Europarecht

Medienaufsichtliche Beanstandung bei Beteiligung der Freiwilligen Selbstkontrolle nach Ausstrahlung einer Sendung

Aktenzeichen  7 ZB 18.1183

Datum:
1.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24811
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JMStV § 5, § 14, § 16, § 17, § 20
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV sind aufsichtliche Maßnahmen in der Regel dann nicht zulässig, wenn der Veranstalter nachweist, dass die Sendung vor ihrer Ausstrahlung einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegen hat und deren Vorgaben beachtet wurden. Für eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 3 JMStV auf vorlagefähige, aber erst nach Ausstrahlung vorgelegte Sendungen fehlt es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. (Rn. 35)
1. Die notwendige Begründung des Prüfbeschlusses der Kommission für Jugendmedienschutz muss den Sachverhalt nicht umfassend inhaltlich wiedergeben, sondern erkennen lassen, von welchen wesentlichen tatsächlichen Voraussetzungen und Erwägungen die Behörde ausgegangen ist.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bindungswirkung des Beschlusses des KJM-Prüfausschusses bezieht sich auf die einzelnen Begründungselemente und nicht auf die Formulierungen der Begründung in allen Einzelheiten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dam medienrechtliche Gebot der Staatsferne steht es nicht entgegen, wenn zwei von drei Mitgliedern eines Prüfausschusses der KJM von der Exekutive entsandt sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 16.5590 2018-03-22 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine medienrechtliche Beanstandung.
Die Klägerin ist Anbieterin des medienrechtlich genehmigten bundesweiten Fernsehprogramms N24. Dieses startete am Sonntag, den 11. Oktober 2015 in der Zeit von 8.30 Uhr bis 9.00 Uhr die Sendereihe „Science of Stupid – Wissenschaft der Missgeschicke“ mit der Ausstrahlung der achten Episode. In der Sendereihe wurden Amateurvideos von misslungenen akrobatischen Übungen, Stunts und anderweitigen Missgeschicken gezeigt. Im Einzelnen handelte es sich um Clips mit BMX-Rädern, mit Skifahrern und Snowboardern, mit Fahrern von Monstertrucks und Kampfsport-Trainierenden sowie mit Paraglidern, Auto- und Motorradfahrern. Die Sendung wurde am Neujahrstag, den 1. Januar 2016, in der Zeit von 9.15 Uhr bis 9.40 Uhr wiederholt.
Die Prüfgruppe der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) stellte am 24. Februar 2016 einen Verstoß der vorgenannten Ausstrahlungen gegen § 5 Abs. 1 JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung für unter Zwölfjährige) fest und empfahl (vorläufig) die verwaltungsrechtliche Maßnahme einer Beanstandung. Mit Schreiben der Beklagten vom 26. April 2016 wurde die Klägerin hierzu angehört.
Nachdem sich ein Prüfausschuss der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) nach Prüfung der Sendung am 5. April 2016 gegen den Antrag der Klägerin auf Ausstrahlung im Tagesprogramm ausgesprochen hatte, stellte der Berufungsausschuss der FSF am 10. Mai 2016 fest, dass bei der beantragten Freigabe ab 12 Jahren im Tagesprogramm insbesondere zu prüfen sei, ob eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung der achten Episode der „Doku Science of Stupid – Wissenschaft der Missgeschicke“ im Sinne des § 5 JMStV auf Kinder und Jugendliche der betreffenden Altersstufe anzunehmen sei. Im Ergebnis wurde dies verneint und eine Freigabe ab 12 Jahren im Tagesprogramm ausgesprochen.
Nach einem entsprechenden Beschluss des Prüfausschusses der KJM vom 17. September 2016 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21. November 2016 fest und missbilligte, dass im bundesweit verbreiteten Fernsehprogramm N24 am 11. Oktober 2015 von 8.30 Uhr bis 9:00 Uhr sowie am 1. Januar 2016 von 9.15 Uhr bis 9.40 Uhr die „8. Episode des Fun- und Actionformats Science of Stupid – Wissenschaft der Missgeschicke“ entgegen § 5 Abs. 1 JMStV für unter Zwölfjährige frei ausgestrahlt worden war (Ziff. 1). Weiter wurden der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziff. 2) und eine Gebühr in Höhe von 300 Euro sowie Auslagen in Höhe von 4,10 Euro festgesetzt (Ziff. 3).
Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 22. März 2018 abgewiesen. Der Bescheid sei weder formell noch materiell zu beanstanden. Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten und grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO).
Die Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung, auf die sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich beschränkt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; vgl. BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52), ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und ebenso wenig eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des angegriffenen Bescheids der Beklagten zu Recht verneint.
I.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
Diese sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548).
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich solche Zweifel nicht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der angegriffene Bescheid der Beklagten formell (1.) und materiell (2.) rechtmäßig ist.
1. Der angefochtene Bescheid ist von der Beklagten als der gemäß § 14 Abs. 1, § 20 Abs. 1, 2 und 6 des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV vom 20.2.2003 [GVBl S. 147], zuletzt geändert durch den 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 7.12.2015 [GVBl S. 52]) für die Aufsicht über die Klägerin zuständigen Landesmedienanstalt durch die ihr insoweit als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 14 Abs. 1 JMStV dienende Kommission für Jugendmedienschutz – KJM (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 JMStV) erlassen worden. Bei länderübergreifenden Angeboten ist die KJM für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zuständig (§ 16 Satz 1 JMStV). Nach § 14 Abs. 5 JMStV können Prüfausschüsse gebildet werden, die jeweils bei Einstimmigkeit anstelle der KJM entscheiden.
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde nicht gegen die Begründungsanforderungen des § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV verstoßen. Nicht gefolgt werden kann den Einwänden der Klägerin, die sich auf die Entscheidung des Senats vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 – (DVBl 2014, 108) beruft und eine unzulässige Kettenverweisung durch die Beifügung zahlreicher Anlagen an die Beschlussvorlage rügt, in denen sich wesentliche Gründe fänden, so z.B. die konkrete inhaltliche Darstellung der einzelnen sieben Segmente der Sendung in Anlage 1. Auch der vollständige Inhalt der Entscheidung des FSF-Berufungsausschusses werde erst durch die beigefügte Anlage zur Kenntnis gebracht, die so in der Beschlussvorlage für den KJM-Prüfausschuss nicht enthalten sei.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV hat die KJM ihre Beschlüsse, die gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt bindend und deren Entscheidungen zu Grunde zu legen sind (§ 17 Abs. 1 Satz 5 und 6 JMStV), zu begründen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 JMStV). Ausschließlich ihr obliegt die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 16 Satz 1 JMStV). Die sachverständige Beurteilung jugendmedienschutzrelevanter Angebote erschöpft sich nicht in der abschließenden Entscheidung, sondern umfasst auch die ihr zugrundeliegenden Erwägungen, die demzufolge in der Begründung der KJM ihren Niederschlag finden müssen (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2013 – 7 B 12.2358 – DVBl 2014, 108 Rn. 22). Es handelt sich dabei um eine unvertretbare Aufgabe, die in Prüfgruppen vorbereitet werden kann (§ 9 der Geschäfts- und Verfahrensordnung der KJM [GVO-KJM] vom 25.11.2003, zuletzt geändert am 13.4.2016) und die nicht zwingend durch das Plenum wahrzunehmen ist, sondern bei Einstimmigkeit der Entscheidung auch durch Prüfausschüsse erfüllt werden kann (§ 14 Abs. 5 JMStV, § 7 GVO-KJM). Will sich der Prüfausschuss oder das Plenum der KJM der Begründungsempfehlung der Prüfgruppe oder der zuständigen Landesmedienanstalt anschließen, bedarf es hierzu jedoch eines eindeutigen Votums. Insoweit hat die KJM in ihrer Geschäfts- und Verfahrensordnung selbst festgelegt, dass jedes Mitglied des Prüfausschusses der Empfehlung der Prüfgruppe „ausdrücklich“ zustimmen muss, wenn der Prüfausschuss sich die Empfehlung zu eigen machen will (§ 7 Abs. 6 Satz 2 GVO-KJM). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen (§ 17 Abs. 1 Satz 4 JMStV). Für die Prüfausschüsse gilt entsprechendes, da sie nach § 14 Abs. 5 Satz 2 JMStV (§ 7 Abs. 1 Satz 2 GVO-KJM) in gleicher Weise wie die KJM sachverständig und unabhängig besetzt sein müssen und gemäß § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV nur „bei Einstimmigkeit anstelle der KJM“ entscheiden. Für die Mitteilung der Gründe der in einem solchen Fall notwendig als „Beschluss der KJM“ geltenden Entscheidung des Prüfausschusses kann nichts Anderes gelten als für eine Plenumsentscheidung (vgl. LT-Drs. 14/10246 S. 22; ebenso OVG Berlin-Bbg, U.v. 13.11.2014 – OVG 11 B 10.12 – ZUM-RD 2015, 682 Rn. 83).
bb) Gemessen daran wahrt die in der Beschlussvorlage vorhandene Begründung, die sich die Mitglieder des Prüfausschusses durch ausdrückliche Zustimmung zu eigen gemacht haben, die Anforderungen an die Begründungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV. In der Vorlage an den KJM-Prüfausschuss vom 24. August 2016 wurde folgende Beschlussempfehlung (in den hier interessierenden Passagen) abgegeben: „1. Die KJM stellt fest, dass N24 mit der Ausstrahlung der achten Episode des Fun- und Actionformats „Science of Stupids – Wissenschaft der Missgeschicke“ am 11. Oktober 2015 von 8.30 Uhr bis 9:00 Uhr (wiederholt am 1. Januar 2016 von 9:15 Uhr bis 9.40 Uhr) gegen § 5 Abs. 1 JMStV verstoßen hat. 2. Der Verstoß wird von der BLM medienrechtlich beanstandet…“. Es folgt die Begründung, die im Wesentlichen aus einer Schilderung des Sachverhalts einschließlich einer kurzen Zusammenstellung des maßgeblichen Sendeeinhalts sowie den wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründen für die Entscheidung besteht. Im Weiteren werden die Ergebnisse der Prüfung durch die Prüfgruppe dargestellt, auch unter Berücksichtigung des Prüfergebnisses von 3:1 Stimmen.
Die von der Klägerin im Rahmen der Anhörung vorgetragenen Argumente für die Zulässigkeit der Ausstrahlung der Sendung im Tagesprogramm, die auf der inhaltlichen Wertung des Berufungsausschusses der FSF beruhen, und die sich mit der von der Prüfgruppe getroffenen Einschätzung auseinandersetzen, die Sendung sei für unter 12-jährige und damit für eine Ausstrahlung im Tagesprogramm nicht geeignet, werden in der Beschlussvorlage ausführlich und in wesentlichen Teilen als Zitate dargestellt und gewürdigt. Die drei Mitglieder des KJM-Prüfausschusses haben jeweils mit Unterschriften vom 13., 14. und 17. September 2016 bestätigt, „nach Sichtung der erhaltenen Unterlagen inklusive Mitschnitte/Aufzeichnungen stimme ich dem Beschlussvorschlag einschließlich der Begründung der zuständigen Landesmedienanstalt zu“ und sich damit der Begründungsempfehlung der Beklagten angeschlossen. Eine weitere „eigene Begründung“, wie von der Klägerin gefordert, erübrigt sich damit.
Die „Vorlage für den KJM-Prüfausschuss“, auf der der Beschluss des KJM-Prüfausschusses beruht, ist aus sich heraus verständlich und enthält die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV. Die beigefügten Anlagen bestehen aus den im Laufe des Prüfverfahrens entstandenen Schriftsätzen, deren Kenntnis lediglich vertiefender und umfassender Information der Mitglieder des Prüfausschusses dient und die nicht zu deren Entscheidungsfindung erforderlich waren. Hier liegt der maßgebliche Unterschied zu dem der Entscheidung des Senats vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 – (DVBl 2014, 108) zugrundeliegenden Sachverhalt, zu dem Folgendes ausgeführt wurde: „Dem Protokoll lässt sich außer dem Umstand, dass die KJM-Mitglieder über den Sachstand und die Empfehlungen der Prüfgruppen informiert wurden, lediglich entnehmen, dass sie sich mit der inhaltlichen Bewertung der Angebote befasst haben und dass der Beschlussfassung eine Diskussion vorausgegangen ist. Auf welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen diese Beschlüsse gestützt werden, geht aus der Niederschrift jedoch nicht hervor“.
cc) Der Vortrag der Klägerin, die „Vorlage für den KJM-Prüfausschuss“ enthalte keine konkrete inhaltliche Darstellung der einzelnen sieben Segmente der Sendung, diese sei lediglich in Anlage 1 enthalten, gebietet keine andere Bewertung. Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 und 4 JMStV sind die Beschlüsse der KJM zu begründen; in der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. Eine umfassende inhaltliche Wiedergabe des dem Prüffall zugrundeliegenden Sachverhalts ist nach dem Wortlaut der Norm nicht gefordert. Vielmehr muss die Begründung (nur) erkennen lassen, von welchen wesentlichen tatsächlichen Voraussetzungen und Erwägungen die Behörde ausgegangen ist (vgl. Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand 1.7.2020, § 39 Rn. 32). Die Verwendung der Formulierung „wesentlich“ zeigt zudem, dass sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (lediglich) die tragenden Gründe anzugeben sind, von denen die KJM bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist. Ungeachtet dessen wurde der Sendungsinhalt in der Vorlage zutreffend dahingehend geschildert, dass es sich um misslungene Versuche von akrobatischen Übungen, Stunts oder generell von Missgeschicken mitsamt der physikalischen Analyse der für das Scheitern verantwortlichen Gründe handle. Die Aufzeichnungen der Missgeschicke stammten dem Anschein nach von Amateuraufnahmen und Internetvideoplattformen und seien dem Genre der – vor allem auch bei Jugendlichen beliebten – „Fail-Videos“ zuzurechnen. Nachdem eine bestimmte Art von Missgeschick („Fail“) gezeigt werde, folge darauf eine wissenschaftliche Analyse der Fehlerquellen. Die Fails würden in den folgenden Wiederholungen erneut gezeigt, wobei dem Zuschauer erläutert werde, was in der jeweiligen Situation falsch gelaufen sei. In der vorliegenden Episode würden die Segmente „Bunnyhop“, „Hydrodynamisches Gleiten“, „Einrad“, „Highkicks“, „Gleitschirm“ und „Burnout“ behandelt. Zu Beginn der Sendung werde ein Warnhinweis eingeblendet und aus dem Off vorgelesen. Die Begründung gibt damit in abstrahierender Weise Inhalt und „Drehbuch“ der einzelnen Segmente wieder und entspricht so den Anforderungen des § 17 Abs. 1 Satz 4 JMStV. Weitere Ausführungen, wie in Anlage 1 zur „Vorlage für den KJM-Prüfausschuss“, sind nicht erforderlich. Die maßgebliche Einschätzung, ob es sich bei einer Sendung um ein Angebot handelt, das geeignet ist, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 JMStV) zu beeinträchtigen, wird sich in Grenzbereichen – wie hier – ohnehin nicht aufgrund einer nur verbalen Schilderung treffen lassen, sondern erfordert die audiovisuelle Kenntnisnahme einer Sendung. Nur durch die Zusammenschau von Bild und Ton lässt sich eine gesicherte Einschätzung über die Wirkung der Sendung auf Kinder und Jugendliche treffen. Die Mitglieder des Prüfausschusses haben unterschriftlich bestätigt, die „Unterlagen inklusive Mitschnitte/Aufzeichnungen“ gesichtet zu haben. Zweifel daran sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
b) Die Klägerin trägt weiter vor, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft nicht gewürdigt, dass den Beschlüssen des KJM-Prüfausschusses nach § 17 Abs. 1 Satz 5 und 6 JMStV Bindungswirkung zukomme und es daher der Beklagten verboten sei, diese inhaltlich zu verändern, zu ergänzen oder gar die erforderliche Begründung selbst abzugeben bzw. selbst zusammenzusetzen. Statt die vom KJM-Prüfausschuss getroffene und begründete Entscheidung unverändert der Klägerin zu übermitteln, habe die Beklagte im Beanstandungsbescheid zahlreiche Veränderungen vorgenommen. So sei dort der Verstoß gegen § 5 Abs. 1 JMStV missbilligt worden, obwohl eine Beanstandung beschlossen worden sei; Ausführungen aus verschiedenen Dokumenten seien zusammengeführt worden, die nicht im Beschluss enthalten gewesen seien. Im Beanstandungsbescheid seien Begründungselemente der Beschlussvorlage hinsichtlich des Bußgeldverfahrens und des Beanstandungsverfahrens vermischt worden. Die Ausführungen zur inhaltlichen Wertung seien in dem Wortlaut, mit dem sie im Beanstandungsbescheid enthalten seien, nicht im Vorlagebeschluss zu finden. Die Ausführungen zu den Rechtsgrundlagen seien ebenfalls in keiner der Vorlagen enthalten. Auch mit diesem Vortrag zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils auf.
Nach § 14 Abs. 1 JMStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die für die Anbieter geltenden Bestimmungen nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und trifft entsprechend den Bestimmungen des Staatsvertrags die jeweiligen Entscheidungen. Stellt die zuständige Landesmedienanstalt fest, dass ein Anbieter gegen Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verstoßen hat, trifft sie gemäß § 20 Abs. 1 JMStV die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Für Veranstalter von Rundfunk trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung (§ 20 Abs. 2 JMStV). Hierdurch und durch § 14 Abs. 2 Satz 2 JMStV wird klargestellt, dass die Aufgabenerledigung sachlich der KJM obliegt und die Landesmedienanstalt lediglich im Außenverhältnis tätig wird.
Indem die Mitglieder des Prüfausschusses vorliegend dem Beschlussvorschlag einschließlich der Begründung zugestimmt haben, haben sie sich die Beschlussvorlage vom 24. August 2016 zu eigen gemacht und festgestellt, dass die Klägerin mit der Ausstrahlung der achten Episode des Fun- und Actionformats „Science of Stupid – Wissenschaft der Missgeschicke“ am 11. Oktober 2015 und am 1. Januar 2016 gegen § 5 Abs. 1 JMStV verstoßen hat (Nr. 1 des Beschlusses). Der Verstoß sei von der Beklagten medienrechtlich zu beanstanden (Nr. 2 des Beschlusses). Damit der vom Prüfausschuss im Innenverhältnis gefasste Beschluss Außenwirkung erlangt, bedarf es des Vollzugs durch das innerhalb der Beklagten zuständige Organ. Erst durch den an die Klägerin gerichteten Verwaltungsakt erlangt die beschlossene aufsichtliche Maßnahme dieser gegenüber Außenwirkung. Die Beschlussfassung über die erforderlichen Maßnahmen und deren bescheidsmäßige Umsetzung fallen somit auseinander. Soweit Beschlüsse den Erlass eines Verwaltungsakts zum Gegenstand haben, stellen sie im Regelfall, d.h. wenn durch Rechtsvorschriften nichts Anderes vorgesehen ist, nicht schon selbst den Erlass des Verwaltungsakts dar, sondern bedürfen der Vollziehung durch Erlass des Verwaltungsakts (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 91 Rn. 9).
Bei dem Beschluss des Prüfausschusses, der bei Einstimmigkeit anstelle der KJM entscheidet (vgl. § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV), handelt es sich somit um ein Verwaltungsinternum, das durch die Beklagte umgesetzt wurde. Eine wörtliche Übernahme der Ausführungen in der Beschlussvorlage ist nicht erforderlich. Vielmehr können aus Gründen der Bescheidstechnik durchaus etwaige im Vorlagebeschluss fehlende Rechtsgrundlagen ergänzt werden, ebenso können aus Gründen der Lesbarkeit des Bescheids auch verschiedene Sachverhalts- und Begründungselemente zusammengefasst und umgestellt werden. Maßgeblich ist, dass der vom Prüfausschuss getroffene Beschluss unverändert umgesetzt und die dem Beschluss zugrundeliegende Begründung in ihrem Wesen nicht verändert wird. Die Bindungswirkung des § 17 Abs. 1 Satz 5 JMStV bezieht sich – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – auf die einzelnen Begründungselemente und nicht auf die Formulierungen der Begründung in allen Einzelheiten. Dass einzelne Begründungselemente nicht enthalten wären, zeigt die Klägerin nicht auf. Ebenfalls nicht durchdringen kann die Klägerin mit der Rüge, die KJM habe eine medienrechtliche Beanstandung beschlossen, die Beklagte hingegen eine Missbilligung ausgesprochen. Mit dem Mittel der Beanstandung wird ein Rechtsverstoß förmlich festgestellt und missbilligt (vgl. BVerwG, B.v. 23.7.2014 – 6 B 1.14 – NVwZ 2014, 1594 unter Bezugnahme auf § 38 Abs. 2 Satz 2 RStV).
c) Soweit sich die Klägerin darauf beruft, die Besetzung des Prüfausschusses mit zwei von der Exekutive entsandten Mitgliedern stelle sich bei Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014 – 1 BvF 1/11 u.a. – (BVerfGE 136, 9) als verfassungswidrig dar, da sie dem Gebot der Staatsferne widerspreche, kann sie auch damit keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts darlegen.
Die Klägerin zeigt bereits nicht substantiiert auf, inwiefern die vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entwickelten Grundsätze auf die Besetzung von Prüfausschüssen der KJM übertragen werden können. Um eine mögliche Verletzung des Gebots der Staatsferne aufzuzeigen, reicht es nicht aus, aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu zitieren und darauf hinzuweisen, dass zwei der drei Mitglieder des KJM-Prüfausschusses von der Exekutive entsandt werden. Denn die Klägerin lässt bei ihren diesbezüglichen Ausführungen völlig außer Betracht, dass die Mitglieder der KJM nach § 14 Abs. 7 Satz 1 JMStV bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag an Weisungen nicht gebunden sind. Dies gilt in gleichem Maße auch für die Mitglieder der Prüfausschüsse, die sich nach § 14 Abs. 5 Satz 2 JMStV aus jeweils einem der in § 14 Abs. 3 Satz 2 JMStV genannten KJM-Mitglieder zusammensetzen. Zudem verhält sich die Klägerin nicht dazu, dass die Prüfausschüsse nach § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV nur bei Einstimmigkeit anstelle der KJM entscheiden. Kommt hingegen eine einstimmige Entscheidung nicht zustande, leitet der Vorsitzende die Entscheidungsempfehlung mit der Begründung der abweichenden Voten an die KJM weiter (vgl. § 7 Abs. 6 Satz 3 GVO-KJM).
Ungeachtet dessen scheidet eine einfache Übertragbarkeit der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum maximal zulässigen Anteil staatlicher oder staatsnaher Mitglieder in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf die hier in Rede stehende KJM bzw. deren Prüfausschüsse aus (vgl. ebenso NdsOVG, B.v. 20.10.2008 – 10 LA 101/07 – ZUM-RD 2009, 168 Rn. 19 ff.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 13.11.2014 – OVG 11 B 10.12 – ZUM-RD 2015, 682 Rn. 65 ff.). Die auf die Gewährleistung des gemäß Art. 5 Abs. 2 GG (auch) die Rundfunkfreiheit beschränkenden Jugendschutzes eng begrenzte Aufgabe der KJM hat zwar durchaus einen gewissen – allerdings nur mittelbaren – Einfluss auf die verfassungsrechtlich geschützte Programmgestaltung der privaten Rundfunkanbieter. Die „Reichweite der auch den Inhalt der Berichterstattung betreffenden Befugnisse“ ist jedoch nicht ansatzweise mit derjenigen der Aufsichtsgremien der öffentlichen Rundfunkanstalten vergleichbar, zumal der nicht pluralistisch, sondern gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 JMStV ausdrücklich mit „12 Sachverständigen“ zu besetzenden KJM kein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht, sondern den die Entscheidung tragenden Bewertungen nur die Bedeutung einer sachverständigen Aussage eingeräumt wird (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 33; BayVGH, U.v. 23.3.2011 – 7 BV 09.2512 u.a. – juris Rn. 32 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass die Zusammensetzung der KJM bzw. ihrer Prüfausschüsse gegen das rundfunkrechtliche Gebot der Staatsferne verstoßen, sind bereits deshalb nicht ersichtlich, weil der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nicht auf eine Beherrschung eines Rundfunkunternehmens oder auf eine politische Instrumentalisierung des Rundfunks gerichtet ist. Zweck des Staatsvertrags ist nach § 1 JMStV der einheitliche Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen. Dieser Zweck und die Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags schränken nach Art. 5 Abs. 2 GG zulässig die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit ein (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 16 f.).
2. Auch in materieller Hinsicht ist es der Klägerin nicht gelungen, berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu wecken.
a) Ernstliche Zweifel ergeben sich nicht aus den Ausführungen der Klägerin, es habe eine Sperrwirkung für Aufsichtsmaßnahmen durch die KJM als Organ der Beklagten nach § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV analog bestanden, weil nach Ausstrahlung der von der Beklagten beanstandeten Sendung, aber noch vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids das Gutachten des FSF-Berufungsausschusses vom 10. Mai 2016 die Sendung für eine Ausstrahlung ab 12 Jahre im Tagesprogramm freigegeben habe. Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlt es bereits an der für eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
aa) Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung – hier die Analogie – setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (BVerwG, U.v. 12.9.2013 – 5 C 35.12 – BVerwGE 148, 13 Rn. 27 m.w.N.; B.v. 2.4.2014 – 5 C 40.12 – juris Rn. 21).
bb) Für das Vorliegen einer Gesetzeslücke gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Die von der Klägerin analog § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV angenommene Sperrwirkung für aufsichtliche Maßnahme bei vorlagefähigen, vor Ausstrahlung jedoch nicht der FSF vorgelegten Sendungen würde dem eindeutigen Wortlaut des § 20 Abs. 3 JMStV sowie dem darin zum Ausdruck kommenden System der sog. „regulierten Selbstregulierung“ widersprechen.
(1) Die Feststellung eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 JMStV durch die KJM bzw. die zuständige Landesmedienanstalt nach § 20 Abs. 1 und 2 JMStV kommt wegen des Zensurverbots in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG nur nachrangig in Betracht. Tritt die KJM an einen Rundfunkanbieter mit dem Vorwurf heran, er habe gegen Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verstoßen, und weist der Veranstalter nach, dass die Sendung vor ihrer Ausstrahlung einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle im Sinne dieses Staatsvertrags vorgelegen hat und deren Vorgaben beachtet wurden, so sind nach § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV Maßnahmen durch die KJM nur zulässig, wenn die Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreitet. Bei nichtvorlagefähigen Sendungen ist nach § 20 Abs. 3 Satz 2 JMStV vor Maßnahmen bei behaupteten Verstößen gegen den Jugendschutz, mit Ausnahme von Verstößen gegen § 4 Abs. 1 JMStV, durch die KJM zunächst die anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle, der der Rundfunkveranstalter angeschlossen ist, zu befassen; Satz 1 gilt entsprechend (BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 19 m.w.N.).
(2) Nach der Konzeption des Staatsvertrags obliegt somit die Prüfung der Einhaltung der Jugendmedienschutzbestimmungen nach Maßgabe von § 20 Abs. 3 JMStV vorrangig grundsätzlich der nach § 19 JMStV anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle, wenn der Rundfunkveranstalter ihr – wie die Klägerin der FSF – angeschlossen ist. Denn der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag stärkt ausweislich seiner Begründung (vgl. LT-Drs. 14/10246 S. 13 f.) zu Gunsten der „Anbieter“ die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle. Den anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (vgl. hierzu § 19 JMStV) wird bei der Prüfung der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen ein Entscheidungsrahmen zugebilligt, der durch die Medienaufsicht nur begrenzt überprüfbar ist. Der Gesetzgeber hat in § 20 Abs. 3 JMStV festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Entscheidung einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle von der Aufsicht anzuerkennen ist (vgl. LT-Drs. 14/10246 S. 25). Satz 1 betrifft nur die Angebote, die zu einer Vorabkontrolle geeignet sind. Das sind alle Angebote, die mit dem für eine Vorlage erforderlichen zeitlichen Vorlauf vor Ausstrahlung auf einem Trägermedium zur Verfügung stehen und insoweit vorlagefähig sind. Hat der Anbieter derartige Angebote nicht vorgelegt, so entscheidet die KJM nach eigener Beurteilung und Rechtsauslegung. Sind Sendungen nicht vorlagefähig, so gilt § 20 Abs. 3 Satz 2 JMStV. Darunter fallen Live-Sendungen oder aktuelle Einspielungen z.B. in Nachrichtensendungen, die keiner Selbstkontrolleinrichtung vor Ausstrahlung hätten vorgelegt werden können, ohne die Ausstrahlung wegen Zeitablaufs überflüssig zu machen. Auch für diesen Fall soll zunächst die Selbstkontrolle eine Bewertung abgeben können.
Die genannten Regelungen schaffen einen Ausgleich zwischen den verfassungsrechtlich geschützten und hoheitlich zu gewährleistenden Anforderungen an einen effektiven Jugendmedienschutz auf der einen und den durch das Grundgesetz geschützten Freiheiten der Anbieter und Rezipienten auf der anderen Seite. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes, einen effektiven Jugendmedienschutz zu gewährleisten, würde dann nicht Genüge getan, wenn über den Wortlaut des Gesetzes hinaus eine positive Stellungnahme einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle nach Ausstrahlung der vorlagefähigen Sendung, aber noch vor einer entsprechenden Maßnahme der KJM ausreichend wäre, um die Aufsichtsbefugnisse der Medienaufsicht nach § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV zu beschränken. Die eindeutige Formulierung „vor ihrer Ausstrahlung“ sowie die Verknüpfung der „Vorlage einer Sendung“ mit der „Beachtung der Vorgaben“ im Wortlaut der Norm zeigt unzweifelhaft, dass in der Regel nur eine Vorlage der Sendung vor der Ausstrahlung sowie ggf. die Beachtung der Vorgaben der FSF ein die Rechtswidrigkeit des Aufsichtsbescheids begründendes Verfahrenshindernis bewirken kann.
Eine erst nach (Erst-)Ausstrahlung einer Sendung eingeholte Stellungnahme der FSF und nachfolgend die Beachtung etwaiger Vorgaben wäre nicht geeignet, den Jugendschutz zu gewährleisten. Das System der sog. „regulierten Selbstregulierung“ soll einerseits einen Anreiz für private Rundfunkveranstalter schaffen, sich einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und ihr Sendungen zur Prüfung vorzulegen, um im Falle ihrer Verbreitung Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutzes zu vermeiden. Andererseits soll aufgrund der zwar eingeschränkten, aber bestehenden Kontrolle der Medienaufsicht gewährleistet bleiben, dass das System der Selbstkontrolle funktioniert (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 20). Auch wenn die materiellen Maßstäbe für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 5 JMStV sowohl bei der Prüfung durch eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle als auch bei der Entscheidungsbefugnis der KJM bzw. der zuständigen Landesmedienanstalt nach § 20 Abs. 1 und 2 JMStV identisch sind, verhindert hiernach allein die bei vorlagefähigen Sendungen in Betracht kommende präventive Kontrolle durch eine anerkannte Einrichtung vor der Ausstrahlung eines Angebots eine Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 a.a.O. Rn. 21). Der von der Klägerin unter Berufung auf die dortige Randnummer 22 gezogene Schluss, das Bundesverwaltungsgericht fordere keine Vorlage der vorlagefähigen Sendung vor Ausstrahlung, weil es davon ausgehe, dass eine originäre Entscheidungsbefugnis der KJM nach § 20 Abs. 1 JMStV nur dann zum Tragen kommen könne, wenn der Anbieter „die vorlagefähige Sendung nicht vorgelegt“ habe, verfängt aus diesem Grund nicht. Die nachträgliche Kontrolle nicht vorgelegter, aber vorlagefähiger Sendungen kann lediglich begangene Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sanktionieren, dem Anliegen des Gesetzgebers, bereits präventiv Entwicklungsbeeinträchtigungen von Kindern und Jugendlichen vorzubeugen, aber nicht mehr Rechnung tragen. Es liegt in der Hand des Anbieters – hier der Klägerin – eine vorlagefähige Sendung vor Ausstrahlung bei einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vorzulegen. Nur in diesem Fall kommt der Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle ein vorrangiges Entscheidungsrecht zu, auf das sich die Klägerin berufen kann und das Maßnahmen der Medienaufsicht in der Regel ausschließt. Die Kontrolle der Einhaltung der dem Jugendmedienschutz dienenden §§ 4 bis 6 JMStV dürfen nicht der Dispositionsbefugnis des Rundfunkveranstalters unterfallen, weil ansonsten der Jugendmedienschutz und das System der „regulierten Selbstregulierung“ entwertet werden würden (BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 1589, 49 Rn. 25).
Der Auffassung der Klägerin, die unterschiedliche Behandlung von Sendungen je nachdem, ob die FSF sich vor Ausstrahlung mit der Sendung befasst hätte – dann Sperrwirkung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV – oder Befassung nach der Ausstrahlung – dann Entscheidungsprimat der Beklagten – mit der Folge, dass dann von der KJM beanstandete Sendungen ohne weiteres ausgestrahlt werden dürften, führe zu einem Wertungswiderspruch, der durch analoge Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV aufgelöst werden müsse, liegt ein nicht zutreffendes Normverständnis zugrunde. Hat sich der Anbieter nicht an das in § 20 Abs. 3 JMStV normierte System der „regulierten Selbstregulierung“ gehalten und eine vorlagefähige Sendung vor ihrer Ausstrahlung nicht der FSF vorgelegt, führt eine Beanstandung durch KJM bzw. zuständiger Landesmedienanstalt dazu, dass die Sendung auch künftig entweder nicht mehr oder nur unter Beachtung der von der Medienaufsicht festgelegten Vorgaben ausgestrahlt werden darf. Die Klägerin irrt, wenn sie meint, sie könne eine von der Medienaufsicht beanstandete Sendung vor deren Wiederholung der FSF vorlegen und dadurch eine von der KJM abweichende Beurteilung erreichen. Die nachträgliche Kontrolle nicht vorgelegter vorlagefähiger Sendungen soll gerade begangene Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sanktionieren und über die Sanktion auf das zukünftige Verhalten des Rundfunkveranstalters einwirken (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 21 m.w.N.).
b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sieht die Klägerin auch darin begründet, dass das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft die sachverständige Wertung der KJM, die Klägerin habe durch die Ausstrahlung der achten Episode der Sendung „Science of Stupid“ gegen § 5 Abs. 1, Abs. 4 Satz 3 JMStV verstoßen, als nicht erschüttert beurteilt habe. Die Wertung der KJM sei aber schon deswegen erschüttert, weil sie unplausibel sei, insbesondere gehe sie von einem falschen bzw. unzureichenden Sachverhalt aus, berücksichtige die Wertung der FSF nicht und sei auch ansonsten nicht nachvollziehbar. So werde z.B. ohne Begründung behauptet, dass Zuschauer unter 12 Jahren nicht zu einer abstrahierenden Wahrnehmung der gezeigten Unfallszenen in der Lage seien, dass die Gefahr einer Desensibilisierung und sozialethisch desorientierenden Wirkung bei Zuschauern unter 12 Jahren bestehe und dass durch die Sendung hauptsächlich Reaktionen von Schadenfreude beim Zuschauer unterstützt würden. Es werde schon nicht ausgeführt, worauf diese Annahmen beruhten.
Auch dieser Vortrag legt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht dar. Die KJM trifft die Feststellung eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags als sachverständiges Gremium, deren Mitglieder nach § 14 Abs. 6 Satz 1 JMStV weisungsunabhängig sind. Die ihren Entscheidungen zugrundeliegenden Wertungen sind bei ihrer gerichtlichen Überprüfung als sachverständige Aussagen anzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 35; BayVGH, U.v. 23.3.2011 – 7 BV 09.2512 – NJW 2011, 2678 Rn. 43 ff.). Die Feststellungen und die darauf beruhenden Wertungen der KJM zur Frage einer entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkung im Sinne des § 5 JMStV vermitteln den Verwaltungsgerichten die Grundlagen für die richterliche Überzeugungsbildung. Sie können für die gerichtliche Entscheidungsfindung nach den verwaltungsprozessualen Regeln des Sachverständigenbeweises verwertet werden. Demnach sind die Verwaltungsgerichte grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, die von besonderer Sachkunde getragenen Erkenntnisse der KJM ohne weitere Sachaufklärung zugrunde zu legen. Es genügt nicht, dass sie die Klägerin durch Gegenvorbringen in Frage stellt (BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 18.18 – NVwZ 2020, 233 Rn. 50 m.w.N.).
Nach den Regeln des Sachverständigenbeweises gilt dies nicht, wenn begründeter Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit von Mitgliedern der KJM besteht, deren Erkenntnisse auf einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt beruhen, erkennbar inhaltliche Widersprüche aufweisen oder nicht nachvollziehbar sind (stRspr; vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 18.18 – NVwZ 2020, 233 Rn. 51 m.w.N.). Auch können die sachverständigen Äußerungen der KJM erschüttert werden, wenn der Rundfunkveranstalter sie in vergleichbarer Weise durch fachgutachtliche Äußerungen – etwa durch ein von ihm vorgelegtes Gutachten – in Zweifel ziehen kann. Dabei reicht die Vorlage eines Privatgutachtens, das sich kritisch mit Feststellungen und Wertungen der KJM befasst, für sich genommen für eine Erschütterung nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2019 a.a.O. Rn. 51). Grundsätzlich eignen sich allerdings die Stellungnahmen der anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle zu den behaupteten Verstößen, weil es sich bei ihnen ebenfalls um Äußerungen eines mit Sachverständigen besetzten, unabhängigen Gremiums handelt (vgl. § 19 Abs. 3 Nr. 1 JMStV). Ob eine vom Betroffenen vorgelegte gegenteilige fachgutachterliche Stellungnahme nach dem Maßstab des § 5 Abs. 1 JMStV tatsächlich geeignet ist, die Wertungen der KJM in Zweifel zu ziehen, hat das Verwaltungsgericht zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 – 6 C 10.15 – BVerwGE 159, 49 Rn. 35). Denn die Annahme eines Verstoßes gegen § 5 JMStV durch die KJM unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2017 a.a.O. Rn. 33).
Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren ist bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht geeignet, die Tragfähigkeit der Begutachtung der KJM, auf die sich das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung stützt, zu erschüttern. Die Klägerin beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Argumente vortragen, warum die streitgegenständliche Folge entgegen der Bewertung der KJM auch im Tagesprogramm vor 20 Uhr ausgestrahlt werden kann. Dazu hat sich jedoch der Berufungsausschuss in seiner Prüfentscheidung vom 10. Mai 2016 nicht verhalten. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Sendung geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen unter 12 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV), was gegen eine Ausstrahlung der Sendung im Tagesprogramm sprechen würde, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus kann die Klägerin mit den im Zulassungsverfahren zitierten Ausführungen des Berufungsausschusses der FSF auch deshalb nicht durchdringen, weil sich der Prüfausschuss als sachverständiges Gremium hiermit bereits in der Begründung seines Beschlusses vom 17. September 2016 auseinandergesetzt und diese als nicht durchgreifend bewertet hat.
Mit ihren Ausführungen zeigt die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf, dass das Verwaltungsgericht begründeten Anlass dazu gehabt hätte, Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Mitglieder des Prüfausschusses zu haben, oder es davon ausgehen musste, dass deren Erkenntnisse auf einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt beruhen, erkennbar inhaltliche Widersprüche aufweisen oder nicht nachvollziehbar sind. Vielmehr erschöpft sich das Vorbringen der Klägerin darin, den Feststellungen des Verwaltungsgerichts eine andere Bewertung gegenüberzustellen. Nicht zutreffende Sachverhaltsfeststellungen, die sich im Ergebnis auswirken könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Feststellungen im Bescheid der Beklagten, dass weder bei den gezeigten Missgeschicken noch bei den Demonstrationen im Studio geeignete Schutzkleidung Verwendung fänden, seien in dieser Absolutheit nicht richtig, da es einige Szenen gebe, bei denen die Akteure Helme trügen. Hierbei handele es sich jedoch nur um eine „überschießende“ Formulierung, die nicht geeignet sei, die Bewertung der KJM und ihre Begründung zu erschüttern, da diese nicht zentral auf die ausschließliche Nichtverwendung von Schutzkleidung gestützt sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine unvollständige bzw. falsche Sachverhaltsfeststellung, sondern das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass die Aussage der KJM „in dieser Absolutheit“ nicht zutreffend ist, ist aber im Rahmen seiner Würdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass dies auch bei reduziertem (und nicht „überschießendem“) Bedeutungsinhalt die auf einer Vielzahl von Kriterien beruhende Bewertung der KJM nicht beeinträchtigt. Auch das Vorbringen der Klägerin, entgegen den Feststellungen im angegriffenen Bescheid der Beklagten handele es sich nicht um eine „Vielzahl von fehlerhaft ausgeführten Wiederholungen von massiven Stürzen und Unfallszenen“, sondern die meisten Clips seien nur einmal, nur wenige Clips zweimal gezeigt worden, und es sei in der Sendung immer wieder auf die Gefährlichkeit der Aktionen hingewiesen worden, während der Bescheid davon ausgehe, dass auf Gefährdungen und mögliche (schwere) Verletzungen nur unzureichend hingewiesen worden sei, zeigt keine offenkundigen Fehler der Beweiswürdigung auf. Abgesehen davon legt die Klägerin bereits nicht dar, dass die von ihr gerügten Feststellungen entscheidungserheblich sind und dass das Verwaltungsgericht im Falle der von ihr für zutreffend gehaltenen Sachverhalte zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Vielmehr beschränkt sich das Vorbringen der Klägerin auf die Behauptung, dass damit die Wertung des KMJ erschüttert wäre und dies zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids führen würde. Das genügt nicht.
c) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils kann schließlich der Vortrag der Klägerin dartun, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft einen Verstoß gegen § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV angenommen. Hinsichtlich der Wahl eines konkreten Ausstrahlungszeitpunkts komme dem Veranstalter ein durch die Rundfunkfreiheit unter dem Gesichtspunkt der Programmautonomie gebotener Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu. Diesen habe der Veranstalter nicht überschritten. Ebenso habe das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, die Klägerin habe mit der Ausstrahlung im Tagesprogramm das Wohl jüngerer Kinder unzureichend berücksichtigt.
Nach § 5 Abs. 1 JMStV haben Anbieter, die Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Der Anbieter kann seiner Pflicht (unter anderem) dadurch entsprechen, dass er die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht werden, so wählt, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen. Bei Annahme einer entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkung auf Kinder unter 12 Jahren ist bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen, § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV.
Hinsichtlich der Wahl einer dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung tragenden Sendezeit im Rahmen des § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV kommt der Klägerin entgegen ihrer Auffassung kein von der KJM bzw. dem Prüfausschuss oder dem Verwaltungsgericht zu beachtender Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu (vgl. OVG Berlin-Bdg, U.v. 13.11.2014 – OVG 11 B 15.12 – juris Rn. 95). Zwar beschränkt § 20 Abs. 3 JMStV die Befugnis der KJM zur Überprüfung vorangegangener Entscheidungen der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2015 – 6 C 10.15 – juris Rn. 34). Diese Formulierung ist indes allein Ausdruck des Vorrangs der Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle. Nicht damit verbunden ist die Aussage des Gesetzgebers, dass dem Anbieter von Sendungen hinsichtlich der Wahl einer dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung tragenden Sendezeit ein zu beachtender Beurteilungsspielraum eingeräumt werden soll. Hierfür gäbe es auch keinen Grund. Der Anbieter hat die Möglichkeit, sich zur Vermeidung einer Fehleinschätzung hinsichtlich der Sendezeit die Unbedenklichkeit einer Ausstrahlung im Tagesprogramm durch vorherige Vorlage bei der FSF bestätigen zu lassen. Sieht er davon ab, geht er das Risiko ein, dass die KJM zu einer anderen Einschätzung hinsichtlich einer dem Wohl jüngerer Kinder zuträglichen Sendezeit kommt. Auch die Einschaltung seines Jugendschutzbeauftragten (§ 7 JMStV) vermag nichts daran zu ändern, dass die vom Veranstalter letztlich eigenverantwortlich vorgenommene Festlegung einer Sendezeit im Rahmen des § 5 Abs. 4 Satz 3 JMStV gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar ist. Eine dem § 20 Abs. 3 JMStV entsprechende Regelung, durch die die Überprüfung der durch einen Jugendschutzbeauftragten geprüften und gebilligten Sendeentscheidung auf Überschreitungen des Beurteilungsspielraums begrenzt würde, ergibt sich weder aus § 7 JMStV noch aus einer anderen Regelung des Staatsvertrags (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 13.11.2014 – 11 B 10.12. – juris Rn. 94).
Nicht durchdringen kann die Klägerin mit dem Argument, aus Sicht der FSF sei eine Ausstrahlung im Tagesprogramm trotz einer Einstufung „ab 12“ gerechtfertigt gewesen. Ungeachtet dessen, ob die Klägerin hiermit aus den unter b) genannten Gründen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gehört werden könnte, da sich der Prüfausschuss mit den Ausführungen des FSF-Berufungsausschusses bereits auseinandergesetzt hat, hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass sich die FSF nicht erkennbar damit befasst hat, ob die Sendung geeignet ist, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV). Die von der Klägerin zitierten Ausführungen, dass im Gegensatz zu anderen Formaten Leichtsinn und Unwissenheit nicht als „cool“ vermittelt würden, so dass über gewisse Schreckmomente oder eine Irritation hinaus keine Wirkungen vermutet würden, die gegen eine Tagesprogrammierung bei einer Altersfreigabe ab 12 Jahren sprächen, genügen dafür jedenfalls nicht. Die Formulierung legt vielmehr nahe, dass sich die FSF – entsprechend der Beantragung durch die Klägerin für eine Freigabe „ab 12/Tagesprogramm“ – nur mit der Frage einer Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern und Jugendlichen (s. zur Definition § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG) ab 12 Jahren befasst hat. Die Ausstrahlung in einem Spartenprogramm, dessen Zielgruppe Erwachsene sind, ersetzt nicht die Wahl einer dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung tragenden Sendezeit.
II.
Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.2351 – juris Rn. 16). Das ist hier nicht der Fall.
Die Zulassungsbegründung sieht die besondere Schwierigkeit der Rechtssache darin, dass die Angriffe der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht Fragen von solcher Komplexität betreffen, dass sie nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren zu beantworten sind, sondern der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen. Die Rechtssache weise im Vergleich zu sonstigen Verwaltungsrechtssachen eine überdurchschnittliche Schwierigkeit und Komplexität auf. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind jedoch – wie sich aus den Ausführungen unter Nr. I ergibt – nicht so komplex, dass deshalb besondere rechtliche Schwierigkeiten zu bejahen wären. Vielmehr lassen sich diese aufgrund des Gesetzeswortlautes und der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres lösen. Der Umfang klägerischer Ausführungen allein ist als Beurteilungskriterium für das Vorliegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten ohne Aussagekraft.
III.
Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 20; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – juris Rn. 33; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn sich eine Rechtsfrage ohne weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 Rn. 62).
Die Klägerin hält folgende Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig: „Kann eine nach Ausstrahlung einer vorläufigen Sendung, aber vor Entscheidung der KJM auf Antrag des Veranstalters, ergangene FSF-Bewertung eine Sperrwirkung für ein Tätigwerden der KJM nach § 20 Abs. 3 JMStV (analog) begründen?“ Wie sich aus Nr. I oben ergibt, ist die von der Klägerin formulierte Frage nicht klärungsbedürftig, weil sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt. Darüber hinaus gibt insbesondere das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2017 – 6 C 10.15 – (BVerwGE 159, 49) hinreichend Anhaltspunkte zur Beurteilung der aufgeworfenen Frage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 2 VwGO.

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