Europarecht

Nichtanerkennung einer EU-Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  B 1 K 15.708

Datum:
24.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 118177
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 28 Abs. 4 Nr. 7
VwGO § 84 Abs. 4, § 117 Abs. 3 S. 2, § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Eine Fahrerlaubnis, die mit einer Unregelmäßigkeit behaftet ist, die ihre Nichtanerkennung rechtfertigt, ist keine geeignete Grundlage für den Erwerb einer darauf beruhenden Fahrerlaubnis, selbst wenn sich die Nichtbeachtung der genannten Voraussetzung betreffend den ordentlichen Wohnsitz aus dem neuen Führerschein nicht ergibt (Anschluss EuGH BeckRS 2012, 80109). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde form- und fristgerecht gestellt. Die mündliche Verhandlung gibt jedoch keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsauffassung abzuweichen. Das Gericht folgt deshalb der Begründung des Gerichtsbescheids vom 22.03.2016 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab (§ 84 Abs. 4 VwGO).
Eine Vorlage an den Europäische Gerichtshof ist nach Auffassung der Kammer ebenso wenig erforderlich wie eine Zulassung der Berufung, da alle hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt sind, insbesondere auch in der Rechtsprechung des EuGH und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, welche auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufbaut (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.11.2014 – 11 ZB 14.1193 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall steht – nicht zuletzt aufgrund des rechtskräftigen Urteils vom 16.04.2013 – B 1 K 12.481 – außer Frage, dass die tschechische Fahrerlaubnis des Klägers vom 21.01.2009 auf einem Wohnsitzverstoß beruht und deshalb von der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden muss. Dass ein Mitgliedstaat bei einem Wohnsitzverstoß ermächtigt ist, in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten und mit einem entsprechenden Mangel versehenen Führerscheins anzuerkennen, ist ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. z.B. EuGH, U.v. 13.10.2011 – Apelt, -C-224/10 m.w.N.; U.v. 19.5.2011 – Grasser, C-184/10).
Der Europäische Gerichtshof hat weiterhin wiederholt entschieden, dass ein Mitgliedstaat, der es nach der Richtlinie 91/439 des Rates in der durch die Richtlinie 2000/56/EG geänderten Fassung (Richtlinie 91/439) ablehnen kann, die Gültigkeit eines von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, ebenfalls berechtigt ist, die Gültigkeit eines Führerscheins nicht anzuerkennen, der auf der Grundlage des mit einer Unregelmäßigkeit behafteten Führerscheins erteilt wurde (EuGH, a.a.O.). Er macht dabei deutlich, dass eine Fahrerlaubnis, die mit einer Unregelmäßigkeit behaftet ist, die ihre Nichtanerkennung rechtfertigt, keine geeignete Grundlage für den Erwerb einer darauf beruhenden Fahrerlaubnis sein kann, selbst wenn sich die Nichtbeachtung der genannten Voraussetzung betreffend den ordentlichen Wohnsitz aus dem neuen Führerschein nicht ergibt (EuGH, U.v. 13.10.2011 – Apelt, -C-224/10; B.v. 22.11.2011 – Köppl, – C-590/10 in NJW 2012, 2018 Rn. 49 ff.).
Dies ist hier der Fall: Der österreichische Führerschein des Klägers ist wohl ohne Verstoß gegen das Wohnsitzgebot ausgestellt worden, enthält keine Angabe des Wohnsitzes und lässt damit einen Wohnsitzverstoß unmittelbar nicht erkennen. Er beruht allerdings – wie im Gerichtsbescheid vom 22.03.2016 ausführlich dargelegt – ausschließlich auf dem tschechischen Führerschein des Klägers vom 21.01.2009 und wurde lediglich nach Prüfung der Personalien, nicht aber der Fahreignung des Klägers umgetauscht.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auf den hier zu entscheidenden Fall angewandt werden. Zwar handelt es sich bei dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall um einen Führerschein der Klasse C, der aufgrund eines wegen eines Wohnsitzverstoßes nicht anzuerkennenden Führerscheins der Klasse B erteilt wurde, wobei beide Führerscheine vom selben Mitgliedstaat ausgestellt wurden. Dies ist aber nicht der entscheidende Punkt und wird auch vom Europäischen Gerichtshof nicht angesprochen. Maßgeblich ist allein, dass die Nichtanerkennung eines Führerscheins gerechtfertigt ist, wenn der diesem zugrunde liegende Führerschein mit einer Unregelmäßigkeit behaftet ist, die seine Nichtanerkennung rechtfertigt, hier die Nichtbeachtung der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439 genannten Voraussetzung betreffend den ordentlichen Wohnsitz. Eine andere Auffassung würde ohne weiteres die Möglichkeit einer Umgehung der geltenden Vorschriften über die Erteilung einer Fahrerlaubnis eröffnen. Ungeeignete Personen hätten die Möglichkeit, ohne Nachweis ihrer Fahreignung Kraftfahrzeuge zu führen.
Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO


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