Europarecht

Keine sittenwidrige Schädigung durch Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit Motorsteuerungssoftware “Thermofenster”

Aktenzeichen  3 U 57/19

Datum:
31.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9901
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2, § 540
BGB § 826
VO (EG) 715/2007 Art. 5 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand, kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Herstellerin bzw. deren Verantwortliche in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist bereits ein Verstoß der Herstellerin gegen die überwiegend als unklar eingestufte Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 fraglich, ist schon gar nichts für ein vorsätzliches Überschreiten des Anwendungsbereichs dieser Norm durch die Herstellerin erkennbar. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vgl. auch zur Thematik des “Thermofensters” bei Daimler-Fällen im Ergebnis wie hier: KG, BeckRS 2020, 9869, mwN in Rn. 17; OLG Köln, BeckRS 2019, 38788; BeckRS 2020, 8398; OLG Stuttgart, BeckRS 2019, 17247; OLG Koblenz, BeckRS 2019, 25135; BeckRS 2019, 32707; BeckRS 2020, 9863; OLG Celle, BeckRS 2019, 33326; OLG Frankfurt, BeckRS 2019, 30856; OLG Schleswig, BeckRS 2019, 23793; OLG Oldenburg, BeckRS 2020, 8864; OLG Bamberg, BeckRS 2019, 43152. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

13 O 157/18 2019-01-31 Endurteil LGASCHAFFENBURG LG Aschaffenburg

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 31.01.2019, Az. 13 O 157/18, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 29.04.2020 Stellung zu nehmen.

Gründe

I.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gem. § 540 ZPO auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Lediglich ergänzend bzw. erläuternd ist auszuführen:
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche nach einem Fahrzeugkauf.
1. Der Kläger erwarb am 11.08.2015 von der … einen von der Beklagten produzierten Pkw Mercedes Benz E 300 CDI, Erstzulassung 09.06.2011, Kilometerstand 133.000 km, zu einem Kaufpreis von 25.500,00 €. In dem Fahrzeug ist ein Motor der Baureihe OM 651, EURO 6, verbaut. Ein Rückruf durch das KBA erfolgte bislang nicht. Mit der sogenannten „Blue-Tec-Technologie“ ist das Fahrzeug nicht versehen; es hat insbesondere keinen „Ad-Blue“-Tank. Bei Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 180.000 km. Es war Teil einer freiwilligen Kundendienstmaßnahme der Beklagten.
Der Kläger verlangt Rückzahlung des Kaufpreises. Er hat erstinstanzlich behauptet, das Fahrzeug sei von dem sogenannten Abgasskandal betroffen. In dem Fahrzeug sei eine Motorsteuerungssoftware verbaut, die dazu führe, dass das Fahrzeug das Durchfahren des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) auf dem Prüfstand erkenne, und abhängig vom Erkennen des NEFZ die Abgasaufbereitung dergestalt regele, dass der Ausstoß von Stickoxiden nur bei Durchfahren des NEFZ optimiert werde. Deswegen sei die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxid nur beim Durchfahren des NEFZ und nicht im normalen Straßenbetrieb erreichbar. Außerdem sei eine Steuerungssoftware verbaut, die das Abgasrückführungssystem im realen Straßenbetrieb am Beginn der Warmlaufphase und/oder bei einstelligen positiven Außentemperaturen reduziere oder ganz abschalte. Straßenmessungen bei für Oktober bis März typisch niedrigen Außentemperaturen hätten die Grenzwerte für Stickstoff um das Mehrfache überschritten. Letztendlich würde die Steuerungssoftware bewirken, dass die Abgasreinigungsanlage ab einer bestimmten Drehzahl abgeschaltet werde, so dass es bei höheren Drehzahlen zu einem erheblichen Anstieg der Stickoxide komme. Diese Motorsteuerung verstoße gegen Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007. Ein Ausnahmefall, der die Verwendung der Abschalteinrichtung rechtfertige, insbesondere um den Motor vor Beschädigungen zu bewahren, liege nicht vor.
Der Kläger habe deshalb einen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB, weil der Vorstand der Beklagten von den Manipulationen gewusst habe. Er könne daher die Rückzahlung des Kaufpreises von 25.500,00 € abzüglich anzurechnender Nutzungsvorteile verlangen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich bestritten, dass im Fahrzeug eine Software verbaut sei, die das Emissionsverhalten zwischen Prüfstand und Straßenbetrieb verändere. Das Fahrzeug unterliege keinem behördlichen Rückruf und verfüge über eine wirksame Typengenehmigung. Diese stehe bindend fest und könne durch Zivilgerichte nicht in Frage gestellt werden. Die Gefahr eines Widerrufs bestehe nicht. In dem Fahrzeug des Klägers werde im Rahmen eines Thermofensters die Rückführung von Abgasen in den Verbrennungskreislauf geregelt. Aufgrund der verschiedenen Abgasbestandteile drohe bei zu niedrigen Temperaturen aufgrund Kondensation eine Versottung des Motors. Die Rückführung bleibe zwar bis zu zweistelligen Minustemperaturen aktiv, werde jedoch zum Schutz des Motors heruntergeregelt. Sämtliche Emissionswerte seien dem KBA entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und nach Maßgabe der gesetzlich normierten Messverfahren mitgeteilt worden.
2. Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Der Vortrag des Klägers sei pauschal und ohne greifbare Anhaltspunkte „ins Blaue hinein“. Der Kläger habe seinen Vortrag zu den behaupteten Unregelmäßigkeiten beim Abgasausstoß nicht hinreichend substantiiert. Das streitgegenständliche Fahrzeug falle auch nicht unter die vom Kläger genannten Modelle mit einem „deutlich zu hohen Stickoxidausstoß“. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers bestehe daher weder aus § 826 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 5, 6 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bzw. § 263 StGB.
3. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche in der Hauptsache noch in Höhe von 16.381,54 € weiter.
Die Beklagte habe das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung erstinstanzlich eingeräumt. Das „Thermofenster“ reduziere die Rate der Abgasrückführung bei Temperaturen unter 7 Grad um bis zu 45 % und schalte die Abgaseinrichtung bei unter minus 30 Grad gänzlich ab. Dies stelle eine Abschalteinrichtung dar, die nach der Rechtsprechung des BGH unzulässig sei. Die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall nach Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 715/2007 seien nicht gegeben, weshalb die Betriebsuntersagung drohe. Die Beklagte habe die Zulassung und die EG-Typengenehmigung des Fahrzeugs erschlichen und das Fahrzeug in den Verkehr gebracht, ohne über die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung aufzuklären. Der Vorstand der Beklagten habe hiervon Kenntnis gehabt. Daher sei die Beklagte gem. § 826 BGB schadensersatzpflichtig. Sie habe den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsvorteils, der in der Berufungsinstanz nunmehr mit 9.118,46 € zu beziffern sei, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erstatten.
Die Beklagte verteidigt das ersinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz den Vorwurf erhebe, die Beklagte habe im Zusammenhang mit dem „Thermofenster“ manipuliert. Eine unzulässige Abschalteinrichtung sei in dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht verbaut. Die Beklagte habe im Rahmen des Typengenehmigungsprozesses die Parameter ausgewiesen, die für die Abgasreinigung relevant seien. Das KBA habe keinen Anlass gesehen, für den klagegegenständlichen Fahrzeugtyp Maßnahmen zu ergreifen.
II.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie nach derzeitigem Sach- und Streitstand aussichtslos und offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Kr. 1 ZPO) und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen. Das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis und auch in der Begründung richtig. Ergänzend ist in Hinblick auf das Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:
Entgegen seinem Vortrag in erster Instanz leitet der Kläger seine Ansprüche nicht mehr daraus her, dass in seinem Fahrzeug eine Software verbaut sein soll, die vergleichbar mit der von der Volkswagen AG im Motor EA 189 verwendeten Software das Durchfahren des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) auf dem Prüfstand erkennen und hierfür den Ausstoß von Stickoxiden optimieren soll. Der Kläger stützt seinen Anspruch nunmehr ausschließlich auf die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung („Thermofenster“). Auf dieser Grundlage scheidet ein Anspruch des Klägers indes aus.
1. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich zunächst nicht aus der Vorschrift des § 826 BGB.
a) Die Vorschrift des § 826 BGB setzt eine Handlung voraus, die gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt. Hierbei bedarf es einer „besonderen Verwerflichkeit“ der Handlung, die sich wiederum „aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann“ (BGH NJW 2017, 2613; BeckOK BGB/Förster, 53. Ed. 1.2.2020, § 826 Rn. 19). Damit genügt es für die Annahme einer Sittenwidrigkeit nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft; es müssen vielmehr die vorgenannten Umstände hinzutreten (BGH a.a.O.).
b) Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen.
aa) Die elektronische Reduzierung der Abgasrückführung (Thermofenster) kann zwar einen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine deliktische Haftung der Beklagten darstellen. Die Nutzung einer programmierten Reduzierung der Abgasrückführung im Sinne einer Abschaltvorrichtung ist unstreitig. Der vom Kläger gehaltene Tatsachenvortrag mag also ausreichend sein, um die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung und damit eine objektive Gesetzesverletzung hinreichend schlüssig darzustellen, ohne dass der Senat dies abschließend bewertet.
bb) Dies allein genügt jedoch nicht, wie vorstehend ausgeführt, für die Annahme einer Sittenwidrigkeit.
Ein „Thermofenster“ ist, wie der Kläger selbst einräumt, nach Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a VO (EG) 715/2007 nicht grundsätzlich verboten, sondern jedenfalls dann zulässig, „wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten“. Hieraus folgt, dass bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand, ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres angenommen werden kann, dass die Beklagte bzw. deren Verantwortliche in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Jedenfalls solange Gesichtspunkte des Motor- bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, scheidet dies aus (OLG Stuttgart, Urteil v. 30.07.2019, Az. 10 U 134/19; OLG Frankfurt, Urteil v. 13.112019, Az. 13 U 274/18; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil v. 19.12.2019, Az. 5 U 103/18). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kriterien, aus denen sich eine aus Bauteilschutzgesichtspunkten zulässige Abschaltvorrichtung ergibt, nicht eindeutig bestimmt und in Rechtsprechung wie Literatur umstritten sind (vgl. dazu umfassend Brandenburgisches Oberlandesgericht a.a.O.; OLG Nürnberg, Urteil v. 19.07.2019, Az. 5 U 1670/18). Zu dieser Einschätzung ist auch die vom BMVI eingesetzte Untersuchungskommission Volkswagen gelangt. Danach liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellem eingesetzten Thermofenster angesichts der „Unschärfe“ der Regelung jedenfalls nicht eindeutig vor (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016, S. 123). Deshalb kommt ein sittenwidriges Handeln der Beklagten vorliegend nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass sie vorsätzlich und in einer besonders verwerflichen Art und Weise diese rechtliche Grauzone überschritten hat (OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.).
(1) Greifbare Anhaltspunkte für eine bewusste Verletzung der Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 vermag der Senat dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers angesichts dessen Unübersichtlichkeit und der beständigen Vermischung mit der dort behaupteten, tatsächlich aber nicht gegebenen Verwendung einer Manipulationssoftware („Ad-blue“), nicht zu entnehmen. Soweit der Kläger nunmehr in der Berufungsinstanz erstmals unter Bezug auf das „Thermofenster“ behauptet, die Beklagte habe die Zulassung und die EG-Typengenehmigung des Fahrzeugs erschlichen, ist dies neuer Sachvortrag. Dieser ist, nachdem ihn die Beklagte bestritten hat, gem. § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
(2) Selbst bei Zulassung dieses Sachvortrags hat die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg. Dieser erfolgt „ins Blaue hinein“ und bietet daher keinen Anlass zur Durchführung einer Beweisaufnahme.
(a) Der Annahme eines willkürlichen Sachvortrags „ins Blaue hinein“ oder „aufs Geratewohl“, der eine angebotene Beweiserhebung zur reinen Ausforschung machen würde, kommt zwar nur in Ausnahmefällen in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall ist allerdings dann anzunehmen, wenn eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufgestellt worden ist (BGH, Beschluss vom Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19; BGH NJW-RR 2004, 337).
(b) Derartige greifbare Anhaltspunkte hat der Kläger nicht vorgetragen; sie ergeben sich auch nicht aus den Umständen selbst. Hinsichtlich der tatsächlichen Emissionswerte hat die Beklagte schon erstinstanzlich dargelegt, dass dem KBA bei Erteilung der Typengenehmigung die Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführungsrate bekannt gewesen sei und gleichwohl nicht beanstandet wurde. Eine Beanstandung oder gar eine Anordnung zum Rückruf durch das KBA wegen der streitgegenständlichen Abschaltvorrichtung sind auch bis heute nicht ergangen. Aus diesen Gründen bestehen bereits Zweifel daran, dass die Abschaltvorrichtung dar vom BMVI und der von der Rechtsprechung überwiegend als unklar eingestuften Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 nicht entspricht. Ist damit bereits ein Gesetzesverstoß der Beklagten fraglich, ist schon gar nichts für ein vorsätzliches Überschreiten der Beklagten des Anwendungsbereichs der Norm erkennbar. Es kommt hinzu, dass die von der Beklagten eingesetzte Software das tatsächliche Abgasverhalten des Fahrzeugs des Klägers im Straßenverkehr nicht verschleiert, so dass gegen die Beklagte der Vorwurf eines manipulativen Vorgehens nicht erhoben werden kann. Daneben spricht gegen ein sittenwidriges Handeln der Beklagten, dass es die Beklagte selbst war, die – insoweit unwidersprochen – sämtliche Emissionswerte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und nach Maßgabe der gesetzlich normierten Messverfahren ermittelt und dem KBA mitgeteilt und damit offengelegt hat. Von einem Täuschungsverhalten der Beklagten kann daher auch insoweit nicht die Rede sein.
In Anbetracht dieser Umstände ist ein Verhalten der Beklagten, das gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt, im Hinblick auf das gegenständliche Fahrzeug nicht ersichtlich. Ein Anspruch des Klägers gemäß § 826 BGB scheidet daher aus.
3. Ansprüche des Klägers aus § 831 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGD sind ebenfalls nicht gegeben. Diese würden jeweils den Nachweis eines deliktischen Handelns bzw. einer vorsätzlichen Täuschungshandlung voraussetzen. Dem Kläger ist es schon nicht gelungen, ein solches Handeln schlüssig darzulegen. Gleiches gilt für den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, denn auch dieser setzt Vorsatz zumindest im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung voraus, ohne die das Schutzgesetz nicht verletzt ist. Es kann daher dahinstehen, ob §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetzcharakter zukommt (OLG München, Beschluss v. 29.08.2019, Az. 8 U 1449/19 m.w.N.).
Die Berufung des Klägers erscheint daher als aussichtslos und wird nach bisherigem Sach- und Streitstand zurückzuweisen sein.
III.
1. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere in dem Beschluss vom 28.01.2020 (Az.: VIII ZR 57/19), oder anderer Obergerichte ab. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist geprägt durch die ihr innewohnenden Besonderheiten eines Einzelfalles. Alle Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind bereits höchstrichterlich geklärt. Eine Zulassung der Revision wäre im Falle einer Entscheidung durch Urteil nicht geboten.
2. Auch eine mündliche Verhandlung ist in der vorliegenden Sache nicht veranlasst (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Es ist auszuschließen, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen.
3. Abschließend und pflichtgemäß weist der Senat auf die im Falle einer Berufungsrücknahme in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung (KV GKG Nr. 1220, 1222) hin.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 16.381,54 EUR festzusetzen.


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