Europarecht

Parallelentscheidung zum Nichtannahmebeschluss vom 6. Mai 2020 (2 BvR 331/18)

Aktenzeichen  RO 5 K 19.781

Datum:
26.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 34611
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VIG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
LFGB § 40 Abs. 1a

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer II vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten damit einverstanden waren (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 15.4.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit sind nicht ersichtlich. Die Formalien des § 5 Abs. 1 VIG wurden eingehalten.
Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich rechtmäßig
1. Rechtsgrundlage für den Informationszugang des Beigeladenen ist § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG (vgl. etwa BayVGH, B.v. 30.4.2020 – 5 CS 19.1511 -, juris Rn. 12). Danach hat jeder nach Maßgabe des VIG Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen
c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a) bis c) genannten Abweichungen getroffen worden sind.
Dem Einwand der Klägerin, dass diese Rechtsgrundlage für die bei „Topf Secret“ gestellten Fragen gänzlich unpassend sei, kann nicht gefolgt werden. Die streitgegenständlichen Kontrollberichte enthalten Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG (dazu unter 3.). Warum die Kontrollberichte der lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen dann nicht von dem Anspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erfasst sein sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Insbesondere differenziert der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gerade nicht danach, ob die Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen bei einer Routinekontrolle oder etwa bei einer Betriebskontrolle wegen eines Verdachtsmoments festgehalten wurden.
a. Der Anwendungsbereich des VIG ist nicht durch die in § 1 VIG umschriebene Zweckbestimmung gesperrt (BayVGH, B.v. 15.4.2020 – 5 CS 19.2087 -, juris Rn. 18). Der Einwand der Klägerin, dass die Anwendbarkeit des VIG einen konkreten Produktbezug erfordere, ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überholt. Das BVerwG hat mit Urteil vom 29.8.2019 – 7 C 29.17 -, juris Rn. 24ff. zu dieser Frage ausgeführt:
„Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG betrifft der Anspruch auf Zugang zu Informationen (u.a.) alle Daten über die von der zuständigen Stelle festgestellten nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen der unter Nummer 1 bestimmten Art. Einen Produktbezug verlangt die Vorschrift im Unterschied (etwa) zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG („Erzeugnis oder Verbraucherprodukt“) nicht. Dem steht nicht entgegen, dass in § 1 VIG unter Nummer 1 von „Erzeugnissen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel)“ und unter Nummer 2 von „Verbraucherprodukten, die § 2 Nummer 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Verbraucherprodukte)“, die Rede ist. Eine Einschränkung des Informationszugangs folgt hieraus nicht (vgl. aber Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, Teil D, § 1 VIG Rn. 17). Die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass der Informationsanspruch nicht auf produktbezogene Information beschränkt ist. Das Verbraucherinformationsgesetz ist eine Reaktion auf die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung, Lagerung und Lieferung von Lebensmitteln („Gammelfleischskandal“) und ein zentraler Baustein zur Vorbeugung und raschen Eindämmung von Lebensmittelskandalen. Ziel ist die Gewährleistung einer umfassenden Information der Verbraucher (BT-Drs. 16/5404 S. 1 und 7). Dieser Zielsetzung würde die Forderung nach einem Produktbezug über die im Gesetz ausdrücklich genannten Beispiele hinaus widersprechen. Die Beschränkung auf Informationen über Erzeugnisse und Verbraucherprodukte könnte dazu führen, dass die Herstellung, Erzeugung, Lagerung und Lieferung von Produkten, mithin wesentliche Vorgänge, deren Kontrolle auch durch den Verbraucher das Entstehen von Lebensmittelskandalen verhindern soll, von der Anwendung des Verbraucherinformationsgesetzes ausgeschlossen wären (vgl. auch Heinicke, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., VIG § 2 Rn. 16). Dass ein genereller Produktbezug zu erheblichen Einschränkungen des Informationszugangs führen würde, ergibt sich auch aus dem bei der Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes berücksichtigten Evaluationsbericht. Dieser hatte aufgezeigt, dass ca. 66% der Anfragen auf der Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes nicht produktbezogen, sondern pauschal nach größeren Datenbeständen gestellt wurden (BT-Drs. 17/1800 S. 7). Eine Empfehlung, bei einer Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes einen Produktbezug einzuführen, wurde nicht ausgesprochen.
Schließlich spricht auch der unionsrechtliche Zusammenhang gegen ein enges und für ein weites Normverständnis von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Der Verwaltungsgerichtshof hat insoweit auf den 4. Erwägungsgrund der EG-Kontrollverordnung Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 191 S. 1) verwiesen. Danach geht das Lebensmittel- und Futtermittelrecht der Europäischen Union von dem Grundsatz aus, dass Futtermittel- und Lebensmittelunternehmen auf allen Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs in den ihnen unterstehenden Unternehmen sicherstellen, dass Futtermittel und Lebensmittel die für ihre Tätigkeit relevanten Vorschriften des Futtermittel- und Lebensmittelrechts erfüllen. Dem entspricht es, wenn die Verbraucher als Sachwalter des allgemeinen Interesses die Einhaltung dieser Anforderungen ohne Produktbezug kontrollieren können. Dies gilt etwa für die Beachtung von Hygienevorschriften oder Vorgaben zur baulichen Beschaffenheit von Betriebsräumen oder Dokumentationspflichten.“
Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts vollumfänglich an (so auch BayVGH, B.v. 15.4.2020 – 5 CS 19.2087 -, juris Rn. 14).
b. Der von dem Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG ist auch nicht durch andere Rechtsvorschriften im Sinne von § 2 Abs. 4 VIG ausgeschlossen. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf VG München B.v. 3.4.2020 – M 32 SN 19.3435 -, juris Rn. 40:
„Nach § 2 Abs. 4 VIG gelten die Vorschriften des Gesetzes nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind. Aus der im Gesetzestext verwendeten Formulierung „soweit“ folgt, dass nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen sind, die denselben Sachverhalt abschließend – sei es identisch, sei es abweichend – regeln. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist zum einen in jedem Einzelfall zu prüfen, ob fachgesetzliche Regelungen entsprechende oder für die Verbraucher günstigere Vorschriften über den voraussetzungslosen Zugang zu behördlichen Informationen enthalten. Zum anderen sollen besondere gesetzliche Vorschriften über Geheimhaltungspflichten sowie Amts- und Berufsgeheimnisse unberührt bleiben. Dies zugrunde gelegt, ist der von der Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG nicht durch andere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 VIG ausgeschlossen. Insbesondere stellt § 40 LFGB keine vorrangige Rechtsvorschrift dar, weil sie nicht denselben Sachverhalt regelt. Während § 2 Abs. 1 VIG den Fall einer antragsgebundenen Informationsgewährung zum Gegenstand hat, betrifft § 40 LFGB die aktive staatliche Informationsgewährung. Der individuelle Auskunftsanspruch einerseits und die aktive staatliche Information der Öffentlichkeit andererseits sind völlig verschiedene Arten der Informationsgewährung, bei denen auch hinsichtlich der wettbewerblichen Auswirkungen mit Blick auf die Intensität und Reichweite der gewährten Information gravierende Unterschiede bestehen (vgl. OVG NW, U.v. 12.12.2016 – 13 A 846/15 – juris Rn. 75 ff.). Auch die Tatsache, dass die Beigeladene möglicherweise eine Veröffentlichung beabsichtigt, ändert hieran nichts (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.4.2019 – Au 1 K 19.242 – juris Rn. 26).“
2. Die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen für einen Zugang zu Informationen nach § 2 VIG liegen vor. Der Beigeladene ist anspruchsberechtigt und der Versagungsgrund des Rechtsmissbrauchs gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG ist nicht einschlägig.
a. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG hat „jeder“ nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu den unter Nrn. 1 bis 7 genannten Daten, es sei denn, es liegt ein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 VIG vor (§ 2 Abs. 1 Satz 2 VIG). Wortlaut und Entstehungsgeschichte sprechen dafür, dass es sich um ein Jedermannsrecht handelt, dass an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist (BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 -, juris Rn. 14). Dieser Anspruch steht dem Beigeladenen, einer natürlichen Person, ohne Weiteres zu.
b. Entgegen des Einwands der Klägerin ist der der Antrag auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG gestellt worden.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat inzwischen in mehreren Beschlüssen (B. v. 15.4.2020 – 5 CS 19.2087 – BeckRS 2020, 6798, Rn. 18; B.v. 27.4.2020 – 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 17ff.) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 16.1.2020 – 2 ME 707/19 -, juris Rn. 14), des Nordrhein-Westfälischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 16.1.2020 – 15 B 814/19 -, juris Rn. 31ff.) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 13.12.2019 – 10 S 1891/19 -, juris Rn. 29) festgestellt, dass auch bei einer geplanten Veröffentlichung der über das VIG erlangten Information im Internet ein Rechtsmissbrauch i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG nicht vorliegt. Auf die zutreffenden Ausführungen in den genannten obergerichtlichen Entscheidungen, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt, wird verwiesen. Einer Suche nach der wahren Motivlage, die dem Auskunftsbegehren zugrunde liegen mag, bedarf es nicht (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 20; B.v. 27.4.2020 – 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 19; BVerwG, U. v. 29.8.2019 – 7 C 29/17 -, juris Rn. 22).
3. Die sachlichen Anspruchsvoraussetzungen für einen Zugang zu Informationen nach § 2 Abs. 1 VIG liegen ebenfalls vor.
Die streitgegenständlichen Kontrollberichte vom 11.10.2017 und am 22.1.2019 enthalten Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG.
Der Begriff der „nicht zulässigen Abweichung“ erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jede objektive Nichtbeachtung von Rechtsvorschriften. Auf subjektive Elemente wie Verschulden oder Vorwerfbarkeit kommt es nicht an. Ein Verstoß gegen Vorschriften des Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrechts ist ebenfalls nicht erforderlich. Im Interesse einer zeitnahen Information muss die „nicht zulässige Abweichung“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG) nicht durch Verwaltungsakt festgestellt worden sein; ausreichend, aber auch erforderlich ist es, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat (BayVGH, B.v. 13.5.2020 – 5 CS 19.2150 -, juris Rn. 20; B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 15; im Anschluss an BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29/17 -, juris Rn. 30, 32).
In der Benennung einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der einzelnen jeweils als Verstoß gekennzeichneten Beanstandungen im Rahmen einer Betriebskontrolle liegt zugleich die rechtliche Subsumtion in Form einer juristisch-wertenden Einordnung der tatsächlichen Feststellungen bei der Kontrolle. Der im Ergebnis- oder Kontrollbericht festgestellte Sachverhalt in Verbindung mit der Benennung der Rechtsvorschrift, gegen die verstoßen worden sei, belegt eine rechtliche Subsumtion mit dem Ergebnis einer festgestellten nicht zulässigen Abweichung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Einer Begründung der Subsumtion nach Art. 39 BayVwVfG bedarf es nicht, da der Kontrollbericht keinen Verwaltungsakt darstellt (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 16; B.v. 13.5.2020 – 5 CS 19.2150 -, juris Rn. 21 und 22; B.v. 27.4.2020 – 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 16). Insofern reichen die Angabe des festgestellten Sachverhalts und die Zuordnung zu der Rechtsvorschrift, gegen die nach Auffassung der Behörde verstoßen worden ist, für eine Subsumtion. Ob die Subsumtion der Behörde zutreffend ist, ist gegebenenfalls in einem anderen Verfahren zu klären (BayVGH, B.v. 27.4.2020 – 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 16).
Für die Frage, ob der Informationsanspruch des VIG-Antragstellers besteht, kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Erlass des angegriffenen Ankündigungsbescheides sind mithin vom Gericht zu berücksichtigen. Im gerichtlichen Verfahren ist jedenfalls sowohl eine Ergänzung fehlender wie auch ein Austausch unzutreffender Rechtsgrundlagen möglich. (BayVGH, B.v. 13.5.2020 – 5 CS 19.2150 -, juris Rn. 11).
Dass der Kontrollbericht tauglicher Gegenstand des Informationszugangsanspruchs ist, lässt sich auch ohne Kenntnis von deren Inhalt feststellen. Die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche richterliche Überzeugung, welche eine den Anforderungen des § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügende Sachverhaltsaufklärung voraussetzt, lässt sich anhand des Beteiligtenvorbringens und des sonstigen Akteninhalts mit einem hinreichenden Gewissheitsgrad bilden. Die Erläuterungen des Beklagten zum Zustandekommen, Aufbau und Inhalt des Kontrollberichts, den die Klägerin im behördlichen Anhörungsverfahren erhalten hat, reichen für die gerichtliche Beurteilung aus, ob das Tatbestandsmerkmal „festgestellte nicht zulässige Abweichungen“ im Streitfall erfüllt ist. Auf die Frage, welche konkrete Normabweichung festgestellt worden ist, kommt es für das Bestehen des Auskunftsanspruchs nicht an. Der verfahrensgegenständliche Informationsanspruch hängt nicht vom Inhalt oder von der Qualität der dokumentierten Abweichungsfeststellung ab, so dass die abstrakten Umschreibungen des Beklagten zur Beurteilung ausreichen (BayVGH, B.v. 15.4.2020 – 5 CS 19.2087 -, juris Rn. 22). Nach dem Vorbringen des Beklagten seien nach Abschluss der lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im Betrieb der Klägerin in den Jahren 2017 und 2019 jeweils die Eingabe der festgestellten Beanstandungen in die Datenbank „TIZIAN“ erfolgt. Die Eingabe der beiden Kontrollen sei in der Form erfolgt, dass in die Maske der Datenbank die jeweils festgestellten Hygieneverstöße eingetragen worden seien und die Hygienemängel einer juristischen Wertung und Einordnung unterzogen worden seien, sodass sich letztlich in der Datenbank zu jeder Beanstandung die jeweilig einschlägige Rechtsvorschrift befinde. Ein schriftlicher Kontrollbericht sei im Rahmen der o.g. Betriebsüberprüfungen jeweils nicht erstellt worden, da die festgestellten Beanstandungen bereits vor Ort mit der Klägerin mündlich besprochen worden seien. Aus diesem Grund seien zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids am 15.4.2019 die streitgegenständlichen Kontrollberichte nicht in schriftlicher Form aktenkundig, sondern die jeweils festgestellten nicht zulässigen Abweichungen unter Angabe der Rechtsnormen in elektronischer Weise in der Datenbank „TIZIAN“ verfügbar gewesen seien. Der Klägerin seien die Kontrollberichte erstmals im Rahmen des Anhörungsverfahrens zugegangen, wobei beim Ausdruck mit Benennung der einschlägigen Rechtsvorschriften und einem Ausdruck ohne Angaben der einschlägigen Rechtsnorm im Kontrollbericht ausgewählt werden könne. Anlässlich der Anhörung seien aus der Datenbank ein Kontrollbericht ohne Angabe der Rechtsnorm und ein Kontrollbericht unter Angabe der Rechtsnormen ausgewählt worden (Bl. 71a der Gerichtsakte).
Das Gericht geht davon aus, dass die Informationen über die streitgegenständlichen lebensmittelrechtlichen Kontrollen entsprechend der Erklärung des Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Eilverfahren sowie Hauptverfahren) in der Form eines Ergebnisprotokolls, wie es dem bayernweit einheitlichen Fachsystem TIZIAN entspricht, gegeben werden. Nach diesem System werden die festgestellten nicht zulässigen Abweichungen beschrieben und hierzu die Rechtsnormen, gegen die verstoßen worden sein soll, benannt.
Es kann offenbleiben, ob in der Information an einen VIG-Antragsteller über festgestellte nicht zulässige Abweichungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG die konkrete Rechtsgrundlage genannt werden muss, von der abgewichen wurde, oder ob es, wie der Beklagte vorträgt, ausreicht, dass die Rechtsgrundlage zu einer bei einer Kontrolle festgestellten Abweichung aktenkundig gemacht wurde. Hier ist der Kontrollbericht vom 11.10.2017 jedenfalls während des gerichtlichen Verfahrens um die einschlägigen Rechtsvorschriften ergänzt worden und die Klägerin ist erneut dazu angehört worden. Dieses Prozedere ist nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs rechtlich nicht zu beanstanden.
Ebenso verhilft der Einwand der Klägerin, dass nicht feststehe, ob der Kontrolleur die Beanstandungspunkte zu Recht ausgesprochen habe, der Klage nicht zum Erfolg. Eine inhaltliche Prüfung, ob die im Kontrollbericht aufgelisteten Mängel tatsächlich vorliegen, ist im Rahmen des VIG-Anspruchs gesetzlich nicht vorgesehen (VG München, B.v. 30.3.2020 – M 32 SN 19.5037 -, juris Rn. 43; B.v. 14.10.2019 – M 32 SN 19.1569 -, juris Rn. 49). Überdies fehlt es hierzu bereits an einem substantiierten Vortrag der Klägerin. Schließlich begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstöße nicht durch einen Juristen, sondern durch einen Lebensmittelüberwachungsbeamten anhand einer juristisch-wertenden Prüfung festgestellt worden sind. Es ist ausreichend, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat (BayVGH, B.v. 13.5.2020 – 5 CS 19.2150 -, juris Rn. 20; B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 15; im Anschluss an BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29/17 -, juris Rn. 30, 32). Der Gesetzgeber wollte mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2258) die juristisch-wertende Prüfung einer nicht zulässigen Abweichung durch die Überwachungsbehörde sicherstellen (BT-Drs. 17/7374, S. 14 f.).
Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständlichen Ergebnisberichte etwas Anderes enthalten als Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG, sind nicht ersichtlich; solche legt die Klägerin jedenfalls nicht dar.
4. Der Antrag des Beigeladenen entspricht auch den Bestimmtheitsanforderungen gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG. Hier hat der Beigeladene sein Auskunftsbegehren auf Informationen bezüglich der letzten beiden lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im Betrieb der Antragstellerin sowie auf die in diesem Zusammenhang eventuell festgestellten Beanstandungen beschränkt und somit seinen Antrag themenbezogen eingegrenzt (VG München, B.v. 8.7.2019 – M 32 SN 19.1389 – LMuR 2019, 230). Dies genügt dem Bestimmtheitserfordernis, zumal ein VIG-Antragsteller im Voraus nicht wissen kann, welche konkreten Informationen bei der auskunftspflichtigen Stelle vorliegen (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 – 5 K 14.1110 -, juris Rn. 46f.).
5. Der Herausgabe der begehrten Informationen stehen auch keine Ausschluss- und Beschränkungsgründe nach § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 3 VIG entgegen. Insoweit schließt sich die Kammer vollumfänglich den Ausführungen des BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 21ff. an, auf welche hier ausdrücklich verwiesen wird.
6. Der Einwand der Klägerin, dass die Veröffentlichung von Kontrollberichten sie in ihren Grundrechten verletzte, verhilft der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelungen des VIG.
a. Insbesondere wird durch den Informationsanspruch nicht die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Entgegen des Einwands der Klägerin ergibt sich – insbesondere auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – vorliegend kein anderes Ergebnis. Insoweit verweist das erkennende Gericht vollumfänglich auf die Ausführungen des BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 25ff.: „Die antragsgebundene Informationserteilung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG verstößt nicht gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zwar ist der Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil er direkt auf die Marktbedingungen individualisierter Unternehmen zielt, das Konsumverhalten beeinflussen und auf diese Weise mittelbar-faktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern kann (BVerwG, a.a.O., Rn. 42 ff. m.w.N.). Insoweit gilt für die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VIG von einem Antrag abhängige Informationsgewährung nichts anderes als für aktive staatliche Informationstätigkeit nach § 40 Abs. 1a LFGB, die in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung einem Eingriff in die Berufsfreiheit gleichkommt (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.).
(1) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestehen zwischen den beiden Arten der Information große Unterschiede, die es ausschließen, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum aktiven staatlichen Informationsverhalten, insbesondere die dort angemahnte zeitliche Begrenzung der Informationsverbreitung, ohne Weiteres auf die antragsgebundene Informationsgewährung zu übertragen (BVerwG, a.a.O., Rn. 47). Das aktive staatliche Informationsverhalten verschafft den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbsrechtliche Verhalten der Marktteilnehmer. Die Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsgewährung bleiben dahinter qualitativ und quantitativ weit zurück. Die behördliche Information der Öffentlichkeit von Amts wegen nach § 40 Abs. 1a LFGB bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, die als Warnung der Verbraucher der Gefahrenabwehr dient und in der Regel von den Medien – auch Onlinemedien – sofort aufgegriffen wird, ist gegenüber dem individuell geltend zu machenden Informationszugangsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ein aliud (vgl. VGH BW, a.a.O., juris Rn. 13). § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG normiert als Voraussetzung für die Informationsgewährung nicht etwaige Gefahren für Verbraucher, sondern lediglich die behördliche Feststellung nicht zulässiger Abweichungen von den dort genannten Normen. Den mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit hat das Bundesverwaltungsgericht als gerechtfertigt angesehen (BVerwG, a.a.O., Rn. 48 ff.; kritisch Gärditz, LMuR 2020, 62/64 ff.).
(2) Eine kampagnenartige Weiterverwendung der Information ist im Verbraucherinformationsgesetz gerade angelegt und entspricht dessen Zielsetzung. Allein der Umstand, dass der streitbefangene Kontrollbericht auf der Internetplattform „TopfSecret“ veröffentlicht werden könnte, ändert nichts daran, dass es sich auch in dieser Fallkonstellation um eine antragsgebundene Informationsgewährung an eine Einzelperson handelt. Wie der Beigeladene mit den erhaltenen betriebs- und personenbezogenen Informationen umgeht, bleibt grundsätzlich ihm überlassen und liegt damit außerhalb des behördlichen Verantwortungs- und Einflussbereichs. Dies gilt auch für das hier zu erwartende Einstellen des Kontrollberichts auf die von privater Seite betriebene Plattform „TopfSecret“, weil eine solche Publikation erkennbar keine staatliche Autorität in Anspruch nehmen kann. Die Plattform veröffentlicht lediglich durch private Dritte zur Verfügung gestellte von der öffentlichen Verwaltung ausgestellte Dokumente; dadurch wird sie nicht selbst zu einer staatlichen Veröffentlichungsplattform. Dass die Anträge auf Information über die Webseite „Frag den Staat“ erfolgen, erweckt auch nicht den Eindruck, „TopfSecret“ sei eine staatliche Veröffentlichungsplattform.
(3) Die lediglich abstrakte Möglichkeit einer rechtswidrigen privaten Weiterverwendung der Information reicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht aus, um darin bereits ein der Antragsgegnerin zuzurechnendes Eingriffsäquivalent zu sehen, das einer gesonderten Rechtfertigung bedürfte. Soweit es der Antragstellerin im Verhältnis zum Beigeladenen um etwaige (künftige) Ergänzungen oder zeitliche Begrenzungen bei der Verwendung der Information geht, insbesondere um das auch im Geschäftsverkehr bestehende „Recht auf Vergessen“ (dazu allgemein BVerfG, B.v. 6.11.2019 – 1 BvR 16/13 – NJW 2020, 300 Rn. 75 ff.), muss sie die entsprechenden Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg verfolgen.
(4) Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit der Hinweispflicht der informationspflichtigen Stelle nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VIG, der Richtigstellungspflicht (§ 6 Abs. 4 VIG) sowie der verfahrensrechtlichen Beteiligung der betroffenen Dritten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 VIG) ausreichende Schutzvorkehrungen zur Vermeidung unzumutbarer Konsequenzen getroffen. Die Richtigstellung soll in derselben Weise erfolgen, in der die Information zugänglich gemacht wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 2 VIG). Dabei wird die informationspflichtige Stelle zu beachten haben, dass die Richtigstellung nicht nur gegenüber dem VIG-Antragsteller geboten sein kann, sondern eine öffentliche Bekanntmachung vonnöten ist, wenn die Publikation der Informationen über das Verhältnis zum Antragsteller hinausgegangen ist. Wenn ein Antragsteller die zugänglich gemachten Informationen etwa an eine Verbraucherschutzorganisation weitergegeben hat und diese ihr einen hohen Verbreitungsgrad verschafft hat, kann die informationspflichtige Stelle zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, für eine hinreichende Publikation der Richtigstellung zu sorgen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 52). Das kann auch Richtigstellungen gegenüber diesen Veröffentlichungsplattformen beinhalten, da davon ausgegangen werden kann, dass diese auch die behördliche Richtigstellung auf ihren Plattformen einstellen.“
„ So auch schon: BayVGH, B.v. 27.4.2020 – 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 20ff.
Entgegen des Einwands der Klägerin geht das Gericht auch nicht von einer Unverhältnismäßigkeit der Vorschriften aus. Hierzu wird auf die Ausführungen des BVerwG in seinem Urteil vom 29.8.2019 – 7 C 29/17 – juris, Rn. 51 verwiesen, denen sich das Gericht vollumfänglich anschließt.
b. Einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Absatz 1 GG hält das Gericht ebenfalls für nicht gegeben. Zunächst wird auch hier auf die Erwägungen des BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 25ff.; B.v. 27.4.2020 – 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 20ff. verwiesen. Überdies ist der Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses gem. § 3 Satz 5 VIG ausgeschlossen, wenn es sich – wie vorliegend – um den Zugang zu Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG handelt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen festgestellte Rechtsverstöße nicht unter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse fallen, weil ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse der Unternehmen hieran nicht besteht (BT-Drs. 16/5404 S. 12 sowie BT-Drs. 17/7374 S. 16).
7. Es bestehen auch gegen die Art und Weise des Informationszugangs vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 1 VIG keine Bedenken.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VIG kann die informationspflichtige Stelle den Informationszugang durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnen. Grundsätzlich kann der VIG-Antragsteller bzw. die VIG-Antragstellerin eine bestimmte Form der Zugangsgewährung verlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 VIG). Im vorliegenden Fall hat der Beigeladene mit seinem Antrag vom 25.2.2019 die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte in elektronischer Form (E-Mail) beantragt. Der Beklagte hat dem Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 15.4.2019 in der Sache stattgegeben und angeordnet, dass die Informationsgewährung durch Auskunftserteilung im Wege der postalischen Übersendung der Kontrollberichte erfolgen werde. Zwar entspricht dies wohl nicht dem ausdrücklichen Begehren des Beigeladenen. Er ist dieser Regelung allerdings nicht entgegengetreten und aus der Aktenlage ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid vom 15.4.2019 ihm gegenüber nicht auch bereits bestandskräftig geworden ist (vgl. VG München, B.v. 8.7.2019 – M 32 SN 19.1346 -, juris Rn. 74). Die postalische Übermittlung in Form der wie hier vorgesehenen Übersendung der begehrten Informationen – konkret der ausgedruckten Kontrollberichte vom 11.10.2017 und vom 22.1.2019 – auf dem Postweg ist zudem ermessensgerecht.
8. Schließlich ist ein Verstoß gegen das Recht der Europäischen Union zu verneinen. Die Klägerin kann aus den von ihr angeführten Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nichts für sich herleiten Diese Bestimmungen entfalten – entgegen der Ansicht der Klägerinmangels abschließenden Charakters keine Sperrwirkung für nationale Rechtsvorschriften zur Verbraucherinformation unterhalb der Schwelle einer Gesundheitsgefahr oder unterhalb der Schwelle der Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln dahin, dass der deutsche Gesetzgeber am Erlass einer Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gehindert wäre (VG Aachen, B.v. 17.6.2020 – 8 L 250/20 -, juris Rn. 128).
Der EuGH hat mit Urteil vom 11.4.2013 – C-636/11 (Berger) – juris, Rn. 32ff. ausgeführt, dass Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der eine Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels und des Unternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht wurde, zulässig ist, wenn ein Lebensmittel zwar nicht gesundheitsschädlich, aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist. Gemäß Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 betreiben die Mitgliedstaaten ein System amtlicher Kontrollen und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch, einschließlich der öffentlichen Bekanntgabe von Informationen über die Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln. Die nationalen Behörden können, wenn Lebensmittel, obwohl sie für die menschliche Gesundheit nicht schädlich sind, aufgrund ihrer Ungeeignetheit für den Verzehr durch den Menschen nicht den genannten Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit nach Art. 14 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 genügen, die Verbraucher darüber informieren, wobei die Vorgaben des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 (heute: Art. 8 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 2017/625) zu beachten sind. Solche Lebensmittel können nämlich jedenfalls die Verbraucherinteressen beeinträchtigen, deren Schutz gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch zu den Zielen gehört, die mit dem Lebensmittelrecht verfolgt werden (vgl. auch BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29/17 -, juris Rn. 54; vgl. auch BT-Drs. 17/7374, S. 13 unter V. „Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union).
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Klägerin hat als unterlegener Teil die Kosten zu tragen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und sich somit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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