag wird die Frist auch dann neu in Lauf gesetzt, wenn – wie hier mit Beschluss vom 05.06.2018 (Az. B 2 S 18.50364) – der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt wurde (BVerwG, U.v. 26.05.2016 – 1 C 15/15 – juris; BayVGH, U.v. 29.03.2017 – 15 B 16.50080 – juris).
1.1 Zwar wäre die Sechs-Monats-Frist Mitte Dezember 2018 abgelaufen, die Antragsgegnerin hat jedoch mit Fax vom 28.11.2018 die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO in zulässiger Weise auf 18 Monate, bis zum 05.12.2019, verlängert.
Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO kann die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Bei einem Flüchtigsein verlängert sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung auf höchstens 18 Monate; diese Frist ist im Entscheidungszeitpunkt noch nicht abgelaufen.
Die Antragsteller sind seit dem 16.11.2018, an dem der illegale Aufenthalt im Kirchenasyl begonnen hat, „flüchtig“ i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO, so dass die Verlängerung der Überstellungsfrist rechtmäßig erfolgte. Im Lichte von Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO konnte in der vorliegenden Konstellation die Verlängerung der Überstellungfrist erfolgen, weil dadurch vermieden wird (und werden soll), dass sich der Zuständigkeitsübergang durch pflichtwidriges Tun oder Unterlassen der Antragsteller vollzieht.
Die Antragsteller haben sich durch das Begeben in das Kirchen-„Asyl“ zielgerichtet dem staatlichen Zugriff entzogen und sind damit flüchtig im Sinne der Dublin III-Verordnung, zumal sie durch ihr Verhalten den erfolglosen Ablauf der Regelüberstellungsfrist bewusst herbeigeführt haben (vgl. VG Köln, GB.v. 09.10.2015 – 13 K 2489/15.A; VG Saarland, U.v. 06.03.2015 – 3 K 832/4; VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 – RN 3 K 14.50364; VG Augsburg, GB.v. 08.10.2014 – Au 7 K 14.30121; VG Minden, U.v. 20.01.2014 – 10 K 1096/13.A; OVG Saarland, U.v. 13.09.2006 – 1 R 17/06; zu der vergleichbaren Problematik in § 1a Abs. 3 AsylbLG: BayLandessozialgericht, B.v. 11.11.2016 – L 8 AY 29/16 B ER; zur Widersprüchlichkeit des Verhaltens: VG Ansbach, B.v. 29.08.2017 – N 14 E 17.50998). Erforderlich ist nicht, dass der Asylsuchende seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung „flüchtig ist“ knüpft nämlich an die Überstellung an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylsuchende den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 – RN 3 K 14.50264 – juris; VG Magdeburg, B.v. 11.12.2014 – 1 B 1196/14 – juris; VG Ansbach, B.v. 29.08.2017 – AN 14 E 17.50998 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.09.2017 – AN 14 E 17.51000 – juris).
Die Formulierung „flüchtig ist“ meint, dass sich der Ausländer zielgerichtet dem staatlichen Zugriff durch Änderung seines Aufenthaltsortes zu entziehen versucht – ob dieses Entziehen erfolgreich ist und aus welchen Gründen, spielt für die Einordnung keine Rolle, soweit das relevante räumliche Element des Wegbewegens vorliegt. Es geht damit um den aktiven Akt des Sich-Entziehens und nicht um den Erfolg desselben. Dieses Verständnis wird nicht zuletzt auch durch Art. 2 lit. n) Dublin III-Verordnung gestützt.
Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung stellt darauf ab, dass der Ausländer flüchtig ist. In der englischen Fassung findet sich die Formulierung: „[…] or up to a maximum of eighteen months if the person concerned absconds.“, in der französischen “[…] à dix-huit mois au maximum si la personne concernée prend la fuite.”
Art. 2 lit. n) Dublin III-Verordnung definiert die „Fluchtgefahr“ und stellt dabei darauf ab, dass sich der Ausländer dem Überstellungsverfahren durch Flucht entziehen könnte. Die englische Formulierung lautet: „[…] ‘risk of absconding’ means the existence of reasons in an individual case, which are based on objective criteria defined by law, to believe that an applicant or a third-country national or a stateless person who is subject to a transfer procedure may abscond.”, die französische: „[…]«risque de fuite», dans un cas individuel, l’existence de raisons, fondées sur des critères objectifs définis par la loi, de craindre la fuite d’un demandeur, un ressortissant de pays tiers ou un apatride qui fait l’objet d’une procédure de transfert.“
Dass es auf den aktiven Akt des sich Entziehens und nicht auf das Ergebnis des tatsächlichen Entzuges ankommt, wird aus folgenden Erwägungen deutlich:
Zwar ist der deutsche Formulierung „flüchtig ist“ nicht direkt zu entnehmen, ob es auf die Handlung des Sich-Entziehens oder den Erfolg des Entziehens ankommt. Unter Flucht ist jedoch gemäß der Definition im Duden „das Ausweichen aus einer als unangenehm empfundenen oder nicht zu bewältigenden [Lebens]situation“ (http://www.duden.de/rechtschreibung/Flucht_Ausbruch, Stand 07.06.2017), also die Handlung des Weichens und eben nicht der Erfolg, zu verstehen.
Deutlicher wird diese Unterscheidung in der französischen Fassung, die sowohl in Art. 29 Abs. 2 Satz 2, als auch in Art. 2 lit. n) Dublin III-Verordnung die Formulierung „prend la fuite“ auf Deutsch „die Flucht ergreifen“ oder „flüchten“ (https://de.langenscheidt.com/deutsch-franzoesisch/search?term=prendre+la+fuite; https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/franz %C3%B6sisch-deutsch/fuite; http://dict.leo.org/franz%C3%B6sisch-deutsch/fuite%20la%20 prendre) und damit die Beschreibung des aktiven Vorganges nutzt.
In der englischen Version wird in den relevanten Artikeln das Verb „abscond“ benutzt, was mit „sich den Gesetzen entziehen“, „sich davonmachen“, „verschwinden“ oder „fortlaufen“ übersetzt werden kann (https://de.langenscheidt.com/englisch-deutsch/abscond; https://www.dict.cc/?s=abscond; https://dict.leo.org/englisch-deutsch/abscond; https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung?l=deen& q=abscond). Auch hier wird insbesondere bei Art. 29 Abs. 2 Dublin III-Verordnung die aktive Formulierung des Entzugsvorganges und nicht die Beschreibung des Ergebnisses verwendet.
Die Anknüpfung an die behördliche Kenntnis des (illegalen) Aufenthaltsortes und die damit verbundene Möglichkeit der Abschiebung (vgl.: VG München, U.v. 06.06.2017 – M 9 S 17.50290; U.v. 27.03.2017 – M 22 K 16.50220; VG Würzburg, U.v. 31.08.2015 – W 3 K 14.50040; VG Greifswald, BG.v. 31.05.2016 – 3 A 256/16 As HGW m.w.N., alle in juris) greift zu kurz; insoweit wird darauf abgestellt, dass der Erfolg (= Entzug) nicht eingetreten ist, da der Staat sein Gewaltmonopol auch in Kirchenräumen durchsetzen könnte und der Vollzug damit nicht unmöglich ist.
Das Argument, die faktische Duldung des „Kirchen-Asyls“ durch den Staat würde eine Zurechnung des Vollzugsdefizites zum Flüchtling hindern (so wohl: VG Greifswald, GB. v. 31.05.2016 – 3 A 256/16 As HGW), greift ebenfalls zu kurz; vorliegend kommt es eben auf die Handlung des Sich-Entziehens und nicht auf den Grund für die unterbliebene Abschiebung an, zumal letztendlich jede Form des Untertauchens dem Staat zugerechnet werden könnte, da er die abzuschiebenden Personen nicht genügend überwacht und nach untergetauchten Ausländern nicht mit ausreichendem Personaleinsatz gefahndet hat.
Stellt man zutreffender Weise auf die Handlung des Sich-Entziehens ab, so ist der Tatbestand des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-Verordnung im Fall des Kirchen-„Asyls“ erfüllt. Das Kirchen-„Asyl“ dient ausschließlich dazu, den Ausländer entgegen der geltenden Rechtsordnung und ungeachtet der grundsätzlichen Strafbarkeit eines solchen Verhaltens nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dem staatlichen Zugriff zu entziehen. Dies wird umso augenscheinlicher, wenn ein Ausländer entgegen § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG seinen zugewiesenen Aufenthaltsort aufgibt, um durch den Aufenthaltsortswechsel Abschiebemaßnahmen zu verhindern.
Dabei ist unerheblich, dass den Behörden der Aufenthalt der Antragsteller jederzeit bekannt war. Der Antragstellerin zu 1 ist nämlich geläufig, dass die bayerischen Ausländerbehörden aufgrund entsprechender Abreden mit den Kirchen und der bereits jahrelangen Praxis gegen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer im Kirchenasyl nicht vorgehen. Aufgrund der politischen Entscheidung zur Respektierung des Kirchenasyls besteht jedenfalls ein faktisches Vollzugshindernis für die Ausländerbehörden (BayLSG, B.v. 11.11.2016 – L 8 AY 28/16 B ER – juris). Obwohl die Ausländerbehörden rechtlich nicht gehindert sind auch aus dem Kirchenasyl abzuschieben, haben die Antragsteller de facto die (nahezu) hundertprozentige Sicherheit, dass sie während des illegalen Kirchenasyls nicht überstellt werden. Ihr Status gegenüber Ausländerbehörde ist damit kein anderer, als der eines „unbekannt“ Untergetauchten, da sie sich ebenfalls vorsätzlich dem Zugriff der Ausländerbehörde entziehen
(vgl. auch VG Ansbach, B.v. 07.12.2016 – AN 14 S 16.50339 – juris; VG Bayreuth, GB.v. 07.06.2017 – B 3 K 17.50070; VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 – RN 3 K 14.50364 – juris; VG Augsburg, B.v. 08.10.2014 – Au 7 K 14.30121 – juris; VG Ansbach, U.v. 21.12.2015 – An 3 K 15.50498 – juris; VG Saarland, U.v. 06.03.2015 – 3 K 832/14 – juris; VG Bayreuth, U.v. 07.03.2016 – B 3 K 15.50293 – juris; a.A. beispielsweise VG München, B.v. 06.06.17- M 9 S 17.50290 – juris und VG Hannover, U.v. 31.05.2017 – 10 A 6796/16 – juris).
Dahinstehen kann, ob der „Gang ins Kirchenasyl“ generell die Verlängerung der Überstellungsfrist rechtfertigt. Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, dass bei den Antragstellern keine zwingenden humanitären Gründe ersichtlich sind, die das Kirchenasyl als „ultima ratio“ rechtfertigen würden. Ihnen ist in Malta nichts zugestoßen. Die Liäson mit dem Freund der Antragstellerin zu 1 und deren Folgen sind nicht dem Mitgliedsstaat zuzuschreiben. Schutz vor ihrem früheren Freund in Malta können zudem auch die staatlichen Behörden Maltas gewähren. Die Antragsteller stellen sich vielmehr bewusst und grundlos gegen die deutsche Rechtsordnung. Erst nachdem ein Abschiebungsversuch gescheitert ist, begeben sie sich ins Kirchenasyl und unterwandern damit die Rechtsordnung nunmehr mit dem nicht legalen Aufenthalt im Kirchenasyl.
Zumindest im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin – unter Anwendung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO – die Überstellungsfrist rechtmäßig verlängert. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist daher voraussichtlich kein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin gegeben.
1.2 Dass im Falle der Antragsteller keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO begründen oder möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, hat darüber hinaus das Verwaltungsgericht bereits in den Beschlüssen vom 05.06.2018 (Az. B 2 S 18.50364) und vom 20.06.2018 (Az. B 8 S 18.50450) entschieden.
Daran hat sich grundsätzlich auch nach der Geburt des 4. Kindes nichts geändert.
1.2.1 Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylsystems in Malta sind auch jetzt nicht ersichtlich.
Eine möglicherweise vorhandene oder zu erwartende Entscheidung seitens des Abschiebungszielstaates über den Asylantrag spielt im Rahmen der Bestimmung des für die Entscheidung über den Asylantrag zuständigen Zielstaates keine Rolle. Wie Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO ausdrücklich regelt, ist grundsätzlich nur ein Mitgliedstaat für die Entscheidung über den Asylantrag zuständig. Die Regelungen der §§ 3 Abs. 2 Unterabsatz 2, 17 Dublin III-VO sorgen nicht dafür, dass inzident bei der Frage des zuständigen Mitgliedstaates geprüft werden müsste, wie der zuständige Zielstaat entschieden hat oder entscheiden würde und ob diese Entscheidung den eigenen nationalen Voraussetzungen entsprechen würde, sodass quasi in eine hypothetische materielle Prüfung einzusteigen wäre. Dass eine Wiederaufnahme auch bei bereits erfolgter Ablehnung des Asylantrages im zuständigen Mitgliedsstaat möglich ist, zeigt Art. 18 Abs. 1 d Dublin III-VO. Hierin tritt nicht zuletzt der für die Europäische Union fundamentale Gedanke gegenseitigen Vertrauens zu Tage.
Zwar fallen die Antragsteller als Mutter mit Kindern und einem Säugling unter den besonders vulnerablen Personenkreis im Sinne der Tarakhel-Rechtsprechung des EGMR (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 29.08.2017 – 2 BvR 863/17 – juris Rn. 17). Es ist jedoch davon auszugehen, dass den Antragstellern bei einer Überstellung nach Malta keine menschenunwürdige Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht, die zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis führen könnte. Solches wurde auch nicht geltend gemacht.
Der EGMR hat in seinem Urteil vom 04.11.2014 – 29217/12 – im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (NVwZ 2015, 127 ff.) entschieden, dass die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht ohne vorherige individuelle Garantien der italienischen Behörden, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben kann, erfolgen darf. In der Entscheidung des EGMR vom 04.10.2016 – 30474/14 – im Verfahren Ali ./. Schweiz und Italien hat der EGMR ausgeführt, dass das von Italien mittlerweile eingeführte und praktizierte Verfahren bei Dublin-Rückführungen von Familien mit minderjährigen Kindern nicht gegen einschlägige, geltende Bestimmungen des europäischen Rechts verstoße.
Auch wenn diese Rechtsprechung grundsätzlich auch auf andere Länder des sog. Dublin-Systems und auch außerhalb des Dublin-Systems übertragbar ist, würde dies nicht bedeuten, dass für die Überstellung in alle Staaten eine Zusicherung einer ordnungsgemäßen Unterbringung im Einzelfall notwendig ist.
In Malta gibt es spezielle Einrichtungen für Familien, in denen sie vom Personal geeignete und adäquate Unterstützung erhalten (AIDA, Country Report Malta 2017, Stand 30.12.2017, S. 54 f.). Die Antragstellerin zu 1 hat nach der fast sechsjährigen Aufenthaltsdauer in Malta auch nicht angegeben, inadäquat untergebracht worden zu sein. Es besteht auch kein Grund zur Annahme, dass die maltesischen Behörden nicht über genügend entsprechende Ressourcen bzw. nicht über die Fähigkeit verfügen, eine Familie mit minderjährigen Kindern und einem Säugling zu versorgen bzw. in angemessener Weise auf eventuell auftretende Schwierigkeiten zu reagieren. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Antragsgegnerin im Falle einer Überstellung Malta rechtzeitig über die familiäre Situation der Antragsteller informiert.
1.2.2 Die Einreichung eines Härtefalldossiers, verspätet oder nicht, lässt die Einschätzung „flüchtig“ nach obigen Kriterien unberührt. Findet sich für ein „Kirchenasyl“ schon keine rechtliche Grundlage – weder im Kirchenrecht noch im Recht der Bundesrepublik Deutschland – so kann eine Ausgestaltung eines solchen auch keine rechtlich verbindlichen Folgen zur Subsumtion dieses gesetzlichen Begriffes nach sich ziehen.
1.3 Die Antragsgegnerin hat Malta mit Fax vom 28.11.2018 gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO über das Flüchtigsein der Antragsteller informiert und auch eine Entscheidung über die Verlängerung der Überstellungsfrist getroffen. Darin liegt auch eine – jedenfalls konkludent getroffene – nach dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO („Die Frist […] kann verlängert werden […]“) erforderliche Entscheidung der Antragsgegnerin über die Fristverlängerung (vgl. VG Dresden, U.v. 12.06.2015 – 7 K 2951/14.A – juris sowie VG Ansbach, B.v. 29.08.2017 – AN 14 E 17.50998 – juris und VG Ansbach, B.v. 26.09.2017 – AN 14 E 17.51000 – juris).
Letztlich wird noch darauf hingewiesen, dass es für die Rechtmäßigkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist völlig unerheblich ist, ob Malta den Eintritt in das Kirchenasyl ebenfalls als Verlängerungsgrund i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO erachtet. Das Erfordernis der Information des Zielstaates vor Ablauf der Überstellungsfrist folgt aus Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 02.09.2003 in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30.01.2014 i.V.m. Art. 29 Abs. 4 Dublin III-VO. Dem hat die Antragsgegnerin mit ihrem Fax an die maltesischen Behörden genügt. Weitere Voraussetzungen, insbesondere die Zustimmung oder das Einverständnis des Zielstaats, sind gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Meldung der Antragsgegnerin an Malta vom 19.11.2018 bzgl. der vorübergehenden Aussetzung der Überstellung aus sonstigen Gründen stellt hingegen keine ordnungsgemäße Verlängerung der Überstellungsfrist dar, da dies weder eine Mitteilung des Flüchtigseins noch eine Entscheidung über die Fristverlängerung beinhaltet. Dies ist vorliegend aber unerheblich, da die Antragsgegnerin jedenfalls aufgrund des Kirchenasyls die Überstellungsfrist mit Fax vom 28.11.2018 noch vor Ablauf der Frist rechtzeitig verlängert hat.
1.4 Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.
1.4.1 Hierzu wird zunächst auf die Ausführungen in den bereits ergangenen Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Bayreuth im einstweiligen Rechtsschutz vom 05.06.2018 (Az. B 2 S 18.50364) und vom 20.06.2018 (Az. B 8 S 18.50450) Bezug genommen.
Änderungen für ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Maltas sind auch dem Härtefalldossier nicht zu entnehmen. Soweit darin gesundheitliche Gründe der Antragsteller gegen eine Überstellung nach Malta angeführt werden, so fehlt zu deren Glaubhaftmachung eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung (entsprechend § 60 Abs. 2c AufenthG). Die vorgelegten ärztlichen Befunde vom 16.11.2018 des medizinischen Dienstes für den Antragsteller zu 2 und die Antragstellerin zu 1 erfüllen in keiner Weise die Voraussetzungen. Im Übrigen resultieren die geschilderten Symptome nach den Angaben in den Attesten im Wesentlichen aus dem Vorgang der Abschiebung selbst; solches ist dem Asylrecht jedoch nicht zugänglich und schließt eine Überstellung nach Malta nicht grundsätzlich aus. Gleiches gilt hinsichtlich der Beobachtungen aus traumapädagogischer Sicht. Sie lassen zwar Verhaltensauffälligkeiten erkennen, doch wenn die Antragstellerin zu 1 tatsächlich bereits vor der Abschiebung unter Schlaflosigkeit und Angstzuständen gelitten hat, dann ist nicht nachvollziehbar, warum ein damals bereits erkannter Zustand nicht schon früher medizinisch abgeklärt wurde. Kontakte zu den Antragstellern bestanden eigenen Angaben zufolge offenbar schon vor dem Abschiebungsversuch.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass Malta medizinische Hilfe für Asylsuchende anbietet (vgl. AIDA, Country Report Malta 2017, Stand 30.12.2017, S. 53 f.). Asylsuchende, die nicht inhaftiert sind, haben danach Zugang zu den staatlichen Gesundheitsdiensten, wobei die größten Hindernisse hauptsächlich auf Sprachschwierigkeiten beruhen. Da sich die Antragstellerin zu 1 bereits 6 Jahre in Malta aufgehalten hat, ist davon auszugehen, dass dieses Hindernis der Inanspruchnahme medizinischer Hilfe nicht entgegensteht. Sobald bei Asylsuchenden psychische Erkrankungen diagnostiziert sind, werden sie im Allgemeinen zur Behandlung in die psychiatrische Klinik zum … gebracht (a.a.O.).
Auch eine Reiseunfähigkeit ist nicht dargelegt.
Eine solche ist dann gegeben, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche, konkrete Gesundheitsgefährdung für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn, BayVGH, B.v. 23.10.2007 – 24 CE 07.484).
Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zum Beweis der Reiseunfähigkeit nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methodik der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen daraus darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles richten (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 und 10 CE 13.1891).
Solches ist den Akten nicht zu entnehmen und wurde auch nicht vorgetragen.
1.4.2 Die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin vom 30.08.2018 hinsichtlich des 4. Kindes, …, ist ebenfalls vollziehbar. Der Antrag auf Anordnung der abschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 17.09.2018 (Az. B 8 K 18.50682) abgelehnt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.