Europarecht

Keine Haftung der Porsche AG für Thermofenster in von Audi geliefertem Dieselmotor (hier: Porsche Cayenne)

Aktenzeichen  031 O 2018/20

Datum:
30.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8686
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 826

 

Leitsatz

1. Zu – jeweils verneinten – (Schadensersatz-)Ansprüchen von Käufern eines Porsche-Fahrzeugs, in das ein mit einem sog. Thermofenster ausgestatteter, von Audi entwickelter Diesel-Motor eingebaut ist, vgl. auch OLG München BeckRS 2020, 41015; BeckRS 2020, 44392; OLG Dresden BeckRS 2020, 32522; BeckRS 2021, 6203; OLG Bamberg BeckRS 2021, 2533; LG München I BeckRS 2020, 42410; LG München II BeckRS 2020, 43746; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2020, 43093; LG Würzburg BeckRS 2020, 44850. (redaktioneller Leitsatz)
2. Sachvortrag zum Motor EA 189 kann nicht einfach pauschal auf den – im hier streitgegenständlichen Fahrzeug eingebauten – Motor V6 EU5 übertragen werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein etwaiges sittenwidriges Verhalten der Audi AG im Zusammenhang mit der Herstellung des Motors ist der Porsche AG als Fahrzeugherstellerin nicht ohne Weiteres zuzurechnen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Implementation eines Thermofensters reicht per se nicht aus, um das Gesamtverhalten der Fahrzeugherstellerin als sittenwidrig zu qualifizieren. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird festgesetzt auf € ….

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von € … aus §§ 826, 31 BGB zu.
a) Es fehlt insoweit es bereits an Sachvortrag des Klägers, der geeignet wäre. Im Zusammenhang mit den angegebenen Rechtssätzen die begehrte Rechtsfolge zu ergeben. Bei den Angaben des Klägers handelt es sich vielmehr um einen Vortrag „ins Blaue hinein“.
Unstreitig ist im streitgegenständlichen Fahrzeug ein Motor V6 EU5 verbaut. Sämtlicher durch den Kläger vorgebrachter Sachvortrag zum nicht streitgegenständlichen Motor EA189 kann aus Sicht des Gerichts nicht einfach auf den Motor V6 EU5 übertragen werden. Die Ausführungen des Klägers sind zu pauschal (vgl. auch OLG München, 17 U 7360/19, Hinweisbeschluss vom 31.03.2020). Dies gilt umso mehr, da für das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig durch das Kraftfahrtbundesamt keine emissionsbedingte Rückrufaktion durchgeführt wurde und nicht einmal ein verpflichtendes Softwarupdate gefordert wurde. Eine Beweisaufnahme konnte daher nicht angeordnet werden, da sie eine unzulässige Ausforschung darstellen würde.
b) Aber selbst, wenn man den klägerischen Vortrag als wahr unterstellen würde, läge keine sittenwidrige Schädigung gerade durch die Beklagte vor. Denn die Beklagte hat den streitgegenständlichen Motor unstreitig nicht selbst hergestellt. Etwaiges sittenwidriges Verhalten der … ist der Beklagten nicht ohne Weiteres zuzurechnen (BGH VI ZR 505/19). Ferner reicht die Implementation eines Thermofensters per se gerade nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren (vgl. BGH VI ZR 889/20).
2. Schadensersatzansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 I, § 27 I EG-FGV und § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB, § 31 BGB bestehen nicht (vgl. BGH ZIP 2020, 1715 Rn. 10 ff, 17 ff; ZIP 2021, 84 Rn. 20).
3. Mangels Hauptanspruch ist der Antrag auf Feststellung von Annahmeverzug ebenso unbegründet wie die Anträge auf Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
4. Andere durchgreifende Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
II.
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
3. Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 63 Abs. 2 S. 1 GKG. Maßgebend war gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO der ursprünglich in der Klageschrift geltend gemachte Hauptsachewert. Dieser beläuft sich auf € … da der Kläger zum damaligen Zeitpunkt der Auffassung war, ein Abzug von Nutzungsersatz müsse er nicht zulassen. Die insoweit (neben den Deliktszinsen) erklärte Teilklagerücknahme führte nicht zu einer Streitwertreduzierung: eine gestaffelte Streitwertfestsetzung scheidet aus (vgl. OLG München NJW-RR 2017, 700). Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges hat wegen wirtschaftlicher Identität keinen eigenen Wert (BGH, Aktenzeichen IX ZR 109/17, Tz 4). Die ferner geltend gemachten Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hatten gemäß § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO insoweit außer Betracht zu bleiben.


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