Europarecht

Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung von Grundrechten durch die Erhebung von Rundfunkgebühren auf der Grundlage von § 1 Abs 3 S 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag, wonach der Zulassungsinhaber eines Kraftfahrzeuges als Rundfunkteilnehmer für das dort eingebaute Rundfunkempfangsgerät

Aktenzeichen  1 BvR 3255/08

Datum:
17.3.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110317.1bvr325508
Normen:
Art 3 Abs 1 GG
§ 1 Abs 3 S 1 RdFunkGebVtr
Spruchkörper:
1. Senat 2. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend BVerwG, 13. Oktober 2008, Az: 6 B 47/08, Beschlussvorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 10. März 2008, Az: 7 BV 07.765, Urteilvorgehend VG München, 24. November 2006, Az: M 6a K 04.6557, Urteil

Gründe

1
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren, insbesondere gegen die Regelung des § 1 Abs. 3
Satz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag, wonach der Zulassungsinhaber eines Kraftfahrzeuges als Rundfunkteilnehmer für das dort
eingebaute Rundfunkempfangsgerät gilt, sowie gegen ein normatives Vollzugsdefizit bei der Erhebung von Rundfunkgebühren und
sieht sich dadurch in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.

2
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der von der Beschwerdeführerin
als verletzt gerügten Rechte angezeigt, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

3
Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde
mangels einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechenden Begründung bereits unzulässig.

4
Im Übrigen ist sie unbegründet, weil die angegriffenen Gerichtsentscheidungen weder auf einer gegen den allgemeinen Gleichheitssatz
des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Regelung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages beruhen, noch bei deren Anwendung dieses Grundrecht
verletzt haben.

5
Zunächst verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, die Rundfunkteilnehmereigenschaft und damit die Gebührenpflicht für in
Kraftfahrzeuge eingebaute Rundfunkempfangsgeräte dem Zulassungsinhaber der entsprechenden Kraftfahrzeuge auch dann zuzuordnen,
wenn dieser keine Nutzungsmöglichkeit hieran hat. Damit verbundene Ungleichbehandlungen sind durch sachliche Gründe gerechtfertigt,
ohne dass die Nutzungsmöglichkeit, welche die innere Rechtfertigung der Gebührenfinanzierung darstellt, das einzige zulässige
Kriterium einer Differenzierung zwischen Schuldnern und Nichtschuldnern der Rundfunkgebühren bildete, neben dem jede andere
Differenzierung willkürlich wäre. Art. 3 Abs. 1 GG lässt gerade bei Massenerscheinungen, wie sie die Erhebung von Rundfunkgebühren
darstellt, grundsätzlich auch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu, ohne allein wegen der damit
verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 100, 138 ; 103, 310 ; 112, 268
). Die Bestimmung des Zulassungsinhabers als Rundfunkteilnehmer unabhängig von der, im Einzelfall bestehenden, Nutzungsmöglichkeit
stellt eine zulässige Typisierung dar. Die mit ihr verbundenen Härten wären nur unter Schwierigkeiten vermeidbar, können nicht
durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden und betreffen im Verhältnis zur Zahl der Zulassungsinhaber
insgesamt eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen. Zudem ist die Belastung der Beschwerdeführerin aufgrund von Ausweichmöglichkeiten
durch vertragliche Weitergabe an die Leasingnehmer nicht sehr intensiv.

6
Darüber hinaus wäre auch bei entsprechender Anwendung der Maßstäbe zur Beurteilung der Gleichheitswidrigkeit einer Steuererhebung
(vgl. BVerfGE 84, 239 ; 110, 94 ) auf die Erhebung von Rundfunkgebühren ein gleichheitswidriges, gegen Art.
3 Abs. 1 GG verstoßendes Erhebungsdefizit aufgrund struktureller, im Rundfunkgebührenstaatsvertrag angelegter Erhebungsmängel
nicht erkennbar. Ob die genannten Maßstäbe auf die Erhebung von Rundfunkgebühren anwendbar sind, kann hier offenbleiben. Sie
sind jedenfalls nicht verletzt. Die im Grundsatz auf einer Anzeige durch die Rundfunkteilnehmer beruhende Erhebung der Rundfunkgebühren
ist im Rahmen der Erhebungspraxis auf Gleichheit im Belastungserfolg angelegt. Denn die Nichtanzeige anzeigepflichtiger Rundfunkempfangsgeräte
ist aufgrund der im Rundfunkgebührenstaatsvertrag vorgesehenen Kontrollinstrumente mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko
verbunden.

7
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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