Europarecht

Gewerbliche Altkleidersammlung

Aktenzeichen  20 B 16.2002

Datum:
18.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 40007
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1
AEUV Art. 34, Art. 35, Art. 106 Abs. 2
BayVwVfG Art. 24
VwGO § 67 Abs. 2 S. 1, § 132 Abs. 2 Nr. 1, § 139
GewO § 1, § 35

 

Leitsatz

1. Eine seit mehr als drei Monaten angezeigte, aber noch nicht tatsächlich durchgeführte Abfallsammlung, die von der zuständigen Behörde nicht untersagt worden ist, ist im Rahmen der Prognose der Auswirkungen der streitgegenständlichen Abfallsammlung nicht als mögliche Zusatzbelastung einzustellen. (Rn. 34)
2. Bei der Berechnung der Auswirkungen dieser Zusatzbelastung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die zusätzlichen Sammelmengen anteilig entsprechend der im Bezugsjahr tatsächlich erzielten Sammelmengen auf die einzelnen bisherigen Sammler verteilt werden bzw. zu deren Lasten gehen. (Rn. 35)

Verfahrensgang

W 4 K 12.1129 2013-06-25 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. Juni 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2012 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 25. Juni 2013 und des Bescheids der Beklagten vom 29. November 2012. Der Untersagungsbescheid der Beklagten vom 29. November 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Untersagung der gewerblichen Altkleidersammlung der Klägerin im Gebiet der Stadt A… kann nicht – wie im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt – auf § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen gestützt werden (hierzu 1.). Ebenso wenig kann sie aber auf die im Bescheid zwar nicht herangezogenen, allerdings im gerichtlichen Verfahren thematisierten und grundsätzlich (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1982 – 8 C 12/81 – BVerwGE 64, 356, zitiert nach juris, Rn. 12; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113, Rn. 17) zu berücksichtigenden Untersagungsgründe nach § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. (Unzuverlässigkeit des gewerblichen Sammlers; hierzu 2.) oder § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG (nicht ausreichende Darlegung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung; hierzu 3.) gestützt werden.
1. Der Sammlung der Klägerin stehen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 57) keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG). Überwiegende öffentliche Interessen stehen einer gewerblichen Sammlung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG ist eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten unter anderem anzunehmen, wenn die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere bei Vorliegen einer der Fallgruppen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 3 KrWG vermutet.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder dessen Beauftragter eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, es sei denn, dass die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG).
Die vom Eigenbetrieb der Beklagten Stadtwerke Aschaffenburg bereit gestellte Altkleidersammlung stellt eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung von Abfällen i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dar. Sie setzt sich aus einer Kombination zwischen einem Holsystem (2 mal jährlich erfolgende Straßensammlung) und einem Bringsystem (Containersammlung) zusammen, das gewährleistet, dass sämtliche Einwohner des Entsorgungsgebiets eine mit zumutbarem Aufwand erreichbare Möglichkeit der Abgabe der Abfälle haben (OVG NRW, U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 66 f. m.w.N.; Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 17 Rn. 146; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 28). Die geplante Sammlung der Klägerin ist mit – im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats – geplanten 10 Containern bzw. 16 t im Jahr nicht wesentlich leistungsfähiger als die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers i.S.v. § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG.
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stellt jedoch eine widerlegbare Vermutung auf. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch eine gewerbliche Sammlung ist danach im Regelfall auszugehen (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 50). Da eine Untersagung gewerblicher Sammlungen jedoch eine Beschränkung unionsrechtlicher Grundsätze, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit (Art. 34, 35 AEUV) darstellt (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 31 ff., insbesondere 34 ff.) ist sie nach Art. 106 Abs. 2 AEUV nur gerechtfertigt, soweit anderenfalls die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. dessen Beauftragter verhindert wird (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 48 ff.). Denn die flächendeckende diskriminierungsfreie Entsorgung von Haushaltsabfällen, wozu auch sortenreine Abfallfraktionen wie Alttextilien gehören, stellt eine Dienstleistung von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse dar (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 41) und fällt damit in den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung des Art. 106 Abs. 2 AEUV.
Aufgrund der genannten unionsrechtlichen Vorgabe muss die Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG im Einzelfall widerlegt werden können, wenn die streitbefangene gewerbliche Sammlung auch im Zusammenwirken mit anderen privaten
– auch gemeinnützigen – Sammlungen nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich rechtlichen Entsorgungsträgers führt (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 50 ff.). Ob die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG im Einzelfall widerlegt ist, bestimmt sich danach, ob durch den Marktzugang eines gewerblichen Sammlers im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die Grundstrukturen der Entsorgung, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zur Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung nach Maßgabe seiner organisatorischen Grundentscheidungen ins Werk gesetzt hat, wesentlich umgestaltet werden müssten (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 51). Dazu sind die Auswirkungen auf die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu erzielende Sammelmenge zu ermitteln (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 52). Hierzu ist zunächst der Status quo zu ermitteln, d.h. der Anteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers am Gesamtaufkommen der Sammlungen. Dieser Anteil wird durch bereits rechtmäßig durchgeführte Sammlungen mitgeprägt, wobei insbesondere die gemeinnützigen Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG einzubeziehen sind (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 55 f.). Auf dieser Grundlage sind die zu erwartenden Veränderungen zu betrachten, wobei neben der streitgegenständlichen insbesondere auch weitere angezeigte und sofort vollziehbar, aber noch nicht bestandskräftig untersagte Sammlungen als mögliche Zusatzbelastungen in den Blick zu nehmen sind. Denn angezeigte, aber untersagte Sammlungen entfallen erst dann als mögliche Zusatzbelastung, wenn die Untersagung bestandskräftig geworden ist (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 53 f.). Die so ermittelten zusätzlichen Sammelmengen auf Seiten der privaten Sammler sind sodann den tatsächlichen bzw. auf der Grundlage konkreter Planungen erwarteten Sammelmengen des Entsorgungsträgers gegenüber zu stellen und hiernach die Rückgänge bzw. die verminderten Steigerungspotentiale auf Seiten des Entsorgungsträgers zu prognostizieren und zu bewerten (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 58).
Gemessen an diesen Grundsätzen führt die Sammlung der Klägerin nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
In einem ersten Schritt sind die Anteile des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sowie der rechtmäßig durchgeführten privaten Sammlungen am gesamten Sammlungsaufkommen zu ermitteln (BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 32). Nach den von der Beklagten für das Jahr 2017 vorgelegten Zahlen beläuft sich der Anteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers am Gesamtsammelaufkommen des Jahres 2017 auf 66,03% (385,91 t bei einem Gesamtsammelaufkommen von 584,404 t).
Im zweiten Schritt ist sodann eine Prognose der anstehenden Veränderungen durch die streitgegenständliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen vorzunehmen. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, weshalb maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der der mündlichen Verhandlung des Senats ist (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 57), ist die von der Klägerin nach der Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht erklärte Reduzierung der streitgegenständlichen Sammlung von zunächst 84 t im Jahr auf nun nur noch 16 t im Jahr zu berücksichtigen. Die Klägerin hat durch diese im gerichtlichen Verfahren abgegebene Erklärung ihre Sammlungsanzeige dahingehend geändert, dass der größtmögliche Umfang der Sammlung nun 16 t pro Jahr beträgt. Die klägerische Sammlung ist daher mit 16 t in die Berechnung einzustellen. Die zunächst von der Beklagten angegebene weitere gemeinnützige Sammlung ist nicht zu berücksichtigen, da sie inzwischen zurückgezogen wurde.
Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen streitig, ob die bereits am 25. Oktober 2013 angezeigte gewerbliche Sammlung des „Sammlers 4“ mit einer angezeigten maximalen Sammelmenge von 140 t pro Jahr bei der Prognose berücksichtigt werden muss. Der Senat hat die Frage, ob eine bereits seit längerer Zeit angezeigte, nicht untersagte, aber auch über Jahre nicht durchgeführte Sammlung als Zusatzbelastung bei der Prognose zu berücksichtigen ist, bisher offen gelassen, da es hierauf im Ergebnis jeweils nicht ankam (vgl. u.a. B.v. 11.1.2018 – 20 ZB 17.1916 – juris Rn. 21).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 30. Juni 2016 (7 C 4.15 – juris Rn. 54) zu den in die Prognose der Auswirkungen der jeweils streitgegenständlichen Sammlung einzustellenden Sammlungen bzw. Sammelmengen ausgeführt, dass dabei in erster Linie als zusätzlich beabsichtigte Veränderungen des Sammlungsumfeldes weitere angezeigte, „aber insbesondere wegen einer sofort vollziehbaren Untersagungsverfügung noch nicht durchgeführte Sammlungen“ von Bedeutung seien. Durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ hat das Bundesverwaltungsgericht ausgedrückt, dass hier neben sofort vollziehbar untersagten Abfallsammlungen auch andere Sammlungen zu berücksichtigen sind. Im hierauf folgenden, zweiten Satz der Rn. 54 des genannten Urteils führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass diese (sofort vollziehbar untersagten Sammlungen) erst dann unbeachtlich werden, wenn die Untersagung bestandskräftig geworden ist. Eine untersagte Sammlung wird aber nicht nur dann unbeachtlich, wenn sie zunächst unter Anordnung des Sofortvollzugs ausgesprochen wurde. Vielmehr muss es nach Sinn und Zweck der Regelung für die Unbeachtlichkeit einer Sammlung im Rahmen der Prognose der Auswirkungen der streitgegenständlichen Sammlung ausreichen, dass diese untersagt wurde (auch ohne Sofortvollzug) und dass diese Untersagung bestandskräftig ist. Unter Berücksichtigung des zweiten Satzes der Randnummer 54 des Bundesverwaltungsgerichtsurteils kann dessen Satz 1 damit nur so verstanden werden, dass neben den ausdrücklich („insbesondere“) genannten sofort vollziehbaren Untersagungen auch sonstige Untersagungen zu berücksichtigen sind. Die weitere, theoretische Möglichkeit zur Auslegung des Satzes 1 dahingehend, dass neben den ausdrücklich genannten sofort vollziehbar untersagten Sammlungen auch sonstige, nicht durchgeführte Sammlungen, auch wenn sie gar nicht untersagt wurden, zu berücksichtigen wären, scheidet aufgrund des Satzes 2 aus. Hinzu kommt, dass es vielfältige Gründe haben kann, warum eine angezeigte und nach Ablauf der 3-Monatsfrist damit „erlaubte“ Abfallsammlung nicht tatsächlich ins Werk gesetzt wird. So kann es beispielsweise sein, dass der gewerbliche Sammler sich wegen der starken Marktposition des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder schlicht aufgrund seiner fehlenden Möglichkeit, Stellplätze für Altkleidercontainer zu bekommen, dazu entschließt, nicht zu sammeln, obwohl es ihm abfallrechtlich erlaubt wäre. Eine solche Entscheidung ist zwar grundsätzlich legitim, würde in diesem Fall aber diese nicht durchgeführte Sammlung bei der Prognose der potentiellen Auswirkungen der streitbefangenen Sammlung berücksichtigt, so würde sich diese Berücksichtigung zu Lasten des streitbefangenen Sammlers auswirken. Die Wahrscheinlichkeit, dass die vom Bundesverwaltungsgericht gezogene Irrelevanzschwelle „gerissen“ würde, würde aus ihm nicht zuzurechnenden Gründen steigen. Eine Pflicht zur Berücksichtigung von nicht untersagten, aber auch noch nicht durchgeführten Sammlungen würde erhebliche Manipulationsmöglichkeiten eröffnen: Würde ein Konkurrenzunternehmen eine sehr umfangreiche Sammlung anzeigen, so müsste diese mit den angezeigten Mengen im Rahmen der Prognose der Auswirkungen der untersagten Sammlung als jedenfalls mögliche Zusatzbelastung (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 54) mit berücksichtigt werden und würde, je größer die Sammelmenge ist, umso eher zur Überschreitung der Irrelevanzschwelle führen. Hinzu kommt schließlich, dass auch eine noch nicht durchgeführte Sammlung untersagt werden kann. Je größer die angezeigte Sammelmenge ist, umso mehr kann dies im Einzelfall zur Gewährleistung der öffentlichen Interessen nach § 17 Abs. 3 KrWG geboten sein. Verzichtet die Sammlungsbehörde gleichwohl auf eine Untersagung dieser Sammlung, so akzeptiert sie sie als diesen öffentlichen Interessen nicht entgegenstehend. Sie kann dann diese, von ihr nicht untersagte Sammlung, auch wenn sie vom Sammlungsträger nicht durchgeführt wird, nicht im Rahmen der Prognose der Auswirkungen einer untersagten Sammlung entgegenhalten.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte als Abfallbehörde von einer Untersagung der Altkleidersammlung des „Sammlers 4“ abgesehen. Als Grund hierfür konnte sie in der mündlichen Verhandlung allein angeben, dass sie aufgrund der im Zeitpunkt des Eingangs der Sammlungsanzeige bestehenden rechtlichen Unsicherheit von einer Untersagung abgesehen hat. Angesichts des Umfangs dieser Sammlung läge eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG aber nahe, woran die Beklagte auch zum jetzigen Zeitpunkt rechtlich nicht gehindert ist (BVerwG, U.v. 11.7.2017 – 7 C 35.15 – NVwZ 2018, 1073, 1. Leitsatz). Wäre eine solche Untersagung ausgesprochen und mit der Anordnung des Sofortvollzugs versehen, so wäre sie nach den eindeutigen Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Prognose als mögliche Zusatzbelastung zu berücksichtigen. Nachdem dies aber nicht geschehen ist, muss die angezeigte Sammelmenge des „Sammlers 4“ von 140 t pro Jahr hier außen vor bleiben.
Dies ergibt sich auch aus einer Kontrollüberlegung: Würde der nicht untersagte „Sammler 4“ vorliegend nicht gänzlich untätig bleiben, sondern in äußerst geringem Umfang, beispielsweise mit 1 t pro Jahr sammeln, so würde diese eine Tonne in die Berechnung des Status quo eingehen und damit das Umfeld der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, in dem dieser sich bewährt hat, prägen. Die übrigen 139 t pro Jahr, die der nicht untersagte gewerbliche Sammler abfallrechtlich zulässigerweise sammeln dürfte, aber tatsächlich nicht sammelt, würden bei ihm – wie auch bei anderen nicht untersagten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlern – im Rahmen der Berechnung nicht berücksichtigt. Daher kann es keinen Unterschied machen, ob dieser Sammler gar nicht oder nur in einem sehr untergeordneten Umfang tatsächlich sammelt.
Für die erst am 3.Mai 2018 angezeigte Sammlung eines weiteren gewerblichen Sammlers („Sammmlerin X“) mit einer Sammelmenge von 10 t pro Jahr gilt grundsätzlich das Gleiche: Denn auch diese Sammlung ist nach den Angaben der Beklagten bisher noch nicht untersagt worden. Eine Berücksichtigung als mögliche Zusatzbelastung scheidet daher aus den genannten Gründen aus. Dagegen sind die Sammelmengen, die sie nach Ablauf der dreimonatigen Frist nach § 18 Abs. 1 KrWG erzielt, bei der Betrachtung des Status quo zu berücksichtigen. Hier erfolgt die Berechnung jedoch mangels anderer Zahlen auf der Grundlage der 2017 erzielten Sammelmengen, so dass die erst 2018 angezeigte Sammlung naturgemäß nicht berücksichtigt werden kann. Dies folgt jedoch nicht aus rechtlichen Gründen, sondern aus der faktischen Notwendigkeit, die tatsächlichen Sammelmengen zu einem bestimmten Stichtag zu erfassen, wobei sich aus praktischen Gründen insoweit regelmäßig das Ende eines Jahres anbieten dürfte, da eine monatlich exakte Erfassung praktisch nicht durchführbar sein dürfte. Will die Abfallbehörde dieses Ergebnis verhindern, bleibt ihr nur die Möglichkeit, während eines laufenden Klageverfahrens angezeigte Sammlungen umgehend zu untersagen und dies in das gerichtliche Verfahren einzuführen.
Im vorliegenden Fall wäre die Irrelevanzschwelle aber auch unter Berücksichtigung dieser gewerblichen Sammlung nicht überschritten: Denn als mögliche Zusatzbelastung wären dann 26 t pro Jahr zu berücksichtigen (ohne die „Sammlerin X“ nur die klägerischen 16 t pro Jahr). Bei der Berechnung der Auswirkungen dieser Zusatzbelastung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die zusätzlichen Sammelmengen anteilig entsprechend der im Bezugsjahr tatsächlich erzielten Sammelmengen auf die einzelnen bisherigen Sammler verteilt werden bzw. zu deren Lasten gehen. Denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die potentiellen Zusatzbelastungen sich allein zu Lasten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auswirken würden. Die zusätzlichen Sammelmengen würden daher (unter der Prämisse, dass sie sich vollständig realisieren lassen) mit 17,17 t (26 t x 66,03%) bzw. 10,56 t (16 t x 66,03%) zu Lasten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gehen. Dies würde zu einer reduzierten Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von 368,74 t bzw. 375,34 t und damit zu einer Reduzierung seines Marktanteils um 2,94% bzw. 1,81% führen. Die klägerische Sammlung würde daher auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die vom Bundesverwaltungsgericht gezogene Irrelevanzschwelle (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – a.a.O., Rn. 59) nicht überschreiten.
Der Senat hält an seiner, vorstehend dargestellten und erstmals in seinem Beschluss vom 30.Januar 2017 (20 CS 16.1416 – juris Rn. 31 – 33) entwickelten Berechnungsmethode, die er seit dem in ständiger Rechtsprechung anwendet (vgl. B.v. 11.1.2018 – 20 ZB 17.1916 – juris) fest. Die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom 30. Juni 2016 werden allein durch eine derartige Betrachtungsweise umgesetzt.
Im Gegensatz zu der Beklagten vermag der Senat auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2017 (7 C 35.15 – juris Rn. 32 ff.) keine abweichende Berechnungsmethode zu erkennen. Insbesondere lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen, dass, wie vom Verwaltungsgericht Münster (U.v. 22.3.2017 – 7 K 1467/14 – juris Rn. 15 und 17) praktiziert, bei der Prognose der Auswirkungen der streitgegenständlichen Sammlung neben den prognostizierten Sammelmengen der angezeigten, nicht bestandskräftig untersagten Sammlungen auch die tatsächlichen Sammelmengen der nicht untersagten und damit rechtmäßig durchgeführten Sammlungen hinzuzuzählen wären. Denn der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2017 ist gerade nicht zu entnehmen, dass es sich bei den in Randnummer 32 hinzugerechneten 268 t pro Jahr um eine tatsächlich erzielte Sammelmenge handelt. Im Gegenteil zeigen die Ausführungen im der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen (U.v. 21.9.2015 – 20 A 2120/14 – juris Rn. 208), dass es sich um die aufgrund der Sammlungsanzeigen erwarteten Sammelmengen gewerblicher Sammler handelt. Denn das OVG stellt ausdrücklich fest, dass nach der Klarstellung der Beklagten keine gewerblichen Containersammlungen in der betreffenden Stadt, auf die sich die dortige Untersagungsverfügung bezieht, mehr stattfinden, so dass keine der potentiellen gewerblichen Sammlungen auf die tatsächlich erzielte Sammelmenge der Stadt real einwirken kann (OVG NRW a.a.O. Rn. 208). Mangels konkurrierender Sammlungen konnten daher keine tatsächlichen Sammelmengen berücksichtigt werden. Daneben lässt die Berechnungsweise des VG Münster außer Acht, dass die bereits rechtmäßig durchgeführten Sammlungen mit den tatsächlichen Sammelmengen vom Bundesverwaltungsgericht allein bei der Beschreibung des Status quo erwähnt werden (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris, Rn. 55). Nach seinen Ausführungen prägen sie den Status quo und zeigen mit dem Anteil des Entsorgungsträgers am gesamten Sammelaufkommen an, welches Gewicht ihm auf dem Entsorgungsmarkt für die betreffende Abfallfraktion zukommt. Eine erneute Berücksichtigung bei der Prognose der Auswirkungen der streitgegenständlichen Sammlung scheidet damit aber aus.
2. Die Untersagung der streitgegenständlichen Abfallsammlung kann auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG gestützt werden. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben. Das Anzeigeverfahren sieht keine präventive Prüfung der Zuverlässigkeit vor, hierzu sind auch keine Unterlagen beizufügen. Es ermöglicht der zuständigen Behörde lediglich, vorhandene Erkenntnisse aus der Vergangenheit über eine mögliche Unzuverlässigkeit im Rahmen des Untersagungsverfahrens nutzbar zu machen (BVerwG, U.v. 1.10.2015 – 7 C 8/14 – BVerwGE 153, 99, Rn. 32).
a) Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz ist nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 Gewerbeordnung (GewO) unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, liegt es angesichts des Fehlens einer eigenständigen gesetzlichen Begriffsbestimmung nahe, insoweit auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückzugreifen (Niedersächsisches OVG, U.v. 15.2.2018 – 7 LB 71/17 – juris Rn. 65; VGH Baden-Württemberg, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 21). Unzuverlässig ist danach, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird (stRspr., vgl. nur Marcks, in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 78. Ergänzungslieferung April 2018, § 35 Rn. 29 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg a.a.O., Rn. 21 m.w.N.). In der Vergangenheit eingetretene Tatsachen hat die Behörde daraufhin zu beurteilen, ob sie auf eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der Zukunft schließen lassen (Marcks a.a.O., § 35 Rn. 31 m.w.N.). Für die Frage, welche Verstöße gegen Rechtsvorschriften hier grundsätzlich Berücksichtigung finden können, schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (U.v. 15.2.2018 – 7 LB71/17 – juris Rn. 68) an. Danach schlagen Verstöße gegen solche Vorschriften ohne weiteres auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt betreffen. Daneben stehen Verstöße gegen Vorschriften, die ohne unmittelbaren Bezug zur Umwelt als dem Schutzgut des Abfallrechts für die ordnungsgemäße Sammlung von Abfällen einschlägig sind. Gründe, diese von vornherein bei der Prüfung der Zuverlässigkeit auszusparen, sind nicht ersichtlich. Sie geben vielmehr Aufschluss über das Verhalten bezüglich der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit. Je weniger direkt das Schutzgut des Abfallrechts von der Vorschrift betroffen ist, gegen die verstoßen wird, umso strenger muss jedoch der Maßstab zur Berücksichtigung dieses Verstoßes im Hinblick auf die Annahme der Unzuverlässigkeit sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Relevanz von Verstößen allein aus der Schwere des einzelnen Verstoßes ergibt. Vielmehr kann auch eine Vielzahl weniger gewichtiger Verstöße in ihrer Gesamtheit zur Prognose der Unzuverlässigkeit führen. Denn sie lässt einen Hang zur Nichtbeachtung des geltenden Rechts erkennen, der – vorbehaltlich erkennbarer Verhaltensänderungen – dem erforderlichen Vertrauen auf künftige Rechtstreue entgegensteht. Grundsätzlich reicht dementsprechend die in einer Vielzahl kleinerer Verstöße zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung zur Annahme der Unzuverlässigkeit aus, ohne dass ein zielgerichtetes Handeln festgestellt werden müsste. Je mehr System hinter den Verstößen zu erkennen ist, umso weniger gewichtig kann der einzelne Verstoß sein, um die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu rechtfertigen. Aus diesem Grund sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen (Niedersächsisches OVG, a.a.O., Rn. 68; ähnlich Hessischer VGH, B.v. 6.12.2016 – 2 B 1935/16 – juris Rn. 9).
b) Darüber hinaus erachtet der Senat es – insoweit abweichend von der genannten Entscheidung des Niedersächsischen OVG (a.a.O., Rn. 69) – aus systematischen Gründen für geboten, die Tatsachen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Sammlers i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG ergeben können, auf den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Sammlungsbehörde zu beschränken.
Denn der Sammler nicht gefährlicher Abfälle unterliegt neben der Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 1 KrWG auch der Anzeigepflicht nach § 53 Abs. 1 KrWG. Diese Anzeigepflicht wird vom Gesetzgeber als das grundlegende Kontrollinstrument bezüglich der Sammler von Abfällen angesehen (BT-Drs. 17/6052, S. 97; Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 68. Ergänzungslieferung April 2018, § 53 KrWG, Rn. 3). Sie umfasst die gesamte Tätigkeit des Sammlers etc. von Abfällen. Die Anzeige der jeweiligen gewerblichen Sammlung nach § 18 KrWG muss zusätzlich zu dieser Anzeige erfolgen, sie bezieht sich auf die Sammeltätigkeit im bestimmten Gebiet, wie sich aus dem Sachzusammenhang der Vorschrift ergibt (vgl. auch BT-Drs. 17/6052, S. 88/89). In beiden Fällen eröffnet das Gesetz der zuständigen Behörde die Möglichkeit der Untersagung der angezeigten Tätigkeit wegen Unzuverlässigkeit des Anzeigenden. Würde der Begriff der Unzuverlässigkeit in beiden Vorschriften auch hinsichtlich der räumlichen Weite identisch auszulegen sein, so bestünde die Gefahr divergierender Verwaltungsentscheidungen, sowohl unter Sammlungsbehörden nach § 18 als auch im Verhältnis zwischen Sammlungsbehörden nach § 18 KrWG und der Sammlungsbehörde nach § 53 KrWG. Diesen divergierenden Verwaltungsentscheidungen läge jeweils auch der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde. Dieses mit dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung (vgl. Säcker in Münchner Kommentar BGB, 8. Aufl. 2018, Einführung Rn. 141) nur schwer in Einklang zu bringende Ergebnis ist möglichst durch eine systematische Auslegung, die die rechtlichen Prüfungsmaßstäbe der unterschiedlichen Behörden klar gegeneinander abgrenzt, zu vermeiden. Hinzu kommt, dass Gegenstand der Untersagung sowohl bei § 53 KrWG als auch bei § 18 KrWG die angezeigte, an sich genehmigungsfreie (vgl. BVerwG, U.v. 1.10.2015 – 7 C 8/14 – BVerwGE 153, 99, Rn. 32) Tätigkeit ist. Daher ist diese Tätigkeit jeweils auch der Gegenstand der Bewertung als unzuverlässig. Während die Untersagung nach § 53 KrWG sich, was ihre Auswirkungen angeht, auf die gesamte berufliche Tätigkeit des Sammlers etc. bezieht, kann die Sammlungsbehörde nach § 18 KrWG allein die angezeigte Sammlung in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagen. Eigene Möglichkeiten zur Kontrolle und zur Sachverhaltsermittlung hat die jeweilige Behörde ebenfalls nur innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs. Könnte sie als Sammlungsbehörde nach § 18 KrWG auch Feststellungen anderer Behörden berücksichtigen, so müsste sie konsequenterweise auch die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs aufgetretenen Vorfälle überwachen, in ihre Entscheidung einbeziehen und bei einer Aufhebung bzw. beim Eintritt der Rechtskraft von Bescheiden reagieren. Hierfür dürften ihr regelmäßig von den anderen nach § 18 KrWG zuständigen Sammlungsbehörden die entsprechenden Mitteilungen nicht gemacht werden.
Im Ergebnis kann dies im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben, da auch ohne diese Einschränkung die Voraussetzungen für eine Unzuverlässigkeit i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG nicht vorliegen.
c) Die Beklagte begründet die Unzuverlässigkeit der Klägerin im vorliegenden Fall allein mit von ihr verübten Verstößen gegen Vorschriften des Straßenrechts und des Privatrechts. Diese Vorschriften betreffen nicht das Schutzgut des Abfallrechts, sodass nach den obigen Grundsätzen ein strenger Maßstab angewandt werden muss.
Die von der Beklagten herangezogenen Vorfälle im Stadtgebiet von A… können nach diesem Maßstab keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG begründen. Dabei ist der im Februar 2013 in der H…straße auf öffentlichen Straßengrund abgestellte Container aufgrund der Bitte der Klägerin um eine Fristverlängerung für die Beseitigung des Containers der Klägerin jedenfalls zuzurechnen. Etwas anderes gilt für den in der M…straße im Oktober 2012 auf Privatgrund abgestellten Container. Denn eine Kennzeichnung als Container der Klägerin lag offensichtlich nicht vor. Nachdem die Beklagte den Container von dem Privatgrundstück entfernt hatte, meldete sich auch nicht die Klägerin, sondern die AG T… bei den Stadtwerken und forderte die Herausgabe des Containers. Diese ist aber trotz in der Vergangenheit erfolgter enger Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mit der Klägerin identisch. Auch die beiden im Februar 2013 auf öffentlichem Straßengrund am S…weg und Am H… aufgestellten Container sind der Klägerin zuzurechnen. Allerdings wurden diese nach Aufforderung bzw. nach entsprechendem Bescheid der Beklagten vom 7. März 2013 am 14. März 2013 von der Klägerin entfernt. Insgesamt vermögen die im Stadtgebiet von A… festgestellten Vorfälle keine schweren oder systematischen Verstöße gegen straßen- oder privatrechtliche Vorschriften erkennen lassen, die es erwarten lassen, dass die Klägerin auch in Zukunft ihre gewerbliche Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausüben wird.
Diese Einschätzung kann aber auch nicht unter Berücksichtigung des übrigen Vorbringens der Beklagten getroffen werden. Die Beklagte bezieht sich neben den in ihrem Stadtgebiet aufgetretenen Fällen auf die Feststellungen des Regierungspräsidiums G… in dem Gewerbeuntersagungsbescheid vom 6. Dezember 2012 gegen die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin. Dieser Gewerbeuntersagungsbescheid ist unstrittig im gerichtlichen Verfahren aufgehoben worden. Damit ist die Tatbestandswirkung (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 11 Rn. 8) dieses Bescheids entfallen mit der Folge, dass sich die Beklagte nicht unmittelbar darauf berufen kann. Daran ändert es auch nichts, dass die Beklagte geltend macht, dass nach dem Wortlaut des Gewerbeuntersagungsbescheids einige der gegen die Klägerin ergangenen ordnungswidrigkeitenrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Bescheide bestandskräftig bzw. rechtskräftig geworden seien. Diesbezüglich hat die Beklagte nämlich selbst keinerlei Ermittlungen angestellt. Sie beruft sich daher auf Erkenntnisse „vom Hörensagen“, ohne insoweit ihrer Amtsermittlungspflicht nach Art. 24 BayVwVfG nachgekommen zu sein.
In der Gesamtschau vermögen die von der Beklagten angeführten Vorfälle daher nicht zu begründen, dass die Klägerin nach dem Gesamteindruck ihres bisherigen Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit des Sammelns von Altkleidern zukünftig ordnungsgemäß ausüben wird. Damit sind keine Tatsachen im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG bekannt, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben. Sollten sich solche in der Zukunft (nach einer Aufnahme der Sammeltätigkeit durch die Klägerin im Gebiet der Beklagten) ergeben, ist die Beklagte nicht gehindert, auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG auch später noch einzuschreiten (BVerwG, U.v. 1.10.2015 -7 C 8.14 – juris Rn. 32).
3. Die Untersagung der streitgegenständlichen Sammlung kann auch nicht auf die fehlende Darlegung des Verwertungswegs und der Verwertung der gesammelten Abfälle (§ 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG) gestützt werden. Die diesbezüglichen Anforderungen ergeben sich aus dem Urteil des Senats vom 25. Juni 2018 (20 B 17.2431 – NVwZ-RR 2018, 844). Sie sind durch die mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018 von der Klägerin vorgelegten Unterlagen erfüllt, wovon die Beteiligten, wie sie in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben haben, auch übereinstimmend ausgehen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708, 711 ZPO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat vorliegend die Beantwortung der Frage, ob eine von der zuständigen Sammlungsbehörde nach § 18 KrWG nicht untersagte, vom Sammler jedoch nicht ins Werk gesetzte Abfallsammlung im Rahmen der Prognose der Auswirkungen der streitgegenständlichen Sammlung im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zur Anforderung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu berücksichtigen sind.


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