Europarecht

Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung trotz Rutschgefahr wegen feuchten Bodens im Schwimmbadbereich

Aktenzeichen  74 O 1827/20

Datum:
5.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50619
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 253, § 823

 

Leitsatz

1. Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft, die allgemeine Rechtspflicht hat, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. Jedoch ist eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht erreichbar. Vor Gefahren, die jedem vor Augen stehen und vor denen man sich ohne Weiteres selbst schützen kann, muss ein Dritter nicht geschützt werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Gefahr, in einem Freizeitbad infolge von nassem Boden auszurutschen, stellt ein allgemeines Lebensrisiko dar. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist in einem, an ein Schwimmbecken angrenzenden Bodenbereich, mit nassem Fußboden zu rechnen. Es ist einem Freizeitbadbetreiber nicht möglich, im gesamten Gelände ununterbrochen für trockenen Boden zu sorgen. Er muss auch nicht vor Rutschgefahr auf feuchtem Boden in der Nähe des Schwimmbades gesondert hinweisen oder warnen. (Rn. 15 – 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen. 
2.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.  
4.Der Streitwert für das Verfahren wird auf 7.525,00 EUR festgesetzt. 

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus § 823 BGB i.V. m. § 253 BGB Schmerzensgeld verlangen.
Bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin liegt aus Sicht des Gerichts keine Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte vor. Aus dem, von der Klagepartei vorgelegten Lichtbild (Anlage K 1) ergibt sich, dass rechts die Glasumrundung des Schwimmbads zu sehen ist. Dies ist auch auf der Anlage BLD 1 zu sehen, die jedoch nach den Angaben der Klagepartei nicht genau den Unfallort darstellt. Von der beklagten Partei wurde jedoch vorgetragen, dass die Liege der Klägerin sich 2,70 m vom Schwimmbecken entfernt befand. Dies wurde von der Klagepartei nicht bestritten.
Der vorgetragene Unfall fand in einem Freitzeitbad statt. Auch wenn die Klägerin vorträgt, dass es sich um einen Ruhebereich handelte, war dieser Ruhebereich unstreitig ganz in der Nähe des Schwimmbades. Daran ändert auch eine anderer Bodenbelag mit Laminat im Gegensatz zu Fliesen nichts.
Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft, die allgemeine Rechtspflicht hat, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (vgl. BGH NJW 2007, 762 und 1684). Jedoch ist eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht erreichbar (vgl. BGH NJW 2013, 48). Vor Gefahren, die jedem vor Augen stehen und vor denen man sich ohne Weiteres selbst schützen kann, muss ein Dritter nicht geschützt werden (vgl. BGH NJW 1985, 1076).
Für das Gericht ist die Gefahr, in einem Freizeitbad infolge von nassem Boden auszurutschen, ein allgemeines Lebensrisiko. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist im, an ein Schwimmbecken angrenzenden Bodenbereich, mit nassem Fußboden zu rechnen.
Auch wenn, nach dem Vortrag der Klägerin, im Sturzbereich ein anderer Boden als der Fliesenboden war und es sich bei dem Sturzbereich um einen Ruhebereich handelt, befand sich dieser dennoch in unmittelbarer Nähe zum Schwimmbecken.
Es ist für den Betreiber eines Freizeitbades nicht auszuschließen, dass Gäste sich vom Schwimmbecken kommend in den Ruhebereich bewegen und, dass diese Gäste möglicherweise noch nass sind. Aus Sicht des Gerichts ist es einem Freizeitbadbetreiber nicht möglich, im gesamten Gelände ununterbrochen für trockenen Boden zu sorgen.
Aus Sicht des Gerichts muss der Freizeitbadbetreiber auch nicht vor Rutschgefahr auf feuchtem Boden in der Nähe des Schwimmbades gesondert hinweisen oder warnen. Es bestand somit aus Sicht des Gerichts keine Pflicht zum Aufstellen eines Hinweisschildes.
Aus Sicht des Gerichts muss jeder, der sich in einem Freizeitbad bewegt, damit rechnen, dass im Umfeld eines Schwimmbeckens nasser Boden gegeben ist. Auch auf dem Foto der Klägerin (Anlage K 1) sieht man Menschen in Badebekleidung und Handtücher, so dass das Gericht davon ausgeht, dass sich auch in diesem Ruhebereich Menschen aufhielten, die sich zuvor im Schwimmbecken aufgehalten haben. Es ist somit nicht auszuschließen, dass Badegäste Nässe auch an diesen Stellen verteilen können. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Klägerin derartige Nässe nicht gesehen hat. Wenn eine Verkehrssicherungspflicht des Freizeitbadbetreibers bestehen würde, den Boden ständig trocken zu halten, würde es auch keine Rolle spielen, woher diese Nässe kommt. Eine derartige Pflicht ist aus Sicht des Gerichts jedoch nicht gegeben. Der Besucher muss damit rechnen, dass auch auf dem nicht gefliesten Ruhebereich der Boden nass sein könnte, gleich aus welcher Ursache. Es wäre auch immer möglich gewesen, dass Badegäste trotz der Glasabtrennung zum Schwimmbecken Wasser über diese aus den Boden vor den Rundliegen spitzen. Auch dies ist aus Sicht des Gerichts für den Freizeitbadbetreiber nicht zu verhindern.
Somit ist das Gericht davon überzeugt, dass nicht die Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, sondern sich einer allgemeines Lebensrisiko für die Klägerin realisiert hat. Dies ist aus Sicht des Gerichts unabhängig davon, woher genau die Feuchtigkeit kam, auf der die Klägerin dann ausrutschte.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.


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