Europarecht

Pflicht zur artgemäßen Bewegung eines Pferdes

Aktenzeichen  RN 4 K 17.306

Datum:
22.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3491
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 2, § 16a
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG Art. 13 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Anordnung, Pferden täglich eine mindestens dreistündige Auslaufmöglichkeit im Freien anzubieten, ist rechtmäßig, wenn die bisherige Haltung die Bewegungsmöglichkeit der Tiere so einschränkt, dass sich Verhaltensstörungen gezeigt haben, oder aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkungen auf das Vorliegen von Leiden geschlossen werden kann. (Rn. 27 – 48)
2. Die Verpflichtung zur Gewährung freien Auslaufs gilt ohne Rücksicht auf das Vorhandensein und die Nutzbarkeit von Auslaufmöglichkeiten, weil es dem Tierhalter obliegt, solche Möglichkeiten zu schaffen. (Rn. 50 – 52)
3. § 2 Nr. 1 TierSchG erfordert bei Pferden in der Regel, Heu oder anderes rohfaserreiches Futter so vorzulegen, dass Pausen ohne solches Futter vier Stunden nicht überschreiten. (Rn. 60 – 61)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gegen die formelle (dazu I.) und materielle Rechtmäßigkeit (dazu II.) des Bescheids vom 25.1.2017 bestehen keine Bedenken.
I.
Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig. Er stellt sich insbesondere als Ergebnis eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens dar. Der Einwand des Klägervertreters, die Eigentümerin und Mithalterin der Pferde, Frau 1 …, sei nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden, greift nicht durch.
1. Der Beklagte war nicht verpflichtet, Frau 1 … nach Art. 13 Abs. 2 BayVwVfG zum Verwaltungsverfahren des Klägers hinzuzuziehen. Nach Satz 1 der genannten Vorschrift kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag denjenigen, dessen rechtliche Interessen durch den Ausgang eines Verfahrens berührt werden können, als Beteiligten hinzuziehen. Wenn der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für den Dritten hat, dann ist die Behörde nach Satz 2 verpflichtet, ihn auf seinen Antrag hin am Verfahren zu beteiligen; ist ihr der Dritte bekannt, so muss sie ihn von der Einleitung des Verfahrens benachrichtigen. Eine Hinzuziehung Frau 1 … war nach keiner dieser Alternativen erforderlich, weil es an einem rechtzeitigen Antrag fehlte. Frau 1 … hat sich erstmals am 6.2.2017, also nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids, an das Landratsamt Rottal-Inn gewandt und gerügt, dass zu ihr kein Kontakt aufgenommen worden sei.
Als behördlicher Verfahrensverstoß kommt deshalb allenfalls eine Verletzung der Benachrichtigungspflicht des Art. 13 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayVwVfG in Betracht. Es trifft zwar zu, dass die Behörde Frau 1 … nicht von der Einleitung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt hat, obwohl sie aus den Schildern am Reitstall hatte erkennen können, dass Frau 1 … Eigentümerin der Pferde ist. Zu beachten ist aber, dass Frau 1 … – wie ihr Herantreten an die Behörde zeigt – vom Erlass des Bescheids Kenntnis hatte und deshalb nach der Lebenserfahrung naheliegt, dass sie als Mithalterin auch von der Kontrolle und dem daraufhin eingeleiteten Verwaltungsverfahren wusste. Dass unter diesen Umständen tatsächlich ein zusätzlicher behördlicher Hinweis notwendig war, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls aber ist ein Verfahrensverstoß deshalb zu verneinen, weil der Bescheid vom 25.1.2017 keine rechtsgestaltende Wirkung für Frau 1 … hatte und folglich auch ihre Benachrichtigung nicht gefordert war. Eine unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung für Dritte geht von Verwaltungsakten aus, die für diese unmittelbar Rechte begründen, ändern oder aufheben (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 13 Rn. 40). Es trifft zu, dass der angegriffene Bescheid gewisse faktische Auswirkungen auf Frau 1 … haben kann, etwa in der Form, dass sie wegen des geforderten Auslaufs eigene Reitaktivitäten verschiebt. Entscheidend ist aber, dass der streitgegenständliche Bescheid dies von Frau 1 … nicht verlangt. Denn er richtet sich ausschließlich an den Kläger und verpflichtet allein diesen. Auch ein etwaiger Verstoß gegen den Bescheid ginge allein zu Lasten des Klägers. Die denkbaren Auswirkungen auf Frau 1 … sind deshalb rein faktischer Natur, eine rechtsgestaltende Wirkung auf Frau 1 … geht von dem angegriffenen Bescheid nicht aus (vgl. VG Aachen, U.v. 29.12.2009 – 6 K 2135/08 – juris Rn. 67, 112 f.).
2. Der Einwand des Klägervertreters, dass der Erlass des Bescheids eine Anhörung Frau … erfordert habe, bleibt angesichts dessen ebenfalls ohne Erfolg. Denn nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist nur einem Beteiligten im Sinne des Art. 13 BayVwVfG vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben (BVerwG, U.v. 23.5.2002 – 3 C 28/01 – NVwZ 2003, 354/356). Aus dem unter 1. dargestellten ergibt sich, dass Frau 1 … mangels Antrags nicht Beteiligte des Verfahrens geworden ist und ihr eine solche Stellung auch nicht einzuräumen war.
II.
Der auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 TierSchG gestützte Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die in Nr. 1.1 enthaltene und in Nr. 1.2 abgesicherte Verpflichtung, den Pferden „C …“ und „A …“ eine mindestens dreistündige Bewegungsmöglichkeit im Freien anzubieten (dazu 1. und 2.), als auch hinsichtlich der in Nr. 1.3 getroffenen Anordnung zur Fütterung (dazu 3.). Gegen die Rechtmäßigkeit der in Nr. 3 des Bescheids vom 25.1.2017 angedrohten Zwangsgelder und der Kostenentscheidung in Nr. 4 bestehen ebenfalls keine Bedenken (dazu 4.).
1. Die Anordnung, den beiden Pferden täglich eine mindestens dreistündige Bewegungsmöglichkeit im Freien anzubieten, ist materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Nr. 2 TierSchG liegen vor (dazu a)). Die Anordnung hält den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (dazu b)), den Bestimmtheitsgrundsatz (dazu c)) und die gerichtlich überprüfbaren Anforderungen an die Ermessensausübung ein (dazu d)).
a) Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Tierschutzbehörde die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung zukünftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen treffen. Zu den Anforderungen, die § 2 TierSchG unter anderem an den Tierhalter stellt, gehört etwa, das Tier verhaltensgerecht unterzubringen (Nr. 1). Auch darf nach § 2 Nr. 2 TierSchG die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden entstehen.
Die vorliegend streitgegenständliche Frage des Auslaufs betrifft sowohl die Unterbringung von „C …“ und „A …“ nach § 2 Nr. 1 TierSchG, als auch die von § 2 Nr. 2 TierSchG angesprochene Bewegungsmöglichkeit. Dabei unterscheiden sich die nach den beiden Vorschriften vorgesehenen Einschränkungen: Während bei § 2 Nr. 2 TierSchG die Grenze zur Tierschutzwidrigkeit erst überschritten ist, wenn dem Tier Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden entstehen, so ist dies bei § 2 Nr. 1 TierSchG bereits dann der Fall, wenn die betreffende Haltung nicht mehr angemessen ist. In der Folge sind zwischen § 2 Nr. 1 und 2 TierSchG verschiedene Abgrenzungsmöglichkeiten vorgeschlagen worden, etwa dahingehend, dass für Grundbedürfnisse der Bewegung auf § 2 Nr. 1 TierSchG und die dortige Schwelle der Angemessenheit abzustellen sei (v. Loeper in Kluge (Hrsg.), TierSchG, 2002, § 2 Rn. 44) oder beide Vorschriften nebeneinander stünden (Lorz/Metzger, TierSchG, 6. Auflage 2008, § 2 Rn. 51). Das Bundesverfassungsgericht hat hingegen betont, dass § 2 Nr. 2 TierSchG die speziellere Regelung darstelle (U.v. 6.7.1999 – 2 BvF 3-90 – NJW 1999, 3253/3255). Daraus dürfte folgen, dass es für Anordnungen zur Bewegungsmöglichkeit nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG darauf ankommt, ob ohne die Maßnahme Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden entstünden.
Der Beklagte hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Forderung des § 2 Nr. 2 TierSchG nach einer artgemäßen Bewegungsmöglichkeit für Pferde täglich einen mindestens dreistündigen Auslauf im Freien notwendig macht (dazu aa)). Er hat zutreffend festgestellt, dass die Tiere „C …“ und „A …“ keine entsprechende Möglichkeit hatten bzw. haben (dazu bb)) und dass hierdurch vermeidbaren Leiden entstanden sind (dazu cc)). Die aufgeworfene Frage, ob die Grenze einer Einschränkung der Bewegungsmöglichkeit bereits bei Unangemessenheit oder erst bei Leidenszufügung erreicht wird, kann angesichts dessen offen bleiben.
aa) Welche Anforderungen an eine artgemäße Bewegungsmöglichkeit für Pferde zu stellen sind, ist weder im Tierschutzgesetz noch in einer der nach § 2a TierSchG erlassenen Rechtsverordnungen im Einzelnen festgelegt. Das Gericht hat den näheren Inhalt dieses Erfordernisses deshalb unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu ermitteln. Bei seiner Prüfung hat es den in § 1 TierSchG niedergelegten Gesetzeszweck zu berücksichtigen, wonach aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen sind (OVG Münster, U.v. 25.9.1997 – 20 A 688/96 – juris Rn. 24). Das Gericht gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständliche Forderung eines mindestens dreistündigen Auslaufs im Freien die Pflicht zur Gewährung artgemäßer Bewegungsmöglichkeiten nach § 2 Nr. 2 TierSchG auch für Sportpferde in nicht zu beanstandender Weise umsetzt.
1) Für Pferdehaltungen hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Leitlinien zu deren Beurteilung unter Tierschutzgesichtspunkten herausgegeben. Die gegenwärtig mit Stand vom 9.6.2009 verfügbaren Leitlinien sind im Auftrag des Ministeriums von einer Sachverständigengruppe erarbeitet worden, der eine Vertreterin aus der Wissenschaft, eine Pferdesachverständige, Beamte von Tierschutzbehörden sowie Mitglieder von Tierschutzvereinigungen, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und der Bundestierärztekammer angehörten. Die von diesem Gremium getroffenen Aussagen stellen eine sachverständige Zusammenstellung dessen dar, was im Hinblick auf Pferdehaltungen als verlässlicher und gesicherter wissenschaftlicher Kenntnisstand gelten kann (BayVGH, U.v. 30.1.2008 – 9 B 05.3146 – juris Rn. 28). Sie sind vom Gericht deshalb als antizipierte Sachverständigengutachten zu den von § 2 Nr. 2 TierSchG aufgestellten Anforderungen zu werten.
Zum Bewegungsverhalten von Pferden führen die Leitlinien aus, dass sich Pferde im Sozialverband bis zu 16 Stunden täglich bewegen. Dabei handelt es sich normalerweise um langsame Bewegung (Schritt) verbunden mit Futteraufnahme. Pferde haben somit einen Bedarf an täglich mehrstündiger Bewegung. Vor diesem Hintergrund fordern die Leitlinien, in allen Pferdehaltungen täglich für ausreichende, den physiologischen Anforderungen entsprechende Bewegung der Pferde zu sorgen. Dabei ist zu beachten, dass kontrollierte Bewegung (Arbeit, Training) nicht die gleichen Bewegungsabläufe wie die freie Bewegung beinhaltet, bei der die Fortbewegung im entspannten Schritt überwiegt, aber auch überschüssige Energie und Verspannungen abgebaut werden können. Daher kann kontrollierte Bewegung die freie Bewegung nicht vollständig ersetzen. Die Leitlinien verlangen deshalb, dass allen Pferden so oft wie möglich Weidegang und/oder Auslauf angeboten wird.
2) Diese Anforderungen gelten entgegen der Auffassung des Klägervertreters auch für die Sportpferde „C …“ und „A …“. Denn zum einen finden sich in den Leitlinien keine Einschränkungen dahingehend, dass sie nur für Freizeitpferde gelten sollten. Vielmehr beziehen sich die Ausführungen ausdrücklich auf das Hauspferd im Allgemeinen (S. 3). Im Übrigen stellen die Leitlinien explizit die Forderung auf, dass in allen Pferdehaltungen – also ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Sport- oder Freizeitpferdehaltungen handelt – für ausreichend Bewegung zu sorgen ist. Wenn also verlangt wird, „allen Pferden“ so oft wie möglich Weidegang und/oder Auslauf anzubieten, dann sind Sportpferde davon nicht ausgenommen.
Hinzu kommt, dass die Forderung nach ausreichendem Auslauf ihren Ursprung in der bis zu 16-stündigen, typischerweise langsamen Bewegung von Pferden unter natürlichen Bedingungen hat. Dieses angeborene Bewegungsmuster ist nach der sachkundigen Darstellung der Amtstierärztinnen in der mündlichen Verhandlung allen Pferden gemein. Ein Einsatz von „C …“ und „A …“ im Sportbereich rechtfertigt deshalb nach Auffassung der beiden – im Verwaltungsverfahren teils bei der Durchführung, teils im Rahmen von Stellungnahmen tätigen – Amtstierärztinnen keine Einschränkungen der allgemein für Pferde geltenden Anforderungen an eine artgemäße, freie Bewegungsmöglichkeit.
Das Tierschutzgesetz erachtet in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 die Einschätzung des beamteten Tierarztes im Regelfall als maßgeblich; auch sind beamtete Tierärzte als gesetzlich vorgesehene Sachverständige im Bereich des Tierschutzes eigens bestellt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof räumt beamteten Tierärzten deshalb im Hinblick auf die Anforderungen des § 2 TierSchG und ihre Erfüllung eine vorrangige Beurteilungskompetenz ein (U.v. 30.1.20018 – 9 B 05.3146 – juris Rn. 29). Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Amtstierärztinnen durch die Anwendung der allgemein für Pferde geforderten, freien Bewegungsmöglichkeit auch auf Sportpferde die Grenzen der Vertretbarkeit überschritten hätten. Vielmehr erscheint ein solches Vorgehen als aus fachlicher Sicht gebotene Anwendung des Tierschutzrechts, die das Gericht seiner Bewertung zugrunde zu legen hat.
3) Vor dem Hintergrund der in den Leitlinien gemachten Ausführungen vermag auch der Hinweis des Klägerbevollmächtigten nicht zu verfangen, dass mit „C …“ und „A …“ täglich gearbeitet werde. Denn die Leitlinien stellen klar, dass die kontrollierte Bewegung eines Pferdes mit der freien Bewegung, die sich überwiegend im entspannten Schritt abspielt, nicht gleichgesetzt werden kann und sie deshalb nicht vollständig zu ersetzen vermag. Die Amtstierärztinnen haben in der mündlichen Verhandlung ebenfalls darauf hingewiesen, dass die freie Bewegung der kontrollierten nicht gleichgestellt ist. Entsprechend hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Anordnung eines täglich mindestens zweistündigen, freien Auslaufs auf Koppeln, Weiden oder in der Halle für nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1, § 2 Nr. 2 TierSchG geboten gehalten (B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010 – juris Rn. 3).
Es bleibt vor diesem Hintergrund bei der amtstierärztlichen Beurteilung, dass das Arbeiten mit den beiden Tieren für die Gewährung der geforderten Bewegungsmöglichkeit nicht ausreicht und ihnen darüber hinaus freier Auslauf zu gewähren ist.
4) Das Gericht hat auch keinen Anlass, die vom Beklagten aufgestellte Forderung nach einem Auslauf im Freien zu beanstanden. Die beamteten Tierärztinnen haben hierzu ausgeführt, dass der Weidegang neben der bloßen, freien Bewegung auch der Frischluftzufuhr, der Entspannung, der Futteraufnahme, zum Wälzen und für die Kontaktaufnahme mit anderen Pferden dient. Nach dem Vortrag im Klageverfahren ist ein Auslauf in der Halle auch deshalb nicht so vorteilhaft wie der Auslauf im Freien, weil die Halle keinen entsprechenden Raum für das tierische Erkundungsverhalten, die Beobachtung der Umgebung und für Umweltreize lässt. Im Übrigen stellt die Reithalle den „Arbeitsplatz“ des Pferdes dar und regt es daher aus amtstierärztlicher Sicht entsprechend weniger zur Entspannung an.
Die beamteten Tierärztinnen haben mit dieser Einschätzung in zulässiger Weise von ihrer vorrangigen Beurteilungskompetenz Gebrauch gemacht. Es erscheint dem Gericht unmittelbar einleuchtend, dass ein Weidegang im Vergleich zum Auslauf in der Halle mit einem erhöhten Maß an Umweltreizen und an Beschäftigungsmöglichkeiten einhergeht. Die amtstierärztliche Beurteilung ist umso überzeugender, als die Weide – im Gegensatz zur Halle – gleichsam den natürlichen Aufenthaltsort des Pferdes darstellt. Gesichtspunkte, aufgrund derer von der amtstierärztlichen Einschätzung abzugehen wäre, sind nicht ersichtlich.
5) Das Gericht erachtet die vom Beklagten unter Nr. 1.1 getroffene Anordnung auch im Hinblick auf die geforderte Stundenzahl für mit § 2 Nr. 2 TierSchG vereinbar. Die Leitlinien des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sprechen von einem „täglich mehrstündigen Bewegungsbedarf“ und geben vor, dass Pferden „sooft wie möglich“ Auslauf gewährt werden soll. Dies begründen die Leitlinien – ebenso wie die beamteten Tierärztinnen – mit der Tatsache, dass sich Pferde in natürlicher Umgebung bis zu 16 Stunden am Tag bewegen. In der Rechtsprechung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Auslauf von zwei Stunden als Minimum der für Pferde artgemäßen Bewegung erachtet (B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010 – juris Rn. 3). Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat einen drei- bis vierstündigen Auslauf pro Tag für erforderlich gehalten (U.v. 4.12.2006 – 23 K 4059/05 – juris Rn. 19).
Vor diesem Hintergrund dürfte die streitgegenständliche Anordnung eines mindestens dreistündigen Auslaufs täglich im mittleren Bereich des zulässigen Spektrums rangieren. Das Gericht folgt der sachkundigen Einschätzung der vom Gesetz mit vorrangiger Beurteilungskompetenz ausgestatten, beamteten Tierärztinnen, denen zufolge ein mindestens dreistündiger Auslauf aus veterinärmedizinischer Sicht notwendig ist.
bb) Die vom Kläger zusammen mit Frau 1 … gehaltenen Pferde erhielten und erhalten freien Auslauf nicht in diesem Umfang. Entsprechend wurden und werden die Anforderungen des § 2 Nr. 2 TierSchG bei der Haltung von „C …“ und „A …“ nicht beachtet.
Frau 1 … hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Pferde kämen auf die Weide, wenn es der Zustand der Weide und die Witterung zuließen. Anderslautende Einlassungen des Klägers seien im zeitlichen Kontext zu würdigen und hätten sich auf die kalte Jahreszeit bezogen. Nach Auffassung des Beklagten stellt dieses Vorbringen eine Schutzbehauptung dar: Es widerspreche nicht nur den Angaben des Klägers bei der Kontrolle am 29.12.2016, sondern auch den wiederholten Äußerungen des Vorstands des … e.V. Weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren sei bisher zu irgendeinem Zeitpunkt vorgetragen worden, dass die Tiere Auslauf im Freien erhielten. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf einen vom Kläger vorgelegten „Bewegungsplan“, aus dem sich ergibt, dass die Tiere in wesentlichen Teilen des Frühjahrs 2017 keinen oder zumindest keinen täglichen Auslauf im Freien erhalten haben. Es sei – so der Beklagte – deshalb davon auszugehen, dass die Tiere keinen regelmäßigen Auslauf erhielten.
Auch dem Gericht erscheint es zweifelhaft, dass die Pferde vor Erlass der Anordnung tatsächlich regelmäßig Auslauf im Freien erhalten haben und ihnen ein solcher Auslauf gegenwärtig gewährt wird. Denn zum einen hat die Klägerseite bislang argumentiert, „C …“ und „A …“ könnten keinen Auslauf auf der Weide erhalten. Der Kläger hat insoweit in der mündlichen Verhandlung detailliert dargelegt, dass die Tiere auf der Weide förmlich explodieren würden und dass damit ein nicht zu rechtfertigendes Verletzungsrisiko einherginge. Zum anderen teilt das Gericht die klägerseits vorgebrachte Argumentation nicht, ein tatsächlich stattfindender Weidegang habe nicht vorgetragen zu werden brauchen, weil er sich als Selbstverständlichkeit darstelle. Die Frage, ob die beiden Tiere in ausreichendem Maße Bewegungsmöglichkeiten im Freien erhalten, stellt die dem Rechtsstreit zugrundeliegende Frage dar. Für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Anordnung kommt es deshalb gerade auch auf den tatsächlich gewährten Auslauf an. Ein Schweigen zu diesem entscheidenden Punkt lässt daher gerade nicht darauf schließen, dass eine Bewegungsmöglichkeit regelmäßig und unproblematisch besteht.
Es kann vorliegend aber offenbleiben, in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten „C …“ und „A …“ tatsächlich freier Auslauf gewährt wurde oder wird. Denn auch nach den Einlassungen der Klägerseite ist unstreitig, dass die Tiere in der kalten Jahreszeit und jedenfalls wenn die Weiden morastig oder vereist sind, keinen Auslauf im Freien erhalten bzw. erhalten haben.
cc) Der Beklagte hat zutreffend bejaht, dass das bisherige Maß der Bewegungseinschränkungen für „C …“ und „A …“ mit vermeidbaren Leiden verbunden ist.
1) Leiden sind alle nicht bereits vom Begriff des Schmerzes umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (BGH, U.v. 18.2.1987 – 2 StR 159/86 – NJW 1987, 1833/1834, BVerwG, U.v. 18.1.2000 – 3 C 12/99 – juris Rn. 17). Wesentliches Indiz für das Vorliegen von Leiden sind Verhaltensstörungen (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 1 Rn. 23). Daneben kann nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auch ohne äußerlich wahrnehmbare Indizien bereits das bloße Ausmaß einer Verhaltenseinschränkung den Schluss auf tierisches Leiden zulassen (BayVGH, B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010 – juris Rn. 3; ebenso VG Augsburg, U.v. 27.11.2011 – Au 1 K 12.1064 – juris Rn. 21; VG Düsseldorf, B.v. 26.1.2012 – 23 L 1939/11 – juris Rn. 24).
Die Pferdehaltungs-Leitlinien des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz führen aus, dass mangelnde Bewegung Ursache von Verhaltensstörungen sein kann. Entsprechend haben sich auch die Amtstierärztinnen in der mündlichen Verhandlung eingelassen. Sie haben daneben ausgeführt, dass verschiedene Verhaltensweisen von „C …“ und „A …“ aus tierärztlicher Sicht den Charakter von Verhaltensstörungen aufweisen und auf der eingeschränkten Bewegungsmöglichkeit der Tiere beruhen. Dazu zählt namentlich das großflächige Annagen der Holzboxen durch beide Tiere, die nach amtstierärztlicher Beurteilung als aus Bewegungsmangel und zu kurzen Fresszeiten folgende Verhaltensstörung zu qualifizieren ist. Von der Norm abweichend ist auch, dass die beiden Pferde auf der Weide förmlich explodieren; ein Verhalten, das nach Darstellung der Amtstierärztinnen bei Gewährung einer ausreichenden Bewegungsmöglichkeit nicht auftritt und sich als Folge von stundenlangem Stehen in der Box darstellt. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser fachlichen Einschätzung zu zweifeln. Insbesondere rechtfertigt die auf eigene Erfahrung gestützte Äußerung der Klägerseite, Pferde nagten nun einmal gerne frisches Holz an, kein Abgehen von der sachkundigen Auffassung der Amtstierärztinnen, denen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt. Aus den dargestellten Verhaltensstörungen ist deshalb auf ein Leiden der beiden Pferde zu schließen.
Hinzu kommt, dass nach dem vorgelegten Bewegungsplan und nach den Einlassungen der Klägerseite ein freier Auslauf teils wochenlang nicht gewährt wird. Legt man die Aussage des Klägers bei der Kontrolle am 29.12.2016 zugrunde, dann wird dem Pferd „A …“ sogar überhaupt kein Auslauf gewährt. Derart weitgehende Einschränkungen der freien Bewegung würden nach Überzeugung des Gerichts den Schluss auf ein Vorliegen von Leiden selbst dann rechtfertigen, wenn keine Verhaltensstörungen vorlägen (ebenso BayVGH, B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010 – juris Rn. 3).
Über die Frage, ob es sich hierbei um erhebliche Leiden im Sinne des § 17 Nr. 2 Buchst. b TierSchG handelt, hat das Gericht nicht zu befinden.
2) Die dargestellten Leiden sind vermeidbar, weil dem Halter Maßnahmen zuzumuten sind, die unter Vermeidung dieser Leiden ein ausreichendes Maß an Bewegungsfreiheit gewährleisten (Lorz/Metzger, TierSchG, 6. Aufl. 2008, § 2 Rn. 43). Es handelt sich um eine Frage der Verhältnismäßigkeit, die eine Abwägung der Interessen des Tierhalters mit den tierschutzrechtlichen Belangen erfordert (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 2 Rn. 48). Bei der Herstellung des Ausgleichs kann nach der Rechtsprechung allerdings nicht schlechterdings jeder für den Halter streitende Aspekt eine Entscheidung zu dessen Gunsten gebieten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Haltung von Legehennen insbesondere festgehalten, dass nicht jede Erwägung der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung aus sich heraus im Sinne des § 1 Satz 2 TierSchG ein vernünftiger Grund für die Zufügung von Schmerzen, Schäden oder Leiden sein kann (U.v. 6.7.1999 – 2 BvF 3-90 – NJW 1999, 3253/3255). Für die nach § 2 Nr. 2 TierSchG erforderliche Abwägung kann nichts anderes gelten.
Der Kläger bringt vor, für den Auslauf von „C …“ und „A …“ stehe ihm keine dauerhaft geeignete Fläche zur Verfügung. Die Weiden des … e.V. seien gerade in der kalten Jahreszeit mitunter lange vereist, morastig oder aus anderen Gründen gesperrt. Vor allem bei vereister Weide berge ein freier Auslauf ein erhebliches Verletzungsrisiko. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Tiere auf der Weide förmlich explodieren würden. Ausweislich des Protokolls der Kontrolle vom 29.12.2016 hat sich der Kläger damals zusätzlich dahingehend geäußert, dass er keine Zeit habe, die Tiere täglich auf die Weide zu bringen.
Das Gericht verkennt nicht, dass die vom Kläger praktizierte Haltung seiner beiden Pferde ohne regelmäßigen, freien Auslauf in vielen Pferdehaltungen gängige Praxis ist. Es hat sich bei seiner Prüfung des § 2 Nr. 2 TierSchG aber nicht von der Frage der Üblichkeit, sondern von dem in § 1 TierSchG niedergelegten Gesetzeszweck leiten zu lassen. Bei der vorzunehmenden Abwägung sind die Interessen der Klägers an einer Nicht-Gewährung von Auslauf letztlich als Interessen wirtschaftlicher Natur zu qualifizieren. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dass ihm die Gewährung von Auslauf im Freien – etwa wegen des Gesundheitszustands der Pferde – schlechterdings unmöglich wäre. Sein Vortrag ergibt nur, dass ihm auf dem Gelände des … e.V. nicht dauerhaft Weiden zur Verfügung stehen, die aus seiner Sicht für einen Auslauf geeignet wären. Davon abgesehen, dass ein solcher Einwand schon nicht ausreicht, die vom Kläger zunächst vorgetragene, vollständige Verweigerung von Auslauf im Freien zu rechtfertigen, ist er auch aus fachlicher Sicht nicht überzeugend. Die Amtstierärztinnen des Beklagten haben aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dargelegt, dass es für Pferde nicht schädlich ist, wenn sie bis zu sechs Stunden täglich in einem feuchten, an manchen Stellen durchaus tieferen Morast stehen, sofern sie danach auf einen trockenen, verformbaren und hygienischen Boden gebracht werden. Auch ein gefrorener Boden ist nach der fachkundigen Beurteilung der beamteten Tierärztinnen als Auslauf für Pferde nicht per se ungeeignet: Zum einen, weil der Boden durch die Beanspruchung mitunter wieder weich wird, zum anderen, weil Pferde ihre Bewegungen an die Bodenverhältnisse anpassen können.
Soweit das vom Kläger geltend gemachte Interesse danach überhaupt noch besteht, vermag es sich als bloß wirtschaftlicher Einwand nicht gegen die vorliegend betroffenen Belange des Tierschutzes durchzusetzen. Der Kläger hat – wie der Beklagte zurecht ausführt – die Möglichkeit, eine bei jeder Art von Witterungsverhältnissen uneingeschränkt nutzbare Auslauffläche zu schaffen. Namentlich wäre die Nutzung einer hinreichend großen, befestigten Freifläche möglich. Zwar mag eine solche gegenwärtig auf dem Gelände des … e.V. nicht vorhanden sein. Der Vorstand des Vereins hat aber ausweislich der Behördenakte erklärt, dass mehrere Pferde Auslauf auch auf privaten Flächen erhielten. Darüber hinaus wäre es dem Kläger möglich, „C …“ und „A …“ in einem anderen Stall unterzubringen, der über solche befestigten Auslaufflächen verfügt. Dass derartige Lösungen gegebenenfalls mit Aufwand und Kosten für den Kläger einhergehen würden, führt nicht zu einem Überwiegen seiner Interessen gegenüber den Belangen des Tierschutzes. Denn zum einen sind bloße wirtschaftliche Interessen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht ohne weiteres geeignet, Einschränkungen des Tierschutzes zu begründen. Wenn dies schon für eine kommerziell betriebene Hühnerhaltung großen Umfangs gilt, so kann für die vom Kläger betriebene Haltung zweier Sportpferde nichts anderes gelten. Zum anderen stehen diesen lediglich wirtschaftlichen Gründen gewichtige Interessen des Tierschutzes gegenüber, weil den betreffenden Tieren durch die Bewegungseinschränkungen Leiden entstehen. Der Halter hat aber mit der Übernahme der Fürsorge für die Pferde auch die Verpflichtung übernommen, das Leben und Wohlbefinden dieser seiner Mitgeschöpfe zu schützen und ihnen Schmerzen, Leiden oder Schäden nur bei Vorliegen vernünftiger Gründe zuzufügen (§ 1 TierSchG). Namentlich ist er nach § 2 Nr. 2 TierSchG verpflichtet, den Tieren eine hinreichende, artgemäße Bewegungsmöglichkeit einzuräumen. Hat er mit dem Eintritt in die Halterstellung diese Verpflichtungen übernommen, so kann er sich diesen nicht mit dem Hinweis auf bloße wirtschaftliche Belastungen wieder entziehen. Es ist im Gegenteil Sache des Klägers, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, damit sich seine Pferde artgemäß bewegen können (VG Düsseldorf, U.v. 4.12.2006 – 23 K 4059/05 – juris Rn. 22). Die Verpflichtung zur Gewährung freien Auslaufs gilt daher ohne Rücksicht auf das Vorhandensein und die Nutzbarkeit von Auslaufmöglichkeiten. Das Argument des Klägers, geeignete Auslaufmöglichkeiten stünden ihm nicht oder nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung, ist folglich nicht geeignet, die aus § 2 Nr. 2 TierSchG abgeleitete Forderung nach einem mindestens dreistündigen Auslauf im Freien zu relativieren (ebenso VG Düsseldorf, U.v. 4.12.2006 – 23 K 4059/05 – juris Rn. 22).
b) Die angegriffene Anordnung wahrt die Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Dieser ist vorliegend von Verfassungs wegen, aber auch im Hinblick darauf zu beachten, dass die Leitlinien einen Auslauf „sooft wie möglich“ vorgeben. Insoweit ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, Anh. § 2 Rn. 96).
Die in Nr. 1.1 getroffene Anordnung verletzt nicht das Übermaßverbot. Zwar enthält sie in der im Bescheid vom 25.1.2017 enthaltenen Fassung keine ausdrücklichen Ausnahmen. Solche Ausnahmen sind aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch nicht geboten. Soweit der Kläger geltend macht, die Pflicht zur Gewährung von Auslauf sei auf die Fälle zu beschränken, in denen die Weiden des … e.V. gefahrlos nutzbar seien, ergibt sich dies bereits aus dem oben unter c) 2) Gesagten: Die Belange des Tierschutzes überwiegen etwaige finanzielle Belastungen, die dem Kläger aus der Schaffung oder Zugänglichmachung eines stets nutzbaren Auslaufs entstünden, weshalb es insoweit keiner Ausnahme von der in Nr. 1.1 niedergelegten Anordnung bedurfte.
Soweit die Amtstierärztinnen in der mündlichen Verhandlung dargelegt haben, dass der Schutz der Tiergesundheit in sehr seltenen Fällen völlig widriger Witterung einen Verzicht auf Auslauf im Freien erforderlich machen könne, führt dies ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit des Bescheids. Erstens ist schon zweifelhaft, ob diese nach fachkundiger Beurteilung absoluten Ausnahmefälle (ganztätig sehr starker Regen oder ganztätig sehr starker Wind, nicht aber niedrige Temperaturen) wegen ihrer Seltenheit überhaupt eine ausdrückliche Ausnahme im Bescheid vom 25.1.2017 erforderlich machen. Wohl vor diesem Hintergrund hat jedenfalls das Verwaltungsgericht Düsseldorf (U.v. 4.12.2006 – 23 K 4059/05 – juris Rn. 22) eine Anordnung ohne ausdrückliche Ausnahmen für rechtmäßig erachtet. Zweitens gibt die Formulierung der angegriffenen Regelung, wonach den Pferden Auslauf „anzubieten ist“, bei Auslegung am tatsächlichen Willen der Behörde nicht vor, die Tiere bei ganztags starkem Wind oder starkem Regen ins Freie zu bringen. Denn gefordert ist lediglich ein Anbieten, das etwa in der Form geschehen kann, dass bei einer Stallhaltung mit angegliedertem Auslauf den Tieren die Möglichkeit zum selbständigen Verlassen des Stalls geboten wird. In Situationen absolut ungeeigneter Witterung fordert Nr. 1.1 des angegriffenen Bescheids also gerade nicht, dass sich die Tiere tatsächlich auch mindestens drei Stunden im Freien aufhalten. Drittens haben die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass für die näher dargestellten, absoluten Ausnahmefälle hinsichtlich der Witterung eine Ausnahme von der Pflicht zur Gewährung freien Auslaufs gelten soll. Jedenfalls damit ist dem Übermaßverbot genügt.
c) Die angegriffene Regelung ist vor diesem Hintergrund auch hinreichend bestimmt. Dies ist nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dann der Fall, wenn aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang – vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung – im Weg einer auf den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit über den Inhalt der Regelung gewonnen werden kann (BayVGH, B.v. 5.4.2017 – 9 ZB 15.358 – juris Rn. 6). Hieran besteht angesichts des klaren Wortlauts der Nr. 1.1 und jedenfalls nach der oben unter b) vorgenommenen Auslegung kein Zweifel.
d) Der Beklagte hatte hinsichtlich des angegriffenen Bescheids zwar kein Entschlie-ßungs-, wohl aber ein Auswahlermessen (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 3, 5). Dass er bei der Ausübung dieses Ermessens in dem vom Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbaren Rahmen fehlerhaft gehandelt hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Materiell rechtmäßig ist auch die dem Kläger in Nr. 1.2 des Bescheids vom 25.1.2017 auferlegte Verpflichtung, die Zeiten freier Bewegungsmöglichkeiten zu dokumentieren und der Behörde die Dokumentation auf Verlangen vorzulegen. Die Anordnung ist zur wirksamen Umsetzung und Überwachung der in Nr. 1.1 niedergelegten Pflicht erforderlich und stellt hierfür ein verhältnismäßiges Mittel dar. Es handelt sich also um eine Annexentscheidung zu Nr. 1.1, die als solche ebenfalls auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 TierSchG gestützt werden kann. Die zu Nr. 1.1 oben unter 1. getroffenen Feststellungen gelten entsprechend auch für die Nr. 1.2 mit der Folge, dass diese ebenfalls als materiell rechtmäßig anzusehen ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Auskunftsbefugnisse des Beklagten gemäß § 16 Abs. 2 TierSchG (BayVGH, B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010 – juris Rn. 5).
3. Auch die in Nr. 1.3 des angegriffenen Bescheids niedergelegte Verpflichtung, den Pferden „C …“ und „A …“ Heu oder anderes rohfaserreiches Futter so vorzulegen, dass dieses höchstens für Pausen von maximal vier Stunden nicht zur Verfügung steht, ist materiell rechtmäßig. Die Anordnung stützt sich ebenfalls auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG. Betroffen ist insoweit die Vorgabe des § 2 Nr. 1 TierSchG, der von allen Tierhaltern verlangt, ihr Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren.
Der Beklagte hat zutreffend angenommen, dass die art- und bedürfnisgerechte Ernährung von Pferden eine Fütterungsmethode erfordert, bei der Pausen ohne Heu oder anderes rohfaserreiches Futter vier Stunden nicht überschreiten (dazu a)). Er ist zu Recht davon ausgegangen, dass es zur Beseitigung vorhandener und zur Vermeidung künftiger Verstöße einer entsprechenden Anordnung bedurfte (dazu b)). Die getroffene Regelung ist auch verhältnismäßig (dazu c)).
a) Die Leitlinien des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz führen aus, dass für die Ernährung von Pferden ausreichend strukturiertes Futter unerlässlich ist. Falls kein Dauerangebot an rohfaserreichem Futter erfolgt, ist ein solches mindestens während insgesamt zwölf Stunden täglich anzubieten, wobei Fresspausen vier Stunden möglichst nicht überschreiten sollen. Die Amtstierärztinnen haben in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass sich Pferde unter naturnahen Bedingungen bis zu 16 Stunden täglich bewegten und dabei fortlaufend geringe Mengen rohfaserreiches Futter zu sich nähmen. Ihr Verdauungsapparat sei auf die kontinuierliche Aufnahme kleiner Futtermengen ausgelegt, weshalb es art- und bedürfnisgerecht sei, Pferden über einen möglichst langen Zeitraum rohfaserreiches Futter anzubieten. Die Leitlinien sind vom Gericht als antizipierte Sachverständigengutachten zu würdigen, während den beamteten Tierärztinnen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt. Am Erfordernis, Fresspausen für Pferde möglichst auf vier Stunden zu begrenzen, besteht deshalb aus Sicht des Gerichts kein Zweifel.
b) Zurecht hat der Beklagte angesichts dessen einen Anlass für die in Nr. 1.3 des angegriffenen Bescheids getroffene Regelung angenommen. Denn der Kläger hatte bei der Tierschutzkontrolle am 29.12.2016 erklärt, die Pferde erhielten – neben Kraftfutter – zweimal täglich Heu, jeweils morgens und abends. Nach den behördlichen Feststellungen befand sich zum Zeitpunkt der Kontrolle, gegen 13:30 Uhr, kein Heu in den beiden Boxen. Eine Ortsbegehung am 15.2.2017 gegen 11:15 Uhr ergab, dass dem Pferd „A …“ Heu in zwei Netzen angeboten wurde, wohingegen sich in „C …“ Box kein Heu befand. Dies deckt sich mit der Einlassung des Klägers, dass die beiden Tiere das zur Verfügung gestellte Heu unterschiedlich schnell fräßen. Vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte auch ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass die beiden Pferde Heu nicht derart kontinuierlich erhielten, dass die Fresspausen vier Stunden nicht überschritten.
Nicht verfangen kann dagegen der Einwand des Klägers, die Fütterung der Tiere ginge auf eine tierärztliche Empfehlung zur Vermeidung von Koliken und zur Gewichtsreduzierung zurück. Zum einen ist nach dem von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Aktenvermerk schon zweifelhaft, dass eine Empfehlung entsprechenden Inhalts überhaupt ausgesprochen wurde. Zum anderen betrifft die Anordnung in Nr. 1.3 des angegriffenen Bescheids nicht die Menge der Fütterung, sondern lediglich die Art und Weise des Futterangebots. Denkbar ist etwa, den Tieren die gleiche Menge Heu wie bisher in Netzen zur Verfügung zu stellen, um dadurch ihre Fressgeschwindigkeit zu verringern. Der Kläger hat nicht dargetan, wieso die Ziele der von ihm ins Feld geführten, tierärztlichen Empfehlung durch ein solches Vorgehen gefährdet würden.
Unbeachtlich ist schließlich auch, dass beide Pferde nach Darstellung Frau 1 … in der mündlichen Verhandlung nunmehr Heu in Netzen erhalten. Denn selbst wenn dadurch – was nicht feststeht – der Nr. 1.3 des Bescheids vom 25.1.2016 Folge geleistet würde, so berührte dies nicht die Rechtmäßigkeit der Anordnung, sondern allenfalls deren Erfüllung (BayVGH, B.v. 27.4.2004 – 26 CS 04.1010 – juris Rn. 3).
c) Die getroffene Anordnung ist auch verhältnismäßig. Die Verhältnismäßigkeit der Nr. 1.3 des Bescheids vom 25.1.2017 ist hier nicht nur von Verfassungs wegen, sondern auch deshalb zu prüfen, weil § 2 Nr. 1 TierSchG von einer „angemessenen“ Ernährung spricht und die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vorgeben, dass Fresspausen vier Stunden „möglichst“ nicht überschreiten sollen. Für die Rechtmäßigkeit der Anordnung ist deshalb erforderlich, dass die Interessen des Halters und die Belange des Tierschutzes angemessen in Ausgleich gebracht wurden (Lorz/Metzger, TierSchG, 6. Aufl. 2008, § 2 Rn. 28; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, Anh. § 2 Rn. 96).
Dies ist vorliegend zu bejahen. Zwar bringt die Verpflichtung, „C …“ und „A …“ Futter in einer bestimmten Art und Weise vorzulegen, gewisse Belastungen für den Kläger mit sich. Diese sind allerdings als gering einzustufen. Denn vom Kläger ist nicht verlangt, den Tieren mehr als zweimal am Tag Futter anzubieten. Vielmehr lassen sich Fresspausen auch dadurch vermeiden, dass den Tieren Heu in Netzen angeboten wird. Die Leitlinien nennen zudem Sparraufen und zeitgesteuerte Raufen als weitere Mittel. Den dadurch nur geringfügig beeinträchtigten Interessen des Klägers stehen gewichtige Belange des Tierschutzes gegenüber. Die beamteten Tierärztinnen haben erläutert, dass das Fressen bei Pferden auch der Beschäftigung dient. Langes Stehen in der Box ohne kontinuierliches Futterangebot – und damit ggfs. ohne adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten – kann zu Verhaltensstörungen führen. Die Amtstierärztinnen erachten das durchaus großflächige Annagen der Holzboxen durch
„C …“ und „A …“ auch als Folge eines bislang durch zu lange Pausen unterbrochenen Futterangebots. Das Gericht, das die vorrangige Beurteilungskompetenz der beamteten Tierärztinnen zu beachten hat, sieht keinen Anlass, von dieser Einschätzung abzugehen.
4. Gegen die Rechtmäßigkeit der in Nr. 3 des Bescheids vom 25.1.2017 angedrohten Zwangsgelder und der Kostenentscheidung in Nr. 4 sind Einwände weder vorgetragen noch ersichtlich.
III.
Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Satz 1 VwGO.
IV.
Grundlage der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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