Europarecht

Internationale Zuständigkeit bei Markenrechtsverletzung durch Internetauftritt

Aktenzeichen  6 U 3129/15

Datum:
23.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2016, 127942
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 280 Abs. 2 S. 1, § 314, § 320, § 513 Abs. 2, § 525 S. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1
GMV § 97 Abs. 5
EuGVVO Art. 7 Nr. 2
UMV § 97 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Der in Art. 97 Abs. 5 UMV enthaltene Begriff des „Mitgliedstaats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht“ setzt ein aktives Verhalten des Verletzers voraus. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Sinne von Art. 97 Abs. 5 UMV sind die Gerichte des Mitgliedstaats international zuständig, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht. Nicht zuständig sind dagegen die Gerichte der Mitgliedstaaten, in dem die behauptete Verletzung lediglich ihre Wirkungen entfaltet. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ist nicht allein auf den Vortrag der Klägerseite abzustellen. Die Klägerseite hat ihren Vortrag gegebenenfalls zu beweisen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die internationale Zuständigkeit der Gerichte in Fällen der Internet-Werbung ist nur bei Vorliegen eines hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezugs begründet, wovon etwa auszugehen ist, wenn der Internetauftritt Bestellmöglichkeiten im Inland bietet oder sich eine Internetwerbung erkennbar an inländische Verkehrskreise richtet. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
5 Eine Kostenentscheidung ist bei einem Zwischenurteil nicht veranlasst. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

11 HK O 12224/14 2015-08-13 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 13.08.2015, Az. 11 HK O 12224/14, abgeändert.
2. Die Klage ist zulässig.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten in der Sache darum, ob der Klägerin Ansprüche auf Unterlassung und auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten wegen Markenrechtsverletzung zustehen.
Die Klägerin, ein im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Parfums weltweit tätiges Unternehmen, ist Inhaberin der unter anderem für Parfümeriewaren eingetragenen Unionsmarken 2786713 „Joop!“ und 2950749 „Lancaster“. Ferner nimmt sie exklusive Lizenzrechte an verschiedenen Unionsmarken und IR-Marken wahr, die ebenfalls für Parfümeriewaren registriert sind. Hinsichtlich der Einzelheiten zu den streitgegenständlichen Marken wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil (LGU S. 2) sowie auf die Anlagenkon-volute K 1 und K 2 Bezug genommen. Ihre Produkte vertreibt die Klägerin im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems.
Die in P./Italien ansässige Beklagte zu 1), deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2) ist, handelt mit Parfum- und Kosmetikartikeln. Sie unterhält die auch in deutscher Sprache verfügbare Homepage www. .it, auf der verschiedene Produkte abgebildet und Kontaktdaten angegeben werden, aber keine direkte Bestellmöglichkeit eröffnet wird (Anlagenkonvolut K 3).
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 03.08.2012 erfolgte eine Kontaktaufnahme zwischen der international tätigen Firma H. Parfüm GmbH (nachfolgend: Firma H.) mit Sitz in Deutschland und der Beklagten zu 1), die zur Auslieferung von 150 Stück Parfums der Marke Davidoff „Cool Water“ in Italien an eine von der Firma H. beauftragte Spedition (vgl. Frachtbrief gem. Anl. CBH 7) am 07.08.2012 führte. Die Waren sind vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlt und von letzterem in das Lager der Beklagten zu 1) in . E. verbracht worden.
In diesem Vorgang sieht die Klägerin eine Markenverletzung, da die streitgegenständlichen Parfumwaren ihrem Vorbringen zufolge nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb der Europäischen Union erstmalig in Verkehr gebracht worden seien. In erster Instanz hat die Klägerin beantragt (nach Abtrennung des Unterlassungsantrags und des Antrags auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten mit Trennungsbeschlüssen des vormals angerufenen Landgerichts Leipzig vom 23.05.2014 (Bl. 138/141 d.A.) und vom 04.09.2014 (Bl. 166/167 d.A.) und teilweiser Klagerücknahme von Klageantrag 1. in Richtung auf die Verletzung der Marke „Karl Lagerfeld“ mit Schriftsatz vom 18.04.2013, Bl. 48 d.A),
die Beklagten zu verurteilen,
1.es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Parfumprodukte unter den Marken Davidoff, Joop!, Wolfgang Joop, Jil Sander, Chopard, Nikos, J.Lo/Jennifer Lopez, Vivienne Westwood, Calvin Klein, Lancaster, Sarah Jessica Parker Covet, Chloe und Cerruti einzuführen, anzubieten, zu vertreiben oder einführen, anbieten, bewerben oder vertreiben zu lassen, die nicht von der Markeninhaberin oder einem Dritten mit Zustimmung der Markeninhaberin in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden sind,
2.an die Klägerin EUR 2.080,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagten haben in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Endurteil vom 13.08.2015 hat das Landgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme (vgl. Sitzungsniederschrift vom 25.06.2015, Bl. 225/229 d.A.; das Landgericht Leipzig hat seinerseits vor Abtrennung und Verweisung der abgetrennten Teile des Rechtsstreits an das Landgericht München I bereits Beweis erhoben, vgl. Sitzungsniederschrift vom 10.04.2014, Bl. 117/120 d.A.) die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, ausgeführt:
Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte richte sich nach Art. 97 Abs. 5 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV). Diese Vorschrift sei autonom auszulegen. Hiernach seien die Gerichte desjenigen Mitgliedstaats, in der sich der der behaupteten Verletzung zugrunde liegende Vorfall ereignet habe oder zu ereignen drohe, international zuständig. Die Beweislast hierfür trage die Klägerin.
Bei Anwendung dieser Maßstäbe könne von einer rechtsverletzenden Handlung der Beklagten im Inland nicht ausgegangen werden. Zwar möge sich die Homepage der Beklagten zu 1) auch an deutsche Kunden richten. Die Klägerin habe allerdings nicht dargetan, dass auf dieser Homepage markenverletzende Produkte zum Kauf angeboten würden. Die Behauptung der Klägerin, dem streitgegenständlichen Geschäftsabschluss sei die Versendung einer E-Mail mit den aktuellen Angeboten der Beklagten zu 1) an die Firma H. in Deutschland vorausgegangen, habe sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der klägerseits benannte Zeuge H. habe keine Erinnerung mehr daran, ob seiner Bestellung bei der Beklagten zu 1) deren Angebot zugrunde gelegen habe oder ob er von sich aus angefragt habe. Der Zeuge C. habe demgegenüber ausgesagt, der Zeuge H. habe ihn im Februar 2012 ohne vorheriges Angebot der Beklagten zu 1) kontaktiert. Hinsichtlich des Vertragsabschlusses sei auch unklar, ob dieser telefonisch oder per E-Mail erfolgt sei und ob sich der Zeuge H. zum Zeitpunkt der EMail bzw. des Telefonats überhaupt in Deutschland aufgehalten habe. Unabhängig davon sei der auf Seiten der Beklagten zu 1) auftretende Zeuge C. jedenfalls nicht aktiv im Inland tätig gewesen. Der Eingang seiner E-Mail auf einem Server der Firma H. bzw. die akustische Vernehmbarkeit seiner Stimme am Telefon im Inland stelle sich lediglich als Auswirken seines in Italien stattgefundenen Verhaltens dar und könne im Streitfall die internationale Zuständigkeit -insbesondere auch mit Blick auf die getroffene „ab Werk“-Vereinbarung – nicht begründen. Die Beklagte zu 1) habe auch nicht die streitgegenständlichen Produkte in das Inland eingeführt. Dies treffe vielmehr auf die Firma H. selbst zu. Nach unbestrittenem Vorbringen der Beklagten sei die Ware am Werkstor zur Abholung und Verbringung nach Deutschland durch die von der Klägerin beauftragte Spedition bereitzustellen gewesen. Dieser Vortrag stimme zudem mit den vorgelegten Unterlagen überein (vgl. Anl. CBH 8: „… delivery terms: ex works“). Der von den Vertragsparteien vereinbarte Eigentumsvorbehalt begründe die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ebenfalls nicht, da die Rechnung unstreitig bereits vor Abholung bezahlt worden sei. Der Rechtsaufassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Urt. v. 27.06.2008 – 4 HK O 9613/07, nachgewiesen in juris), es bestehe ein von den Beklagten zu widerlegender Anschein für die Annahme eines grenzüberschreitenden Verkehrs, wenn die Lieferadresse im Ausland liege, sei nicht zu folgen. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte zu 1) habe gewusst, dass die streitgegenständlichen Parfums nach Deutschland ausgeliefert würden. Eine mögliche Beihilfe zur Markenverletzung könne nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht begründen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie wie folgt begründet:
Das Erstgericht habe den Prüfungsumfang zur Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte verkannt. Hierfür sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Klägerin in schlüssiger Form Tatsachen vortrage, aus denen sich das Vorliegen einer im Inland begangenen unerlaubten Handlung ergebe. Der Nachweis der Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung sei der Entscheidung über die Begründetheit der Klage vorbehalten.
Zum Vorliegen einer Verletzungshandlung im Inland habe die Klägerin insoweit ausgeführt, die Beklagte zu 1) spreche in ihrem Internet-Auftritt in deutscher Sprache gezielt gewerbliche Par-fumkäufer in Deutschland an und habe sich dadurch aktiv auf den deutschen Markt begeben (Anl. K 3). Dass es sich bei der deutschsprachigen Webseite der Beklagten zu 1) nicht um einen Online-Shop mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit handle, stehe der Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht entgegen. Zwischen den Parteien sei zudem unstreitig, dass den Beklagten aufgrund früherer Lieferungen an die Firma H. deren deutsche Rechnungs- und Lieferanschrift bekannt gewesen sei und der Zeuge H. die Beklagten hierüber nicht habe unterrichten müssen. Die Klägerin habe ferner unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) unter anderem an Kunden in Deutschland per E-Mail Angebotslisten wie aus Anl. K 5 und K 8 ersichtlich versandt habe.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts liege dem streitgegenständlichen Vertragsschluss über die Auslieferung von 150 Stück Parfums der Marke Davidoff „Cool Water“ ein grenzüberschreitendes Angebot der Beklagten zu 1) an die Firma H. zugrunde. Ein solches habe die Beklagte zu 1) der Firma H. übermittelt, was sich aus der Anlage CBH 8 ergebe. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten sei unbeachtlich. Angesichts dessen, dass die Firma Hit die EMail-Korrespondenz mit der Beklagten zu 1) gelöscht habe, letztere jedoch hierüber verfüge, gleichwohl aber nur die erste Seite der Anlage CBH 8 vorlege, hätten die Beklagten die sekundäre Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung zu tragen, dem streitgegenständlichen Vertragsschluss sei kein schriftliches Vertragsangebot durch die Beklagte zu 1) vorausgegangen. Ihnen sei gemäß § 421 ZPO aufzugeben, die vollständige Fassung der als Anlage CBH 8 vorgelegten E-Mail-Korrespondenz vorzulegen. Unabhängig davon habe der Zeuge H. jedenfalls bei der Beklagten zu 1) angerufen und sich nach der Verfügbarkeit der streitgegenständlichen Produkte erkundigt. Auf die telefonische Anfrage des Zeugen H. hätten die Beklagten mit einem konkreten Angebot für die streitgegenständlichen Produkte reagiert und dieses an den deutschen Geschäftssitz des Zeugen H. übermittelt. Hiermit hätten sich die Beklagten ein weiteres Mal (über den Internet-Auftritt hinaus) aktiv auf den inländischen Markt begeben und einen für die Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug hergestellt. Überdies würde auch ein telefonisch in das Inland übermitteltes Angebot zu einer Benutzung der Klagemarke im Inland führen. Der Auffassung des Landgerichts, der Empfang einer E-Mail bzw. eines Telefonats im Inland stelle sich lediglich als der Erfolg einer ausschließlich auf Italien beschränkten Verletzungshandlung dar, könne nicht gefolgt werden und stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH GRUR 2014, 283 Tz. 32 – Blomqvist/Rolex).
Der Vortrag der Beklagten, sie hätten die streitgegenständlichen Parfums nicht nach Deutschland geliefert, werde weiterhin mit Nichtwissen bestritten. Da es sich hierbei um eine ausschließlich den Beklagten bekannte Tatsache handle, sei ein Bestreiten mit Nichtwissen auch zulässig. Die Beurteilung des Landgerichts, der diesbezügliche Vortrag der Beklagten sei unstreitig, treffe nicht zu.
Die Klägerin habe auch bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das Eigentum an den streitgegenständlichen Parfums bereits in Italien auf die Firma H. übergegangen sei. Dem stehe der vereinbarte Eigentumsvorbehalt entgegen. Ohne Beweisantritt hätten die Beklagten insoweit behauptet, dass die Firma H. die verfahrensgegenständlichen Produkte bereits vor de ren Lieferung vollständig bezahlt habe. Das Landgericht habe den entgegenstehenden Vortrag der Klägerin auch in diesem Punkt übergangen. Eine Vorab-Zahlung sei ohnehin gänzlich unüblich.
Die klägerseits geltend gemachten Ansprüche seien auch der Sache nach begründet. Insbesondere könnten sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständlichen Parfümerieprodukte mit Zustimmung der Klägerin in den Europäischen Wirtschaftsraum gelangt seien, der Einwand der Erschöpfung greife nicht durch. Vielmehr seien die verfahrensgegenständlichen Waren von der Klägerin wie erstinstanzlich vorgetragen und durch die im Verfahren vor dem Landgericht Leipzig durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt erstmals in Hongkong in Verkehr gebracht worden. Demgegenüber habe die Beklagte zu 1) ihren dortigen Vortrag, sie sei von Vertragshändlern der Klägerin, den Firmen L. D. D. und C. P. beliefert worden, nicht beweisen können. Auf die als Anlage CBH 1 vorgelegte Mitteilung der Firma L. D. D. an die Beklagte zu 1) werde ergänzend verwiesen. Die Beklagten könnten sich daher nicht auf eine Zustimmung der Klägerin zum Reimport bzw. zum Weiterverkauf der streitgegenständlichen Waren im Europäischen Wirtschaftsraum berufen.
Die Klägerin beantragt,
das angegriffene erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen wie in erster Instanz beantragt,
mit Ausnahme des Unterlassungsantrags in Richtung auf die Marke „Chopard“, hinsichtlich dessen die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigen das Ersturteil und führen hierzu ergänzend aus:
Der Klägerin könne nicht darin gefolgt werden, dass die bloße Behauptung des Vorliegens von die internationale Zuständigkeit begründenden Tatsachen zur Zulässigkeit der Klage führe. Bei der Frage des Ortes der vermeintlichen Verletzungshandlung handle es sich nämlich nicht um eine doppelrelevante Tatsache. Hierzu seien vielmehr bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht zu treffen, deren Nachweis im Bestreitensfalle vom Kläger zu erbringen sei.
Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass sich die Beklagten nicht aktiv auf den deutschen Markt begeben hätten. Sie hätten eine in Italien eingegangene Bestellung der Firma H. schlichtweg bearbeitet, ohne zuvor an dieses Unternehmen herangetreten zu sein, und die Waren sodann in Italien zur Abholung bereitgestellt. Der zu beurteilende Sachverhalt weise daher keine entscheidungsrelevanten Unterschiede zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall „Parfumflakon III“ (Anl. CBH 19) auf. Insbesondere könne es keinen Unterschied machen, ob der in Deutschland ansässige Käufer sich persönlich oder telefonisch an einen ausländischen Verkäufer wende und eine Bestellung aufgebe. In beiden Fällen werde der Käufer im Ausland, nicht aber der Verkäufer im Inland aktiv tätig. Hinzu komme, dass die Klägerin wie vom Erstgericht zutreffend festgestellt nicht einmal vorgetragen habe, ob sich der Zeuge H. zum Zeitpunkt der Bestellung überhaupt in Deutschland aufgehalten habe, unbeschadet dessen, dass auch dieser – weiterhin mit Nichtwissen bestrittene – Umstand die internationale Zuständigkeit nicht begründen würde. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne auch das bloße Bereithalten einer Webseite in deutscher Sprache ohne die Einrichtung einer Bestellmöglichkeit oder eine an inländische Verkehrskreise zielgerichtete Werbung keine Verletzungshandlung im Inland begründen. Die Beklagten hätten entgegen der Darstellung der Klägerin die streitgegenständlichen Waren auch nicht grenzüberschreitend der Firma H. angeboten. Die Klägerin habe insoweit nunmehr selbst eingeräumt, dass es die von ihr behauptete Werbe-E-Mail nicht gebe. Die bloße Annahme eines Telefonanrufes begründe kein aktives Verhalten im Inland im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH, zumal auch insoweit gelte, dass nicht vorgetragen sei, ob der Zeuge H. sich damals im Inland befunden habe. Schließlich begründe die Existenz einer weder zeitlich noch inhaltlich näher substantiierten E-Mail-Korrespondenz für sich genommen kein grenzüberschreitendes Angebot. Der Vorlageantrag der Klägerin sei bereits aus formellen Gründen zurückzuweisen. Die Beklagten träfe auch keine sekundäre Beweislast für die von der Klägerin behauptete Verletzungshandlung im Inland.
Das pauschale Bestreiten des Vortrags der Beklagten, wonach die Firma H. selbst die streitgegenständlichen Parfums nach Deutschland eingeführt habe, durch die Klägerin mit Nichtwissen gehe ins Leere, nachdem letztere die Beweislast für die behauptete Verletzungshandlung im Inland trage. Zudem sei auf die Anlagen CBH 7 und CBH 8 zu verweisen, denen zufolge die Waren der Firma H. in Italien zur Abholung bereitzustellen gewesen seien („ex works“).
Die vorstehenden Ausführungen gälten entsprechend für die Behauptung der Klägerin, die Übereignung der streitgegenständlichen Produkte habe erst in Deutschland stattgefunden. Insoweit habe die Klägerin selbst die Anl. K 8 vorgelegt, der zu entnehmen sei, dass die Waren bei Abholung bereits bezahlt gewesen seien. Ohnehin läge in der Übereignung der Waren auch kein aktives Verhalten der Beklagten im Inland. Für eine Einfuhr komme es nämlich nicht auf die rechtlichen Eigentumsverhältnisse, sondern auf die tatsächliche Verfügungsgewalt an den streitgegenständlichen Waren an. Diese habe der von der Firma H. beauftragte Spediteur mit der Entgegennahme der Parfums ausgeübt und folglich selbst die Waren nach Deutschland eingeführt.
Die Berufung sei aber auch der Sache nach unbegründet. Die Markenrechte der Klägerin an den streitgegenständlichen Waren seien nämlich erschöpft. Die Beklagte zu 1) habe diese in Italien von autorisierten Händlern der Klägerin erworben. Der Vertrieb der Waren in Italien durch von der Klägerin autorisierte Vertriebspartner stelle gleichzeitig eine Zustimmung der Klägerin zum Inverkehrbringen der Waren in der Europäischen Union dar.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll des Termins vom 12.05.2016 (Bl. 303/305 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin gegen das angegriffene Urteil des Landgerichts vom 13.08.2015 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 517, § 519 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden.
Sie führt auch insoweit zum Erfolg, als in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Zulässigkeit der Klage auch im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu bejahen ist. Über den von den Parteien hierüber geführten Streit entscheidet der Senat nach Maßgabe der § 280 Abs. 2 Satz 1, § 525 Satz 1 ZPO durch Zwischenurteil (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 280 Rn. 7 und § 303, Rn. 5; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 280 Rn. 5 ff.).
1. Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte (deren Überprüfung abweichend von § 513 Abs. 2 ZPO der Überprüfung durch den Senat unterliegt, vgl. Zöller/Heßler a.a.O., § 513 Rn. 8) richtet sich im Streitfall in Richtung auf den klägerseits unter dem Gesichtspunkt der aufgrund Vorliegens einer begangenen Verletzungshandlung begründeten Wiederholungsgefahr verfolgten Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Unionsmarke 876874 „Davidoff“ (nebst Annexanspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten) sowie unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr in Richtung auf die Verletzung der weiteren im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Klagemarken (mit Ausnahme der Klagemarke „Covet“, bei der es sich nicht um eine Unionsmarke, sondern um eine IR-Marke handelt, vgl. insoweit die nachfolgenden Ausführungen unter 4., sowie der Klagemarke „Chopard“, hinsichtlich derer die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben) nach Art. 97 Abs. 5 der am 23.03.2016 in Kraft getretenen Unionsmarkenverordnung (UMV, vormals Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV)), wonach (insoweit unverändert im Vergleich zur Vorschrift des § 97 Abs. 5 GMV) Verfahren, in denen durch die in Artikel 96 UMV genannten Klagen (hierzu zählen nach Art. 96 lit. a) UMV Klagen wegen Verletzung einer Unionsmarke) und Widerklagen anhängig gemacht werden (neben in den hier nicht vorliegenden Fällen der Art. 97 Abs. 1 bis Abs. 4 UMV) auch bei den Gerichten eines Mitgliedstaates anhängig gemacht werden können, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht (Gerichtsstand der Verletzungshandlung bzw. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung).
2. Der in Art. 97 Abs. 5 UMV enthaltene, als lex specialis gegenüber Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, sog. „Brüssel-Ia-Verordnung“) autonom auszulegende (vgl. EuGH GRUR 2014, 806 Tz. 27, 31 -Coty/First Note) Begriff des „Mitgliedstaats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht“ setzt ein aktives Verhalten des Verletzers voraus. Hiernach sind im Sinne von Art. 97 Abs. 5 UMV die Gerichte des Mitgliedstaats international zuständig, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht. Nicht zuständig sind dagegen die Gerichte der Mitgliedstaaten, in dem die behauptete Verletzung lediglich ihre Wirkungen entfaltet (EuGH a.a.O. – Coty/First Note; BGH GRUR 2015, 689, Tz. 23 – Parfumflakon III).
1. 3. Nach diesen Maßstäben liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts dem Streitfall eine Handlung im Inland zugrunde, die einen Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bietet, weshalb im Ergebnis die Berufung der Klägerin Erfolg hat:
a) Ohne Erfolg rügt die Klägerin allerdings die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung insoweit, als das Erstgericht ihrer Auffassung nach bereits deshalb die internationale Zuständigkeit mit Verweis darauf hätte bejahen müssen, dass die Klägerin eine im Inland begangene Verletzungshandlung schlüssig behauptet habe, deren Nachweis indessen der Entscheidung über die Begründetheit der Klage vorzubehalten sei. Für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt es zwar grundsätzlich darauf an, ob der Kläger eine im Inland begangene Verletzungshandlung des Beklagten im Sinne von § 97 Abs. 5 UMV behauptet hat und diese nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann (vgl. – zu Art. 5 Abs. 3 EuGVVO a.F. -BGH GRUR 2012, 621 Tz. 18 – OSCAR; BGH a.a.O. – Parfumflakon III, Tz. 19). Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2014 ist allerdings hierzu ergänzend ausgeführt (BGH a.a.O. -Parfumflakon III, Tz. 21): „Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die Parfümflakons nach Deutschland geliefert, während die Beklagte vorgetragen hat, die Parfümflakons Stefan P. in Belgien übergeben zu haben. Damit ist zwischen den Parteien der Ort der Verletzungshandlung, der Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit ist, streitig. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ist nicht allein auf den Vortrag der Klägerin abzustellen. Der Ort der Verletzungshandlung ist kein Umstand, der für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblich ist und gleichzeitig ein notwendiges Tatbestandsmerkmal des geltend gemachten Anspruchs darstellt (sogenannte doppelt relevante Tatsache). Ob der Ort der Verletzungshandlung in Belgien oder in Deutschland liegt, ist nur für die Zuständigkeitsbestimmung und damit für die Zu-lässigkeitsprüfung von Bedeutung. In einem solchen Fall trifft die Klägerin die Beweislast, dass die Beklagte die Parfümflakons nach Deutschland geliefert hat. .“
b) Ebenfalls macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, die Beklagte zu 1) begebe sich bereits dadurch im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung aktiv auf den deutschen Markt, dass sie mit ihrem in deutscher Sprache gehaltenen Internet-Auftritt wie aus Anlage K 3 ersichtlich gezielt gewerbliche Parfumkäufer in Deutschland anspreche. Unabhängig von der Frage, ob die Tatortzuständigkeit deutscher Gerichte bei Geltendmachung einer Kennzeichenverletzung im Internet nur dann zu bejahen ist, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll (so die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH a.a.O. – a) OSCAR, Tz. 21; BGH GRUR 2006, 513 Tz. 21 f. – Arzneimittelwerbung im Internet (zum UWG); BGH GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME; s.a. OLG München Mitt 2010, 400 – REFODERM) oder bereits durch die bloße Abrufbarkeit des betreffenden Angebots im Inland begründet wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 140 Rn. 20 unter Hinweis auf die Vorlageentscheidung des EuGH „Wintersteiger“ (EuGH GRUR Int 2012, 526 Tz. 2529)), ist daran festzuhalten, dass die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates in derartigen Fällen nur bei Vorliegen eines hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezugs begründet ist, wovon etwa auszugehen ist, wenn der Internetauftritt Bestellmöglichkeiten im Inland bietet oder sich eine Internetwerbung erkennbar an inländische Verkehrskreise richtet (vgl. BGH GRUR 2007, 871 – Wagenfeld-Leuchte; BGH a.a.O. – HOTEL MARITIME, S. 433; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, Einleitung Rn. 59, 60 m.w.N.). Unbeschadet des Umstands, dass die als Anlagenkonvolut K 3 vorgelegten Internetauszüge in deutscher Sprache gehalten sind, erfüllt die darin gehaltene pauschale Selbstdarstellung des Unternehmens der Beklagten zu 1) unter bildlicher Wiedergabe einzelner Parfumprodukte namhafter Hersteller ohne Preisangaben und die Angabe von Bestellmöglichkeiten diese Voraussetzungen nicht und ist von daher nicht geeignet, einen für die Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausreichenden Inlandsbezug zu begründen.
c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte lässt sich auch nicht auf die Behauptung der Klägerin stützen, die Beklagte zu 1) habe sich in der Vergangenheit von sich aus an Kunden in Deutschland gewendet, indem sie an diese per E-Mail-Versand Angebotslisten übermittelt habe. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die von der Klägerin insoweit nicht angegriffen, insbesondere auch nicht zum Gegenstand eines Tatbestandsberichtigungsantrags nach § 320 ZPO gemacht wurden, der Senat diese somit gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, sind seitens der Beklagten zu 1) derartige Angebotslisten wie beispielsweise aus den Anlagen K 5 und K 8 ersichtlich bis zum Jahresende 2011 an Kunden in Deutschland versandt worden (LGU S. 3, 2. Abs.), ein vergleichbares Tätigwerden im Jahr 2012, namentlich im Zeitpunkt der vermeintlichen Verletzungshandlung (vgl. LGU S. 3, 4. Abs.: „Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 03.08.2012 …“) hat das Landgericht nicht festgestellt, was zu Lasten der für das Tatbestandsmerkmal des Ortes der Verletzungshandlung im Sinne von § 97 Abs. 5 UMV als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin geht (vgl. vorstehend unter a)).
d) Soweit die Klägerin rügt, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass sie, die Klägerin, das Vorbringen der Beklagten, wonach diese die streitgegenständlichen „Davidoff’-Parfums nicht nach Deutschland geliefert hätten, mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestritten habe, verhilft dies ihrer Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Dieser Berufungsangriff trägt bereits dem unter a) aufgeführten Umstand, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Ortes der Verletzungshandlung im Inland nach § 97 Abs. 5 UMV trägt, nicht hinreichend Rechnung. Ein Bestritten mit Nichtwissen kann hier auch nicht deshalb als erheblich angesehen werden, weil nach der Rechtsauffassung der Klägerin unter Hinweis auf die vermeintlich unvollständige Anlage CBH 8 die Beklagten die sekundäre Darlegungslast für deren Behauptung, ein Verletzungsort sei im Inland nicht begründet, träfe. Abgesehen davon, dass der Streitfall keinen Anlass bietet, von der vorstehend dargestellten Beweislastverteilung abzuweichen, ist auch insoweit auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil und auf § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu verweisen: Auf dessen Seite 8, letzter Absatz unter „4.“ ist ausgeführt: „Nicht die Beklagte zu 1), sondern die Firma H. hat die streitgegenständlichen Parfums in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, der Vertragsinhalt sei darauf gerichtet gewesen, die Ware am Werkstor bereitzustellen. Die Spedition sei nicht von ihr, sondern von der Firma H. mit der Abholung und Verbringung nach Deutschland beauftragt worden. .“. Die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Tatsachenfeststellung unterliegt auch keinen Zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zutreffend hat das Landgericht insoweit darauf verwiesen, dass der Sachvortrag der Beklagten mit dem Inhalt der vorgelegten Unterlagen, namentlich dem als Anl. CBH 7 vorgelegten Frachtbrief und der E-Mail-Korrespondenz gemäß Anl. CBH 8 in Einklang stehe und belege, dass es sich um einen „ex works“-Verkauf gehandelt habe, in dessen Rahmen die Firma H. die Ware durch einen von ihr beauftragten Spediteur in Italien habe abholen lassen.
e) Die vorstehenden Ausführungen unter d) gelten entsprechend, soweit die Klägerin geltend macht, sie habe bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das Eigentum an den streitgegenständlichen Parfums bereits in Italien auf den Käufer, die Firma H., übergegangen sei, und insoweit auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt verweist. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Eigentumsübergang im Inland nach Auslieferung der Ware im Ausland und dem damit verbundenen Übergang der tatsächlichen Sachherrschaft in rechtlicher Hinsicht einen Verletzungsort im Inland begründete, da auch insoweit nach den tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, an die der Senat gemäß § 314 ZPO gebunden ist, da kein Antrag
d) auf Berichtigung des Tatbestands gestellt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2015 – VI ZR 102/14, Tz. 14; BGH, Beschluss vom 02.12.2015 – VII ZB 48/13, Tz. 14), bereits vor Auslieferung der streitgegenständlichen Waren diese vollständig bezahlt wurden (vgl. LGU S. 3, 4. Abs.: „Die Rechnung vom 3.8.2012 zu dem streitgegenständlichen Kaufvertrag liegt als Anlage K9 [vor] und wurde vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlt“ sowie LGU S. 9, 1. Abs. unter „4.“).
f) Die internationale Zuständigkeit ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Landgerichts gleichwohl zu bejahen, weil sich die Beklagte zu 1) im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH aktiv im Inland am Zustandekommen des Kaufvertrags über die streitgegenständlichen „Davidoff“-Parfums beteiligt hat. Zwar ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass die Klägerin nicht den Nachweis führen konnte, dass sich die Beklagte zu 1) unaufgefordert per E-Mail an die Firma H. gewandt und an diese ihre aktuellen Warenangebote nach Deutschland verschickt habe. Ebenso lässt die Feststellung des Landgerichts, nach der Beweisaufnahme bleibe ungeklärt, ob die Kontaktaufnahme der Beklagten zu 1) mit der Firma H. telefonisch oder per E-Mail erfolgt sei und ob sich im Falle eines Telefonats der Zeuge H. im Inland befunden habe, einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Klägerin hat insoweit vermeintliche Mängel der vom Landgericht erfolgten Beweiswürdigung weder hinreichend dargetan, noch lässt diese erkennen, dass sie unvollständig sei oder Verstößen gegen die Denkgesetze unterliege bzw. allgemeinen Erfahrungssätzen widerspreche oder die Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen zu beanstanden wäre.
Allerdings hat das Landgericht das eigene Vorbringen der Beklagten nicht umfassend gewürdigt, als diese in erster Instanz mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2014 (dort S. 3) zur Frage des Zustandekommens des Kaufvertrages über die streitgegenständlichen Parfumwaren vorgetragen haben, zwar hätten sie sich nicht selbst an die Klägerin [richtig: die Firma H.] gewandt, vielmehr sei diese selbst per E-Mail an die Beklagte zu 1) in Italien herangetreten (so auch die Aussage des Zeugen C., Sitzungsniederschrift vom 25.06.2015, Bl. 225/229 d.A.) und habe bei dieser nach verschiedenen Waren, unter anderem nach Parfums der Marke Davidoff, angefragt. Die Beklagte zu 1) habe daraufhin der Firma H. per E-Mail den Lagerbestand sowie die Preise der angefragten Produkte mitgeteilt, woraufhin die Firma H. per E-Mail u.a. 142 Davidoff Parfums bestellt habe (Bl. 157 d.A.).
Die Reaktion der Beklagten zu 1) auf die Anfrage der Firma H., letzterer per E-Mail nach Deutschland den Lagerbestand mitzuteilen und dieser die aktuelle Preisliste zu übermitteln, stellt sich als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots („invitatio ad offerendum“) dar, darauf gerichtet, ein Rechtsgeschäft über den Verkauf von Parfums aus dem aktuellen Warenangebot an einen Kunden, mit dem schon in früherer Zeit ähnlich gelagerte Verkäufe stattgefunden haben und von dem bekannt war, dass er seinen Sitz in Deutschland habe, abzuschließen. Das Vorgehen der Beklagten zu 1) war daher nach seiner Zielrichtung darauf gerichtet, sich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH aktiv im Inland um den Abschluss des beabsichtigten Vertragsschlusses zu bemühen und eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung herbeizuführen. Der Streitfall ist daher anders gelagert als der Sachverhalt, über den der EuGH in seinem Urteil „Coty/First Note“ und der BGH in seinem Urteil „Parfumflakon III“ zu entscheiden hatten und der einen vergleichbaren Anknüpfungspunkt für eine Verletzungshandlung im Inland nicht aufweist. Die Darstellung der Beklagten zum Ablauf des Geschehens nach der von ihnen geschilderten Anfrage der Firma H. stellt sich als aktives Verhalten im Inland dar, das geeignet ist, einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu begründen; nicht hingegen beschränkt sich die vermeintliche Verletzungshandlung entgegen der Auffassung der Beklagten darauf, im Inland lediglich ihre Wirkungen zu entfalten.
4. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch begründet, soweit die Klägerin ihre Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf eine vermeintlich drohende Verletzung der mit Schutzerstreckung auf Deutschland eingetragenen IR-Marke 919277 „Covet“ (vgl. Klagebegründung S. 3 und Anlagenkonvolut K 1) stützt. Insoweit ist für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nicht die Vorschrift des Art. 97 Abs. 5 UMV heranzuziehen, sondern auf Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. zurückzugreifen. Hiernach kann eine Person, die ihren Wohnsitz (bzw. in Richtung auf die Beklagte zu 1) ihren Sitz, vgl. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO n.F.) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Im Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (vormals Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, EuGVVO a.F. = „Brüssel-I-Verordnung“) gilt eine Dualität der Anknüpfungspunkte sowohl in Richtung auf den Ort des ursprünglichen Geschehens als auch auf den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (vgl. EuGH a.a.O. – Coty/First Note, Tz. 32, 45 ff. m.w.N.; Zöller/Geimer a.a.O., Art. 7 EuGVVO, Rn. 54 ff., insbes. Rn. 96 ff.). Hier nach gelten die vorstehenden Ausführungen unter 3. entsprechend, ob auch unter dem Gesichtspunkt des Erfolgsortes im Inland die internationale Zuständigkeit im Streitfall zu bejahen ist (bzw. unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung, die – anders als im Rahmen von Art. 97 Abs. 5 UMV, vgl. EuGH a.a.O. – Coty/First Note, LS 2 und Tz. 59 – im nationalen Recht eine deliktische Verantwortlichkeit im Rahmen einer festgestellten Markenverletzung im Inland begründen kann), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist bei einem Zwischenurteil nicht veranlasst (vgl. Thomas/Putzo/Reichold a.a.O., § 303 Rn. 4).
3. Zur Frage, ob sich das Vorgehen der Beklagten im Streitfall als ein aktives Verhalten des Verletzers im Inland im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH a.a.O. – Coty/First Note, Tz. 34) und des Bundesgerichtshofs (BGH a.a.O. – Parfumflakon III, Tz. 23) darstellt, ist die Revision zuzulassen. Der Streitfall weist die unter II.3.f) dargestellten Besonderheiten im Vergleich zur bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf; er ist von grundsätzlicher Bedeutung und erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).


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