Europarecht

Reisevertrag: Beschreibung einer Flugpauschalreise im Reiseprospekt mit Bahntransfer zum Flughafen ohne Hinweise auf ein zusätzliches Entgelt

Aktenzeichen  X ZR 29/20

Datum:
29.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:290621UXZR29.20.0
Normen:
§ 651a BGB vom 23.07.2002
§ 651c Abs 2 BGB vom 02.01.2002
Spruchkörper:
10. Zivilsenat

Leitsatz

Ist im Reiseprospekt bei der Beschreibung einer Flugpauschalreise der Bahntransfer zum Flughafen ohne Hinweis auf ein zusätzliches Entgelt als “Vorteil” aufgeführt, ist dies aus Kundensicht in der Regel dahin zu verstehen, dass es sich um eine vom Reiseunternehmen angebotene Leistung handelt, die vom genannten Pauschalpreis umfasst ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – Xa ZR 46/10, RRa 2011, 20).

Verfahrensgang

vorgehend OLG Koblenz, 1. April 2020, Az: 5 U 1638/19vorgehend LG Koblenz, 8. August 2019, Az: 16 O 106/18

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 1. April 2020 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Kläger hatten bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Kuba für zwei Personen zum Preis von insgesamt 3.598 Euro gebucht. Der Hinflug sollte am 25. November 2017 um 12:05 Uhr vom Flughafen Düsseldorf starten. Grundlage der Buchung war ein Werbeprospekt, der die Beklagte als Reiseveranstalter nannte. In dem Prospekt wird die Reise optisch hervorgehoben und schlagwortartig wie folgt beschrieben:
“Kuba
• 16tägige Reise inkl. Flug
• Mittelklassehotels/Vollpension
• 4-Sterne Hotel/All Inclusive
• Garantierte Durchführung
pro Person ab 1.799,-“.
2
Im kleiner gedruckten Text des Angebots werden nach einer Beschreibung des Reiseverlaufs als “Inklusivleistungen” u.a. der Hin- und Rückflug, der Transfer vom und zum Flughafen Havanna oder Varadero sowie eine Rundreise in Kuba aufgeführt. Unmittelbar anschließend heißt es:
3
“Vorteil: Zug zum Flug 2. Klasse incl. ICE-Nutzung”.
4
In der den Klägern übermittelten Buchungsbestätigung wird die Reise wie folgt beschrieben:
“Kuba RR mit Baden Cayo Santa Maria
Vom 25.11.17 bis 9.12.17  2 Erwachsene
Die Anzahl der Tage entspricht den Übernachtungen im Zielgebiet
1 Doppelzimmer gem. Programm 3.598 Euro
Ihr Vorteil, Zug zum Flug*
*Diesen Service bieten wir Ihnen in Kooperation mit der Deutschen Bahn AG an. Er gilt innerhalb Deutschlands. Detaillierte Informationen erhalten Sie unter http://www.z.    .de”.
5
Die genannte Adresse führt zur Rubrik “Zug zum Flug” auf den Internetseiten der Beklagten. Dort findet sich u.a. folgender Text:
“Zug zum Flug
Der Direktbuchervorteil von B.  & M.  in Kooperation mit der Deutschen Bahn AG
In Kooperation mit unserem Partner, der Deutschen Bahn AG, bieten wir Ihnen einen Anreiseservice für die meisten Reisen aus unserem Programm. Kein Stau, kein Stress, keine teuren Parkhäuser. Mit unserem ‘Zug zum Flug’-Paket haben Sie für alle innerhalb Deutschlands gelegenen Abflughäfen (…) optimalen Anschluss an den internationalen Luftverkehr.”
6
Nach Zahlung des Reisepreises erhielten die Kläger von der Beklagten die Reiseunterlagen, die als Seiten 11 und 13 zwei “Zug zum Flug Fahrkarten” für den Abreise- und den Ankunftstag umfassten. Die Fahrkarten tragen links oben das Logo der Deutsche Bahn AG und rechts oben das Logo der Beklagten.
7
Die Seiten 12 und 14 der Reiseunterlagen enthalten unter der Überschrift
“Zug zum Flug
ein Beitrag von B.  & M.  zum Klimaschutz”
gleichlautende Hinweise zu den Fahrkarten, in denen es u.a. heißt:
“Da bei öffentlichen Verkehrsmitteln Verspätungen nie ganz ausgeschlossen werden können, sollten Sie Ihre Verbindung so wählen, dass Sie Ihren Abflugflughafen spätestens zwei Stunden vor dem Start Ihres Flugzeuges erreichen. Jeder Reisende ist für seine rechtzeitige Anreise zum Flughafen selbst verantwortlich.”
8
Für Fahrplanauskünfte wird dort auf Reisebüros, DB-Agenturen und die Internetseite der Deutsche Bahn AG verwiesen.
9
Nach der von den Klägern bei der Bahn eingeholten Auskunft sollten sie bei einer Abfahrt vom Heimatbahnhof um 5:29 Uhr um 9:27 Uhr am Flughafen Düsseldorf eintreffen. Tatsächlich erreichten die Kläger den Flughafen erst um 11:35 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war der Einsteigevorgang bereits abgeschlossen. Die Kläger wurden abgewiesen und konnten das Flugzeug, das pünktlich startete, nicht mehr erreichen. In einem kurz nach dem Start des Flugzeugs geführten Telefonat bot die Beklagte den Klägern die Buchung eines Ersatzflugs für einen Aufpreis von 2.400 Euro an. Die Kläger lehnten dies ab und traten die Heimreise an.
10
Die Kläger machen geltend, die Zugverspätung, aufgrund derer sie den Flug verpasst hätten, sei als Mangel der bei der Beklagten gebuchten Reise anzusehen. Sie begehren die Erstattung des Reisepreises und eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude in Höhe von 50 % des Reisepreises, insgesamt 5.397 Euro.
11
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.


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