Europarecht

Kaufvertrag, Berufung, Bindungswirkung, Widerspruch, Verfahren, Anspruch, Anfechtung, Klage, Fahrzeug, Rechtsschutzversicherung, Rechtssatz, Zeitpunkt, Bewilligungsreife, Voraussetzungen, erste Instanz, keinen Erfolg, ausreichende Erfolgsaussichten

Aktenzeichen  25 U 9289/21

Datum:
21.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13980
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

12 O 9769/21 2021-12-09 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 09.12.2021, Aktenzeichen 12 O 9769/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.957,72 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Rechtsschutzversicherung geltend. Er will Ansprüche gegen die … im Zusammenhang mit dem sogenannten „Abgasskandal“ außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten.
Zunächst nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweis vom 14.02.2022 (Bl. 169/172 d.A.). Der Vortrag in der Gegenerklärung rechtfertigt keine andere Entscheidung; er enthält in weiten Bereichen allgemeine rechtliche Ausführungen zum Prüfungsumfang einer Deckungsklage, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife, zu Urteilen die gegen Rechtsschutzversicherer ergangen sein sollen und gegen die …, zu den rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs aus § 826 BGB zu unzulässigen Abschalteinrichtungen, dazu, dass kein Rückruf durch das KBA notwendig sei und zu Messungen und zur Bindungswirkung des Stichentscheids.
Der Vortrag weist allerdings keinen ausreichend konkreten Bezug zum vom Kläger gekauften BMW X 3 Motor N 57 (Euro 6) auf er ist insbesondere auch nicht geeignet, die im Hinweisbeschluss dargestellten Substantiierungsprobleme im Klagevortrag zu beheben.
Der Vortrag des Klägers im vorliegenden Verfahren zu konkreten Umständen zur streitentscheidenden Frage, ob die beabsichtigte Hauptsacheklage ausreichende Erfolgsaussichten hat, ist unsubstantiiert. Der Vortrag des Klägers weist nicht die notwendige Fallbezogenheit und Substanz auf, die erforderlich ist, um beurteilen zu können, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rechtsschutz zusteht. Die Klage ist daher unschlüssig.
Im Einzelnen:
Eine Klage ist schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in seiner Person entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Urteil vom 04.10.2018 – Az. III ZR 213/17; BGH, Urteil vom 21.06.2018 – Az. IX ZR 129/17; BGH, Beschluss vom 11.5.2010 – Az. VIII ZR 212/07). Der Vortrag muss so weit substantiiert sein, dass das Gericht auf Grund der Darstellung beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 21. April 2021 – Az. IV ZR 88/20 -, juris; BGH, Beschluss vom 1.6.2005 – Az. XII ZR 275/02).
Vorliegend kann auf Grund der Darstellungen des Klägers nicht beurteilt werden, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (eine solche ist vom Kläger im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen) und damit ein Anspruch auf Rechtsschutz besteht.
1. Die Klagepartei will Ansprüche gegen die BMW AG als Herstellerin geltend machen (Bl. 4,138 d.A., Anlage K 3 Stichentscheid, S. 2). Im Hinweisbeschluss ist bereits im Einzelnen dargelegt, dass der hier geltend gemachte Anspruch aus § 826 BGB tatsächliche Umstände voraussetzt, die die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung rechtfertigen.
1.1. Der Vortrag des Klägers hierzu ist im Kernpunkt unsubstantiert und widersprüchlich:
Auf Bl. 9 d.A. (erste Instanz) lässt der Kläger dem Landgericht (teilweise in Fettdruck) vortragen: „An dieser Stelle darf auch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die Rückrufe des KBA hinsichtlich der (von der Beklagten als „versehentlich“ falsche Bedatung) verkauften Fahrzeuge den hier streitgegenständlichen Motor N57, dort in der Variante Euro 6 betreffen“. Auf Bl. 76 d.A. lässt der Kläger im Widerspruch dazu vortragen: „Nur weil es im vorliegenden Verfahren – anders als z.B. bei Volkswagen – kein Eingeständnis des Herstellers oder einen Amtlichen Rückruf gibt, ….”
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass der Vortrag des Klägers unsubstantiiert ist (vgl. i.E. Hinweisbeschluss 3.2.3.); der Kläger hat in der Gegenerklärung nicht dargelegt, wann und wie Rückrufe des KBA hinsichtlich der verkauften Fahrzeuge mit dem hier streitgegenständlichen Motor N57 in der Variante Euro 6 erfolgt sein sollen; er hat seine Sachdarstellung nicht klargestellt oder berichtigt; schließlich hat er auch nicht in Abrede gestellt, den Sachverhalt verfälschende Textbausteine zu verwenden.
1.2. Auch im Übrigen verwendet der Kläger in weiten Teilen seines Vortrags nicht auf den Sachverhalt zugeschnittene offensichtlich unzutreffende Textbausteine. Das beginnt schon damit, dass er vorträgt, das Landgericht Memmingen habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das setzt sich darin fort, dass der Kläger – nicht nur vereinzelt – angegeben hat, es handle sich um Fahrzeuge der Beklagten, die Beklagte hätte Produktinformationen gegeben (vgl. Bl. 8, 9, 11, 15, 16 d.A.) – noch in der Gegenerklärung führt er aus, die Beklagte habe in ihren Fahrzeugen insgesamt 5 verschiedene Erkennungsmodi eingerichtet (Bl. 190 d.A.); weiter hat der Kläger ausgeführt, gegen die Beklagte und andere Rechtsschutzversicherungen sei in Parallelerfahren eine Vielzahl von Beweisbeschlüssen ergangen, da die Versicherungen bereits im schriftlichen Verfahren eine Kostendeckungszusage erteilt hätten (Bl. 161 d.A.)
1.3. Vor diesem Hintergrund sind auch die sonstigen Behauptungen (insbesondere auch behauptete Messergebnisse) des Klägers zu bewerten; der Kläger hat in der Gegenerklärung nicht dargestellt, welche von ihm konkret aufgestellten Behauptungen zutreffend sind und bei welchen das (wegen Verwendung von nicht angepassten Textbausteinen) nicht der Fall ist.
2. Auch wenn man – wegen der Ausführungen in den Textbausteinen, die sich mit dem Rücktritt und der Anfechtung befassen (Bl. 19, 21 d.A., Anlage K 3 S. 13) – abweichend von den einleitenden Ausführungen in der Klageschrift, in der Berufungsbegründung und im Stichentscheid davon ausgehen würde, dass der Kläger Ansprüche gegen die … als Verkäuferin geltend machen will, kann die Berufung keinen Erfolg haben. Abgesehen davon, dass der Kläger nicht vorgetragen hat, dass er das Fahrzeug bei der … gekauft hat (solches könnte man allenfalls der als Anlage K 4 vorgelegten Rechnung entnehmen – den Kaufvertrag hat er nicht vorgelegt), gelten die Ausführungen unter 1.3. entsprechend.
3. Richtig führt die Gegenerklärung zwar aus, maßgebend für die Beurteilung der Erfolgsaussicht sei auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen (d.h. auf den Zeitpunkt, in dem der Rechtsschutzversicherer seine Entscheidung trifft bzw. treffen muss); da die vorliegend zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aber nur eine bestehende Rechtslage feststellen und keine neue Rechtslage schaffen, begegnet eine Zitierung nach Auffassung des Senats keinen Bedenken, auch wenn die Entscheidungen aus einer Zeit nach Bewilligungsreife resultieren.
4. Trotz des Hinweises des Senats vom 14.02.2022 (Nr. 4) hat der Kläger die vertraglichen Vereinbarungen zur Bindungswirkung des Stichentscheids nicht dargelegt; unabhängig davon weicht der Stichentscheid vom 13.07.2020 (Anlage K 3) auch erheblich von der Sach – und Rechtslage ab; der Stichentscheid enthält keine greifbaren Umstände, die einen Anspruch des Klägers als ausreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus den Messergebnissen ergibt sich nicht, dass das Fahrzeug des Klägers oder ein anderes Fahrzeug BMW X 3 mit dem Motor N57 (Euro 6) getestet wurde.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 (Kosten), § 708 Nr. 10 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit) und §§ 47, 48 GKG (Streitwert).


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