Europarecht

Mindestabstand bei glücksspielrechtlicher Erlaubnis

Aktenzeichen  23 ZB 20.1099

Datum:
17.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16264
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GlüStV § 24, § 25, § 29
AGGlüStV Art. 9

 

Leitsatz

1. Nach § 25 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 AGGlüStV kann eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nur erteilt werden, wenn zwischen der Spielhalle und der nächsten Spielhalle ein Mindestabstand von 250 m besteht. Hierbei sind alle formell legal betriebenen Spielhallen einzubeziehen, auch solche, denen eine Erlaubnis unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot erteilt wurde.  (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine fehlende Sichtverbindung zwischen den Spielhallen sowie die nur geringe Unterschreitung des Mindestabstandes führen nicht zu einem Ermessensfehlgebrauch, wenn die Behörde darauf abgestellt, dass eine städtebauliche Barriere zu benachbarten Spielhallen nicht vorliege, es im Umfeld mehrere Spielhallen gebe und die Lage unter Suchtgesichtspunkten problematisch sei. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 15 K 18.00653 2020-01-13 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 15.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Das Zulassungsvorbringen legt innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist weder den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-) Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) dar.
1.1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173, 186 = juris Rn. 32 m.w.N.). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere Begründungen gestützt, muss im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt und gegeben sein (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 6 ZB 17.956 – juris Rn. 3 m.w.N.). Denn ist nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. BVerwG, B.v. 21.8.2018 – 4 BN 44.17 – juris Rn. 3; B.v. 9.9.2009 – 4 BN 4.09 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 4.6.2020 – 6 ZB 20.647 – juris Rn. 3).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 6. März 2018 zu verpflichten, der Klägerin eine (reguläre) glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß Art. 9 Abs. 1 AGGlüStV i.V.m. § 24 Abs. 1 GlüStV für ihre Spielhalle im Anwesen Bahnhofsplatz 9 in Nürnberg zu erteilen, hilfsweise, ihr unter Aufhebung der Ziffer 4 des Bescheids antragsgemäß eine glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV i.V.m. § 24 Abs. 1 GlüStV unter Gewährung einer Ausnahme von der Einhaltung des Mindestabstands zu erteilen, als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Erteilung einer regulären glücksspielrechtlichen Erlaubnis ohne Befristung, da die klägerische Spielhalle den gemäß § 24 Abs. 3 GlüStV, Art. 9 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 AGGlüStV erforderlichen Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zur nächsten Spielhalle nicht einhalte. Die Klägerin könne auch keinen Anspruch auf eine glücksspielrechtliche Erlaubnis unter Gewährung einer Ausnahme vom Mindestabstandsgebot gemäß § 24 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV geltend machen. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduktion auf Null seien ebenso wenig ersichtlich wie Ermessensfehler der Behörde. Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Erteilung einer Ausnahme ergebe sich schließlich auch daraus, dass es der Behörde freistehe zu entscheiden, ob eine Ausnahme gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV oder – wie hier geschehen – eine Befreiung von der Einhaltung des Mindestabstandsgebots gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV gewährt wird. Ein konkreter Rechtsanspruch darauf, auf welchem Wege die Klägerin die von ihr beantragte glückspielrechtliche Erlaubnis erhalte – regulär, unter Erteilung einer Ausnahme oder unter Erteilung einer Befreiung – sei weder dem GlüStV noch dem AGGlüStV zu entnehmen. Eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage für die isolierte Erteilung einer Ausnahme bestehe nicht. Schließlich komme auch eine unbefristete Erteilung, sowohl der glücksspielrechtlichen Erlaubnis als auch der Befreiung vom Mindestabstandsgebot, schon grundsätzlich nicht in Betracht. Denn nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die für den Betrieb von Spielhallen notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis zwingend zu befristen und die Befristung bis 30. Juni 2021 vorliegend rechtmäßig, insbesondere ermessensgerecht und angemessen, erfolgt.
Die hiergegen erhobenen Einwände der Klägerin greifen nicht durch.
Dabei kann offen bleiben, ob für die gestellten Anträge auf Erteilung einer „regulären“ glücksspielrechtlichen Erlaubnis, hilfsweise auf Erteilung einer Erlaubnis unter Erteilung einer Ausnahme von der Einhaltung des Mindestabstands nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, vor dem Hintergrund, dass die Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb ihrer Spielhalle verfügt, ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Denn jedenfalls hält die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass die Klage unbegründet ist, weil die geltend gemachten Ansprüche in der Sache nicht bestehen, einer Überprüfung anhand des Zulassungsvorbringens stand.
a) Hinsichtlich des Hauptantrags auf Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine „reguläre“ glücksspielrechtliche Erlaubnis ohne Gewährung einer Befreiung bzw. Ausnahme vom Mindestabstandsgebot zu erteilen, macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zunächst einmal zwischen der klägerischen und der Spielhalle des Konkurrenten, die den Mindestabstand nicht einhielten, eine Auswahlentscheidung zu treffen gehabt hätte, in deren Anschluss sodann (nur) dem unterlegenen Betreiber eine glücksspielrechtliche Erlaubnis im Wege des Härtefalls oder unter Gewährung einer Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV hätte erteilt werden können. Da diese Auswahlentscheidung unterblieben sei, habe die Beklagte eine solche zunächst einmal nachzuholen, damit feststehe, welche der konkurrierenden Spielhallenbetreiber einen Anspruch auf Erteilung einer „regulären“ glücksspielrechtlichen Erlaubnis habe. Stattdessen sei die Beklagte den einfacheren Weg gegangen und habe beiden Spielhallenbetrieben, die zueinander in einem Konkurrenzverhältnis innerhalb des Mindestabstands stünden, eine glücksspielrechtliche Erlaubnis im Wege des Härtefalls erteilt. Hierauf sei die Konzeption des AGGlüStV jedoch nicht angelegt.
Hiermit vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Nach § 25 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 AGGlüStV kann der Klägerin, die den Erlaubnisantrag für ihre Bestandsspielhalle bis zum 30. Juni 2017 gestellt hat, nur dann eine glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt werden, wenn zwischen ihrer Spielhalle und der nächsten Spielhalle ein Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie eingehalten wird. Dass die klägerische Spielhalle diesen Abstand zur nächsten Spielhalle tatsächlich einhalten würde, wird mit dem Zulassungsantrag nicht mehr geltend gemacht. Nach der Überzeugung des Senats kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass bei der Frage der Einhaltung des Mindestabstands alle formell legal betriebenen Spielhallen einzubeziehen sind, mithin gerade auch solche, denen eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV unter Befreiung vom Mindestabstandsgebot erteilt wurde. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen geben einen Anhalt dafür, dass Spielhallen, die aufgrund glücksspielrechtlicher Härtefallerlaubnisse nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV betrieben werden, gegenüber anderen Spielhallen das Mindestabstandsgebot nicht auslösen (vgl. auch VGH BW, B.v. 16.4.2018 – 6 S 2250/17 – ZfWG 2018, 319 = juris Rn. 4).
Die Klägerin trägt in der Zulassungsbegründung insoweit vor, dass die Beklagte zunächst allen Spielhallen eine glücksspielrechtliche Erlaubnis im Wege der Härtefallbefreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV erteilt habe, ohne zugleich darzulegen, dass sie gegen die dem betreffenden Konkurrenten, zu dessen Spielhalle der erforderliche Mindestabstand nicht eingehalten wird, erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis innerhalb der in derartigen Konstellationen als Richtwert heranzuziehenden Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO (vgl. Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 74 Rn. 25) vorgegangen ist. Mithin ist von der Bestandskraft dieser Erlaubnis auszugehen, so dass die Klägerin unabhängig davon, ob eine derartige Konkurrentenklage in einer Konstellation, in der beiden Konkurrenten eine glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, zulässig gewesen wäre, jedenfalls im vorliegenden Klageverfahren auf Verpflichtung zur Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Durchführung eines Auswahlverfahrens mit dem möglichen Ergebnis der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ohne das Erfordernis einer Ausnahme oder Befreiung vom Mindestabstandsgebot mehr geltend machen kann.
b) Das Verwaltungsgericht ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens zurecht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Einhaltung des Mindestabstandsgebots gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV oder auf erneute Entscheidung hierüber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zusteht.
Entgegen dem Zulassungsvorbringen liegt kein Ermessensfehler der Beklagten zu Lasten der Klägerin vor. Die Beklagte hat ausweislich der Begründung des streitgegenständlichen Erlaubnisbescheids das ihr zustehende Ermessen erkannt und dieses im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019 in zulässiger Weise ergänzt (§ 114 Satz 2 VwGO). Die Beklagte hat sich dabei entsprechend der gesetzlichen Vorgaben mit den örtlichen Verhältnissen und sonstigen Umständen des Einzelfalls auseinandergesetzt und keine sachfremden Erwägungen angestellt. Dass sie hierbei den Zweck der Ermächtigung verfehlt hätte, ist nicht erkennbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit zunächst auf die überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Urteil (UA S. 9 f), denen das Zulassungsvorbringen nicht substanziell entgegentritt. Soweit die Klägerseite ausführt, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft darauf abgestellt, dass es nicht auf eine Sichtverbindung zwischen den Spielhallen ankomme, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Mindestabstands einer übermäßigen Häufung von Spielhallen in bestimmten Vierteln entgegenwirken und eine räumliche und zeitliche Distanz zwischen Spielhallen schaffen wollte, durch die der Zusammenhang zwischen leichter Verfügbarkeit und Griffnähe eines weiteren Spielangebots und einem verstärkten Nachfrageverhalten des Spielers unterbrochen werden soll (Gesetzesbegründung, LT-Drs. 16/12192 S. 13 f). Eine fehlende Sichtverbindung zwischen den Spielhallen sowie der Umstand, dass der Mindestabstand von 250 Metern nur geringfügig unterschritten wird, führen vor diesem Hintergrund für sich genommen nicht zu einem Ermessensfehlgebrauch der Beklagten. Denn die Beklagte hat – dem Gesetzeszweck entsprechend – im streitgegenständlichen Bescheid und im Schriftsatz vom 22. Januar 2019 maßgeblich darauf abgestellt, dass eine städtebauliche Barriere zu benachbarten Spielhallen nicht vorliege, es im Umfeld des Bahnhofs mehrere weitere Spielhallen gebe und die Lage der Spielhalle im Bahnhof unter Suchtgesichtspunkten problematisch sei. Soweit die Klägerseite schließlich ausführt, die Lage der Spielhalle im Gebäude des Hauptbahnhofs begründe gerade keine größere Suchtgefahr, weil sie von ankommenden und abreisenden Personen frequentiert werde, die in der Regel nur ein begrenztes Zeitfenster hätten, um überhaupt eine Spielhalle aufzusuchen, erscheint dies zur Begründung eines „besonders gelagerten Einzelfalls“ unter Suchtgesichtspunkten nicht geeignet, da großstädtische Bahnhöfe häufig Menschen mit Suchtproblematiken anziehen, Reisende dort auch häufig längere Zeit überbrücken müssen und Spieler mit problematischem Spielverhalten, die gerade eine der Spielhallen im Umfeld verlassen haben und den Bahnhof zwecks Heimreise aufsuchen, dort erneut mit der Spielhalle der Klägerin konfrontiert werden (auf Letzteres hat auch die Beklagte bereits hingewiesen). Dass die Beklagte unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der sonstigen Umstände des Einzelfalls vor dem Hintergrund der gesetzlichen Intention keinen besonders gelagerten Einzelfall erkannt hat, erscheint nach alldem vertretbar, so dass die Erteilung einer Ausnahme vom Mindestabstand gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV ermessensfehlerfrei abgelehnt wurde.
c) Soweit die Klägerin moniert, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme vom Mindestabstandsgebot auch daran scheitere, dass der Behörde eine freie Auswahlentscheidung zustehe, ob sie die glücksspielrechtliche Erlaubnis im Wege der Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV erteilt oder aber, wie geschehen, eine Befreiung im Wege des Härtefalls nach § 29 Abs. 4 GlüStV gewährt, so stellt dies eine selbständig tragende Mehrfachbegründung dar. Wie soeben ausgeführt unterliegt die selbständig tragende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beklagte habe die Erteilung einer Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV ermessensfehlerfrei abgelehnt, keinen ernsthaften Zweifeln. Im Falle einer Mehrfachbegründung des angefochtenen Urteils wie vorliegend ist eine Zulassung der Berufung nur gerechtfertigt, wenn im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt wird und gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 6 ZB 17.956 – juris Rn. 3 m.w.N.).
d) Unabhängig von obigen Ausführungen unter a) und b) hat das Verwaltungsgericht seine Auffassung, dass der Klägerin ein Anspruch auf eine länger befristete Erlaubnis, welche ihr nach Ablauf der Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrags gegenüber Konkurrenten eine bessere Position einräumen würde, nicht zusteht, selbständig tragend auch damit begründet, dass die Beklagte die Befristung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis 30. Juni 2021 rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei, auf § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV gestützt habe (UA S. 11 f). Hiermit setzt sich die Zulassungsbegründung nicht auseinander, so dass unabhängig von obigen Ausführungen unter a) und b) die Zulassung der Berufung bereits aus diesem Grund ausscheidet.
1.2. Auch lässt die Zulassungsbegründung keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hervortreten.
Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, wenn das Zulassungsvorbringen gegen das erstinstanzliche Urteil Fragen von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass sie sich wegen der Komplexität nicht im Berufungszulassungsverfahren klären lassen. Keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn die rechtlichen Fragen sich ohne Weiteres aus den Normen ergeben oder in der Rechtsprechung geklärt sind und wenn kein besonders unübersichtlicher oder schwer zu ermittelnder Sachverhalt vorliegt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 28 u. 33 m.w.N.). Insbesondere soweit die Schwierigkeiten darin gesehen werden, dass das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, sind diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihr Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 17).
Dem wird die Zulassungsbegründung nicht gerecht. Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, ob die Erlaubnisbehörde bei einem Abstandsproblem zwischen zwei Spielhallen zunächst eine Auswahlentscheidung zwischen den Spielhallenbetreibern zu treffen hat und dem obsiegenden Spielhallenbetreiber eine reguläre Erlaubnis erteilen muss, hat sie weder die hiermit verbundene besondere rechtliche Schwierigkeit noch die Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Fall aufgezeigt (s.o.). Die Klägerin begründet ihre Auffassung, dass die Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags und des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag in der Konkurrenzsituation der Verletzung des Mindestabstandsgebots darauf angelegt seien, dass zunächst ein Auswahlverfahren durchzuführen sei, dessen „Gewinner“ sodann den Mindestabstand zu Spielhallen, denen eine Erlaubnis unter Erteilung einer Befreiung vom Mindestabstandsgebot im Wege eines Härtefalls nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV erteilt wurde, nicht einhalten müsse, nicht näher und setzt sich nicht mit den Regelungen der §§ 24, 25, 29 Abs. 4 GlüStV, Art. 9 Abs. 3, Art. 12 AGGlüStV auseinander, die die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis bei Nichteinhaltung des Mindestabstands nur im Wege einer Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV oder einer Befreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV vorsehen. Das Zulassungsvorbringen wird daher den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht gerecht. Zum anderen setzt sich die Klägerin nicht mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Befristung auseinander.
Die darüber hinaus aufgeworfene Frage, ob die Behörde bei einem Abstandsproblem zwischen zwei Spielhallenbetrieben frei entscheiden kann, ob sie eine Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GlüStV gewährt oder aber eine Befreiung im Wege des Härtefalls nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV erteilt, war – wie bereits ausgeführt – für das Verwaltungsgericht wegen der gegebenen Mehrfachbegründung bereits nicht entscheidungserheblich und würde sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen, weil hinsichtlich der ersten, selbständig tragenden Begründung ein Zulassungsgrund nicht vorliegt.
Nichts anderes würde im Übrigen im Ergebnis gelten, wenn man das diesbezügliche Zulassungsvorbringen als Geltendmachung grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ansehen würde („grundsätzliche Frage“), wobei überdies weder die Klärungsfähigkeit noch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen dargelegt wurde.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58, 68).
Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die vorliegende Klage war der Sache nach auf Erteilung einer unbefristeten glückspielrechtlichen Erlaubnis für eine Spielhalle gerichtet. Hierfür zieht der Senat in Orientierung an der Empfehlung in Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58 [68]) pro Spielhalle den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000,00 EUR als Grundlage der Wertfestsetzung heran (vgl. OVG NW, B.v. 25.2.2021 – 4 A 4451/19 – juris Rn. 26 f.; B.v. 28.9.2020 ‒ 4 A 973/20 ‒ juris Rn. 24 f., m. w. N.; B.v. 30.4.2021 – 4 A 2781/20 – juris Rn. 22).
Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Streitwertfestsetzung wird von Amts wegen geändert (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
4. Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.


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