Europarecht

Schadensersatz, Bescheid, Kaufpreis, Berufung, Fahrzeug, Sittenwidrigkeit, Rechtsanwaltskosten, Vollziehung, Revision, Mitverschulden, Feststellung, Kaufvertrag, Schadensersatzanspruch, Software, Kosten des Rechtsstreits, Kosten des Berufungsverfahrens, Zug um Zug

Aktenzeichen  21 U 3704/21

Datum:
21.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11357
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

41 O 2017/20 2021-05-06 Urt LGINGOLSTADT LG Ingolstadt

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 06.05.2021, Az. 41 O 2017/20, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 30.292,26 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2020 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw Audi SQ5, FIN: ….
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klagepartei 45%, die Beklagte 55%.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3.  Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klagepartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die die Klagepartei gegen die Beklagte wegen des Erwerbs eines Diesel-Pkws geltend macht.
1. Die Klagepartei erwarb am 09.10.2017 zu einem Preis von 54.500,00 € brutto von einem Dritten einen Gebrauchtwagen Audi SQ5 3.0 TDI 240 kw (326 PS), Erstzulassung 15.09.2016, Schadstoffklasse Euro 6. Das Auto ist mit einem V6-Dieselmotor ausgestattet und nicht mit einem Motor EA 189. Der Motor trägt die Bezeichnung „8R“ und den Motorkennbuchstaben „CVUB“. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens und des Motors. Der Kilometerstand betrug zum Zeitpunkt des Erwerbs 12.499 km, zum Zeitpunkt des Termins der mündlichen Verhandlung erster Instanz 62.995 km und zweiter Instanz 75.197 km.
Der Kauf erfolgte teilweise finanziert über die A. -Bank (Zweigniederlassung der V .Bank GmbH); es fielen Finanzierungskosten an in Höhe von 948,41 €. Die Darlehensabrede enthielt eine Vereinbarung über ein verbrieftes Rückgaberecht. Danach bestand für die Klagepartei die Möglichkeit, bei Fälligkeit der Schlussrate i.H.v. 23.273,00 € das Fahrzeug an die Verkäuferin zurückzugeben zu einem bereits festgelegten Kaufpreis, und zwar in Höhe von ebenfalls 23.273,00 € bei einer Kilometerleistung von 57.499 km mit Verrechnung von Kaufpreis und Restdarlehensforderung. Es wurden außerdem Bestimmungen getroffen zur Anpassung dieses Preises je nach Kilometerleistung und Zustand des Fahrzeugs. Die Klagepartei machte von diesem Recht keinen Gebrauch, sondern löste das Darlehen Oktober/November 2020 vollständig ab.
Die Abgasreinigung erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug über die Abgasrückführung. Dabei wird ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt im Rahmen eines “Thermofensters”. Außerdem kommt eine Abgasreinigung über eine Abgasnachbehandlung in Form der Selective Catalytic Reduction (SCR) zum Einsatz.
Das Fahrzeug ist betroffen von einem verbindlichen Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt mit Bescheid vom 01.12.2017, Az.: 400-52.A/001#040, mit der Begründung „unzulässige Abschalteinrichtung“ im Zusammenhang mit der sog. schnellen Aufheizfunktion (Anlage K9).
Der Bescheid lautet – auszugsweise – wie folgt:
„(…) 
Anordnung nachträglicher Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung der Gesamtfahrzeuge:
– Audi Q5 3.0 l Diesel Euro 6, Typ 8R
– Audi SQ5 3.0 l Diesel Euro 6, Typ 8R
(…)
aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes und der Auswertung aller vorliegenden Unterlagen ergeht folgender
 Bescheid:
1. Es werden folgende nachträgliche Nebenbestimmungen für die der A. AG (nachfolgend A.) vom KBA erteilten Typengenehmigungen (siehe Anlage 1) gemäß § 25 Absatz 2 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) angeordnet. Diese Fahrzeugtypgenehmigungen beinhalten die gleichfalls in Anlage 1 dargestellten Emissionstypgenehmigungen der luxemburgischen Genehmigungsbehörde SNCH.
– bei allen auf Basis der oben genannten Fahrzeugtypgenehmigungen (einschließlich ihrer zutreffenden Nachtragsstände) produzierten Fahrzeuge ist die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen, indem alle unzulässigen Abschalteinrichtungen im Sinne von Nr. 2.16 in Verbindung mit Nr. 5.1.2.1 der UN–Regelung Nr. 83 und Artikel 3 Nr.10 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 aus dem Emissionskontrollsystem entfernt werden.
– Alle betroffenen produzierten Fahrzeuge sind umzurüsten. Hierbei ist der vom KBA freigegebene Datenstand der Motorsteuerungssoftware in die Fahrzeuge einzubringen.
– Audi hat dafür Sorge zu tragen, dass schon produzierte aber noch nicht erstmals in den Verkehr gekommene Fahrzeuge vor der Erstzulassung auf den freigegebenen Datenstand der Motorsteuerungssoftware umgerüstet werden.
2. Audi hat bis zum 11.12.2017 für bereits produzierte aber noch nicht erstmals zugelassene Fahrzeuge ohne freigegebenen Datenstand der Motorsteuerungssoftware zulassungsrelevante Identifizierungsmerkmale zu liefern. Sofern es keine solchen Fahrzeuge gibt, ist dies dem KBA gegenüber zu bestätigen.
3. Audi hat bis zum 29.12.2017 eine technische Maßnahme sowie einen Zeitplan zu Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit vorzustellen. In Abhängigkeit vom Fortgang wird das KBA im weiteren Verfahren endgültige Termine für den Ablauf der Rückrufaktion festlegen. Etwaige notwendig werdende Abweichungen vom Plan sind mit dem KBA rechtzeitig abzustimmen. Über den Erfolg der Rückruf- und Umrüstaktion ist dem KBA regelmäßig zu berichten. Durch Beibringen geeigneter Nachweise ist das Entfernen der unzulässigen Abschalteinrichtungen sowie darauf folgend die Einhaltung aller motorrelevanten Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG zu belegen. Über die Eignung entscheidet das KBA.
4. Die sofortige Vollziehung vorstehender Maßnahmen wird gemäß § 80 Absatz 2 Nr. 4 VwGO angeordnet.”
Sachverhalt:
Das KBA untersucht u.a. die von Audi entwickelten und von verschiedenen Marken des V.-Konzerns verbauten Dieselmotoren mit 3,0 l Hubraum. Vorliegend umfasst sind Fahrzeuge Audi Q5 und Audi SQ5 mit jeweils 3.0 l Diesel Euro 6. Eigene technische Prüfungen wurden durch das KBA nicht durchgeführt.
Es haben mehrere Besprechungen zu den benannten Fahrzeugen durch das KBA stattgefunden, in denen Vertreter von Audi entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt haben. Zuletzt fanden am 24.10.2017, am 02.11.2017 sowie am 09.11.2017 Gespräche statt. Die bei den letzten Gesprächen von Audi vorgelegten Dokumente zeigen, dass im obigen Fahrzeugmodell zum Teil unzulässige Abschalteinrichtungen im Emissionskontrollsystem vorgenommen werden.
Insgesamt verwendet Audi vier verschiedene Strategien im Emissionskontrollsystem der benannten Fahrzeuge, die im Folgenden in den Strategien A- D dargestellt werden.
Strategien A und B
Die von A. verwendeten Strategien A und B werden nahezu ausschließlich unter den Bedingungen der Prüfung Typ 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genutzt. Der Nutzung einer Aufheizstrategie (Strategie A) bei der Prüfung Typ 1 geht die Nutzung einer Strategie „Alternatives Aufheizen“ (Strategie B) während der Vorkonditionierung des Fahrzeugs zum Zwecke der Prüfung Typ 1 voraus. Beim Einsatz beider Strategien wird die Überschreitung des NOx -Grenzwertes von 80 mg/km bei der Prüfung Typ 1 sicher vermieden.
Bei der Strategie A wird zum Starten der Aufheizstrategie eine Vielzahl von Initialisierungsparametern verwendet, die über eine UND- Verknüpfung miteinander verknüpft sind. D.h., alle Bedingungen müssen gleichzeitig vorliegen, dann wird die Aufheizstrategie genutzt. Die zu den Parametern gehörenden Werte (Schaltbedingungen) sind so eng bedatet, dass die Aufheizstrategie nahezu ausschließlich im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und den dort definierten Prüfbedingungen wirkt. Schon kleine Abweichungen in Fahrprofil und Umgebungsbedingungen führen zur Abschaltung der Aufheizstrategie.
Der auf den Prüfzyklus Typ 1 abstellenden Strategie A ist eine Strategie B vorgelagert. Strategie B ist durch einen Softwarealgorithmus gekennzeichnet, der die Vorkonditionierung des Fahrzeugs zur Durchführung der Prüfung Typ 1 erkennen kann. Mit dieser vor Konditionierungserkennung wird ein höherer NH3 -Füllstand im SCR erreicht.
Die Parameter und die zugehörigen Werte (Schaltbedingungen) sind so bedatet, dass sie die Vorkonditionierung des Fahrzeugs mit drei außerstädtischen Fahrzyklen des NEFZ sowie das damit einhergehende Lastprofil erkennen.
Strategie C
Weiterhin besitzt das in Rede stehende Fahrzeug keine Strategie (Re- Entry Aufheizen = Strategie C), mit der unter normalen Betriebsbedingungen der erneute Einstieg in die Aufheizstrategie ermöglicht wird.
Strategie D
Zudem werden beim Betrieb des SCR -Katalysators zwei unterschiedliche Betriebsarten zur Eindüsung von Reagenz verwendet, welche als Parameter für die Umschaltung unter anderem die Fahrzeuggeschwindigkeit verwenden. Unterschieden werden der Speicher- und der Onlinebetrieb.
Begründung:
Die Entscheidung über die Anordnung nachträglicher Nebenbestimmungen steht gemäß § 25 Absatz 2 EG-FGV im pflichtgemäßen Ermessen des KBA. Dem Zweck dieser Ermächtigung folgend sind zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit nachträglich Nebenbestimmungen anzuordnen, da die bei den benannten Fahrzeugen angewandte Strategie A als unzulässige Abschalteinrichtung zu bewerten ist.
Mit der Strategie A enthält das Motorsteuergerät eine Abschalteinrichtung. Durch Erfassung und Auswertung verschiedener physikalische Größen wird eine Aufheizstrategie im Emissionskontrollsystem betrieben oder abgeschaltet. Wird die Aufheizstrategie (Strategie A) abgeschaltet, verschlechtert sich das Stickoxidemissionsverhalten.
Solche Abschalteinrichtungen sind nach Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 unzulässig. Sie sind dann zulässig, wenn die in Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 Buchstaben a)-c) der VO (EG) Nr. 715/2007 genannten Gründe vorliegen.
Gemäß Buchstabe a) liegen nicht vor. Aus den Schaltkriterien lässt sich keine stichhaltige Begründung für einen Motorschutzgrund ableiten.
Gründe gemäß Buchstaben b) liegen funktionsbedingt nicht vor.
Gründe gemäß Buchstabe c) scheinen gleichfalls nicht vorzuliegen. Hierzu wäre der Vortrag von A. nötig gewesen, dass die Emissionsgrenzwerte der Prüfung Typ 1 auch mit abgeschalteter Aufheizstrategie eingehalten werden. Anzumerken ist, dass die Einhaltung der Grenzwerte der limitierten Schadstoffe unter allen zulässigen Prüfbedingungen der VO (EG) Nr. 715/2007 und nicht nur unter idealisierten Bedingungen gegeben sein muss.
Die Wirkung des Emissionskontrollsystems wird durch die Verwendung einer mit einer Prüfzykluserkennung einhergehenden Aufheizstrategie (Strategie A) außerhalb der Prüfbedingungen der VO (EG) Nr. 715/2007 in Verbindung mit der VO (EU) 692/2008 in unzulässigem Umfang verringert. Da Gründe gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2, Buchstaben a)- c) der VO (EG) Nr. 715/2007 hierfür nicht erkannt werden, wird die Strategie A als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 betrachtet.
Bei den Strategien B, C und D bestehen seitens des KBA Zweifel hinsichtlich ihrer Zulässigkeit. Audi hat sich bereit erklärt, freiwillig auf die Strategien B, C und D zu verzichten und diese aus der Software zu entfernen. Das heißt, dass auf die Erkennung der Vorkonditionierung und die damit einhergehende Anhebung des NH3-Füllstandes ausschließlich im Rahmen der Durchführung der Prüfung Typ 1 verzichtet und die Möglichkeit des Re-Entry geschaffen wird. Zur Umschaltung zwischen den Betriebsarten Speicher – und Onlinebetrieb des SCR-Katalysators werden keine weg- und geschwindigkeitsabhängigen, sondern andere physikalische Parameter verwendet. Weiterhin wird eine Erweiterung des Bereichs der Abgasrückführung vorgenommen. Deshalb erfolgt hinsichtlich der Zulässigkeit der Strategie B, C und D vorerst keine abschließende Entscheidung durch das KBA. Diese behält sich das KBA vor (…).
Hinweis:
Im Falle der Nichtbefolgung dieser Anordnungen ist das KBA gemäß § 25 Absatz 3 EG-FGV dazu berechtigt, die betroffene Typgenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen. (…)“
Die Beklagte hat hierzu ein Softwareupdate in Absprache mit dem Kraftfahrtbundesamt entwickelt. Dies wurde vom Kraftfahrtbundesamt geprüft und freigegeben mit Bescheinigung vom 26.11.2018 (Anlage B5). Die Klagepartei hat das Update aufspielen lassen am 07.08.2019.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.06.2020 (Anlage K3) forderte die Klagepartei die Beklagte zur Zahlung eines Betrags i.H.v. 54.500,00 € auf Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs bis zum 09.07.2020 einschließlich von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.954,46 € und kündigte an: „Sollten die Zahlungen nicht innerhalb oben genannter Frist erfolgen, werden wir Klage einreichen. Auf die damit verbundenen weiteren Kosten weisen wir hin.“
Erstinstanzlich (Klage vom 30.07.2020, zugestellt am 02.09.2020) begehrte die Klagepartei zuletzt die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags von 48.910,00 € nebst Rechtshängigkeitszinsen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie Feststellung von Annahmeverzug der Beklagten mit der Rücknahme und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen.
Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
2. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.05.2021 nach informatorischer Anhörung der Klagepartei im Wesentlichen stattgegeben, zur Erstattung des Kaufpreises zuzüglich der Finanzierungskosten abzüglich einer Nutzungsentschädigung (degressiv berechnet auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km) nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs und Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt, die Klage hinsichtlich der beantragten Feststellung des Annahmeverzugs abgewiesen.
Die Haftung der Beklagten ergebe sich aus §§ 826, 31 BGB wegen des Herstellens und Inverkehrbringens von Dieselmotoren unter Verwendung einer Motorsteuerungssoftware in einer hohen Zahl von Fahrzeugen, durch welche unzulässig auf das Emissionsminderungssystem eingewirkt und damit das Emissionsverhalten des Motors auf dem Prüfstand anders gesteuert werde als im normalen Fahrbetrieb und die im Genehmigungsverfahren nicht offengelegt worden sei. Das Verhalten der Beklagten sei sittenwidrig; Beweggrund des heimlichen Einsatzes der unzulässigen Abschalteinrichtung seien Kostensenkung und Gewinnstreben, und zwar um den Preis der Schädigung einer unübersehbaren Vielzahl von Käufern wie auch Verkäufern wegen der Gefahr der Betriebsstilllegung unter Ausnutzung deren Vertrauens und Missachtung der Ziele des Schutzes der Allgemeinheit vor Luftverschmutzung wie Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen.
Durch die Entscheidung der Beklagten zum Einsatz dieser Software sei der Klagepartei ein kausaler Schaden entstanden. Hierfür spreche bereits die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand ein Fahrzeug gekauft hätte, bei dem aufgrund der verwendeten Technik Maßnahmen bis zur Stilllegung gedroht hätten. Auch das verbriefte Rückgaberecht lasse den kausalen Schaden nicht entfallen, da dieser bereits in der Entstehung einer ungewollten Verbindlichkeit liege.
Auch die subjektiven Haftungsvoraussetzungen – Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände wie Vorsatz – seien zu bejahen. Dabei bedürfe es keiner konkreten Feststellung, welcher Repräsentant der Beklagten i.S.v. § 31 BGB gehandelt hätte; die Beklagte sei insofern nicht ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen. Die vorliegende Abschalteinrichtung beruhe auf einer gezielten und ergebnisorientierten Programmierung; aufgrund ihres vielfachen Einsatzes spreche eine tatsächliche Vermutung für ein planvolles und absichtliches Vorgehen, wobei angesichts der Tragweite und Risiken der Entscheidung von einer solchen durch die Geschäftsleitung selbst auszugehen sei. Zu den unter § 31 BGB fallenden Repräsentanten gehörten auch diejenigen Angestellten, denen die Motor- und Softwareentwicklung bzw. die Entscheidung über die verwendeten Motoren oblag.
Es sei eine Nutzungsentschädigung abzuziehen. Hierzu nimmt das Landgericht eine degressive Berechnung vor auf der Basis der Schätzung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km; eine lineare Berechnung bilde den realen Wert der Nutzung nicht zutreffend ab.
3. Hiergegen wendet sich die Beklagtenpartei mit der Berufung und begründet dies mit Schriftsatz vom 13.09.2021 (Bl. 137 ff. d.A.). Sie verfolgt ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Sie wendet sich im Wesentlichen gegen folgende Aspekte:
Zu Unrecht werde ihr eine sittenwidrige Schädigungshandlung vorgeworfen wegen des Einsatzes der vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässige Abschalteinrichtung bewerteten Technologie im streitgegenständlichen Fahrzeug. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes genüge es im Sinne von § 826 BGB nicht, dass in einem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet worden sei; der bloße Verstoß gegen europäisches Recht begründe keine Sittenwidrigkeit. Das Kraftfahrtbundesamt vertrete die Auffassung, in dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp komme eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz. Die Bedatung der vom Kraftfahrtbundesamt beanstandeten Softwarebestandteile sei aber lediglich zu ändern bzw. aufzuweiten, um einen breiteren Anwendungsbereich im Straßenbetrieb zu gewährleisten. In Abgrenzung zur Funktionsweise der Umschaltlogik des Motors der V. AG EA 189 werde der Anwendungsbereich einer bereits im Fahrzeug vorhandenen Funktion ausgeweitet und keine neue Funktion geschaffen. Für die Typengenehmigung komme es allein auf die Messwerte im Prüfzyklus, und nicht im realen Straßenverkehr an. Es fehle an Feststellungen, die das moralische Unwerturteil i.S.v. § 826 BGB trügen.
Ferner wendet sie sich gegen die Feststellung eines kausalen Schadens. Hieran fehle es wegen der Zahlung der Schlussrate im Rahmen der bestehenden Vereinbarung eines verbrieften Rückgaberechts nach Kenntnis der Betroffenheit des Fahrzeugs von einer unzulässigen Abschalteinrichtung und Aufspielen des Softwareupdates. Sie wendet sich gegen die Feststellung der Kausalität unter Rückgriff auf den Erfahrungssatz, dass ein Käufer in Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung ein solches Fahrzeug nicht erworben hätte. Dem Erwerber eines derart hoch motorisierten Fahrzeugs komme es nicht auf Umweltschutzgesichtspunkte an. Der Kläger habe das Fahrzeug zudem nach Bekanntwerden des Dieselskandals erworben, was dafür spreche, dass ihm die Betroffenheit des Fahrzeugs von einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht wichtig gewesen sei. Dem Kläger sei es darum gegangen, dass das Fahrzeug für den Straßenverkehr zugelassen sei, d.h. eine wirksame EG-Typengenehmigung vorliegt, was der Fall sei. Sie wiederholt den Antrag auf Parteieinvernahme des Klägers.
Unzutreffend habe das Landgericht das Bestehen eines Schadens festgestellt, dieser sei nicht durch den Abschluss eines Kaufvertrages entstanden. Zudem zeige die Nichtausübung des verbrieften Rückgaberechts, dass der Kaufvertrag letztlich keinen ungewollten Vertragsschluss darstelle. Damit sei die Kausalität widerlegt. Der Kläger habe so den ursprünglichen Vertrag bestätigt.
Einem Anspruch stehe mit der Nichtausübung des verbrieften Rückgaberechts letztlich widersprüchliches Verhalten der Klagepartei i.S.v. § 242 BGB entgegen bzw. ein anspruchsverkürzendes Mitverschulden nach § 254 BGB.
Zu Unrecht habe das Landgericht den Vorsatz i.S.v. § 826 BGB wegen einer nicht erfüllten sekundären Darlegungslast der Beklagten angenommen. Der Klagevortrag genüge nicht zum Auslösen einer solchen.
Eine Haftung wegen vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sei zu verneinen. Jedenfalls sei die vorgerichtliche Tätigkeit von der Klagepartei nicht hinreichend dargestellt. Sie bestreitet, dass der Klageauftrag lediglich bedingt erteilt worden sei.
Im Berufungsverfahren beantragt die Beklagte:
I. In Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Ingolstadt, Az. 41 O 2017/20, wird die Klage insgesamt abgewiesen.
II. Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag nach Ziffer I. nicht stattgegeben werden sollte: Der Rechtsstreit wird, soweit zu Lasten der Beklagten entschieden wurde, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.
III. Höchst Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag nach Ziffer I. und dem nach Ziffer II. nicht stattgegeben werden sollte: Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Kläger und Berufungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Klagepartei beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und legt u.a. die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 30.07.2019 gegen R. S. u.a. vor.
5. Der Senat hat über den Rechtsstreit am 31.01.2022 mündlich verhandelt und den Kläger formlos angehört. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird weiter Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Berufung ist unbegründet bezüglich der erstinstanzlichen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 30.292,26 € Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs nebst Rechtshängigkeitszinsen; indes besteht kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Im Einzelnen:
1. Die Beklagte haftet auf Schadensersatz gem. §§ 826, 31 BGB. Sie hat die Klagepartei vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt mit der Inverkehrgabe eines Fahrzeugs mit einem von ihr hergestellten und entwickelten Motor, bei dem eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Gestalt der schnellen Aufheizstrategie in Verbindung mit weiteren Strategien zum Einsatz kam. Eine Kürzung des erstinstanzlich unter Ziffer 1 ausgesprochenen Betrages ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der weiteren Nutzung des Fahrzeugs durch die Klagepartei nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz.
a) Nach entsprechenden Hinweisen des Senats mit Verfügung vom 28.09.2021 (Bl. 170 d.A.) wie auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte es unstreitig gestellt, dass das Fahrzeug betroffen ist vom Rückruf vom 01.12.2017. In dem Fahrzeug kamen daher dementsprechend zunächst die Strategien A-D – auf die wörtliche Wiedergabe des Bescheids vorstehend wird Bezug genommen – zum Einsatz. Dies korrespondiert im Übrigen mit den Angaben in der Rückrufliste des Kraftfahrtbundesamtes (Stand: 13.01.2022, allgemein abrufbar unter: https://www.kba.de/DE/Themen/Marktueberwachung/Abgasthematik/uebersicht2_pdf.pdf; jsessionid=DBB7270489A6939479A4881193042C59.live11292? blob=publicationFile& v=6) wie auch mit den entsprechenden Ausführungen in der von der Klagepartei vorgelegten Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 30.07.2019 gegen R. S. u.a. (dort Bl. 24, 38).
b) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte vorliegend sittenwidrig gehandelt hat i.S.v. § 826 BGB, indem sie Fahrzeuge wie das Streitgegenständliche in den Verkehr gebracht hat. Denn diese Fahrzeuge sind/waren – unstreitig – von einem Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen, wobei die Arglist des Vorgehens bereits aufgrund der Machart der beanstandeten Abschalteinrichtung indiziert wird.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (grundlegend BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19). Ein Automobilhersteller handelt gegenüber dem Fahrzeugkäufer sittenwidrig, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt. Ein solches Verhalten steht einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 16 ff.).
Zwar wendet die Beklagte zutreffend ein, dass für die Feststellung einer Haftung nach § 826 BGB, und zwar bereits in Bezug auf die Frage nach der objektiven Sittenwidrigkeit, nicht die bloße Feststellung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der europarechtlichen Vorgaben genügt. Der darin liegende Gesetzesverstoß ist für sich allein nicht ohne Weiteres geeignet, den Einsatz der beanstandeten Technologie durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich anzusehen. Maßgeblich ist, ob entweder die beanstandete Technik darüber hinaus bereits aufgrund ihrer Machart als evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und durch Arglist geprägte Abschalteinrichtung dem Handeln ein sittenwidriges Gepräge gibt oder ob darüber hinaus weitere Umstände dazu treten, die den Einsatz der beanstandeten Technologie durch Verantwortliche der Beklagten als besonders verwerflich erscheinen lassen, die ein auf die arglistige Täuschung der Typengenehmigungsbehörde abzielendes Verhalten nahelegen. Auf die mittlerweile ständige Rechtsprechung des BGH zu „Thermofenstern“ (siehe BGH, Entscheidungen vom 19.01.2021, Az.: VI ZR 433/19, Rdnr. 16 ff.; vom 09.03.2021, Az.: VI ZR 889/20, Rdnr. 27, vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 11 ff., vom 15.09.2021, Az.: VII ZR 165/21, Rdnr. 26; vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 15 ff.; vom 29.09.2021, Az.: VII ZR 72/21, Rdnr. 25) in Abgrenzung zur Entscheidung des BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, wird Bezug genommen.
Vorliegend indiziert bereits die Machart der beanstandeten Technologie eine bewusste Täuschung der Genehmigungsbehörde und damit die Sittenwidrigkeit des Handelns der für die Beklagte handelnden Personen. Zwar mag die hier inmitten stehende Technologie anders konstruiert sein als die sog. „Umschaltlogik“ der Volkswagenmotoren EA 189, die für den Prüfstand und den realen Fahrbetrieb zwei verschiedene Betriebsmodi aktivierte und auf diese Weise die Einhaltung der Grenzwerte allein im Testbetrieb sicherstellte, und eine Behebung der Beanstandung hier durch ein bloßes Aufweiten der Daten möglich sein. Bei der streitgegenständlichen Technologie wird aber der gleiche Effekt wie bei der „Umschaltlogik“ lediglich auf andere Weise erzielt. Die Aktivierung der Aufheizstrategie, bei deren Verwendung die erforderlichen NOx-Abgaswerte jedenfalls zusammen mit der Strategie B sicher eingehalten werden, ist an eine Vielzahl von Initialisierungsparametern geknüpft, die außerdem sämtlich kumulativ vorliegen müssen. Die Schaltbedingungen sind dabei so eng bedatet, dass die Aufheizstrategie nahezu ausschließlich im Prüfstand unter den dort geltenden gesetzlich definierten Sonderbedingungen wirkt. Kleine Abweichungen führen zur Abschaltung der Aufheizstrategie. Die Aktivierung der Aufheizstrategie ist mithin zur Überzeugung des Senats gezielt auf den Prüfstandsbetrieb zugeschnitten. Die Abgasreinigung funktioniert damit eben gerade nicht im Prüfstand wie im Straßenverkehr im Grundsatz in gleicher Weise.
Dies bestätigt überdies auch die Zusammenschau mit den weiter eingesetzten Strategien. Die Strategie B erkennt die für den Prüfstandslauf gesetzlich vorgeschriebene Vorkonditionierung, sorgt so für einen höheren NH3-Füllstand im SCR-Katalysator und damit anschließend für eine verbesserte Abgasnachbehandlung. Sinkt im normalen Fahrbetrieb die für eine ordnungsgemäße Abgasnachbehandlung erforderliche Temperatur zu weit ab, erfolgt gemäß der Strategie C keine erneute Aktivierung der Aufheizfunktion. Schließlich werden zwei verschiedene Betriebsarten zur Reagenseindüsung verwendet, wobei die Umschaltung zwischen Speicher- und Onlinebetrieb nicht ausschließlich an physikalische, sondern an weg- und geschwindigkeitsabhängige Parameter anknüpft (Strategie D).
Der Senat ist schließlich der Überzeugung, dass die Sittenwidrigkeit auch noch zum Zeitpunkt des Kaufs des Pkws durch die Klagepartei fortgewirkt hat. Die Klagepartei hat das Fahrzeug am 09.10.2017 erworben; der Rückruf datiert indes erst vom 01.12.2017. Das Bekanntwerden des Dieselskandals allgemein im Herbst 2015 ist insofern irrelevant. Denn allein hieraus lässt sich nicht auf Maßnahmen der Beklagten schließen, die das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, entfallen ließen, und zwar in Bezug auf die von der Beklagten hergestellten und von unzulässigen Abschalteinrichtungen betroffenen V6-Dieselmotoren (vgl. BGH, Beschluss vom 09.03.2021, Az.: VI ZR 889/20, Rdnr. 21).
c) Entgegen den Einwendungen der Berufung sind die erstinstanzlichen Feststellungen zur Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände wie auch zum Vorsatz und die Zurechnung des schädigenden Verhaltens gem. § 31 BGB nicht zu beanstanden.
Der Vortrag der Klagepartei zur Kenntnis der Verantwortlichen bei der Beklagten und zur Entscheidung über den Einsatz der hier inmitten stehenden Technologie, gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, weil die Beklagte aus vergleichbaren Gründen wie vom BGH in der Entscheidung vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 29 ff., dargelegt, ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Die dortigen Grundsätze sind auf die vorliegende Konstellation zu übertragen. Zwar trägt im Grundsatz derjenige, der einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch dazulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat. Dieser Grundsatz erfährt aber eine Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. In diesem Fall trifft den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen derer es ihm auch obliegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. Genügt er seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchsstellers nach § 138 ZPO als zugestanden.
Nach diesen Grundsätzen traf die Beklagte die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung bei ihr getroffen hat und ob ihr Vorstand hiervon Kenntnis hatte. Denn schon in der Klageschrift führte die Klagepartei aus, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Manipulation vorsätzlich vorgenommen habe und aufgrund der enormen wirtschaftlichen Reichweite der Entscheidung nicht angenommen werden könnte, das sie von einem am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Entwickler in eigener Verantwortung getroffen worden sei (Bl. 7 d.A.). Bezug genommen wurde dabei auch auf eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Rupert Stadler u.a. und auf einen von der Beklagten akzeptierten Bußgeldbescheid wegen der von der Beklagten entwickelten V6/V8-Dieselaggregate, die nicht den regulatorischen Vorgaben entsprachen (Bl. 5 f., 47 f. d.A.). R. S. werde im Rahmen der Anklage vorgeworfen, spätestens ab September 2015 von den Manipulationen Kenntnis gehabt zu haben (Bl. 42 RS d.A.); die Klagepartei zitierte aus der Presseberichterstattung zu diesem Strafverfahren Aussagen, wonach der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen eine strategische Entscheidung zugrunde gelegen habe und die Problematik der Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte bei der Beklagten bis in die Konzernspitze bekannt gewesen sei (Bl. 55 d.A.). In der zweiten Instanz hat die Klagepartei ihren Vortrag insoweit vertieft, indem sie die Anklageschrift vorgelegt und sich die dortigen Ausführungen zu eigen gemacht hat (Bl. 222 d.A.); in der Anklageschrift wird unter anderem ausgeführt, R. S. sei ab Anfang Dezember 2015 zu eindringlichen Nachfragen des Kraftfahrtbundesamtes zu verschiedenen Funktionen der Motorsteuerung informiert worden und ihm sei aufgrund des Berichts der zu internen Untersuchungen beauftragten Kanzlei J. D. seit dem 25.01.2016 bekannt gewesen, dass das vielgenutzte Rechtfertigungsmuster, es genüge für die Gesetzeskonformität der Abgassysteme, dass die Zustände, die auf der Rolle (=Prüfstand) herrschten, möglicherweise – unabhängig von ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit – auch auf der Straße eintreten könnten, falsch war (dort S. 89).
Die Beklagte ist dieser sekundären Darlegungslast aber nicht nachgekommen; sie hat sich im Wesentlichen zunächst auf ein Bestreiten der später zugestandenen Art der festgestellten Abschalteinrichtung (Bl. 74 RS d.A.) und auf Ausführungen zur mangelnden Substantiierung des Klagevortrags beschränkt (Bl. 30, 79, 163 f. d.A.).
Vor diesem Hintergrund überzeugt auch der Berufungsangriff auf die erstinstanzlichen Feststellungen zum Schädigungsvorsatz nicht. Der Schädigungsvorsatz enthält ein Wissens- und Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchsstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben und mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben, Vorstandsmitglieder oder Repräsentanten, die in Kenntnis der Funktionsweise der Software ihren serienmäßigen Einsatz in Motoren anordnen oder nicht unterbinden, billigen ihn auch und sind sich der Schädigung der späteren Fahrzeugerwerber bewusst.
d) Die Einwände gegen das Bestehen der haftungsbegründenden Kausalität greifen nicht durch.
Zutreffend stellt das Landgericht darauf ab, dass schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Klagepartei den streitgegenständlichen Pkw nicht gekauft hätte, wenn sie um die unzulässige Software und die davon ausgehende Gefahr der Betriebsuntersagung gewusst hätte; der Schaden liegt in der Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 47 ff.). Kein vernünftiger Käufer hätte in Kenntnis dieses Sachverhalts, insbesondere der Gefahr der Betriebsuntersagung, den Pkw erworben, zumal zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht die Möglichkeit bestand, mittels des erst später entwickelten Software-Updates die Manipulation am Motor zu beseitigen. Der Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt wie auch die Entwicklung des Softwareupdates erfolgten erst später. Dieser Erfahrungssatz ist auch nicht allein und allgemeingültig aufgrund des Bekanntwerdens des Dieselskandals im Herbst 2015 für Käufe von Dieselfahrzeugen aus dem V.konzern nach diesem Zeitpunkt widerlegt. Auch die Beklagte räumt letztlich ein, dass es dem Kläger darum gegangen sei, dass das Fahrzeug für den Straßenverkehr zugelassen sei (Bl. 149 d.A.).
Auf den von der Berufung erneut vorgebrachten Einwand, die hohe Motorisierung des streitgegenständlichen Wagens spreche dafür, dass das Abgasverhalten des Wagens tatsächlich für den Kauf keine Rolle gespielt habe, kommt es damit nicht an. Selbst wenn für einen Käufer Umweltschutzaspekte vollkommen unerheblich sein sollten, so ändert dies nichts an seinem Interesse daran, ein Fahrzeug ohne Stilllegungsrisiko zu erwerben.
Auch die Nichtausübung des verbrieften Rückgaberechts stellt die Anwendbarkeit des vorgenannten Erfahrungssatzes nicht infrage, weil das Rückgaberecht erst Oktober/November 2020 entstanden wäre, das vom Kraftfahrtbundesamt freigegebene Softwareupdate aber bereits am 07.08.2019 durchgeführt worden ist. Dass nach dem Update noch ein Stilllegungsrisiko bestanden hätte, was von der Klagepartei möglicherweise bewusst in Kauf genommen wäre und ggfls. Rückschlüsse hinsichtlich der Erwerbskausalität zuließe, ist nicht dargetan (BGH, Urteil vom 16.12.2021, Az.: VII ZR 389/21, Rdnr. 13).
Auch aufgrund der Angaben der Klagepartei persönlich im Rahmen der Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat und des hierbei vom Kläger gewonnenen Eindrucks ist der Senat vom Bestehen der Kausalität überzeugt. Die Beklagte hat auf die förmliche Parteieinvernahme verzichtet.
e) Der Schaden ist – anders als die Beklagte meint – auch nicht durch die Nichtausübung des verbrieften Rückgaberechts entfallen. Weder kann der Kaufvertrag in Anwendung des Rechtsgedankens des § 144 BGB als ein nunmehr nicht mehr „ungewollter“ qualifiziert werden, da sich aus der bloßen Nichtausübung kein entsprechender Bestätigungswille folgern lässt, noch genügt dies den strengen Anforderungen eines – unzulässigen – widersprüchlichen Verhaltens i.S.v. § 242 BGB bzw. ist die Rechtsprechung des BGH zur Berechnung des Nutzungsersatzes in Leasingfällen wegen der Unterschiedlichkeit der jeweils getroffenen Investitionsentscheidungen übertragbar (BGH, Urteil vom 16.12.2021, Az.: VII ZR 389/21, Rdnr. 14 ff.).
Dem Schadensersatzanspruch steht schließlich kein (vollständig) anspruchsverkürzendes Mitverschulden i.S.v. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB entgegen. Von einer hierfür erforderlichen Verletzung einer Obliegenheit kann nur ausgegangen werden, wenn der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Käufer nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden oder zu mindern. Dies war hier nicht der Fall: Hätte die Klagepartei das verbriefte Rückgaberecht ausgeübt, hätte sie bei einer vereinbarten Kilometerleistung von 57.499 km einen Rückkaufpreis von 23.273,00 € erhalten; nach der üblichen linearen Wertberechnung hätte dagegen der Erstattungsanspruch bei dieser Kilometerleistung bei Annahme einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km 45.969,59 € betragen. Zudem würde die Klagepartei die Finanzierungskosten nicht ersetzt erhalten. Dieses Risiko eines für sie wirtschaftlich ungünstigen Ergebnisses musste die Klagepartei nicht eingehen (BGH, Urteil vom 16.12.2021, Az.: VII ZR 389/21, Rdnr. 18).
f) Zu ersetzen sind gem. §§ 826, 249 BGB der gezahlte Kaufpreis zuzüglich der Finanzierungskosten (BGH, Urteil vom 13.04.2021, Az.: VI ZR 274/20, Rdnr. 14 ff.).
Im Wege der Vorteilsanrechnung ist das streitgegenständliche Fahrzeug zurückzugeben und das Eigentum zu übertragen sowie ein Ersatz der gezogenen Nutzungen vorzunehmen (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 65 ff.).
Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Im Rahmen der Berechnung des Nutzungsersatzes hat das Landgericht den für die Prognose der Gesamtlaufleistung in erster Linie maßgeblichen Umstand, nämlich den genauen Fahrzeugtyp, in seinem Urteil (LGU, S. 2) festgestellt und dann in nicht zu beanstandender Weise die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf 300.000 km geschätzt. Mit dieser Schätzung bewegt sich das Landgericht innerhalb der Bandbreite der von anderen Gerichten jeweils vorgenommenen Schätzung der gesamten Laufleistung, und zwar nicht am unteren Rand (u.a. BGH, Urteil vom 27.07.2021, Az.: VI ZR 480/19, Rdnr. 26).
Allerdings stellt der Senat in ständiger Rechtsprechung – anders als das Landgericht – auf die nach der Rechtsprechung des BGH gebilligte lineare Berechnung des Nutzungsersatzes ab. Aus der grundsätzlichen Billigung einer linearen Berechnungsmethode folgt zwar nicht zwingend, dass andere Berechnungsmethoden unzulässig wären, da dem Tatrichter nach § 287 ZPO ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wird. Da der Schaden aber in dem ungewollten Vertragsschluss liegt, ist der vom Bundesgerichtshof erfolgte Rückgriff auf die Wertung des Nutzungsersatzes nach § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB folgerichtig. Der Senat folgt ausdrücklich nicht dem Ansatz des Landgerichts dahingehend, den Wert der Nutzung eines Neuwagens höher anzusetzen als den eines älteren Fahrzeugs. Die lineare Berechnung ist dem Geschädigten zumutbar und entlastet die Schädigerin nicht unangemessen. Sie entspricht schon vom Wortlaut den „gezogenen Nutzungen“. Eine Ausweitung der Vorteilsanrechnung – etwa wegen des Wertverlusts des Fahrzeugs – ist nicht angezeigt (BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az.: VI ZR 397/19, Rdnr. 36, vom 30.07.2020, Az.: VI ZR 354/19, Rdnr. 15, vom 20.07.2021, Az.: VI ZR 533/20, Rdnr. 33, vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 192/20, Rdnr. 46).
Danach errechnete sich bei Berücksichtigung der weiteren Nutzung des Fahrzeugs bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit einer Kilometerleistung von insgesamt 75.197 km ein Erstattungsanspruch i.H.v. 42.614,68 €, zzgl. Finanzierungskosten i.H.v. 948,41 €, ein Anspruch insgesamt i.H.v. 43.563,09 €. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Nutzung des Fahrzeugs ist die Berufung daher nicht erfolgreich.
2. Die Berufung ist allerdings begründet, soweit erstinstanzlich die Erstattung von Rechtsanwaltskosten zugesprochen wurde.
Die Klagepartei hatte erstinstanzlich die Erstattung von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.954,46 € nebst Rechtshängigkeitszinsen beantragt, berechnet als 1,3-Gebühr aus einem Gegenstandswert von 54.500,00 €, mithin dem vollständigen Kaufpreis. Zugesprochen wurde erstinstanzlich ein Betrag i.H.v. 1.474,89 € nebst Rechtshängigkeitszinsen. Feststellungen im Tatbestand bzw. eine Begründung sind insoweit allerdings unterblieben.
Ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten ist indes zu verneinen. Ein solcher ergibt sich weder aus §§ 826, 249 BGB noch unter dem Gesichtspunkt des Verzugs, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 2 BGB.
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch gem. §§ 826, 249 BGB auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage des Innenverhältnisses, nämlich der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats. Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen. Es obliegt der Klagepartei, darzulegen und ggfls. im Streitfall zu beweisen, dass sie ihrem Anwalt einen Auftrag zunächst zur vorgerichtlichen Vertretung bzw. mindestens einen entsprechend bedingten Klageauftrag erteilt hat (BGH, Urteil vom 22.06.2021, Az.: VI ZR 353/20, Rdnr. 5 ff.).
An derartigem Vortrag der Klagepartei fehlt es indes. Die Ausführungen in der Klage (Bl. 6 d.A.) bleiben allgemein. Der Wortlaut des anwaltlichen Mahnschreibens selbst mit der unmittelbaren Klageandrohung spricht eher für eine Unbedingtheit des Klageauftrags. Die Beklagte hat die Bedingtheit zwar erstmals in zweiter Instanz bestritten, und zwar mit der Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 13.09.2021 (Bl. 165 d.A.). Die Klagepartei hat hierzu mit Schriftsatz vom 02.11.2021 erwidert, ohne jedoch dem Bestreiten konkret entgegenzutreten. Der Senat hat hierauf im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen.
b) Eine Erstattung kommt ferner nicht in Betracht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 2 BGB.
Verzugsbegründende Umstände sind nicht ersichtlich, insbesondere weder unter dem Gesichtspunkt „fur semper in mora“ noch unter dem Aspekt einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung, § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB, wegen des Schreibens der Beklagten vom Juli 2019 (Anlage K4) (BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az.: VI ZR 354/19, Rdnr. 22, vom 30.07.2020, Az.: VI ZR 397/19, Rdnr. 26 f., vom 19.01.2021, Az.: VI ZR 8/20, Rdnr. 17 ff., BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 192/20, Rdnr. 51).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die maßgeblichen Rechtsfragen zur Haftung in der Folge des Dieselabgasskandals, insbesondere im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit wie auch die Substantiierungsanforderungen sind mittlerweile höchstrichterlich geklärt (deutlich: BGH, Beschluss vom 29.09.2021, Az.: VII ZR 223/20, Rdnr. 8, vom 15.09.2021, VII ZR 2/21, Rdnr. 4, 24). Es ist Aufgabe der Instanzgerichte, diese Rechtsgrundsätze auf den jeweils vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Divergierende Ergebnisse – soweit es sich überhaupt um abschließende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte handelt – aufgrund der Würdigung des jeweils vorgetragenen Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht begründen überdies indes keine Divergenz i.S. des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 522 Abs. 2 ZPO. Von einer Divergenz in diesem Sinne ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn den Entscheidungen sich widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen (BGH, Beschluss vom 09.07.2007, Az.: II ZR 95/06, Rdnr. 2). Dies ist indes auch bezüglich der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg, Hinweis vom 01.11.2021 mit Zurückweisungsbeschluss vom 17.11.2021, Az.: 2 U 211/21, nicht der Fall; das Gericht verneint dort – im Übrigen zu einem Fahrzeug der Euro-Schadstoffnorm 5 – die Haftung nach § 826 BGB, weil nach den dortigen Feststellungen die im dort streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzte, nach den Feststellungen des Kraftfahrtbundesamtes unzulässige Abschalteinrichtung im Straßenverkehr wie im Prüfstand gleichförmig funktioniert.


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