Europarecht

Nichtzulassung der Berufung in einem glücksspielrechtlichen Verfahren (Befristung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle)

Aktenzeichen  23 ZB 19.1259

Datum:
14.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16276
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GlüStV § 24
AGGlüStV Art. 9

 

Leitsatz

1. Es ist in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung bereits mehrfach und wiederholt geklärt, dass die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle unter einer zeitlichen Befristung grundsätzlich rechtmäßig ist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Befristung ist das Mittel, um den Erfordernissen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, wenn die künftige Entwicklung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Hauptverwaltungsaktes nicht absehbar ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Besonderheiten des Glücksspiel- und dabei insbesondere auch des Spielhallensektors haben zur Folge, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes einen Schutz getätigter Investitionen nicht in gleichem Maße verlangt wie in anderen Wirtschaftsbereichen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 7 K 18.473 2019-05-17 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 15.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ihre in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der sie sich gegen die Befristung der ihr erteilten glückspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb ihrer Spielhalle in der E. H1.-Straße … in H. wendet.
Mit Bescheid vom 13. April 2018 erteilte die Beklagte der Klägerin die glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb ihrer Spielhalle (Nr. 1. des Bescheidtenors), befristete diese bis zum 30. Juni 2021 (Nr. 2.), erteilte der Klägerin eine Ausnahme hinsichtlich der Unterschreitung des Mindestabstandsgebots von 500 m Luftlinie zwischen der verfahrensgegenständlichen Spielhalle und der Spielhalle in der H. H1.-Str. … in H.(Nr. 3), verpflichtete die Klägerin zur Einhaltung der von ihr vorgelegten Konzepte bzw. Unterlassungserklärung (Nr. 4.) und fügte – von der Klägerin nicht angefochtene – weitere Nebenbestimmungen/Auflagen bei (Nr. 5.). Auf den Bescheid wird Bezug genommen.
Am 14. Mai 2018 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben mit dem Antrag,
die im Bescheid der Beklagten für die Spielhalle der Klägerin unter Ziffer 2 vorgenommene Befristung der erteilten Erlaubnis aufzuheben.
Mit Urteil vom 17. Mai 2019 hat das Verwaltungsgericht die von der Klägerin erhobene Klage (B 7 K 18.473) abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 24. Mai 2019 zugestellt worden. Auf das Urteil wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2019 hat die Klägerin
die Zulassung der Berufung beantragt.
Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2019 hat die Klägerin vorgetragen, dass die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO zuzulassen sei, und dies im Einzelnen begründet.
Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
a) Zuzulassen ist die Berufung, wenn einer der Zulassungsgründe i. S. v. § 124 Abs. 2 VwGO gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO fristgerecht dargelegt ist und vorliegt.
aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 − BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 32 m.w.N.). Um ernstliche Zweifel entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, muss sich die die Zulassung beantragende Partei substantiiert mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2018 – 22 ZB 17.960 u.a. – juris Rn. 17).
bb) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete und gleichzeitig verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, zweitens ausführt, aus welchen Gründen diese klärungsfähig ist, also für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich war, und drittens erläutert, aus welchen Gründen sie klärungsbedürftig ist, mithin aus welchen Gründen die ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Rechtsfragen, die höchstrichterlich hinreichend geklärt sind, sind nicht als klärungsbedürftig anzusehen (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 − BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 33 f.; vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36 ff. m.w.N.). Eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht aufgezeigt, wenn das Zulassungsvorbringen sich darauf beschränkt, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts als unrichtig anzugreifen (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127).
b) Gemessen an diesen Maßstäben hat der Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg, da er bereits den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht genügt und sich im Übrigen nicht mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils argumentativ auseinandersetzt und überdies auch keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
aa) Die Klagepartei rügt, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestünden, weil die verfahrensgegenständliche Befristung bis zum 30. Juni 2021 zu kurz bemessen sei und deshalb das Verwaltungsgericht die Grundfreiheiten der Klägerin aus Art. 12 GG und Art. 14 GG nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die Beklagte habe die Befristung insbesondere mit der Möglichkeit der Überprüfung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis in regelmäßigen Abständen begründet, aber den mit einer kurzen Befristung einhergehenden verstärkten Eingriff in Art. 14 GG nicht ausreichend berücksichtigt.
Insoweit ist in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung bereits mehrfach und wiederholt geklärt, dass die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle unter einer zeitlichen Befristung grundsätzlich rechtmäßig ist. Der Betrieb einer Spielhalle kann im Einklang mit Verfassungs- und Unionsrecht (unter anderem) einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. – BVerfGE 145,20; BayVerfGH, E.v. 28.6.2013 – Vf. 10-VII-12 – juris LS; E.v. 26.6.2018 – Vf. 4-VII-13 – juris Rn. 78; BVerwG, U.v. 16.12.2016 – 8 C 6.15 – BVerwGE 157, 126 = juris Rn. 39 m. w. N.; U.v. 5.4.2017 – 8 C 16.16 – juris Rn, 30 ff.; OVG NRW, B.v. 10.3.2021 – 4 A 4700/19 – juris Rn. 33 m.w.N.; B.v. 30.4.2021 – 4 A 2781/20 – juris Rn. 16 f.; OVG Lüneburg, B.v. 4.9.2017 – 11 ME 206/17 – juris Rn. 10 ff. m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, U.v. 25.4.2017 – 6 S 1765/15 – juris Rn. 29 m.w.N.). Zudem ist eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes zwingend zu befristen (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV i. V. m. Art. 9 AGGlüStV) und in der obergerichtlichen Rechtsprechung mehrfach bestätigt, dass die gesetzliche Pflicht zur Befristung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 ZB 14.221, juris Rn. 16 ff.; BayVGH, B.v. 22.12.2020 – 23 ZB 18.1732 – juris Rn. 54 f.; OVG NRW, B.v. 10.3.2021 – 4 A 4700/19 – juris Rn. 59 ff., 69 f. und 71 ff. m.w.N.; B.v. 30.4.2021 – 4 A 2781/20 – juris Rn. 16 f.).
Nicht durchdringen kann die Klägerseite mit dem Hinweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. März 2014 – 22 ZB 14.221 – und ihrer Rüge, die Beklagte hätte in Rahmen ihrer Ermessensentscheidung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen Art. 12 GG und Art. 14 GG nicht ausreichend gewürdigt. Mit diesem Vorbringen, setzt sich die Klägerseite nicht entsprechend den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinander, sondern wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Klagebegründungsschriftsatz vom 14. Mai 2018 in erster Instanz.
Ungeachtet dessen ist es auch im Übrigen nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Prüfung die verfahrensgegenständliche Befristung als sachgerecht und verhältnismäßig angesehen hat. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die gesetzlich normierte Pflicht zur Befristung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis die staatliche Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glückspielangeboten sichere. Sie eröffne den zuständigen Behörden umfassende Kontrollmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Entwicklung des Betriebs und dessen Umfelds sowie etwaige neuerer Erkenntnisse zur Spielsuchtprävention und der örtlichen Entwicklung seit Erteilung der Ersterlaubnis. Die Befristung sei auch mit Blick auf das Betreiberrisiko verhältnismäßig, wenn von der Befugnis zur Befristung ausreichend Gebrauch gemacht werde und die Geltungszeiträume dementsprechend gestaltet würden (UA S. 5 m.w.N.). Die obligatorische Befristung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV stelle sicher, dass nach einem möglichen Außerkrafttreten des Glückspielstaatsvertrags etwaige Nachfolgereglungen bezüglich der Errichtung von Spielhallen effektiv umgesetzt werden.
Die klägerischen Ausführungen sind nicht geeignet, diese rechtliche Bewertung durch das Verwaltungsgericht ernstlich in Zweifel zu ziehen. Vielmehr ist in der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts und anderer Oberverwaltungsgerichte bereits geklärt, dass die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und weiterer negativer Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebs ein legitimes Ziel für die Berufsfreiheit einschränkende Regelungen darstellt (vgl. BVerfG, B. v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – BVerfGE 145, 20 – juris Rn. 122). Vor diesem Hintergrund sind auch die mit der Abstandsregelung und dem Verbundverbot einhergehenden Grundrechtseingriffe in die Rechte der Spielhallenbetreiber aus Art. 12 Abs. 1, 14 und 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sie erfüllen die Anforderungen der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfG, B. v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – BVerfGE 145, 20 – juris Rn. 126 ff.; OVG NRW, B.v. 10.2.2021 – 4 A 969/20 – juris Rn. 8 f. m.w.N.). Dies gilt auch für die weitaus weniger weitreichende Einschränkung durch die gesetzlich obligatorisch vorgesehene Befristung. Die Befristung ist das Mittel, um den Erfordernissen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, wenn die künftige Entwicklung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Hauptverwaltungsaktes nicht absehbar ist (vgl. Ramsauer in Kopp/Schenke, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 36 Rn. 55). Ihre Funktion liegt insbesondere in änderungsaffinen Rechtsgebieten darin, dass die Verwaltung erneut prüfen kann, ob und inwieweit die tatsächlichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen beziehungsweise ob und inwieweit die erteilte Erlaubnis zu einer gegebenenfalls geänderten Rechtslage im Widerspruch steht (vgl. BVerwG, U.v. 30.11.1954 – I C 148.53 – BVerwGE 1, 244 = juris Rn. 19; Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 49. Aufl. Stand: 1.10.2020, § 36 Rn. 38). So liegt der Fall erkennbar hier, da im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nicht absehbar war, inwieweit der neue Glückspielstaatsvertrag neue Maßgaben für Spielhallen bereithalten würde (vgl. NdsOVG, B.v. 13.5.2019 – 11 LA 389/18 – juris Rn. 8: „derzeit nicht ersichtlich …, inwieweit im Bereich der Spielhallen ab dem 1. Juli 2021 Neuregelungen in Kraft treten werden“). Die Befristung ermöglicht der Verwaltung zu überprüfen, ob und inwieweit der Betrieb der Spielhalle im Einklang oder im Widerspruch zu dem neuen Glückspielstaatsvertrag steht (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2020 – 23 ZB 18.1732 – juris Rn. 54). (vgl.). Die Befristung dient daher in legitimer Weise der Gewährleistung, dass etwaige Neuregelungen effektiv umgesetzt werden können und über eine längere Geltung erst dann entschieden wird, wenn feststeht, welche Anforderungen für die Zeit nach dem 30. Juni 2021 gelten (BayVGH, B.v. 31.5.2021 – 23 ZB 20.517; B.v. 25.2.2021 – 23 ZB 19.1820 – juris Rn. 20; B.v. 22.12.2020 – 23 ZB 18.1735 – juris Rn. 54; NdsOVG, B.v. 13.5.2019 – 11 LA 389/18 – juris Rn. 8; OVG NRW, 25.2.2021 – B.v. 4 A 4451/19 – Rn. 22 ff.; B.v. 28.9.2020 ‒ 4 A 973/20 ‒ juris Rn. 15). Der Hinweis der Klägerseite, dass eine glücksspielrechtliche Erlaubnis mit längerer Befristungsdauer ebenfalls von der Behörde jederzeit überprüft und bei Bedarf widerrufen bzw. zurückgenommen werden könne, verfängt nicht. Die Befristung ist auch erforderlich, weil ein weniger beeinträchtigendes, ebenso wirksames Mittel nicht zur Verfügung steht; insbesondere stellen die allgemeinen Überwachungsinstrumente nach § 9 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. 4, 10 Satz 2 AGGlüStV keine gleichwertige Kontrollmöglichkeit zur Verfügung. Bei zwischenzeitlich neu gewonnenen Erkenntnissen über die Gefahren der Spielsucht oder die konkrete Situation vor Ort müsste die Behörde sonst bei unbefristet erteilten Erlaubnissen erst ein Widerrufsverfahren durchführen, statt im Rahmen einer Neuerteilung eine Neubewertung vornehmen zu können. Auch angesichts der schnellen Änderungen des Glücksspielangebots, der zunehmenden Digitalisierung auch im Glücksspielsektor und der damit verbundenen schnellen Dynamik auf dem Glücksspielmarkt ist die Befristung nicht nur geeignet, die legitimen Allgemeinwohlinteressen des § 1 GlüStV zu sichern, sondern auch erforderlich. Durch die rasanten technischen Entwicklungen der angebotenen Glücksspiele wäre ein Widerruf – sofern die gesetzlichen Voraussetzungen überhaupt vorlägen – jedenfalls nicht genauso effektiv, wie eine Befristung (BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 ZB 14.221 – juris Rn. 20).
Die Befristung ist auch grundsätzlich verhältnismäßig i.e.S. unter Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich des betrieblichen und wirtschaftlichen Interesses des Spielhallenbetreibers einerseits und der öffentlichen Interessen an der Eindämmung der Gefahren der Spielsucht durch Reglementierung der Zahl, Dichte und Betriebsform von Spielhallen andererseits. Dies gilt auch mit Blick auf das Betreiberrisiko, nach Ablauf der Befristung seiner Erlaubnis möglicherweise keine Nachfolgeerlaubnis zu erhalten und sich dennoch gegebenenfalls langfristig mietvertraglich gebunden und in Räume und Geräte investiert zu haben. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen hier grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis. Dies gilt jedenfalls dann, wenn von der Befugnis zur Befristung angemessen Gebrauch gemacht wird und die Geltungszeiträume der glücksspielrechtlichen Erlaubnis dementsprechend gestaltet werden (BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 ZB 14.221 – juris Rn. 20). Dass die vorliegend verfügte Geltungsdauer von drei Jahren, zwei Monaten und zwei Wochen nicht vertretbar sein sollte, ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrags nicht. Der pauschale Vorhalt, in anderen Bundesländern und in anderen Bereichen des Glücksspielrechts würden längere Befristungen gelten, sowie die Rüge, der durch die kurze Befristung einhergehende verstärkte Eingriff in Art. 14 GG sei in der Ermessensentscheidung nicht ausreichend berücksichtigt, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Frist derart kurz bemessen wäre, dass dies der Klägerin den Betrieb der Spielhalle unnötig erschweren würde. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise das Interesse der Klägerin an einer erforderlichen Planungssicherheit mit dem öffentlichen Interesse an einer Überprüfung erteilter glücksspielrechtlicher Erlaubnisse abgewogen (vgl. OVG Hamburg, U.v. 22.6.2017 – 4 Bf 160/14 – juris Rn. 177). Auch aus dem Umstand, dass in anderen Bundesländern angeblich längere Befristungen ausgesprochen werden, kann die Klägerseite nichts für sich herleiten, da föderal unterschiedliche oder auch konkurrierende Lösungswege im Bundesstaat angelegt sind (BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – juris Rn. 123). Aus diesem Grund kommt den Befristungsregelungen in den anderen Bundesländern im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung zu (vgl. OVG Saarland, B.v. 5.10.2009 – 3 B 321/09 – juris Rn. 58 – 60). Eine abweichende Ermessenspraxis anderer Länder würde die Beklagten nicht binden, wobei hier schon weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass andere Länder in ihrer ständigen Erlaubnispraxis für Spielhallen Befristungen vorsehen, die über die Restlaufzeit des geltenden Glücksspielstaatsvertrags hinausgehen (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2021 – 23 ZB 19.1646; OVG Hamburg, B.v. 20.10.2020 − 4 Bs 226/18 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 26.6.2020 – 9 CS 16.2218 – juris Rn. 23; OVG Rh-Pf, B.v. 6.8.2019 – 6 A 11643/18 – juris Rn.10; NdsOVG, B.v. 13.5.2019 – 11 LA 389/18 – juris Rn. 8 f.; SächsOVG, B.v. 7.2.2019 – 3 B 398/18 – juris Rn. 2). Der Verweis auf den nicht bindenden Vergleichsvorschlag des Verwaltungsgerichts, der ohnehin lediglich zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits unterbreitet wurde, ist ebenfalls unbehilflich. Die Klägerin zeigt mit ihrem pauschalen Vorbringen nicht nachprüfbar auf, welche Kosten und welche konkreten Maßnahmen für die verfahrensgegenständliche Spielhalle ergriffen wurden, die sich durch die gegenständliche Befristung bis zum 30. Juni 2021 nicht amortisieren könnten. Abgesehen davon begründen auch umfangreiche Dispositionen keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz, da grundsätzlich kein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen besteht (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – BVerfGE 145, 20-105 – juris Rn. 189 ff.). Die Besonderheiten des Glücksspiel- und dabei insbesondere auch des Spielhallensektors haben zur Folge, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes einen Schutz getätigter Investitionen nicht in gleichem Maße verlangt wie in anderen Wirtschaftsbereichen. Bei Spielhallen handelt es sich um Gewerbebetriebe, die von vornherein einen besonderen sozialen Bezug aufweisen, da auch bei Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften die Möglichkeit besteht, dass spielsüchtige und spielsuchtgefährdete Spieler Spielhallen aufsuchen. Der Betrieb von Spielhallen steht damit stets in einem Spannungsverhältnis zur Suchtbekämpfung. (vgl. § 33i Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz, Abs. 2 Nr. 3 GewO). Die Spielhallenbetreiber müssen daher damit rechnen, dass der Gesetzgeber eine strenge Regulierung von Spielhallen vornimmt, um eine insgesamt konsequentere Glücksspielpolitik zu erreichen (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – BVerfGE 145, 20-105 – juris Rn. 189 ff.). Wer in Kenntnis der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und der seit Jahren bekannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsgemäßen Begrenzung des Spielhallenbetriebs erstmals im Jahr 2018 eine spielhallenrechtliche Erlaubnis erhält, ist ein allein der Klagepartei anzulastendes unternehmerisches Risiko eingegangen. Vertrauensschutz dahingehend, dass die Beklagte eine Befristung von rund 8 Jahren aussprechen werde, ist zu keiner Zeit begründet worden.
Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt, sind für den Fall des Inkrafttretens des neuen Glückspielstaatsvertrages 2021 im Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland (AGGlüStV) ohnehin entsprechende Übergangsregelungen verankert (vgl. Art. 14 AGGlüStV vom 20. Dezember 2007 sowie Art. 15 AGGlüStV-Entwurf Stand: 16. März 2021).
Die Klägerseite hat daher im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt, dass hier abweichend von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihre Grundfreiheiten aus Art. 12 GG und/oder in Art. 14 GG vorliegt. Die bloße pauschale Behauptung, die vorliegende Befristung von über 3 Jahren sei unverhältnismäßig, ist unsubstantiiert. Sie orientiert sich nicht an den konkreten Verhältnissen der verfahrensgegenständlichen Spielhalle, so dass bereits nicht nachvollziehbar und erst recht nicht nachprüfbar ist, ob im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinn zu bejahen sein könnte. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass in ihrem Fall eine abweichende Handhabung geboten gewesen wäre. Eine durch die Befristungsentscheidung bewirkte unverhältnismäßige Beeinträchtigung der dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unterfallenden Erwerbschancen der Klägerin ist nicht aufgezeigt, zumal eingegangene vertragliche Bindungen und getätigten Investitionen bei einer Entscheidung über die Erteilung einer neuen glücksspielrechtlichen Erlaubnis zu berücksichtigen sind, sofern die Klägerin die Erlaubnisvoraussetzungen nach neuem Recht weiterhin erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2021 – 23 ZB 19.1646).
Im Übrigen setzt sich die Klägerseite mit den – unmittelbar und mittelbar in Bezug genommenen − Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der Verhältnismäßigkeit der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Befristung für die glückspielrechtliche Erlaubnis mit Blick auf deren Eignung zur Zielerreichung inhaltlich nicht auseinander.
Der von dem Verwaltungsgericht herangezogene Schutz der Verbraucher vor Spielsucht ist als ein zwingendes Erfordernis des Allgemeinwohls darüber hinaus auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt (vgl. EuGH, U.v. 11.6.2015 – C-98/14 – juris Rn. 58; U.v. 22.1.2015 – C-463/13 − juris Rn. 48; U.v. 30.4.2014 – C-390/12 − juris Rn. 41). Das Verbundverbot und das Mindestabstandsgebot für den Betrieb von Spielhallen und die zwingend vorgeschriebene Befristung sind konsequent am Ziel der Suchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314 u.a. – juris Rn.141; BayVGH, B.v. 22.12.2020 – 23 ZB 18.1656 – juris Rn. 47; OVG Hamburg, U.v. 7.2.2018 – 4 Bf 217/17 – juris Rn. 106, 107 u. Rn. 108). Die Regelung der Erlaubnispflicht mit zwingender Befristung neu erteilter glücksspielrechtlicher Erlaubnisse (§ 24 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 GlüStV) ist auch vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 ZB 14.221 – juris Rn. 20).
Auch die übrigen Einwände gehen ins Leere. Es ist nicht auf Aufgabe des Senats, aufgrund pauschaler Verweisungen auf Regelungen in anderen Bereichen des Glücksspiel-, Gewerbe- und Steuerrechts sowie in anderen Bundesländern und in anderen Verwaltungsgerichtsurteilen (VG Koblenz) gegebenenfalls für das Zulassungsverfahren relevante Teile herauszufiltern und in eine konkrete Beziehung zu den tragenden Gründen der angegriffenen Entscheidung zu setzen.
bb) Im Übrigen lässt die Zulassungsbegründung auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hervortreten.
Abgesehen davon, dass bereits keine Frage formuliert ist, die eine Grundsatzrüge begründen könnte, ist das Vorbringen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache pauschal und unsubstantiiert. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist ausschließlich behauptet, nicht jedoch entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt und auch nicht sinngemäß dem sonstigen Vorbringen zu entnehmen. Für auslaufendes Recht ist regelmäßig kein Bedarf an einer grundsätzlichen Klärung anzuerkennen. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrüge, eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen zu ausgelaufenem oder auslaufendem Recht sowie zu Übergangsrecht regelmäßig nicht die Zulassung einer Grundsatzentscheidung (BVerwG, B.v. 17.5.2004 – 1 B 176.03 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 S. 11; vom 15.5.2008 – 2 B 78.07 – juris Rn. 2 f.). Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung wegen solcher Fragen kommt deshalb nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Fragen sich zu Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellen oder wenn ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 25.10.2010 – 2 B 35.10 – juris Rn. 5, B.v. 22.10.2012 – 8 B 40.12 – juris Rn. 5; B.v. 31.3.2021 – 2 B 64.20 – juris Rn. 7 ff.). Die Berufungszulassungsbegründung legt – abgesehen davon, dass sie bereits keine Grundsatzfrage formuliert hat – die besonderen Ausnahmevoraussetzungen jedenfalls nicht im Ansatz dar. Hypothetische Befristungsregelungen mit einer Geltungsdauer von weniger als drei Jahren sind hier nicht verfahrensgegenständlich und die Regelungen anderer Bundesländer, wenn sie, wie von Klägerseite behauptet, über die Geltungsdauer des aktuellen Glückspielstaatsvertrages hinausreichen würden, sind für das hiesige Verfahren wegen föderal unterschiedlicher oder auch konkurrierender Lösungswege im Bundesstaat (BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – juris Rn. 123) nicht entscheidungserheblich.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG. Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Das Begehren, eine unbefristete Erlaubnis zu erhalten, entspricht für die Zeit nach Ablauf der angegriffenen Befristung der Sache nach dem Verlangen nach einer Neuerteilung einer Erlaubnis. Deshalb zieht der Senat in Orientierung an dem Vorschlag unter Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58 [68]) pro Spielhalle den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000,00 EUR als Grundlage der Wertfestsetzung heran (vgl. OVG NRW, B.v. 25.2.2021 – 4 A 4451/19 – juris Rn. 26 f.; B.v. 28.9.2020 ‒ 4 A 973/20 ‒ juris Rn. 24 f., m. w. N.; B.v. 30.4.2021 – 4 A 2781/20 – juris Rn. 22). Dementsprechend war auch die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
4. Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.


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