Aktenzeichen B 8 K 21.30170
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
VwGO § 52 Nr. 2 S. 3
Leitsatz
Tenor
1. Das Verwaltungsgericht Bayreuth erklärt sich für örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
Der vorliegende Rechtsstreit ist wie das zugehörige Eilverfahren B 8 K 21.30103 gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Regensburg zu verweisen.
Gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO ist für das vorliegende Verfahren nach dem Asylgesetz das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Eilantragsstellung (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG). Der Antragsteller hatte aufgrund der Zuweisungsentscheidung der Regierung der Oberpfalz vom 29.09.2018 im Zeitpunkt der Stellung des Klageantrags seinen Aufenthalt in P. zu nehmen (Bl. 144 der Bundesamtsakte 6646031-423), welcher zum Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Regensburg gehört (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO)). Zwar hält sich der Kläger nach seiner Untersuchungshaft in der JVA N. (Bl. 140 der Bundesamtsakte 6326796-423), aufgrund eines Strafvollzugs in der JVA E. auf; dies führt jedoch nicht zu einer Aufhebung seiner bisherigen Zuweisung (im Ergebnis ebenso VG Lüneburg, U.v. 18.1.2018 – 3 A 584/17 – juris Rn. 17; VG Gießen, B.v. 26.7.2017 – 8 K 5282/17.GI.A; MüKo-BGB, Kommentar, 7. Auflage 2015, § 7 Rn. 40; jeweils m.w.N.). Die abweichende Auffassung, nach der ein inhaftierter Asylbewerber seinen Aufenthalt gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO (zwangsweise) im Bezirk desjenigen Verwaltungsgerichts zu nehmen habe, in dem sich die Justizvollzugsanstalt befindet (VG München, B.v. 4.4.2018 – M 10 K 17.49390 – juris Rn. 6; VG Augsburg, B.v. 5.3.2018 – Au 6 K 18.30378, Au 6 S 18.30379 – juris Rn. 4; VG Bayreuth, B.v. 19.1.2017 – B 3 K 17.30091 – juris Rn. 2; VG Ansbach, B.v. 11.10.2013 – AN 9 S 13.30818 – juris Rn. 2), vermag nicht zu überzeugen. Insbesondere der Begründung, die Zuweisungsentscheidung in einen anderen Gerichtsbezirk werde auch ohne ausdrückliche Änderung im Falle einer Inhaftierung gegenstandslos, da asylrechtlich keine Möglichkeit einer anderweitigen Aufenthaltsbestimmung bestehe, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, so dass schon deshalb eine Abweichung vom ausdrücklichen gesetzlichen Wortlaut des § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, wenn – wie vorliegend – eine ausdrückliche und bisher nicht aufgehobene Zuweisungsentscheidung nach § 50 AsylG ergangen ist. Die örtliche Zuständigkeit für Asylstreitigkeiten ist nämlich abschließend in § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO geregelt. Nach dieser Sonderregelung für Asylsachen kommt es in der Regel für die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, wo der Asylsuchende sich tatsächlich aufhält, sondern allein darauf, wo er sich asylrechtlich aufzuhalten hat. Der Wohnsitz des Asylsuchenden ist lediglich dann maßgeblich, wenn nach § 52 Nr. 2 Satz 3 erster Halbsatz VwGO eine örtliche Zuständigkeit nicht gegeben ist. Nur dann richtet sich die Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz VwGO nach § 52 Nr. 3 VwGO. Das kann etwa der Fall sein, wenn noch kein Zuweisungsbescheid ergangen oder ein ergangener Zuweisungsbescheid widerrufen oder zurückgenommen worden ist (BVerwG, B.v. 28.7.1997 – 9 AV 3.97 – juris Rn. 3 f.; zum Fehlen einer Zuweisung s. VG Stuttgart, B.v. 6.2.2008 – A 9 K 6354/07 – juris Rn. 4). Der Auffassung, mit der Inhaftierung werde eine anderweitige Zuweisung gegenstandslos, kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil sie die Zuweisungssituation nach der Haftentlassung im Unklaren belässt und sich insbesondere nicht dazu verhält, ob die frühere Zuweisung wieder „auflebt“ oder es – zumindest vorübergehend – an einer Zuweisung gänzlich fehlt (ebenso vgl. VG Karlsruhe, B.v. 16.7.2018 – A 4 K 6435/18 – juris). Darüber hinaus würde eine Verschubung und Verlegung des Inhaftierten zu wechselnden, nicht sofort klar ersichtlichen Zuständigkeiten führen.
Nichts anderes ergibt sich für das vorliegende Folgeantragsverfahren unter Berücksichtigung des § 71 Abs. 7 Satz 1 Asylgesetz (AsylG). Der Auffassung, dass aus § 71 Abs. 7 S. 1 AsylG, der räumliche Beschränkungen des Aufenthalts aufgrund „anderer Entscheidungen“ anerkenne und sich asylverfahrensrechtlich zu Eigen mache, folge, dass es sich bei der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts des Antragstellers auf den Ort der Vollzugsanstalt auch um eine Pflicht zur Aufenthaltnahme „nach dem Asyl(verfahrens) gesetz“, an die § 52 Nr. 2 S. 3 VwGO anknüpft, handele (VG Karlsruhe, B.v. 29.9.2003 – A 9 K 12056/03 – juris Rn. 4), kann nicht gefolgt werden. Denn dies würde beinhalten, dass in § 71 Abs. 7 S. 1 AsylG aus Rechtssicherheitsaspekten sämtliche andere Entscheidungen erfasst sein müssten – z.B. auch eine Einweisung in ein Bezirksklinikum, eine Psychiatrie, etc. Dies wiederum führte – gerade vor dem Hintergrund, dass bis zu einer solchen Mitteilung zumeist einige Tage vergehen – zu unvorhersehbaren Unwägbarkeiten hinsichtlich örtlicher Zuständigkeiten. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zu vertreten.
Nach alledem ist das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg zur Entscheidung über den vorliegenden Verwaltungsrechtstreit berufen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 S. 2 VwGO).